Wettbewerb Nr. 21: Kurzgeschichten

Mal wieder ein herrlicher Tag in der Pokémonwelt.
Nicht ein einziges Wölkchen trübt den Himmel. Aha da
hinten ist doch eine und sie zieht direkt in die Richtung eines
Karnimanis, das einfach friedlich vor sich hin summend, seines Weges ging.
Es atmete die Frische ein und aus in tiefen,
genussvollen und langen Zügen.
Doch dann rümpfte es stark die Nase sodass es sich die
Nasenspitze fast an die eigene Stirn schlug.
An dieser Stelle muss wohl vor kurzem ein Sleima oder
gar ein Sleimok vorbeigekommen sein.
Nach ein paar schnellen Schritten war die Luft wieder
rein und auch Karnimanis atmen war wieder zuhören.
Ein und aus, ein und aus, ein und aus:“ Man Erzähler
kannst du mal endlich die Klappe halten!?“
Karnimani bitte der Erzähler wird nicht angesprochen:“
Ich schon also sei endlich ruhig.“
Ich werde erst ruhig sein wenn diese Geschichte zu ende
ist:“ Gut dann werde ich versuchen dein nerviges Gerede zu überhören.“
So ist es auch besser also wo waren wir?
Ach ja, inzwischen war das Wölkchen direkt über dem
Karnimani und aus dieser drang Urplötzlich ein Schrei:“ Vorsicht
du da unten!“
Erschrocken sah das Karnimani nach oben und sah nur noch
etwas blaues bevor es davon umgehauen wurde:“ Danke Kumpel, wer
weiß was passiert wäre wen ich auf den Boden gekracht wäre.
Das Karnimani:“ Wow Alter wer bistn du?“
Ich bin der Erzähler und sollte hier eigentlich von
niemanden angesprochen werden.
Also versuch mich zu ignorieren:“ Man wie soll ich das
den schaffen? Deine Stimme ist ja kaum zu überhören.“
Hach Veemon bittte ich möchte hier eine Geschichte
erzählen und du musst hier Querschlagen:“ Ich und Querschlagen?
Wenn hier etwas quer schlägt dann ist das deine Fantasie. Ich meine
ich bin aus einer Wolke gefallen und muss dann mit diesem komischen
Digimon zusammen knallen.“
Veemon das ist ein Karnimani und es ist ein:“ Pokémon!
Ich bin ein Pokémon!“ Ah biste endlich aufgewacht?:“ Erzähler
sollte du nicht die Klappe halten? Und dein Name ist also Veemon was
für ein komischer Name für Pokémon.“
Äh Karnimani, ne ich bleib jetzt mal ruhig:“ Ein
Digimon! ICH BIN EIN DIGIMON!“:“ Komm mal runter. Wegen so etwas
gleich so eine Szene zu machen.“
Paff und da hat sich Karnimani einen Schlag von Veemon
eingefangen. Juhu ein Kampf:“ Wolltest du nicht die Schnauze
halten? Jetzt nervst du aber wrklich:“
Bitte beruhige dich Veemon ähm Karnimani was schaust du
mich so böse an?
Nein nicht hauen:“ Oh doch, das hast du dir selber zu zuschreiben.“
Au Aua Nein Au Jieks boah au umpf:“ Na hast du jetzt
genug oder sollen ich und Veemon weitermachen?“
Nein nift if muf erftmal meine Fähne wieder Fufammen
fuchen:“ Los Karnimani lasst uns schnell abhauen bevor er wieder zu
Kräften kommt und wieder anfängt uns zu nerven.“:“ Okay Veemon
schnell weg hier.“ Und fu endet diefe Gefichte bevor fie überhaupt
angefangen hat.

Irgendetwas musste ich sagen, also griff ich zu der ersten Drohung, die mir einfiel: “Ich hätte wirklich große Freude dabei, deine Eingeweide an eine Eiche zu nageln.” Adrenalin kochte in meinen Adern. Das kleine Fiffyen mir gegenüber musterte mich hungrig und zog jetzt die Lefzen nach oben. Kaum waren meine hochtrabenden Worte in dem dunklen Lagerraum verhallt, traten auch schon zwei seiner Komplizen neben mich und knurrten drohend.
Sie drängten mich in eine finstere Ecke, die von zwei Seiten durch hohe Türme aus Kisten mit zweifelhaftem Inhalt abgegrenzt war.
Wachsam versuchte ich, Anzeichen von Furcht oder Unsicherheit bei ihnen zu erkennen, doch diesmal hatte ich kein Glück. Beim ersten Zögern musste ich meine Chance ergreifen.

Das räudige Fellknäuel rechts von mir fletschte die Zähne und trat einen Schritt vor. Auf einen Kampf war ich wirklich nicht aus.
“Reptain”, knurrte es, “wir billigen es nicht, wenn jemand auf dem Gebiet unserer Herren herumschnüffelt.”
“Euch ist es vielleicht entgangen”, erwiderte ich ärgerlich, “aber ich bin nicht ohne Grund hier. Schaut euch doch nur einmal um! Diese Halle ist seit Jahren im Besitz der Organisation.” Ich warf einen ausgiebigen Blick in die Runde. Meine drei Bewacher ließen keinerlei Unaufmerksamkeit erkennen. Allesamt waren sie stämmiger und sehniger als ihre gewöhnlichen Kollegen und hatten ein boshaftes Aussehen. Der Rechte, welcher mir besonders aggressiv zu sein schien, hatte eine dunkelrote Narbe über der Schnauze und ein Loch im Ohr.
Der Ausgang befand sich in der entgegen gesetzten Richtung und war von außen fest verschlossen. Das Dachfenster weiter vorn, über welches ich in das Gebäude eingedrungen war, lag außerhalb meiner Reichweite. Würde es mir noch einmal gelingen, an den glatten Betonwänden emporzuklettern?

Als hätte es meine Überlegungen erraten, sagte ein Fiffyen: “Vergiss es, Freundchen. Wir warten hier solange, bis dein Partner auch noch zu uns stößt. Sehr unvorsichtig von ihm, dich die Untersuchung allein durchführen zu lassen.”
Ich schwieg und blieb dem Hündchen eine entsprechende Antwort schuldig.

***

Chris spürte sofort, dass etwas nicht stimmte. Während sein Tischnachbar unaufhörlich weiter redete, waren seine Gedanken weit entfernt. Verschwendete er hier seine Zeit?
Wenn er sich an die endlosen Stunden erinnerte, die er in staubigen Archiven und mit dem Befragen einiger Zeugen verbracht hatte, drehte sich ihm fast sein Magen um. Er erinnerte sich, wie er zusammen mit Reptain vergeblich durch die Nacht gehetzt war, um die Basis der Organisation zu finden, und trotzdem immer wieder nur auf diese Lagerhalle gestoßen war. Reptain war beinahe noch weniger eine Kämpfernatur als er selbst, und hatte ihn dennoch stets tapfer verteidigt.

“Chris! Bist du noch da?”, fragte eine Stimme in seinem linken Ohr und schreckte ihn auf. Er ließ den Blick umherwandern und schaute geradewegs in die verärgert funkelnden Augen seines Gesprächspartners. Schlagartig wurde ihm wieder bewusst, wo er sich befand; ein kleines Café mit orangenen Wänden und niedlichen Tischchen. Hatte er nicht nach Informationen zum Schmugglergeschäft fragen wollen?
Sven lehnte sich wieder zurück und musterte ihn argwöhnisch. “Es ist wieder diese Sache, nicht wahr? Warum solltest du mich sonst um Hilfe bitten?”
“Ich kann es nicht vergessen”, versuchte Chris zu erklären, “es wäre besser für uns alle, die Sache endgültig zu Ende zu bringen. Viel zu lange haben wir die Organisation geduldet!” Zorn stieg in ihm auf und verbannte die lange gefühlte Hoffnungslosigkeit aus seinen Gedanken. Vielleicht gab es ja einen Weg.

***

Mein Herz machte einen schmerzhaften Schlag, als das rechte Fiffyen aufjaulte und sich sein Fell sträubte. Kläffend wirbelte es herum und ließ mich erstaunt in der Ecke stehen. Das Tor zur Halle knarrte unheilvoll und öffnete sich langsam nach innen. Scheinwerferlicht streckte seine tastenden Finger in die Halle hinein, das Brummen eines Motors drang an meine Ohren.

Schlagartig fiel die Aufmerksamkeit der Hunde von mir ab, sodass ich meine Gelegenheit für gekommen hielt. Ich fasste mir ein Herz und ging zaghaft zum Angriff über. Wo ich doch so ungern kämpfte! Ein Meister der verbalen Auseinandersetzung war ich, aber dieser Mut erstreckte sich eher weniger auf handfeste Argumente.
Flink trat ich dem nächsten Fellknäuel in die Rippen, sodass es zu Boden geschleudert wurde und zornfunkelnd herumwirbelte. Mit Schaum an der Schnauze und einem wilden Knurren stürzte es sich auf mich, doch ich reagierte ungewohnt schnell und machte einen gewaltigen Satz nach hinten.
Während ich mich in der Luft drehte, knallte ich gegen den niedrigsten Kistenturm und schaffte es gerade noch so, meine langen Krallen in dem Holz zu vergraben. Glücklicherweise splitterte es nicht, sondern hielt stand, sodass ich mich mühsam weiter hinaufhangeln konnte. Ich zog mich an den Kisten empor, doch ich hatte nicht mit der Geistesgegenwart meiner Widersacher gerechnet.
Kaum war ich anderthalb Meter über dem Boden, spürte ich, wie sich scharfe Zähne in mein Fleisch bohrten. Mit einem Aufschrei verlor ich den Halt und stürzte zu Boden.

***

“Die Organisation ist nur ein Phantom”, sagte Sven entschieden und warf ihm einen beobachtenden Blick zu. “Ein Cop wie du sollte das wissen.”
“Ein Phantom, ja?”, zischte Chris und schlug unbeherrscht mit der flachen Hand auf den Tisch, “ein Phantom? Wie kann es dann sein, dass Lizzie…” Er brach ab und schüttelte den Kopf. Nicht hier, nicht jetzt. Er wollte nicht darüber nachdenken.
“Das ist es”, sagte Sven leise und bohrend, “das hat dir die Objektivität genommen. Es hätte jeder Kleinganove in dieser verfluchten Stadt sein können.”
Ruckhaft einatmend machte Chris Anstalten, auszustehen. In seinem Kopf wirbelten die Gedanken nur so durcheinander. Lizzie…
“Je tiefer du in diesen Fall eintauchst, desto verbissener wirst du!”, rief Sven und funkelte mich an, “wie oft warst du schon in dieser Halle, ohne etwas gefunden zu haben? Welche Erfolge kannst du vorweisen?”
Chris seufzte, stand aber langsam auf. Die Hände auf die Tischplatte gestützt, sagte er leise und gefährlich: “Ich sehe, du willst mir nicht helfen. Ist es etwa für deine Karriere zu gefährlich, dich mit mir abzugeben?” Er wartete nicht auf eine Antwort, sondern nahm seinen Mantel von der Garderobe und stieß unwillig die Tür auf.

Tief einatmend trat er in die winterlich kalte Luft hinaus und spürte den knirschenden Schnee unter seinen Schuhen.
Wütend kickte er gegen einen vereisten Laternenpfahl und angelte seinen Autoschlüssel aus der Manteltasche. Er musste zurück zu Reptain, das spürte er. Ein Ziehen in seiner Magengrube und eine düstere Vorahnung beunruhigten ihn. Hoffentlich war nichts schief gelaufen, denn er könnte es sich niemals verzeihen, wenn auch Reptain etwas zugestoßen wäre.

***

Als ich eine gefühlte Ewigkeit später wieder erwachte, spürte ich sofort, dass sich etwas verändert hatte. Mein Rücken fühlte sich taub an, und ich konnte meinen Nacken kaum bewegen. Ich wollte die Augen aufschlagen, doch ich fühlte mich ausgelaugt und schwindlig. Außerdem war ein raues Tuch so eng um meinen Kopf geschlungen, dass ich nicht einmal Schemen wahrnehmen konnte. Meine Schultern pochten schmerzhaft, weil meine Arme mit kalten Eisenfesseln ausgebreitet an die Wand gekettet waren. Mit einem Schlag kehrte meine Erinnerung zurück, und ich fluchte lebhaft. Ich war in eine Falle getappt. All diese Fährten und Hinweise hierher - nur vorgetäuscht. Chris und ich waren auf das heimtückische Netz der Organisation hereingefallen.

Bei dem Gedanken, was das letztlich für mich bedeutete, schien sich der Boden unter meinen Füßen aufzulösen. Hoffentlich war Chris noch nicht auf dem Weg…

***

Es war zum Durchdrehen. Wie lange suchte er jetzt schon nach der Organisation? Chris wusste es auf die Sekunde genau. Kaum hatte er in Dienstkleidung vor der Tür seiner Schwester gestanden, hatte er gewusst, was geschehen war.
Chris hatte die unwidersprüchlichen Zeichen gesehen, die der Täter schon an anderen Orten hinterlassen hatte. Nachdem herausgekommen war, dass Lizzie im Auftrag ihrer Zeitung versucht hatte, Details über die Organisation herauszufinden, war für ihn alles klar gewesen.
Doch warum zweifelten Menschen wie Sven ständig an ihrer Existenz?

Es war früher Abend, als Chris sein Auto auf einen Parkplatz in der Nähe der Lagerhalle parkte und auf die verlassenen Straßen hinaustrat. Die letzte halbe Stunde hatte er sich zunehmend schreckhafter gefühlt, sodass seine Nerven jetzt, wo er seine Dienstwaffe einsteckte, zum Zerreißen gespannt waren. Dennoch schlich er gewohnt wachsam um seinen Wagen herum und duckte sich auf seinem Weg zur weit hinten liegenden Halle immer wieder hinter rostigen Ölfässern und überquellenden Mülltonnen.

Der Anblick eines geparkten, schwarzen Geländewagens direkt vor dem Tor ließ ihn triumphierend lächeln. Er hatte doch recht behalten.
Doch mit einem Schrecken wurde ihm klar, dass Reptain jetzt wohl in größter Gefahr war. Mit zusammengebissenen Zähnen machte er sich auf den weiteren Weg.

***

Ich dämmerte lange vor mich hin, während sich eine allumfassende Stille ausbreitete. Jegliches Zeitgefühl war mir abhanden gekommen, und eine dumpfe Angst beherrschte meine Herzschläge.
Plötzlich hörte ich leise, gedämpfte Schritte rechts von mir, und zuckte zusammen. Sofort bereute ich die Bewegung, denn alle meine Muskeln hatten sich durch die unbequeme Lage verkrampft. Ächzend bewegte ich mich in meine ursprüngliche Position zurück und verharrte mit pochendem Herzen.
“Ach ja”, ertönte plötzlich eine Stimme nur wenige Meter entfernt, “Reptain, schön, dass du uns einen Besuch abstattest. Wir haben euch Schnüffler schon vermisst.”
Ich zischte zur Antwort und versuchte demonstrativ, die Ketten aus der Wand zu reißen. Das erzielte den erwünschten Erfolg, denn der Mann fuhr lachend fort: “Ich sehe, du bist ein widerspenstiges Kerlchen. Nichtsdestotrotz werden wir euch beide aus dem Weg räumen müssen.”
Nachdem ich mühsam seine Worte aufgenommen hatte, überfiel mich ein erschreckender Gedanke.

***

Das Hallentor stand offen. Chris musterte es zwei Herzschläge lang beunruhigt, dann lud er grimmig seine Waffe und begab sich in die Höhle des Löwen.
Unbehelligt drang er bis ans andere Ende der Halle vor und sah sich bedächtig um. Das Licht der Abendsonne schickte seine letzten Strahlen durch die Dachfenster hinein, kein Laut war zu hören.

Doch kurz darauf ertönte ein verräterisches Rumpeln, sodass Chris erschrocken aufsah. Das elektronische Tor fast fünfzig Meter entfernt begann sich schnell zu schließen.
Instinktiv rannte er zurück, doch es war viel zu weit entfernt, und er musste sich erst seinen Weg durch das Chaos bahnen. Fluchend stieß er mit dem Knie gegen etwas Hartes, stolperte und schlug der Länge nach hin.
Mit einem unheilvollen Rasseln schloss sich das Tor.

***

“Du bist zu Recht besorgt”, sagte die Stimme boshaft, “denn in diesen Augenblicken sollte dein Trainer gerade in unsere Falle gegangen sein. Wir gehen ihn bald besuchen.”
Furcht kämpfte in meinem Herzen gegen einen unbändigen Hass an, der alles zu ersticken drohte. Mehr als alles andere schmerzte mich die Gewissheit, dass jetzt alles verloren war. Obwohl die meisten Hinweise wahrscheinlich absichtlich gelegt worden waren, hatten wir mehr über die Organisation herausgefunden als alle anderen - bis auf Lizzie. Ja, ich hatte sie kaum gekannt, und dennoch bereute ich es, dass ihr größtes Werk nun wohl unvollendet blieb.

Jemand machte sich an meinen Fesseln zu schaffen und zerrte mich grob auf die Beine. Ich konnte immer noch nichts sehen, sodass ich augenblicklich das Gleichgewicht verlor und zu Boden stürzte.
“Verdammt”, knurrte jemand hinter mir, doch ich machte mir nicht die Mühe, wieder aufzustehen. Ungeduldig zerrte jemand das Tuch von meinen Augen und packte mich am Nacken.
“Siehst du das hier?”, fragte er zornig und ließ ein Streichholz vor meinen Augen hin und herwandern. Mit einem gekonnten Schlenker entzündete er es an der Wand und hielt es dicht vor meine Nase. Ich spürte die tödliche Hitze der Flamme auf meiner Haut und wand mich verzweifelt im Griff des Mannes. Hoffnungslos.
“So. Komm jetzt mit.” Hatte ich eine Wahl?

Durch eine verborgene Tür betraten wir die Halle. Daraufhin erklang ein Keuchen direkt vor uns, und ich sah Chris, der von zwei schwarz gekleideten Männern in Schach gehalten wurde und dem die blanke Todesangst ins Gesicht geschrieben stand. Doch noch deutlicher als das las ich in seiner Miene einen unversöhnlichen Hass. Seine Augen glichen tiefen, dunklen Seen, sein zerstrubbeltes Haar hing ihm wirr in die Stirn.
Ein Klicken einer Waffe, die geladen wurde, ertönte hinter mir.
Das war das Ende. Schreckensstarr sah ich in Chris´ weit geöffnete Augen, und erkannte in ihnen die gleiche Angst, die auch in meinen Knochen steckte.

Doch der Schuss, der schließlich abgefeuert wurde, galt nicht mir.

>>Na? Traust du dich immer noch nicht aufzugeben?<<, lachte Blue spöttisch und hielt sich seinen Handrücken vor sein arrogantes Gesicht. Er trug an seiner rechten Hand, die er nun verhöhnend vor seinen Mund hielt, einen weißen, dünnen Lederhandschuh, der an die Fingerspitzen in ein dunkles Blau überging. Außerdem zierte ein roter Strich am Ende des Handschuhes, welches in Richtung Arm verlief, ihn, der aber leicht durch seine langen Ärmel des ebenfalls blauen Shirts verdeckt wurde, welches er trug. Es war komplett in blau und besaß an Blue's schmalem Hals einen eleganten, etwas helleren, Kragen. Und Blue machte nicht nur durch die blauen Fingerspitzen und dem Shirt in derselbigen Farbe seinem Namen mit englischer Herkunft alle Ehre, sondern auch seine lange Jeans, die an seinen Sportschuhen locker schlapperte, war in ein dunkles Blau getaucht. Von Blue war man es allgemein gewohnt, dass, außer seinen modisch langen, braunen Haaren, alles farblich in blau zueinander abgestimmt war.
>>Vergiss es, Blue! Wenn einer aufgibt, dann bist du das. Dies würde ich dir aber eher weniger raten, denn ich will einen richtigen Kampf sehen! Einen Kampf unter Männern!<<, erwiderte Blue's Gegner, Red, nicht weniger verhöhnend. Von dessen Aussehen her schien er seinen Rivalen aus noch Kinderzeiten nicht ganz zu imitieren. So trug er zwar ebenfalls eine blaue, lange Jens, doch unterschied sich darin, dass er ein dunkles Oberteil trug, welches schon fast komplett schwarz war. Doch in der Sache mit dem Namen schien er ihn nachzuahmen: So war es auch seine Idee, über dem schwarzen Shirt eine offene Jacke zu tragen, die komplett in ein warmes Rot getaucht war. Selbst wenn er seinen englischen Namen nicht immer mochte, so fand er es dennoch amüsant, sich dementsprechend zu kleiden. Farblich passend zu dem Oberteil darunter, der Jeans und seinen Laufschuhen war es allemal!
>>Du findest es männlich, wenn mein Glumanda dein Bisasam mit einem Schlag fertig macht?<<, Blue lachte überheblich und senkte nun langsam seine rechte Hand wieder, worauf diese sich zu einer geballten Faust formte, wie er es immer tat, wenn er um jeden Preis etwas erreichen wollte, >>Das klingt eher erbärmlich als männlich! Aber es war deine Herausforderung und als ein guter Pokémon-Trainer werde ich dieser nachgehen!<<
Red zischte kurz etwas undeutliches und biss die Zähne knirschend angespannt zusammen. Auch er ballte seine rechte Hand zu einer Faust, doch auch seine linke. Anders als Blue trug er an beiden Händen enge Stoffhandschuhe, die aber die Fingerspitzen komplett freiließen.
>>Vergiss es, Blue! Ich werde nicht verlieren und erst recht nicht nach dem ersten Schlag! Stimmt's, Bisasam?<<. Der gerade einmal 12-jährige Junge blickte zu seinem grünen Pokémon, welches er erst vor ein paar Tagen von Professor Eich erhalten hatte.
Professor Eich war der Pokémon-Professor in Alabastia – der Stadt, welche sowohl Red, als auch Blue, „Heimat“ nannten. Und auch die Stadt, in der die beiden gerade an einer leeren Wiesenfläche zwischen ein paar Bäumen ihren Kampf austrugen.
Die Blätter der Bäume um sie herum waren bereits in herbstliche Braun-, Rot- und Gelbtöne gefärbt, obwohl es erst Mitte August war.
Auch das Klima war für diese eher noch sommerliche Jahreszeit überraschend kühl und mehrere kleine Windböen zogen des öfteren mal über das Kampffeld, auf dem sich das schwache Bisasam von Red und das energiegeladene Glumanda von Blue gegenüber standen. Beide waren noch topfit, da ihre Trainer sich noch mit Wortgefechten als mit einem richtigen Pokémon-Kampf herumschlugen. Doch laut ihren hohen Tönen schienen beide startklar; den ersten Schritt wagte allerdings keiner von beiden.
>>Ist das Taktik oder einfach nur Angst, dass du deinem Glumanda noch keinen Befehl erteilt hast?<<, fragte Red höhnisch und schaute unterdessen immer wieder zwischen seinem und dem Pokémon seines Rivalen her, welcher nun leicht schmunzeln musste.
>>Dass ich nicht lache!<<, entgegnete Blue kühl und schaute Red respektlos entgegen, >>Du hast doch auch noch nicht begonnen! Oder kann dein Bisalooser etwa keine Attacken?<<
Red sah ihn zornig an und ließ sich aufs äußerste provozieren. So ließ er weder mit sich, noch mit seinem Pokémon reden, was ihm zu einer Folgenschweren Entscheidung brauchte:
>>Das lassen wir uns nicht gefallen, Bisasam! Dem zeigen wir es, los! Greif es mit deiner Rasierblatt-Attacke an!<<
Ein schwerer Fehler, wie sich schnell für den jungen Trainer herausstellte:
Denn ehe das gegnerische Pokémon von den scharfen Klingen aus Blättern, welche aus der geschlossenen Blüte auf Bisasams Rücken geschossen kamen, getroffen wurde, konterte Blue gleich mit dem Befehl, dass Glumanda es mit Glut abwehren sollte, welchen dieses gehorsam befolgte.
Red konnte nur noch sehen, wie die Rasierblätter als kleine Häufchen Asche zu Boden fielen und von einer kräftigen Böe mitgezogen wurden.
Das nächste, was er wieder realisieren konnte – wenn auch noch unter Schock dieser harten Konter-Attacke – war, dass sein Pflanzen-Pokémon reglos am kalten Wiesenboden lag und einige Spuren von leichten Verbrennungen aufwies. Es war ein großer innerlicher Schmerz, den der Junge mit der roten Jacke nun spüren musste. Sein Kopf war fast komplett leer und er hätte niemals gedacht, dass es für Blue so einfach sein könnte. Doch sein Rivale war der bessere.
>>One hit... K.O.!<<, sagte Blue triumphierend und setzte ein unverschämtes und zugleich provokatives Siegerlächeln auf. Er konnte es sich wirklich erlauben, denn diese Leitung hatte er bisher noch nie wirklich aufgebracht; und das auch noch gegen seinen Rivalen. >>Schach, Matt! Veni, vidi... vici!<< Blue nickte leicht und zog einen rot-weißen Pokéball aus seiner Gürteltasche, die er fast unscheinbar etwas tiefer als seiner Hüfte trug. >>Das war nun wirklich einfach. Aber was hast du erwartet? Dein Bisasam ist noch untrainiert; mein Glumanda dagegen hat schon einige Kämpfe hinter sich.<<, mit einem kurzem Schnippen mit seinen Fingern und einem leichten Knopfdruck an dem Pokéball erleuchtete ein roter, feiner Strahl, welcher das Glumanda in eine rote Neon-Farbe hüllte und es dann im Ball verschwinden ließ. >>Du musst noch viel lernen...<<, meinte der kühle Junge noch abschließend, doch sah dies persönlich weniger als einen Spott, als mehr als gutgemeinten Tipp an. Anschließend verließ er das Kampffeld mit ruhigen und langsamen Schritten und sein Schatten, den er hinter sich warf, verschwand langsam in der Dunkelheit des Waldes, in den er lief.

Im Gegensatz zu Blue stand Red weiterhin auf dem Kampffeld und rief sein verletztes Pokémon nicht zurück. Dieses war mittlerweile wieder mit seiner letzten Ausdauer aufgestanden und schmiegte sich aufmunternd an seinen Trainer heran, als würde es ihm sagen wollen, dass es die Niederlage nicht so schlimm fände und Red darüber nicht traurig sein sollte. Doch der Junge zuckte nicht mit der Wimper und bewegte sich keinen Schritt vom Fleck, denn für ihn war es mehr als nur ein Kampf gewesen. Für ihn war es ein Pokémon-Kampf um stolz, den er nun verloren hatte. Verloren, gegen seinen Rivalen, Blue...

Menschen, die aufgeben, ohne es versucht zu haben, können einen Teil ihres Stolzes bewahren.
Verlierer haben keinen Stolz.

„Amanda! Jetzt beeil dich!“ Melani wartete schon auf mich. Sie langsam ging auf mich zu. Ihre pechschwarzen Haare wehten im leichten Wind. Sie gingen ihr bis Po.
„Wo warst du denn? Du hast dich zehn Minuten verspätet.“
„Ich habe etwas länger gebraucht. Tut mir leid.“
„Ist ja nicht so schlimm. Guck mal wie schön.“ Melani zeigte auf den Himmel. Es war dunkel draußen und die Sterne schienen. „Ich liebe es wenn es draußen dunkel ist. Dann kann über alles nachdenken.“
Ich nickte ihr frierend zu. „Gehen wir?“ Ich bekam keine Antwort, sie ging einfach los. Wir gingen gerne am Wald entlang. In den letzten Wochen taten wir dies jedoch nicht. Es hatte viel geschneit und es war sehr kalt. Jetzt war es jedoch wieder etwas milder.
„Das ist jetzt das erste Mal seit dem dieser Junge verschollen ist das wir wieder unseren Weg gehen.“, sagte ich damit es nicht so ruhig war.
„Ja, stimmt. Hast du etwa Angst das der hier auftaucht oder wie?“ Sie guckte kurz mit einem ist-das-dein-Ernst Blick zu mir rüber. „Keine Sorge der ist wahrscheinlich schon tot. Er ist bestimmt bei diesen Temperaturen in der letzten Zeit erfroren. Es ist es doch logisch das man dann nicht nach draußen gehen soll.“
Die schwarzen Baumkronen erstreckten sich jetzt über unseren Köpfen. Ich dachte über den Jungen nach. Plötzlich unterbrach mich jedoch ein Rascheln direkt neben mir. Ich guckte ängstlich in die Richtung und wich einen Schritt zurück.
„Keine Angst Amanda. Das war bestimmt nur ein Hirsch oder ein Reh.“
Nein, das war es mit Sicherheit nicht. Es raschelte weiter, es wurde lauter und intensiver. Es kam immer näher. Es wurde immer schneller. Nun stoppte auch Melani.
„Nein, das ist bestimmt kein Hirsch. Und wenn dann einer der hinter uns her ist. Amanda, lauf, schnell.“
In dem Moment wollte ich nur nach Hilfe schreien. Doch was wenn es wirklich nur ein Hirsch war? Ich lief hinter Melani her und redete mir einfach ein dass es doch nur ein Hirsch war. Der Schnee unter meinen Füssen knirschte und der kühle Wind kratzte an meinem Gesicht vorbei. Meine Lungen froren langsam ein. Doch da ein Schuss. -Werden wir jetzt abgeschossen?- dachte ich schnell. Mein Puls raste. Ich lief noch schneller, jetzt neben Melani. Ihre Augen waren weit geöffnet. Ich sah zum ersten Mal Angst in ihnen. Melani öffnete grade ihren Mund und wollte mir etwas zu rufen. Der nächste Schuss war zu hören. Melani schrie auf, fiel zu Boden und bewegte sich nicht mehr. Ich dachte schon dass sie tot war. Nun konnte ich nicht mehr weiter laufen. Ich fing an zu weinen, atmete schwer und sah zurück. Was ich da sah war kein Hirsch. Es war der verschollene Junge. Er sah genau so aus wie in der Zeitung. Blaue Haare, groß und kräftig. Nun hob er nochmals seine Waffe.
„Warum?“, sagte ich noch leise. Dann wurde ich bewusstlos.

Als ich wieder aufwachte ging wahrscheinlich grade die Sonne auf.
„Geht es dir gut?“, Melani war schon wach. Ich bemerkte dass wir in einem recht großen braunen Zelt waren. Jeder von uns hatte eine graue und dicke Decke. Ich stand auf und sah mich im Zelt um. Ich hatte immer noch meine Winterkleidung an.
„Was ist denn passiert? Sind wir gar nicht tot?“
Melani lächelte kurz: „Nein, tot sind wir nicht. Hast du denn vergessen was passiert ist?'“
Bevor ich antworten konnte kam der Junge ins Zelt. Mein Puls schlug wieder kräftiger.
„Keine Angst. Ich dachte ihr seid jemand anderes gewesen.“ Melani war ganz ruhig. Sie hatte jetzt überhaupt keine Angst mehr.
„Wer dachtest du waren wir?“, fragte sie.
„Ich erzähle es euch.“ Er setzte sich auf den Boden. „Ich sollte vor etwa einer Woche zusammen mit meinem Vater und meiner Mutter in den Wald hier nach unserem Zelt sehen. Nach dem schlechten Wetter dachte mein Vater das Zelt möglicherweise kaputt sei. Aber er hatte etwas anderes vor.“
„Warum steht das Zelt hier eigentlich?“, fragte Melani.
„Mein Vater ist Jäger. Wenn er am jagen ist übernachtet er in diesem Zelt. Er jagt auch sehr oft, deswegen baut er das Zelt auch nur selten ab.
Jedenfalls waren wir direkt vor dem Zelt, da schoss er mir ein Betäubungsmittel ins Bein. Er wollte dass ich in dem Wetter erfriere, doch das Betäubungsmittel wirkte nicht so lange. Ich konnte mich ins Zelt schleppen und mich mit den Decken zudecken.“
„Warum kamen wir ins Spiel?“, fragte ich ihn schnell.
„Ich dachte das mein Vater und meine Mutter wieder kommen würden um mich auf zusammeln. Ich sah nicht genau wer ihr wart. Eure Größe stimmte aber. Das war das einzige. Also ging ich schnell zurück zum Zelt, sammelte das Betäubungsmittel ein und steckte es in eine Waffe. Dann wisst ihr ja was geschah. Ich weiß, das war sehr dumm von mir.“ Er sah sehr traurig aus. Ich fühlte förmlich dass es ihm leid tat.
„Ja, aber jetzt ist es vorbei. Uns geht es gut. Doch was hast du jetzt vor?“ Ich sah ihn fragend an.

Endlos, schier endlos ging es hinauf. Man sah nur den blauen Himmel und die weissen Wolken. Langsam wich das Hochgefühl der Höhenangst. Der Lift ratterte, als würde er schon seit 50 Jahren gebraucht. Von den anderen Leuten sagte kaum jemand was, alle probierten einfach nicht hinunter zu sehen. Bald sind es 60 Meter, die uns vom Boden trennten. Doch das Ende schien einfach nicht näherzukommen. Langsam aber sicher bereute ich es, auf diese Achterbahn gegangen zu sein. Der kleine Zug ratterte auf den braunen Schienen himmelwärts. Die Schienenstränge schienen kein Ende zu nehmen, wenn man von meiner Position aus schaute. Immer weiter ruckelte der Wagen dem Schluss zu, wo es runtergehen wird. In einem freien Fall. Doch bis dahin musste ich mich gedulden. Mit meiner Höhenangst. Ich wagte einen kleinen Seitenblick neben die Schienen und ich bereute es augenblicklich. Mein Magen zog sich zusammen, meine Höhenangst liess mich keuchen. 70 Meter über Boden, das Ende nicht absehbar. Ich schloss die Augen, um nicht wieder in die Versuchung zu geraten, hinunterzusehen.
Plötzlich spürte ich, dass das Ende nun doch da war. Ich wurde nicht mehr gegen meinen Sitz gedrückt, auch fühlte ich nicht mehr, dass es bergauf geht. Ich öffnete meine Augen wieder und sah ein unglaubliches Panorama: Kingda Ka. Die höchste Achterbahn der Welt schraubte sich wenige Meter neben unserem Zug in die Höhe. Mit Katapultstart wurden gerade ein paar kreischende Leute den Achterbahnhügel hinaufgeschossen. Neben der höchsten und schnellsten Achterbahn der Welt kam ich mir plötzlich sehr klein vor. Den Rest des bei Cleveland liegenden Six Flags-Park sah ich nicht mehr, denn es ging bergab.
Bergab. Darum gehe ich auf Achterbahnen. Die Höhenangst hatte nichts mehr zu tun, also kehrte das Hochgefühl in Form eines Kribbelns in meiner Magengegend zurück. Es ging runter! Den ganzen Achterbahnhügel! Metall kreischte auf dem Holz, aus der die moderne Holzachterbahn El Toro gebaut worden ist. Ich sah herunter, es ging zum Glück noch ein Stück bis zum Ende. Trotzdem kam es rasend schnell näher, viel schneller, als beim Hinauffahren. Zu schnell, so ist das zu schnell zu Ende. Das Hochgefühl steigerte sich dank diesen Gedanken noch und ich schrie aus vollem Leib, zusammen mit den anderen Personen, welche sich auf dieses Holzabenteuer getraut hatten. Es war einfach herrlich. Dieses Gefühl übertraf die Höhenangst bei langem. Meine Haare wehten im Fahrtwind, er peitschte mir ins Gesicht und verlieh mir so das Gefühl, das sei das einzig Wahre, dass ich für diesen Moment lebe. Runter, so schnell wie eine Gewehrkugel. Diese Achterbahn ist sicher schneller als der Kingda Ka. Doch leider ist ein Hügel auch nicht ewig. Der 76-Grad-Hügel war am Ende Es ging wieder hoch, wieder runter, in eine Linkskurve, in eine Rechtskurve, schon wieder hoch und abermals runter. Das Hochgefühl hielt an, auch in den paar nächsten Kurven. Es ging hoch, runter, links, rechts. Ich wusste gar nicht mehr, in welche Richtung der Zug fuhr, nur das Rattern hielt mich davon ab, in ein tranceähnlichen Zustand zu fallen, zusammen mit dem Hochgefühl. Das Rattern nervte. Es störte die Vollkommenheit des Rides. Aber es war nicht so schlimm, ich konnte die Fahrt in vollen Zügen geniessen. Die Reue, die ich beim Hinauffahren gespürt habe, ist verschwunden. Doch auch die schönsten Momente des Lebens haben irgendwann einmal ein Ende, und das dieser Fahrt stand kurz bevor. Die ersten Bremssegmente tauchten auf und bremsten unsere Wagen ab. Schade, aus meiner Sicht hätte die Bahn weitergehen können. Ich stieg aus dem nun vollständig abgebremsten Zug aus und bemerkte einen Irrtum. Auf einer Plakette beim Ausgang stand, dass die Höhe der Bahn nur 55 Meter betrug, also hatte ich mich um 15 Meter verschätzt. Gerade als ich noch etwas enttäuscht darüber, dass der El Toro fertig war, auf den belebten Weg zwischen den Bahnen begab, sah ich es. Die ultimative Herausforderung. Grün und absolut monumental. Schnell wie Wanderfalken im Sturzflug. Die Challange für mich. Auf diesen Moment hat mein Leben gewartet.

Zwei nervenauftreibende Stunden in einer Warteschlange später war es soweit. Ich war an der Reihe. Für die ultimative Herausforderung. Kingda Ka. Als die Bügel des Zugs sich schlossen, kamen erste Zweifel in mir auf. Doch jetzt gab es kein Zurück mehr.

Sie wollte schreien. Um Hilfe, um Beistand. Um irgendetwas.
Doch es wäre sinnlos gewesen. Selbst wenn sie jemand gehört hätte, es wäre zu spät. Sie konnte ihm nicht mehr entkommen – nicht, dass das vorher möglich gewesen wäre. Er hatte alle Fenster und Türen verriegelt, verfolgte sie. Schon längst hätte er sie einholen können, doch es bereitete ihm blutgierige Freude, sie zu jagen.
Es war so dunkel, dass sie die Hand vor Augen fast nicht sehen konnte. Dass er sie so nicht finden würde, war eine schwache Hoffung; egal, wie leise sie sich verhielt, in panischer Flucht, er konnte sie sehen, durch Wände, Möbel, ihre Kleidung, spürte ihre Todesangst, hörte ihren rasenden Herzschlag. Wo auch immer sie hinrannte, er würde sie aufspüren. Die Dunkelheit war sein Element, sein Jagdgebiet, ein Gehilfe dabei, sie seelisch zu quälen. Er hatte sie völlig in seiner Gewalt, und wenn er des Spieles überdrüssig wurde, würde er sie einfach schnappen. Und wenn es erst einmal so weit war…
Sie wollte nicht daran denken. Genau das beabsichtigte er doch, dass sie vor ihm floh wie Beute vor einem Raubtier und sich selbst an den schrecklichsten Vorstellungen dessen, was er mit ihr tun mochte, malträtierte. Doch was sollte sie schon anderes tun? Es blieb ihr ja nichts anderes übrig. Nicht, weil sie ihm trotzen wollte, sondern weil ihre tiefsten, urzeitlichsten, fast animalischen Instinkte sie dazu trieben, sich nicht einfach so dem Tod zu überlassen.
Weil sie nichts erkennen konnte, stieß sie mit dem Fuß gegen ein Hindernis; aus dem Farbtopf ergoss sich in dem durchs Fenster fallende Mondlicht schimmernde Farbe – sie wusste, dass die Lache nicht rot war. Sie geriet ins Straucheln, zwang sich aber weiter zur aussichtslosen Flucht.
Und plötzlich war er hinter ihr. Wie aus dem Nichts.
Irgendetwas raunte er ihr zu, und obwohl sie die Worte aus blanker Furcht nicht verstand, gefror ihr das Blut in den Adern zu Eis, während sein Atem warm und verführerisch über ihre entblößten Schultern strich. Sie stand da wie versteinert, während seine Finger ihre Arme entlangglitten, hinauf zu ihrem Hals, wo sie verharrten.
In diesem Moment wusste sie, dass das ihr Ende war.

„Geh jetzt endlich!“, wollte Anétte sich zwingen, doch es gelang ihr nicht. Sie stand einfach so da, an ihren Wagen gelehnt, und kaute konzentriert auf einem Schokoriegel. Als die erhoffte Wirkung, nämlich, dass sie sich beruhigte, ausblieb, kramte sie einen weiteren hervor, entfernte das Papier und hatte schon die Hälfte verschlungen, bevor sie es überhaupt registrierte. Und meine Diät geht auch den Brach runter…, dachte sie mürbe und blickte zur Stadtgalerie auf.
Wenn Anétte in der strengen Hierarchie des Tagesblatts weiter aufsteigen wollte, brauchte sie dringend eine gute Story. Oder zumindest eine, die besser war als jene, die ihre Konkurrenten und Kollegen letzte Woche gebracht hatten: Eine junge Frau war von Passanten gefunden worden, bleich, mit einem tiefen, sauberen Schnitt in der Halsader – ähnlich einer Serie von drei Opfern, die ein paar Jahre zuvor in Frankreich gefunden worden waren; solch ein Mordfall war, das wusste Anétte aus Erfahrung, schwer zu toppen, und sie bereute es, diese Story nicht selbst ergriffen zu haben. Ein Interview mit einem der berühmtesten modernen Künstler hatte zwar nicht annähernd diesen Wert, war aber besser als nichts. Von irgendetwas musste schließlich auch eine Journalistin leben. Doch wovor hatte sie Angst? Das hier war eine Chance, die sie ergreifen musste!
Nachdem auch ein dritter Schokoriegel verschwunden war, fasste Anétte sich ein Herz und erklomm die weißen Marmorstufen, die hinauf zum Eingang des Gebäudes führten.
Für den Anfang ließ sie sich einfach mit der spärlichen Masse treiben, blieb mal vor dem, mal vor einem anderen Gemälde stehen, um es genauer in Augenschein zu nehmen. Das besondere an Paolo Bilbaos Werken war, dass sie alle mit der gleichen Technik gemalt waren, jedoch jedes einzigartig war. Ihnen allen gemein waren die Farben: während der Künstler im Hintergrund mit blau, grün und gelb spielte, mal verwaschene Formen, mal detailreiche Landschaften kreierte, war im Vordergrund stets eine abstrakte Figur zu sehen, bei der er schwarz und weiß, hauptsächlich jedoch rot verwendete. Diese Figuren, allesamt weiblich, hatten immer eine andere Position, und obwohl sie keine Gesichter besaßen, gingen von ihnen so intensive Gefühle aus, als sei in jedem einzelnen eine andere Seele eingeschlossen. Diese Kunstwerke auch nur zu betrachten, ließ in Anétte ein Sturm von Emotionen ausbrechen, und sie verstand, warum die Bilder des spanischen Künstlers in aller Munde waren.
Gerade bewunderte sie eines dieser Meisterstücke, auf dessen meergrünem Hintergrund, in dem gelbe Bläschen schwammen, ein roter Engel abgebildet war. Er stand in einer Pose, als wolle er sich hier und jetzt in die Lüfte erheben, dem Zwang des Rahmens entgehen; die Arme weit von sich gestreckt, auf den Zehenspitzen, hatte er die Flügel, deren Federn weiß angedeutet waren, ausgebreitet wie zum Abflug. Wie jedes andere Kunstwerk trug es einen kurzen wie passenden Titel: Angelo. Anétte war überrascht, als sie das Datum sah, an dem es gemalt worden war: Das war nur eine Woche her. Gleich fühlte sie sich dem Bild näher, als sei es eine gute Freundin oder eine Schwester.
Sie hörte, wie sich jemand neben sie stellte und ihr beim Betrachten des Meisterwerks Gesellschaft leistete. „Ein faszinierendes Gemälde, nicht wahr?“, fing sie an in der Hoffnung eines lockeren Gesprächs.
„Nun, das will ich doch hoffen!“
Als sie plötzlich gewahrte, wer neben ihr stand, fuhr sie überrascht zu ihm um. Sie hatte schon viele Fotos von ihm gesehen, doch in persona war er noch viel… ja, was war eigentlich das richtige Wort? Paolo Bilbao war ein hochgewachsener, äußerst attraktiver Mann um die dreißig, dessen dunkelbraune Augen sie durch einen Vorhang schwarzer Strähnen musterten. Anders, als man es von Südländern eigentlich gewohnt war, hatte er keine braun gebrannte Haut, doch durch ihre eher blasse Färbung zeugte sie davon, wie viel Zeit er in seinem Atelier mit seinen Bildern verbrachte.
Faszinierend, dachte Anétte, ihres Atems beraubt, und hatte damit das Wort gefunden. Wie seine Bilder.
„Hat es Ihnen die Sprache verschlagen?“, fragte er und lächelte unglaublich charmant, ein Lächeln, das sie augenblicklich dahinschmelzen ließ. Sie fühlte sich wie ein junges Schulmädchen, das seinem Schwarm gegenübersteht, und hätte am liebsten verlegen gekichert. Doch sie war eine erwachsene, selbstständige und selbstbewusste Frau, die sich so leicht nicht einschüchtern ließ. Oder zumindest hoffte sie das.
Gekonnt überspielte sie ihre Unsicherheit und wandte sich dem Engel zu. „Ja, es ist wirklich… faszinierend.“ Und ein anderes Wort fällt dir nicht ein?! Sie brachte sich dazu, ruhig zu bleiben, um Paolo wie jeden Mann zu behandeln, dem sie begegnete. „Anétte Lindner“, stellte sie sich vor und zückte in einer oft geübten Geste eine Visitenkarte. „Und Sie sind also Paolo Bilbao?“ Es war – natürlich – keine Frage, sondern eine Feststellung.
Ihr Gegenüber steckte die Karte ein, ohne diese dabei anzusehen – seine Augen waren die ganze Zeit über auf Anétte gerichtet – und sagte höflich: „Nennen Sie mich ruhig Paolo.“ Es folgte eine kurze Kunstpause. „Anétte? Ein sehr interessanter Name.“ Er ergriff ihre Hand und küsste deren Rücken wie ein echter Kavalier aus einem kitschigen Schnulzenfilm. Nicht nur das führte dazu, dass Anéttes Verlegenheit weit anstieg; auch wenn er fehlerfreies Deutsch sprach, klang ihr französischer Name durch seinen spanischen Akzent noch exotischer. Sie spürte, wie sie rot zu werden drohte, und zog die Hand sanft, aber bestimmt zurück. Sie musste sich unbedingt unter Kontrolle bekommen! „Wie kann ich Ihnen behilflich sein?“, bot Paolo an.
Sie schüttelte sich innerlich und zwang ihr Gefühlschaos nieder. „Ich schreibe für das Tagesblatt und würde Sie gerne interviewen. Sagen Sie, stimmt es, dass Sie sich nach ihrer Geburtsstadt benannt haben?“
Paolo zog einen Mundwinkel nach oben. „Das wird immer als erstes gefragt. Gehört das bereits zum Interview dazu?“
„Eigentlich nicht“, gab sie zu und versuchte ein ungezwungenes Lächeln, das ihr hoffentlich auch gelang. „Nennen Sie es journalistisches Interesse oder persönliche Neugier.“ Jetzt lachte er, und es ging ihr über in Mark und Bein, aber auf eine erschreckend angenehme Art und Weise. „Ich würde gerne einen Termin mit Ihnen vereinbaren. Ich kann mir vorstellen, dass Sie nur wenig Zeit haben –“
„Samstag, zwei Uhr, wenn es Ihnen nichts ausmacht“, schlug er sogleich vor und trat einen Schritt näher an sie heran. Sie nahm seinen Geruch ganz sacht wahr, und es irritierte sie. „Unter einer Bedingung“, stellte er klar und sah sie eindringlich an, als könne er in die Tiefen ihrer Seele blicken. Anétte hatte sich noch nie so entblößt, so durchschaubar gefühlt wie vor ihm. Es war sowohl angenehm als auch höchst verwirrend. Doch egal, welche Bedingung er auch stellen mochte – dessen war sie sich plötzlich sicher – sie würde es nur zu bereitwillig tun. „Kommen Sie in mein Atelier im Hotel Castra und stehen Sie mit Modell für mein neues Gemälde!“
Anétte musste unwillkürlich aber bitter lächeln. Paolo war berühmt dafür, auch während seiner Reisen rund um die Welt zu seinen Ausstellungen weitere Kunstwerke anzufertigen – erst vor einem Jahr hatte er in Paris sein drittes Bild in Folge in Frankreich gemalt – wofür ihm immer eine andere Frau Modell stand. Mit diesem Angebot mochte er Anétte zwar zu etwas Besonderem machen, doch sie war nur eine unter vielen. Und trotzdem…
„Liebend gern!“, willigte sie ein.
Wieder lächelte er, diesmal mit ehrlicher Freude. Dann wurde er aber ernst und fragte: „Haben Sie denn keine Rose bekommen?“
„Nein, wieso?“ Überrascht ebenso wie verwirrt legte sie den Kopf leicht schief.
„Alle Frauen, die meine Ausstellungen besuchen, bekommen eine Rose“, erklärte er, und jetzt erst fiel Anétte auf, dass ein jedes weibliche Wesen um sie eine rote Rose in der Hand hielt. „Da hat wohl jemand etwas versäumt.“ Von irgendwoher zauberte Paolo eine der edlen Blumen hervor und reichte sie ihr mit einer leichten Verbeugung. Die große, blutrote Blüte verströmte einen schwindelerregend süßlichen Duft, und von ihrem holzigen Stängel waren die Dornen abgeschnitten.
„Danke“, sagte sie ehrlich, wandte sich dem Bild zu, vor dem sie standen, und drehte die Rose zwischen den Fingern. „Rot scheint Ihre Lieblingsfarbe zu sein“, stellte sie fest, denn die karmesinroten Flügel des Engels nahmen fast die ganze Fläche ein.
„Allerdings“, pflichtete Paolo ihr bei und musterte das Gemälde, als habe es ein anderer Künstler erschaffen, den er als Kollege bewerten müsse. „Sie drückt so vieles aus: Aufmerksamkeit, Wärme, Liebe, Leidenschaft; Leben ebenso wie Tod.“
Überrascht blickte Anétte auf. „Leben und Tod?“ Bisher hatte sie mit diesen beiden Worten eher die Farben grün und schwarz in Verbindung gebracht. Aber Rot?
„Wie… Blut“, erklärte er und schaute wieder sie an. Das spürte sie eher als dass sie es sah.
Sie musste ihm zustimmen: Blut bedeutete Leben, aber es zu verlieren führte unweigerlich zum Tod. Nun war das Bild vor ihr noch viel ausdrucksstärker mit seinem Rot-Blau-Kontrast, dem Engel, der in der Bewegung, sich in den Himmel zu schwingen, in unendliche Freiheiten, eingefroren war. Unwillkürlich hob sie die Hand, plötzlich vom Verlangen überwältigt, dieses magische Rot zu berühren, die Seele des Bildes ganz nah bei sich zu haben, all die Gefühle und Emotionen…
„Nein!“ Der klingenscharfe Tonfall Paolos ließ sie zusammenzucken und die Hand ruckartig zurückziehen, und sein harter, fast bösartiger Gesichtsausdruck schockierte sie zutiefst. Doch seine Züge wurden sofort wieder weich, als sei nie etwas geschehen, und er lächelte entschuldigend. „Bitte, berühren Sie es nicht.“
Anétte blinzelte überrascht, nickte dann aber. Natürlich fasste man Gemälde nicht einfach so an! „Verzeihung“, gab sie kleinlaut zurück, immernoch verwirrt von seiner Reaktion. So unhöflich hatte sie nicht sein wollen… Ganz toll, Netti!, schalt sie sich selbst. Jetzt hat er dir gleich von selbst aus einen Termin gemacht, und du gibst solche Unhöflichkeiten von dir!
„Ich muss mich nun meinen anderen Gästen widmen, wenn Sie erlauben“, entschuldigte sich Paolo und schenkte ihr noch einmal sein verführerisches Lächeln. „Bis Samstag.“ Damit ließ er sie vor dem Engel stehen und ging.
Eigentlich wollte sie sich umdrehen und ihm nachsehen, doch dann wäre sie sich vorgekommen wie eine naive, verliebte Jugendliche. Stattdessen sah sie zum Engel hinauf und genoss das Gefühl unbändiger Vorfreude auf Samstagnachmittag.
Vielleicht hätte sie sich weniger gefreut, hätte sie gewusst, dass in seinem Atelier kein einziger Topf mit roter Farbe stand.

Ein verregneter Sonntag konnte mir die Laune auch nicht mehr
vermiesen, dachte ich mir als ich nach draußen schaute. Der Regen klapperte am
Fenster, meine blonde Labrador Retriever Hündin Emma, schmuste sich an mich und
guckte auf das Gehege meiner Beiden Hamster Hot Chili Peper ich nenn sie aber
lieber nur Chilli, und Lilli die im Hamsterrad liefen. Nur zur Info Chilli ist
Grauschwarz mit einem kleinen Weißen Pummelschwanz, Lilli ist dagegen
gestreift. Doch die Liebe siegt immer warum ich das sage? Lest selbst.

Wir drehen drei Jahre zurück ich kam in eine neue Klasse ich
wurde umgeschult. Als mich die Lehrerin der Klasse vorstellte habe ich auf
einen mal dieses kribbeln im Bauch gehabt als sie bei einen ganz bestimmten
Schüler angehalten hatte. Er und ich hatten Augenkontakt seine sanft braunen
Augen haben mich angeguckt, und ich habe meinen Kopf zur Lehrerin um gedreht.
Ein Fehler. In der Pause ging ich zu den Mädchen aus meiner Klasse. Als ich
mich hinsetzen wollte gingen sie weg und sagten auch noch: “Verschwinde du
Neuling“. Ich saß dann da, wo die Mädchen saßen, und aß dabei mein Brot. Eine
Stimme ertönte auf einmal im Hintergrund: „ Ach lass die Mädchen laufen! Die
haben nur Angst das du ihr die Jungs wegklaust“. Ich musste lachen als ich das
hörte, aber als ich sah wer das sagte blieb mir ein Stück von meinem Brot im
Hals stecken. Er war es! So von nahen sah er aber schon ganz nett aus
sportlich, klug und echt freundlich war er. Ich lächelte ihn an. Dann sagte er:
„Du bist ja sehr gesprächslustig“ ich antwortete: „Ich bin halt anders. Ich
wusste ja schon dass mich keiner mögen würde aber das es so gekommen ist habe
ich auch nicht gedacht“. Er redete weiter“: Wusstest du schon das du manchen
Jungs das Herz wie soll ich es sagen genommen hast? Mir zwar nicht“ Er wurde
rot als er mich anschaute, und schaute weg. Nach ein paar Minuten klingelte die
Glocke. Jetzt war Mathe dran ich gab natürlich mein bestes. Als unser Lehrer
Herr Mosch eine Schülerin fragte was 11x11 ist wusste sie die Antwort leider
nicht. Als ich mich gemeldete kam ich ran: „Die Antwort ist 121“ die Schülerin
sah mich neidisch an. Die Stunde war damit zu Ende. Die Schülerin kam zu mir
und schrie mich an“: In deinem Leben wirst du nie mehr mit meinem Freund reden
sonst bist du fällig, Verstanden!“. Mit Angst in meinem Körper ging ich wieder
zu meinem Platz der ganz hinten war und ganz staubig.Nach einer qualvollen
Deutschstunde war wieder Hofpause. Das die aber so ausfiel hätte ich nicht
gedacht: „Geh weg von meinem Freund du Kuh! Das ist wie gesagt mein Freund und
du brauchst in nicht zu nerven klar! Ich war sauer als ich das hörte und schrie
sie an“: Du denkst ich belästige deinen Freund mit meiner Anwesenheit? Falsch
er hat mich angesprochen und wenn du ihn kennen würdest könntest du bemerken
das Du ihm mächtig ankotzt! Sie wurde blass. Dann gab er noch seinen Senf dazu“:
Das was sie sagt stimmt du gehst mir echt auf die Nerven. Aber Ich liebe sie ja
das stimmt ich liebe den Neuling sie ist nämlich das liebste, freundlichste und
klügste Mädchen was ich kenn sie ist so wie sie ist und auch nur so ist Sie“ Nach
diesem Ereignis war ich mit ihm zusammen und so ist das Sprichwort erfüllt:

Die Liebe Siegt immer!

Es verfolgte mich. Die ganze Zeit verfolgte es mich, egal, was ich tat. Wo ich auch hinkam, immer traf ich auf dieses Nachtara, das ich auch noch unter tausenden an seinen glühenden Augen erkennen würde.

Ich weiß noch, wie das anfing. Damals war ich ein regelrechter Pokémon-Hasser. Wann immer es nur ging schikanierte ich sie und machte ihnen das Leben schwer. Manche von ihnen flohen schon bei meinem bloßen Anblick, weil ich ihnen so schlimm zugesetzt hatte.
Eines Tages fuhr ich auf meinem Fahrrad durch die Stadt, da rannte auf einmal ein Nachtara über die Straße. Ich versuchte auszuweichen, streifte es aber dennoch und fiel hin. Da ich Pokémon -wie schon gesagt- nicht mochte blieb ich nicht stehen, sondern ließ es einfach liegen, rappelte mich wieder auf und fuhr weiter. Als ich mich dann doch noch einmal umdrehte, war es nirgends mehr zu sehen.
Da ich mir bei dem Sturz den Knöchel verstaucht hatte, musste ich einige Tage zuhause bleiben. Gelangweilt lag ich also auf meinem Bett, blätterte ein paar Zeitschriften, schaltete durch alle Fernsehkanäle und aß ein bisschen Schokolade. Alles schien normal, bis ich aus dem Fenster schaute. Denn auf meinem Fensterbrett, und ich wohnte damals im elften Stock, saß ein Nachtara – dasselbe Nachtara, das ich beinahe mit dem Fahrrad überfahren hätte, und das dann einfach verschwunden war. Genau dieses Nachtara saß auf meinem Fensterbrett und starrte mich mit seinen roten Augen an, das mir das Blut in den Adern gerann.

Ich versuchte, mich abzulenken, doch es war vergebens. Was ich auch tat, ich konnte das Pokémon nicht ignorieren. Tag für Tag lag ich in meinem Bett und versuchte vergeblich, die feuerroten Augen zu ignorieren. Doch es war vergeblich. Schon beim bloßen Gedanken an dieses Pokémon lief es mir kalt den Rücken hinunter Als ich wieder laufen konnte, tauchte das Nachtara immer dort auf, wo ich war. Ging ich einkaufen, dann sah ich es zwischen den Waren herumlaufen. Wollte ich in Ruhe joggen gehen, lief es mit etwas Abstand neben mir her. Und wenn ich in meinem Bett lag und es schon dunkel war, strahlten seine Augen in der Finsternis vor meinem Fenster wie zwei glühende Flammen. Langsam bekam ich das Gefühl, das es mir folgte.

Nach einer Woche hielt ich es nicht mehr aus. Wenn ich das Unlichtpokémon gerade nicht vor Augen hatte, suchte es mich in meinen Träumen und Gedanken heim. Ich hatte das Gefühl, dass mich dieses Pokémon verrückt machen wollte.

Als es wieder einmal auf meinem Fensterbrett saß, öffnete ich in einem Anfall blinder Wut das Fenster und stieß es hinunter. Erst als ich den Aufprall auf dem Boden hörte beruhigte ich mich. Ich war mir sicher, dass das Nachtara tot sei und dass es mich nie mehr stören würde.

Als ich am nächsten Tag in die Stadt ging schien mir alles normal bis ich auf einmal in einer dunklen Gasse zwei rote Augen aufblitzen sah.
Ich rannte nach Hause, in der Hoffnung, mir die Augen nur eingebildet zu haben.
Doch als ich zuhause ankam, saß das nachtschwarze Pokémon wie immer auf dem Fensterbrett, so als hätte ich es nie heruntergestoßen. Von diesem Tag an war es endgültig aus mit meinem Seelenfrieden
Nach ein paar Tagen mit dem bohrenden Blick des Nachtaras im Nacken verlor ich vollends die Nerven. Ich packte das Nachtara, sperrte es in einen Käfig, band mit einem Seil einen riesigen Stein daran und versenkte es im Fluss.

Erleichtert ging ich nach Hause, sicher, dass mich dieses Wesen nie wieder belästigen würde. Es war schon dunkel, und da ich mein Fahrrad seit dem Vorfall in meinem Keller ließ, musste ich zu Fuß nach Hause gehen. Da hörte ich auf einmal ein Knurren hinter mir. Ich drehte mich um und sah in einer Gasse ein Paar feuerrote Augen aufblitzen.

Lisa saß am Karmin und aß einen Lebkuchen als das Telefon klingelte. Aufgeregt spuckte sie den Lebkuchen aus der prompt auf dem Fußboden fiel und lief zum Telefon. „Hallo, Lisa Gray am Apparat!“ sagte sie stolz in den Hörer. „Hallo kleine Lisa, hier ist deine Tante Oliv. Ist die Mama den da?“ Eine lange Pause trat ein. „Em …. Hallo? Bist du den noch da?“ Sie bekam keine Antwort.
Zügig knallte sie den Hörer auf den Aufhänger, zog sich ihren Mantel an und lief zum Auto um nach ihrer Enkelin zu sehen. Endlich angekommen stand sie vor einer „sperangel“ weit offenen Tür ohne auch Lisa auf den ersten Blick zu sehen. Vorsichtig betrat sie das Haus und ging in das Wohnzimmer. Die lodernden Flammen im Karmin ließen noch etwas Wärme im Raum aber der Rest des Hauses hatte die Gleiche Temperatur wie draußen. Wenig Später hatte sie jedes Zimmer im Haus durchsucht, fand aber keine Spur von Lisa, Ihrer Schwester und dessen Mann. Sie griff nach dem noch immer hängenden Telefonhörer legte auf und hob ihn erneut ab um die Polizei zu rufen. Es kam ihr sehr merkwürdig vor das niemand am anwesend war obwohl sie doch heute zum Abendessen eingeladen war und es doch Weihnachten war. Derzeit klingelte es in der Polizeidienstelle und Oberkommissar Frank Polke nahm den Hörer ab und sagte: „ Polizeidienststelle 24 Oberkommissar Frank Polke am Apparat wie kann ich ihnen helfen?“ „Ja Hallo hier ist Oliv Bauer und ich rufe an weil meine Schwester, dessen Mann und meine Nichte verschwunden sind! Das Merkwürdige an der Sache ist aber das ich meine Nichte vor etwa einer halben Stunde noch am Telefon gesprochen habe doch dann ist sie verschwunden und ich weiß einfach nicht mehr weiter und...“ Sie fing an zu Weinen. Mit ruhiger Stimme sprach Oberkommissar Polke „ Beruhigen sie sich! Leider können wir erst nach ablaufen von 24h etwas machen. Wahrscheinlich sind sie spazieren gegangen und ihre Nichte hat vergessen aufzulegen und ihnen beschied zu geben!“ Mit offenen Mund stand Oliv in der Wohnung. „ Sie müssen etwas tun das ist doch sehr komisch oder!?!“. „Madam Bitte!, wir können im Moment nichts machen. Bleiben sie in der Wohnung oder im Haus ihrer Schwester und warten sie ab. Wenn sie morgen nicht auftauchen rufen sie erneut an und wir beginnen die Ermittlungen!“ Mit traurigen Unterton bedankte sich Oliv beim Kommissar und legte auf. Bald brach die Nacht ein und Oliv zündete erneut ein Fenster im Karmin an, legte sich auf das Sofa und schlief bald darauf ein. Wilde Träume plagten sie und ihr Schlaf verlief sehr unruhig. „Tante Oliv? Huhu Tante Oliv?“ flüsterte eine Stimme. Oliv öffnete ihre Augen uns sah erschrocken ihre Nichte vor sich stehen! „Wo warst du oder WO wart ihr! Ich habe mir unvorstellbare Sorgen gemacht!!!“ Lisa erzählte das sie ausersehen einen Nusslebkuchen gegessen hatte und ihr Gesicht angeschwollen ist. Ihre Eltern und sie seien Sofort ins fünf km entfernte Krankenhaus gefahren. Sie musste auf Anweisung der Ärzte über Nacht dableiben. Oliv viel ein großer Stein Vom Herzen.
Kurz darauf kamen ihre Schwester und dessen Mann in den Raum. Oliv erzählte vom Gestrigen Tag und was sie erlebt hatte. Sie kramte in der Tasche und zog ein Geschenk heraus und gab es ihrer Schwester. „ Das ist genau der Richtige Zeitpunkt!“ Ihre Schwester öffnete das Päckchen und fand in ihm ein Handy. „Damit kann ich dich nun in allen Fällen des Lebens erreichen und du mich!“
„Und wo ist mein Geschenk?“ frage Lisa. Alle fingen an zu lachen und feierten das vergangene Fest der Liebe nach.

Vor langer, langer Zeit, Jahrhunderte vor den schrecklichen Geschehnissen, welche als die Tengu-Kriege in die Geschichtsbücher eingehen würden, lebte einst, in einem kleinen und abgeschiedenen Dorf in den nördlichen Provinzen Canthas, ein talentierter Mönch bekannt unter dem Namen Karei. Die Lebensweise des frommen Mannes war schlicht und einfach - nicht in Armut, doch bescheiden. Eine Existenz in Entsagung - fern von Gier und Neid. Ungetrübt in seinem Glauben richtete er sein Leben fest im Dienste Dwaynas – der Göttin der Luft und des Lebens.

Seinerzeit galt Karei als einer der größten Heiler der Geschichte Canthas. Seine Gabe, die noch so hartnäckigsten und heimtückischsten Krankheiten zu heilen, wurde nur noch von den ihm zugesagten sagenhaften Fähigkeiten, die tiefsten Wunden und gefährlichsten Verletzungen dank seiner heilenden Hände in Windeseile zu kurieren, übertroffen. Wäre das alles noch nicht genug, akzeptierte der seelengute Mönch lediglich die einfachsten Grundnahrungsmittel als Dank für seine Dienste.

So zogen die Jahre dahin. Unerschüttert in seinem Glauben und seinen Fähigkeiten übte Karei in jener Zeit eine Wundertat nach der nächsten aus. Geschichten waren in aller Munde – Geschichten über die inzwischen bereits legendären Fähigkeiten des Mönchs. Doch all diesen Erzählungen und dem ihm gebührenden Ruhm zum Trotz, lebte Karei sein bescheidenes Leben auf dem Lande; fern von dem Lärm und dem Gestank der sich stetig ausbreitenden Großstadt.

Eines Tages, wir schreiben das Jahr 352 VE des mouvelianischen Kalenders, ereignete sich unweit von Kareis Heimatdorf ein gar schreckliches Ereignis: Kampfgeschrei - das klirrende Aufeinanderprallen von hartem Metall - das Toben herbeigerufener Elemente. Doch so schnell wie der Wind das Getöse eines Kampfes in alle Richtungen getragen hatte, waren die grausigen Geräusche auch bereits wieder verebbt.

Ein gar eigentümlicher Geruch lag in der Luft, als die vorsichtigen Späher des Dorfes den Ort des Geschehens erreichten: der Geruch des Todes. Verwüstet von einem Kampf um Leben und Tod lagen die sich von den hungrigen Flammen langsam auflösenden Trümmer und zahllose blutüberströmte Leichnahme einer Handelskarawane auf der vernarbten und blutdurchtränkten Erde verstreut. Nichtsahnend waren die braven Handelsreisende in den heimtückischen Hinterhalt abtrünniger Wegelagerer geraten und mussten ihrer aller Leben als Preis für die einfachen Waren und Güter geben, welche sie mit sich trugen. Doch wie durch ein Wunder der Götter, hatte ein einzelner Mann, ein durch seine feinen Gewänder zu urteilen reicher und wohlhabender Edelmann, das Massaker schwer verwundet überlebt.

Die zu Hilfe geeilten Waldläufer zögerten keine Sekunde und brachten den Überlebenden so schnell sie ihre Füße tragen konnten in ihr Heimatdorf und übergaben den, dem Reich des Todes bereits näher, als der Welt der Lebenenden stehenden Mann in die sichere Obhut Kareis. Auch für den fleißigen Diener Dwaynas war es kein leichtes Unterfangen, die Verletzungen seines Patienten zu heilen, denn sie reichten sehr tief. Tagein, tagaus hielt er seine lebensspendenden Hände über den vernarbten Körper des Edelmannes und sprach ein Gebet nach dem nächsten zu der Göttin des Lebens, bis er endlich den sterbenden Mann aus den eisigen Griff Grenths, dem Gott des Todes, entgültig entreißen konnte.

Wieder genesen, sprach der genesene Mann Karei seinen tiefsten Dank aus. Über sein wiedergewonnenes Leben in allen Maßen glücklich, bot er seinem Lebensretter bündelweise der schönsten und glänzendsten Goldmünzen an, wenn er erst wieder seinen Weg zurück in seine Heimat gefunden hätte. Doch Karei lehnte dankend ab.
„Guter Mann“, sprach Karei, „Was weiß ich hier, im Schoße Melandrus, der Göttin der Natur, mit Eurem Gold anzufangen? Nein, bitte behaltet Eure Reichtümer.“
Da aber sprach der Adelige: „Trachtet es Euch vielleicht um mehr, mein lieber Freund? Mögt Ihr mich vielleicht in mein Anwesen begleiten und dort Eure Künste an meinem Hof unter Beweis stellen? Euch soll es in meinem Hause an nichts fehlen. Die feinsten Gewänder und die edelsten Speisen ein Leben lang biete ich Euch an, Karei. Überlegt es Euch gut.“
Doch abermals schüttelte Karei den Kopf und sagte: „Edler Herr. Habe ich doch hier alles, nach was es mir verlangt und lebe dennoch glücklich; auch wenn Ihr es in Euren Augen vielleicht nur als wenig erachtet.“

Die Miene des Adeligen verfinsterte sich plötzlich, als dieser zu ihm sprach. Karei glaubte bereits, den Herrscher des Totenreiches persönlich vor sich zu haben, als dieser erneut sein Wort an ihn richtete. „Sehnt es Euch vielleicht vielmehr nach Macht, als an irdische Reichtümer, Karei? Ich besitze Kräfte – Kräfte, wie Ihr sie Euch nicht vorzustellen vermögt. Ich könnte Euch mit einer Macht ausstatten, die den der Götter nahe kommt. Ein Gott unter Sterblichen mit schier grenzenlosen Kräften. Die Länder Canthas, Tyrias und Elonas würden vor dem bloßen Klang Eures Namens erzittern. Ist es das, nach was es Euer Herz Euch verlangt?“
Da ward der fromme und herzensgute Mönch aber zornig. „Schweigt stille!“, sprach Karei mit drohender Stimme. „Eure Worte, wenn auch in Eurem Glauben vielleicht von edler Natur, sind eine Beleidigung für mein Ohr. Was in den Namen der Götter sollte ich armer Mann mit solchen gar schrecklichen, unheilbringenden Kräften anzufangen wissen? Will ich doch nichts weiter als den Menschen helfen. Eure Wunden sind versorgt, Euer Leben durch meine Hand gerettet. Packt nun Euer Bündel und geht. Verlasst mein Haus!“

In seiner Ehre gekränkt, wollte sich der fromme Mönch bereits von seinem Gegenüber abwenden, als dieser sich mit einem sanften Lächeln auf dem Gesicht von seinem Krankenbett erhob und eigentümlicherweise seinen Reisemantel wieder ablegte.
Karei wollte seinen eigenen Augen nicht trauen, als plötzlich nicht mehr sein kürzlich genesener Patient, sondern sie - eine von Engelsgestalt unbeschreiblicher Schönheit, umgeben von einer strahlend blauen Aura, vor ihm stand: die Göttin Dwayna.

Der ganze Raum war von trost- und segenspendender Wärme und Licht gehüllt, als Karei ehrfürchtig auf die Knie fiel, den Saum des Göttergewandes küsste und die Göttin lobpreiste.
„Erhebt Euch, mein lieber Karei“, sprach Dwayna mit sanfter Stimme und legte ihrem Kind ihre Hand auf dessen Haupt. „Dreimal konntet Ihr den Verlockungen meiner Angebote widerstehen nach denen sich ein jeder Mann und eine jede Frau Canthas innerlich verzehrt hätte. Ich erwähle Euch, Karei. Eine besondere Ehre soll Euch als Belohnung zuteil werden. Doch nichts, was Eurem bescheidenen Selbst nicht angemessen ist, nein. Vielmehr sollt Ihr das erhalten, nach was es Euch wirklich verlangt.“

Von der Göttin selbst berufen, konnte der Diener Dwaynas das großzügige Angebot seiner Göttin nicht ablehnen. Fortan verbrachte Karei seine Tage als Meister des Klosters von Kaziin, wo er bis zu seinem Lebensabend seine Zeit damit verbrachte, junge Mönche seine Lehren, Tugenden und seine Weisheiten zu vermitteln und noch viele weitere Krankheiten und Gebrechen heilte. Doch auch das seine Leben war an die natürlichen Gesetze der Zeit gebunden; das war auch der Göttin Dwayna gewiss. So ordnete diese nach Kareis Ableben an, die sterblichen Überreste des Mannes in die ehrwürdigen Hallen des Thanakei-Tempels zu überführen, und ihm zu Ehren ein großes Denkmal für seine ruhmreichen Taten zu Lebzeiten zu errichten.

Karei mag vielleicht seine sterbliche Hülle zurückgelassen haben, doch sein Geist, seine Lehren, seine Weisheiten und seine Tugenden leben noch heute in den Herzen all jener, die einst den Pfad der Göttin Dwayna – den Weg des Lichtes – gewählt haben und noch wählen werden.

Schilde schützen. Panzer auch.
Schwerter verletzen. Klauen auch.
Mir fehlt ein Panzer. Eindeutig.
Ihnen fehlen Klauen. Eindeutig.
Ich stehe hier am Abgrund, in meinem Rücken eine wilde Schar von Verfolgern. Auf der anderen Seite der Schlucht steht der Rest meines Rudels. Ich kann nicht zu ihnen. Sie nicht zu mir. Die Schlucht ist einfach zu breit.
Ich könnte einen Panzer wirklich gebrauchen. Ich meine, wer steht schon gerne schutzlos vor einer Herde wild gewordener mutierter Schildkröten.
Moment, wird der aufmerksame Leser jetzt sagen, Schildkröten? Mutiert? Wild? Na ja, sehr wahrscheinlich war noch nie ein Mensch (zumindest keiner, der das hier liest) in… Eigentlich hat unser schöner Landstrich noch niemanden gefunden, der sich mal aufrafft und sich einen Namen ausdenkt. Tut ja auch nichts zur Sache.
Schildkröten sind hier jedenfalls verdammt schnell. Und verdammt gut geschützt. Wenn die erst mal wütend sind, hält die so schnell keiner mehr auf. Eine Schwäche haben sie aber.
Ihnen fehlen Klauen. Eindeutig.
Verdammt, eine Katze (natürlich bin ich keine normale Katze, unsere Rasse ist hier quasi auch „mutiert“) gegen an die 50 Schildkröten. Wie bin ich in diesen Schlamassel nur rein geraten? Vor meinem inneren Auge lasse ich die vergangen Stunden noch mal Revue passieren.
„Tómo, wir haben ein Problem.“, weckte mich mein Freund Jerrý, mit dem ich mir auch meine Höhle teile. Ich war sauer, so früh wollte ich noch nicht aufstehen.
„Was’n los?“, murmelte ich schlaftrunken.
„Die Schildkröten kommen!“
Sofort war ich hellwach.
„(ZENSIERT! In der Erregung gemachte Äußerungen, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind.)“
Lange waren sie ruhig, aber jetzt sind sie anscheinen wieder im Anmarsch. Verdammt!
„Mûsh hat eine Versammlung einberufen. Wir sollten uns auf die Socken machen.“
Besagte Versammlung war nicht sonderlich interessant. Keine neuen Infos, nur die für den Notfall üblichen Kommandos: Teilt euch auf, die Schwachen zurück in ihre Höhlen etc.
Ich bildete zusammen mit Jerrý, Amigo und Murmel, wie wir den etwas rundlicheren, grauen Kater scherzhaft nennen, die Gruppe, die für Verfolgung und Ablenkung zuständig war bzw. immer noch ist.
„Junge, Junge, immer müssen wir den gefährlichen Part übernehmen!“
„Amigo, halt die Klappe. Ich begrüße es auch nicht, aber ich sehe es als Auszeichnung.“, fuhr Murmel den jungen Kater an. Murmel besitzt große Autorität, auch wenn er nicht danach aussieht. (Das hab ich nicht gesagt…)
Mittlerweile befanden wir uns in der Pampa. Und wenn ich Pampa sag, mein ich auch Pampa. Gras, Gras, Gras, da möchte man fast anfangen zu grasen und wie ein Schaf zu blöken. Aber da mussten wir durch. Der große Schlucht, die Grenze zwischen unserem Revier und dem der Hunde, welche mit den Schildkröten verbündet waren, was unsere Abneigung gegen sie noch verstärkte, konnte man nur auf diese Weise umgehen.
Lange wanderten wir vor uns hin uns sprachen nicht. Ab und zu hielt einer an, um einen kleinen Snack zu sich zu nehmen oder gewisse… Dinge abzulassen. Je weiter wir jedoch kamen, desto schlechter wurde die Stimmung.
Plötzlich bemerkte ich etwas.
„Da vorne, das sind doch die Köter!“
„Stimmt, du hast recht. Was die wohl wollen?“
„Uns angreifen, Jerrý“
„Stimmt, du hast recht. Oh, ich wiederhole mich.“
Da hatte er recht. Verdammt, schon wieder.
Trotzdem, Vorsicht ist besser als Nachsicht, weswegen ich mich auf einen Kampf vorbereitete. Die Hunde kamen immer näher.
Aber eines überraschte mich. Normalerweise kämpfte ihr Anführer, Knut, nie gegen uns. Dafür war er sich zu schade. Warum also setzte sich dieser, wie ich zugeben muss, prächtige Hund an die Spitze der Gruppe? Je näher wir ihnen, und sie uns, kamen, desto beunruhigter wurde ich. Das konnte ja nicht mit rechten Dingen zugehen.
Als wir uns genau gegenüber standen, ergriff Murmel das Wort.
„Was wollt ihr, Köter?“
„Hüte deine Zunge, verfressenes Wollknäuel, so spricht man nicht mit einem Hund!“, versuchte Knut zu kontern. Mit Erfolg. Murmel kann Anspielungen auf seinen Bauchumfang nicht leiden.
„Aber eigentlich sind wir wegen ernsteren Dingen hier.“, ergriff ein anderer Hund, den ich nur vom Sehen kenne, das Wort.
„Schnauze, ich bin hier der Anführer!“
Knut war eindeutig sauer. Sonst, heißt es, ist Knut ein recht ausgeglichener Köter. Aber die Hunde erzählen viel, wenn der Tag lang ist.
„Ja, schon klar. Also, was ist?“
Ich wurde langsam ungeduldig. Konnten die Köter ihre Auseinandersetzungen nicht zu einem anderen Zeitpunkt ausführen?
„Wir brauchen eure Hilfe.“, rief ein Kläffer aus der hinteren Reihe und wedelte dabei nicht einmal mit dem Schweif, wie es eigentlich hätte sein müssen, wenn ihm etwas gegen den Strich geht. Aber die Hunde haben halt ihre eigene Sprache…
„Kannst du das nicht anders formulieren?!? Aber es stimmt…“
Ich war baff. Knut persönlich bat uns um Hilfe? Ein Tagtraum, es konnte nicht anders sein.
„Euer Ablenkungsmanöver könnt ihr euch in den…“
Murmel unterbrach ihn.
„Klappe, Amigo, deine Ausstöße sind hier nicht erwünscht. Aber wo er Recht hat, hat er Recht.“
Schon wieder diese Redewendung. Ich bekam einen Lachkrampf.
„Ist euch schon mal aufgefallen, wie oft wir diese Formulierung heute schon verwendet haben?“
Knut überging mich.
„Diese gepanzerten Kröten verlangen von uns, dass wir uns ergeben und ihnen unser Land zur Verfügung stellen, damit sie euch angreifen können. Gegen die Attacke gegen euch haben wir nichts, aber Gebietsverlust deswegen ist unvorstellbar. Deswegen wollen wir sie vernichten. Und weil wir allein zu schwach sind, brauchen wir eure Hilfe.“
OK… Köter bitten uns um Hilfe. Wenn ich mich nicht sehr täusche, ist das das erste Mal.
„Aber nur gegen einen dauerhaften Frieden.“
„Das bereden wir später. Ist ja schließlich auch in eurem Interesse.“
Irgendwas war da faul… Wie Recht ich hatte.
Jedenfalls beeilten wir uns jetzt tierisch. Innerhalb von 20 Minuten waren wir an der großen Schlucht. Von den Schildkröten keine Spur. Wir verteilten uns und suchten die Gegend systematisch ab. Schließlich trafen wir uns wieder an der Schlucht.
„Wie sieht es bei euch aus?“
„Nichts. Keine Spur von den Schildis. Aber da wäre noch was anderes…“
Blitzschnell stießen vier Hunde nach vorne, direkt auf uns zu. Ich konnte gerade noch ausweichen. Noch in der Luft schrie ich: „Was fällt euch eigentlich ein?!?“
Da hörte ich die Schreie hinter mir. Ruckartig drehte ich meinen Kopf nach hinten und sah gerade noch, wie Jerrý, Amigo und Murmel in die Schlucht fielen. Die letzten Sekunden, in denen man sie noch sah, kamen mir unendlich lang vor.
„NEIN!!!“
Ich schluchzte. Die Tränen stiegen in mir hoch. Schließlich fielen sie aus meinen Augenwinkeln, jede Träne ein Moment meines, ihres Lebens, den wir zusammen verbracht hatten. Und mit jeder Träne, die sich von meinem Körper entfernte, kam die Wut. Zunächst nichts Anderes als ein Kribbeln in der Magengegend, doch je mehr Tränen aus meinem Körper fielen, desto größer wurde sie. Bis schlussendlich die blanke Wut in mir herrschte. Die Trauer war noch da, natürlich, aber ich kam mir jetzt eher vor wie ein rasendes Monster als wie ein übergroßer Kater. Ich musste auch so aussehen. Denn während sich am Anfang noch Überlegenheit in den Minen dieser räudigen Köter widerspiegelte, so wich diese doch mehr und mehr der Angst. Angst im Angesicht des Feindes. Das schönste, was ein Krieger im Kampf sehen kann. Und jene Angst muss man sich zu Nutzen machen. Ich sprang auf den Köter zu, der Jerrý in die Schlucht gestoßen hatte.
„Verräter!“
Ich verpasste ihm mit meinen Krallen drei unschöne Furchen quer durch das Gesicht. Das würde schöne Narben geben, aber er hatte es ja auch nicht besser verdient.
„Halt, Kater, das war ein Fehler!“
„Und wieso, Knut?“ Wenn ich hätte spucken können, ich hätte es getan.
„Weil wir nicht alleine sind.“
Und tatsächlich: langsam kroch hinter den wenigen Büschen eine regelrechte Armada an Schildkröten hervor.
Hier stehe ich nun. Verdammt, ich muss wieder an meine Mitstreiter denken. Ich werde sie rächen, und wenn dann der Rest des Rudels mich rächen muss! Das schwöre ich bei allen meinen Klauen!
Da höre ich von drüben die Stimmen meiner Rudelmitglieder. Ich hatte ganz vergessen, dass sie auch nach da sind, wenn auch nur auf der anderen Seite der Schlucht. Ihre Rufe geben mir noch mal zusätzlich Mut. Ich versuche, die Schwachstellen der Schildkröten auszuloten. Der hintere Kopfansatz wäre eine Möglichkeit, aber diese Stelle ist schwer zu erreichen. Noch effektiver wäre der Bauch, aber so ein Schildkrötenpanzer besteht leider nicht aus Pappe.
Aber einen Nachteil haben die Schildkröten. Ihnen fehlen Klauen. Eindeutig.
Ich darf sie nicht in Fahrt kommen lassen, sonst bin ich verloren. Aber so hab ich eine minimale Chance. Was soll’s, sonderlich gut überstehen werde ich dieses Spektakel sowieso nicht, also einfach angreifen ohne Rücksicht auf Verluste. Genau. So mach ich das.
Ich visiere den Anführer an. Keine Ahnung, wie er heißt, aber das ist mir auch egal.
Ich nehme Anlauf und springe dem verdutzten Schildkröten-Boss ins Gesicht. Von der anderen Seite höre ich die Jubelrufe, als ich in den hinteren Kopfansatz schlage, mit ausgefahrenen Krallen. Sofort sackt er zu Boden. Der Boss, nicht der hintere Kopfansatz.
„Guter Anfang, gutes Ende!“, schreie ich, als ich von dem leblosen Körper springe. Zeitgleich springt mich ein Köter an und drüben höre ich ein „Da hat er Recht!“. Es ist gut, dass ich mich vor Lachen auf dem Boden wälze, so kann ich dem Angriff dieses Mistviehs ausweichen. Doch sogleich kommt wieder die Wut, da ich an den Moment denken muss, der mir schon wieder so unendlich weit weg vorkommt, als mich Knut bei dieser Redewendung überging. Und wieder kommen die Tränen. Und wieder kommt die Wut. Irgendein schlauer Kater hat mal gesagt, Wut ist gleich Energie. Mal sehen, ob er Recht hatte.
Sprung. Landung. Hieb. Sieg. So muss ein perfekter Angriff aussehen. Und einige Male gelingt es mir auch noch, aber je weiter der Kampf fortschreitet, desto schwieriger wird diese Reihenfolge. Die Schildkröten werden immer wachsamer.
Bis sich Knut einschaltet. Er kratzt an meinem Schweif entlang, was mich noch rasender macht. Ich fahre herum und versuche, ihm einen Kratzer zu versetzen, mitten in das Gesicht. Doch er weicht aus und greift selber an. Ich stehe am Boden, über mir ist Knut. Es können nur Sekunden vergehen, was sage ich, Bruchteile von Sekunden, und ich werde schwer verletzt am Boden liegen.
Verdammt, die ganze Anstrengung umsonst. Aber habe ich es nicht schon vorausgeahnt, als ich am Abgrund stand und beschloss, Jerrý, Amigo und Murmel zu rächen?
Wie wird es wohl sein, wenn es mir genauso ergangen sein wird wie ihnen? Was wird das Rudel denken? Werden sie mich ehren, obwohl ich es nicht verdient habe?
Solche Gedanken gehen mir innerhalb von Bruchteilen von Sekundenbruchteilen durch den Kopf.
Plötzlich verschwimmt das Bild vor meinen Augen. Ich sehe einen schwarzen Blitz, der Knut in die Flanke springt, noch zwei, drei Mal auf ihn einschlägt und anschließend vor mich springt. Ich drehe meinen Kopf zu Seite und warte auf den Schmerz.
Von der anderen Seite der Schlucht ertönt Jubel.
„Alles in Ordnung?“
Was?!? Nein… Das wäre ja… Unmöglich!
Mein Kopf kehrt wieder in seine Ausgangssituation zurück. Langsam nimmt der schwarze Blitz Gestalt an. Er bekommt einen Körper, vier Beine und einen Kopf. Und dann steht ein Kater vor mir. Schwarz. Natürlich.
Mein Kopf nimmt diese Informationen nur sehr langsam auf. Dann bringe ich einen Satz zu Stande. Mehr oder weniger.
„Jerrý?!?“

Ein Kater… Zwei Kater… Drei Kater…
Das ist ja schon fast wie Schäfchen zählen, bei der Menge an Katzen und Katern, die sich hier auf dem Dorfplatz versammelt haben, alle mit Trauerflor. Jerrý kann ihn sich sparen, und auch bei meinem grauen Fell sieht man ihn nicht besonders gut. Es herrscht Unruhe. Viel wird auch noch über den Kampf geredet. Nachdem Jerrý von dem Vorsprung, auf dem er gelandet war, nach oben geklettert ist, sich ein- und Knut ausgeschaltet hat, haben sich die Schildkröten und Hunde, ihrer jeweiligen Anführer beraubt, zurückgezogen.
Schlagartig verstummen die Gespräche jedoch. Mûsh betritt den Platz.
„Der Anlass unserer heutigen Versammlung ist eher unerfreulich.“
„Stimmt!“, ruft einer von hinten.
„Zwei Kater, Murmel und Amigo, sind von diesen ätzenden Kötern in die Schlucht gestoßen worden. Es besteht aber noch Hoffnung, dass sie leben. Wir wollen also vorerst auf die Ehrung verzichten und Rettungstrupps losschicken.
Kommen wir nun zu dem erfreulicheren Teil. Zwei Kater haben sich durch große Verdienste um das Rudel ausgezeichnet. Tómo und Jerrý, kommt bitte zu mir.“
Ein Raunen ging durch die Menge. Alle Blicke waren auf uns gerichtet. Überrascht traten wir vor Mûsh.
„Ihr habt euch verdient gemacht um das Rudel. Ihr sollt eure Kindernamen ablegen und neue erhalten. Ab sofort sollt ihr Tom Adbrà, Tom der Tapfere, und Jerry Lédàrk, Jerry der Blitz, heißen.“
Das Rudel antwortete ihm mit den Worten eines uralten Liedes.
„Regó îna, eha etâ jùsta!“
Stimmt ein, denn er hat Recht!

Es war ein kühler Novembertag, an dem ich diesen Entschluss traf. Es war kein Entschluss, den ich sonst treffen würde, denn es war der Entschluss zu überleben. Ich wurde nicht verfolgt oder bedroht, aber hatte Angst. Ich hatte keine Feinde, aber das Gefühl, jemand würde mir das Leben schwer machen. Ich blickte aus dem Fenster und lauschte dem Regen, der gegen die Scheibe prasselte. Der Nebel, der sich in der Dunkelheit ausbreitete, war unerträglich dicht. Ich konnte kaum das schwache Licht der Laterne erkennen, die an der Straße stand.

Ich nahm mir noch ein Stück Schokolade, wie ich es immer tat, wenn ich Kummer hatte. Dann betrachtete ich mich prüfend im Spiegel. Ich musterte meinen eigenen Körper von oben bis unten. Dann stieß ich einen tiefen Seufzer aus. Obwohl ich wusste, dass ich hübsch war, fühlte ich mich erniedrigend hässlich. Meine blonden Haare hingen mir schlaff über die Schultern. Meine blauen Augen funkelten im hellen Licht meines Zimmers. Eine Träne schimmerte auf meiner Wange. Ich wusste ganz genau, dass alles gut war, wurde aber das Gefühl nicht los, dass alles falsch war. Ich setzte mich schließlich auf mein Bett und dachte nach. Zu erst über meine Freundinnen, denen ich das zu verdanken mochte. Sie hatten ihn mir gezeigt, den Jungen, der an meiner Schule war. Er war mir nie zuvor aufgefallen. Aber sie hatten es als Spaß angesehen, mich auf ihn aufmerksam zu machen. Ich muss zugeben, dass es ihnen gelungen ist. Wobei ich mir nicht sicher bin, ob es mir gut tut. Ich wollte mich nicht in ihn verlieben. Ich wollte gerne unabhängig von der Liebe sein, denn sie ist ein grausames Gefühl für mich. Sie verletzt mich.
Nun bereuen sie es auch, mich an ihn geschmiedet zu haben. Denn ich bin nicht mehr die selbe, seit diesem Tag. Früher war ich abgedreht, verrückt und übermütig. Jetzt möchte ich mich schon beinahe als depressive Streberin bezeichnen. Wenn ich früher niemals Hausaufgaben gemacht habe, so mache ich diese nun bereits kurz nachdem ich zu Hause angekommen bin. Ich verstehe zudem nicht, warum sie es jetzt bereuen. Er ist der Typ von nebenan, der gerne Ärger mit der Kriminalpolizei hat und zudem nicht wirklich beliebt ist. Aber er ist der Junge, den ich liebe. Ich kann nichts dagegen unternehmen, wenn ich mich verliebe.
Plötzlich öffnete sich die Tür, und ich wurde aus meinen Gedanken gerissen. Meine Mutter stand in der Tür. Sie sah mir an, das etwas nicht stimmte. Aber sie wusste, dass ich ihr nicht erzählen würde, was mit mir nicht stimmte. Sie nahm mich manchmal in den Arm, wenn sie sah, dass ich weinte. Aber heute tat sie nichts dergleichen. Sie schüttelte traurig den Kopf und verließ den Raum wieder. Ich nahm mein Kissen in den Arm und schrie von ganzem Herzen hinein. Ich schrie meinen Frust hinein, immer lauter und schluchzte leise. Ich lehnte mich an die Wand an und dachte über den gestrigen Tag nach. Dieser Tag war noch denkwürdiger gewesen, als alles was ich bisher erlebt hatte. Ich hatte mit ihm telefoniert. Er wollte es so. Liebte er mich auch? Ich wurde misstrauisch gegenüber mir selbst. So, wie ich es oft war. Es stimmte: Unter allen Feinden, die man haben kann, ist man selbst stets sein größter Feind. Das kann mit Schüchternheit zu tun haben, mit Angst, Egoismus und vor allen Dingen Selbstmitleid und Selbstzweifel. Es sind genau die Steine, die man sich selbst ständig in den Weg setzt. Wenn es einen perfekten Mensch geben würde, dann wäre es einer ohne diese Eigenschaften. Aber ich bezweifle, ob es solch einen Menschen gibt.
Von einem Moment auf den anderen wurde mir übel. Ich rannte zum Badezimmer und übergab mich. Wieder weinte ich dabei. Es passierte oft, dass ich mich übergab, wenn ich traurig war. Ich sah es als Zeichen an, dass ich etwas tun musste, was ich normalerweise nicht tun würde. Ich zog mein Handy aus meiner Hosentasche, löste die Tastensperre und wählte die Nummer, welche ich in den letzten Tagen sehr oft gewählt hatte, ohne anzurufen. Dieses Mal drückte ich den Knopf, auf dem der grüne Telefonhörer abgebildet war. Ich würde anrufen. Ich würde die Liebe meines Lebens anrufen, und ihm endlich alles erzählen. Er nahm ab. Ich zupfte während des Gespräches nervös an meinem Haar herum. Seine Stimme wirkte auf mich wie eine Erholung. Ich fühlte mich wieder gesund und lebendig, aber ich war auch wahnsinnig aufgeregt. Ich musste es ihm einfach sagen, sonst hatte nichts an ihrem Leben mehr Sinn. „Ich.. Ich muss dir etwas sagen. Es ist so..“ begann ich, doch er unterbrach mich. „Du musst mir das nicht sagen, ich weiß es bereits. Ich fühle mich genau so.“, entgegnete er. Mit diesem Satz wurde mir unbeschreiblich warm. Die Dunkelheit, die zuvor mein Herz umgeben hatte, verschwand und wurde zu einer hellen Wärme. „Weißt du? Ich bin nie allein, aber immer so einsam. Ich liebe dich so sehr und möchte dich nie verlieren, denn ich will nicht einsam sein..“, erklärte ich beiläufig. Ich redete zu viel, bemerkte ich schlagartig. „Wollen wir uns vielleicht treffen?“, rettete er meine Situation. Ein richtiges Date? Ich glaubte, dass ich träumte. Unauffällig kneifte ich mich in die Hüfte. Ich spürte es, träumte nicht. Es war real. Er mochte mich. „Natürlich!“, rief ich aufgeregt, „wann denn?“. Er überlegte kurz. „Hast du am Samstag Zeit? Wir könnten ein Eis essen gehen.“, antwortete er. Im November Eis essen gehen? Komische Idee, aber das war mir egal. „Gute Idee! Um 15:00 Uhr?“, fragte ich ihn. „Ja. Am Samstag um 15:00 Uhr am Eiskaffee, abgemacht.“, sagte er. Dann verabschiedete er sich und legte auf.

Ich schrie wieder, aber dieses Mal aus Freude. Bereits am Samstag würde ich ihn das erste mal treffen. Konnte ich es meinen Freundinnen erzählen? Meiner Mutter? Ich musste es für mich behalten. Aber ich wusste nicht, ob ich das durchhalten würde. Eines hatte sich an mir nicht geändert: Ich war ein Plappermaul. Ich musste es einfach schaffen, nicht über ihn zu reden. Das würde mir allerdings noch schwerer fallen, da jeder zweite meiner Gedanken auf ihn zurückführte. Ich bemerkte, dass meine Mutter wieder in der Tür stand. „Möchtest du nicht langsam ins Bett gehen? Es ist schon spät.“, fragte sie mich. Ich wusste allerdings, dass es eine Aufforderung war und keine Frage. „Ja, ich geh schon“, erwiderte ich und lächelte. Ich zog mich um und legte mich ins Bett. Dann dachte ich noch einmal über den Satz nach, den ich am Telefon gesagt hatte: Ich bin nie allein, aber immer so einsam. Ich liebe dich so sehr und möchte dich nie verlieren, denn ich will nicht einsam sein. An diesen Satz dachte ich, als ich die Augen schloss. An diesen Satz dachte ich, als ich schlief. An diesen Satz dachte ich, als ich träumte. Und schließlich dachte ich diesen Satz immer, wenn ich mir Mut zusprechen wollte. Er wurde praktisch meine Lebenseinstellung. Eine sehr gute Lebenseinstellung, wie ich finde. Die folgenden Tage vergingen schleppend, doch ich schaffte es, niemanden von meinem Treffen zu erzählen. Der Samstag rückte immer näher. Es war, als würde das Leben langsam an mir vorbeiziehen. Ich träumte jede Nacht davon, was wohl passieren würde. Ich schlief unruhig, aber es waren schönere Träume, als ich sie jemals gehabt hatte. Zum ersten Mal in meinem Leben empfand ich die Liebe als ein schönes Gefühl. An etwas, woran ich mich gerne erinnern würde. Denn das wären die Erinnerungen, die ich immer hätte haben sollen, die ich verdient hatte.

Es war soweit. Es war endlich Samstag. Endlich würde ich erfahren, ob er mich wirklich genau so sehr liebte wie ich ihn. Ich würde endlich erfahren, ob mein Leben sich bis zu diesem Moment ausgezahlt hatte. Ich stand schon sehr früh auf, um mich fertig zu machen. Ich wühlte stundenlang in meinem Kleiderschrank herum, badete, bis ich absolut geruchlos war und schminkte mich, bis ich einigermaßen zufrieden war. Es war nur noch eine halbe Stunde bis 14:30. Ich nahm mir vor, bereits zum Café zu gehen. Ich verließ das Haus und schloss ab, dann machte ich mich auf den Weg. Bis zum Café war der Weg eigentlich nicht sehr weit, doch ich ließ mir Zeit und ordnete meine Gedanken noch ein letztes mal. Als ich ankam, zeigte meine Armbanduhr 14:55 Uhr. Ich atmete tief durch und betrat das Gebäude. An einem kleinen Tisch an der Wand saß er auch schon. Auf dem Tisch standen viele Kerzen, und das Café war in Dunkelheit getaucht. Nur diese Kerzen leuchteten mir den Weg zu meinem Glück. Und dieses eine Glück saß mir tatsächlich gegenüber. Ich hatte es endlich gefunden, mein Leben hatte wieder einen Sinn. Nie wieder würde ich betrübt sein. Nie wieder würde ich einsam sein.

Sein Ruf hallte über das ganze Tal, welches sich tief unter ihm verbarg. Die spitzen Giebeldächer der Siedlung ragten wie Fremdkörper aus diesem hervor und verunreinigten mit ihrem Anblick die Natur. Sie hatten sich zu viel erlaubt. Sie hatten gemordet und gerodet ohne Unterlass. Ihnen waren keine Grenzen gesetzt, weil sich niemand traute, sich ihnen zu wiedersetzen. Doch jetzt war er derjenige, der es richten konnte und das würde er auch tun, das hoffte er zumindest. Niemand konnte ihn von seinem Vorhaben abbringen, sei denn… Mit einem erneuten kräftigen Schub gewann er an Höhe, ehe er seine Schwingen ausbreitete und in langen Bahnen zu gleiten begann. Er liebte die Höhe, doch seit einiger Zeit war es hier nicht mehr sicher. Menschen waren die größten Feinde von ihm, sodass jeder Tag ein Kampf ums Überleben war. Viele seiner Artgenossen waren schon gestorben, zu viele. Erst hatte er es für weniger bedauernswert empfunden, doch jetzt war er allein. Er war der Einzige der noch die Gunst des Lebens verspürte und sich seines Territoriums, was nun nicht mal größer als ein paar Quadratkilometer war, bemächtigte. Jedoch würde dies ihm bald auch genommen, wenn er sich nicht wehren würde. Bald wäre er nur noch eine Legende. Die Legende eines Tieres, was es nicht mehr geben würde, ausgerottet von den Menschen und vergessen von der Welt.

In mehr oder weniger sicherer Höhe zog er also seine Bahnen und versuchte sich eine Übersicht des Spektakels zu verschaffen. Es war nicht gut, dass er hier war. Hier, in unmittelbarer Nähe der Höhle des Löwen. Wäre er nicht vorsichtig genug, würde der Löwe ihn verschlingen und ihm den Tod bescheren. Aber endlich wollte er sich wehren. Endlich wollte er einen Meilenstein setzen, um den Menschen zu zeigen, dass er nicht machtlos war. Er wollte nicht noch mehr friedlebende Wesen sterben sehen. Seine Nistpartnerin war auch gestorben und ab dem Zeitpunkt war es für ihn mit dem Friede für immer vorbei gewesen. Schön und gut, wenn die Zweibeiner hier und da ein paar Greifvögel vom Himmel schossen, doch jetzt war das Maß endgültig voll. Noch eine weitere Missetat der Menschen und er würde dem Nächstbesten, dem er über den Weg laufen, nein halt fliegen, würde, die Krallen in den Leib bohren. Sie hatten keinen Halt vor Eiern, Küken oder Geschwächten gemacht, nun war es an der Zeit ihre Tat zu rächen.

Rache war nicht gut, so sagte man. Sie zerstörte den Geist und den Körper, der ihn umgab. Rache war ein fremdartiges Gelüst, was nur durch den Hass allein gelenkt wurde. Man suchte nach Vergeltung und holte sie sich bei dem nächstbesten Feind, der wiederum Verwandte hatte, die sich wieder rächen wollten. So war also dieses eine nicht als gut zu verheißende Gelüst ein ewiger Kreislauf der Zeit. Wieso sollte er sich dem nicht einfach unterwerfen? Wieso sollte nicht auch er der Vollstrecker und ebenso Gründer eines weiteren Racheakts sein? Die Menschen hatten begonnen und jetzt mussten sie dafür bezahlen. Rache war unendlich.

Plötzlich blitze die Sonne über die Gipfel der naheliegenden Berge und das war sein Signal für den Angriff. Gerade als die Sonnenstrahlen durch seine glasklaren Augen blitzten, kreischte er ein weiteres Mal, ehe er sich wie einen Pfeil dem weitflächigen Tal entgegen stürzte. Er wurde eins mit dem Wind, der sich wie ein Schleier um sein Gefieder legte und ihn rasch ins Tal beförderte, dort wo die Menschen hausten. Sie waren starke Gegner, um nicht zu sagen unbesiegbare, denn sie hatten so viele Leben schon genommen. Ihre Kräfte waren überragend. Man erzählte sich im Lande Alfas schon seit Generationen, dass Menschen niemals die Stärke eines leibhaftigen Magiers erringen konnten, doch da waren diese Zweibeiner jetzt schon lange drüber hinaus. Ohne das Leid zu spüren, was sie über ihn und seine Artgenossen gebracht hatten, töteten sie mit Gier. Gier nach Größe. Gier nach alleiniger Macht über Alfas. Doch was brachte es ihnen? Was sollte der Tod anderer in ihnen bewirken? War es für sie vielleicht eine Art Erfolgserlebnis? Menschen hatten nichts Gutes an sich und würden daher für Ewigkeiten von ihnen, den magischen Wesen, wie die Humanes sie nannten, verabscheut. Keine Elfe, kein Kobold, kein Org, kein Kentaur, ja nicht einmal eine kleine Blütenfee würde ihnen vergeben. Sie waren der Feind, den es galt zu vernichten, doch bis jetzt war jeder daran kläglich gescheitert. Würde er sie denn wirklich richten können? Er ganz allein?

Er bremste seinen Sturzflug ab. Nein, er war noch nicht bereit für das, was ihm bevorstand… Er war einfach zu schwach. Aber er musste es jetzt tun. Wie konnte er sich nur zu der Tat durchringen? Wie schaffte er es, dass Unmögliche zu vollbringen? Er musste auf ein Wunder hoffen. Magie im Sinne des Angriffs besaß er nicht. Jetzt half nur seine Körperkraft in Form von Gewicht, Krallen und Schnabel. Ob ihm das jedoch behilflich sein konnte gegen einen Feind, der schier unberechenbar war, stand in den Sternen, die man seit Jahrzenten nicht mehr am Nachthimmel erblicken hatte können. Ohne ein Fünkchen Hoffnung, wäre er zum Scheitern verurteilt… verurteilt zum Tode.

Er stieg wieder in die Höhen der Wolken und versuchte vergebens seine Sorgen zu vergessen. Hier wo die klare Luft an seinem Körper leckte, fühlte er sich zuhause. Doch das musste er jetzt aufgeben. Würde er sich jetzt drücken, würde er als Feigling, wenn nicht sogar als Verräter, dastehen. Seine Artgenossen hatten sich auch für ihr Volk eingesetzt, daher konnte er diese Demütigung nicht riskieren. Dafür war sein Stolz zu groß. Doch wieso benötigte er so viele Anläufe? Wieso konnte er sich nicht einfach hinabstürzen, um seinen Artgenossen die letzte Ehre zu erweisen? War es möglich… Hatte er etwa Angst? Nein, das konnte nicht sein! Er verdrängte den Gedanken schnell wieder und schlug energischer mit den Flügeln als zuvor. Zwar war er sich durchaus im Klaren darüber, dass er sich fürchtete, doch er wollte es auf keinen Fall zugeben. Angst war ein Zeichen der Schwäche. Wieso konnte er, der immer als einer der Mutigen galt, sich nicht in die Fluten des Todes begeben, in denen das Entkommen für Unwahrscheinlich galt. Mit dem Hauch einer Sekunde hegte er den Gedanken zu fliehen. Er konnte jetzt noch nicht ertrinken zwischen Tod und Hass. Noch nicht. Er war noch nicht bereit. Er hatte noch so viel in seinem Leben vorgehabt, welches er nun, mehr oder weniger, für nichtig und klein hielt.

Er schrie abermals einen Schrei der Verzweiflung gen Himmel. Gab es niemanden, der ihm helfen konnte? War er ganz allein? Ja… er musste allein sein, denn seine Verwandtschaft, an der er nie sonderlich gehangen hatte, war ausgerottet. Doch erstmals fehlten sie ihm. Sie, die ihm die Lehre des Lebens vermitteln wollten. Ob es nun weise oder töricht gewesen war, die Ältesten hatten sich des Wissens des Lebens bemächtigt, um es an die Jüngeren weiter zu geben. Wieso hatte er sich diesem Kreislauf nicht gefügt? Nun war es dafür zu spät. Er konnte nur noch eines tun, um Vergebung zu finden. Nur noch diese eine Aktion konnte ihm den Tod in den Wolkenstätten bescheren. Wolkenstätten… Ein Ort der Harmonie, von dem etliche Legenden und sagen das Land durchstreift hatten. Ein Ort des ewigen Friedens, der allen gefiederten ehrenvoll Gestorbenen den Gleichklang unter den Wolken darbot. Außerdem würde man seine Familie wiedersehen, so hieß es. War es das nicht wert? War es nicht dies wert, dass Risiko des Todes einzugehen, um die Erlösung aus dieser hasserfüllten Welt zu finden?

Jetzt ließ er einfach los. Ließ sich einfach fallen, ohne auch nur einen Muskel zu rühren. Er würde es geschehen lassen. Er musste den Kampf bestreiten. Nicht um seines Willens, sondern um en seiner Vorahnen, die er in einem anderen Leben nicht gewürdigt hätte. Jetzt würde er den Wolkenstätten nahe treten und seine Fehler in allem begleichen. Würde den Sinn des Lebens und des Todes verstehen und die Gabe… zu vergeben? Doch durfte man den Menschen vergeben? Er konnte es nicht, da war er sich sicher. Wie sollte man einem Mörder, der Massen vernichtet hatte, nur vergeben können? Er legte seinen Kopf gerade in den Strom der Lüfte. Der Wind tastete sich über sein Gefieder und schenkte ihm ein kleinwenig Geborgenheit in diesem kalten Bett der Trostlosigkeit. Wo würde er enden? Wie würde er enden? Er kam dem Dorf immer näher und seine starren blauen Augen erhaschten bereits die ersten kleinen Gestalten, die mit Gesten zum Himmel zeigten. Dieses Mal ließ er sich nicht abschrecken. Er musste es einfach tun. Musste den Weg des Helden, nicht den des Verräters beschreiten.

Nur noch wenige Meter bis zum Boden. Kriegerische Menschen versammelten sich unter ihm. Schauten empor, wie er auf sie zugeschossen kam. Er, der einer der Letzen seiner Art war. Er fühlte sich plötzlich so frei. So unerwartet frei, denn es gab nur ihn und die Luft. Die Menschen waren nichtig. Sie begriffen nicht. Sie wollten nicht begreifen, sondern nur töten. Sie erkannten den Sinn des Lebens nicht, den jeder für sich finden musste. Doch in Töten lag er definitiv nicht. Magische Geschosse kamen in sein Blickfeld, gesandt als Begrüßung der Menschen. Was würde passieren, wenn sie ihn treffen würden? Wie viele Menschen lauerten auf ihn? Wieder surrten Kugeln an ihm vorbei. Irgendwann würden sie ihn treffen… irgendwann. Doch jetzt hatte er keine Angst mehr. Die Wolkenstätten waren nahe. Er würde es geschehen lassen.
Muskeln aus Stahl, Nerven aus Seide. Und wie mit Schwingen aus Blei stürzte er sich in die Ungewissheit seines Todes hinab. Würde auch er, der letzte Riesenadler, hier sein Leben lassen?

Die Schlacht war voll im Gange. Die Luft war erfüllt von dem Klirren aufeinanderschlagender Schwerter und dem tiefen Kampfgebrüll der Feinde. Immer wieder erschallte in der Ferne das grelle Dröhnen eines Kriegshorns, welches die Kämpfenden mit einem noch lauteren Kriegsgeschrei beantworteten. Für Sagoras Truppen sah es nicht sonderlich rosig aus. Sie waren stark in der Unterzahl und kämpften gegen einen schier nie endenden Fluss aus Gegnern.
„Sir, was sollen wir tun!“, rief einer der Soldaten, der verzweifelt versuchte, sich mit einem Schild und einem abgebrochenem Speer zu verteidigen.
„Hab Geduld, die Verstärkung wird jeden Moment kommen“, antwortete Sagoras und zog seine rötliche Klinge aus dem Körper eines Gegners, „Bis dahin müssen wir unsere Stellung halten!“
Und wie aufs Stichwort hörten sie erneut ein Kriegshorn, welches sich hingegen vom Klang des Feindes unterschied. Plötzlich erzitterte der Boden, eine Staubwolke legte sich über das Schlachtfeld. Für einige Momente war es still, alle starrten die Hügel hoch. Schließlich war die erhoffte Verstärkung angekommen: Die Truppe von Camerupt und Rizeros.
„Jetzt machen wir Mewtwos Truppen platt“, brüllte…

Stopp! Irgendwie wollten Pokemon hier einfach nichts ins Konzept passen. Eine Armee aus Camerupt um Lord Mewtwos Armee zu besiegen…
Naja, wie wär‘s damit: Endlich waren sie da, die fünf legendären Drachenreiter… auch nicht besser. Oh man, es kann doch nicht so schwer sein, eine Geschichte zu schreiben, die nicht irgendwelche Elemente aus Anime oder anderen Büchern enthält. Keine Pokemon, nichts aus Eragon oder Herr der Ringe. Ich will letztlich nur etwas schreiben, etwas was es zuvor noch nicht gegeben hat… eigentlich hab ich mir dieses Projekt um einiges leichter vorgestellt.
Frustriert hämmerte ich mit meiner Faust auf die Tastatur meines Laptops, worauf in meinem Textverarbeitungsprogramm die Buchstaben „jkjjhmuumnhvvcjjhmj,iujzmjjkl“ zu lesen waren. Sonderlich lange waren sie jedoch nicht zu sehen, da wenige Sekunden später auf dem Schirm nur noch ein Bluescreen mit der Aufschrift „Hard disk error“ angezeigt wurde.
„Arg, das gibt es jetzt echt nicht“, schimpfte ich und klappte das Schrottding unsanft zu, was auch nicht gerade die beste Idee war, nach dem folgenden Knacksen zu urteilen. Nun saß ich nicht nur ohne Ideen da, nein, jetzt hatte ich auch mein Schreibgerät verloren. Na klasse!
Missgelaunt lehnte ich mich in meinem Stuhl zurück und starrte den grauhaarigen Uncle Sam an, gekleidet mit einem großen Zylinder in der Farbe der USA, welcher mir von meiner Zimmerwand mit drohendem Zeigeringer befahl: „I want you (for U. S. army) to write fan stories“
Vielleicht ist ja dieses Poster schuld, dass ich keine ordentliche Geschichte zusammen brachte…
Fan Storys schön und gut, aber mit diesen konnte man nicht wirklich den großen Gewinn abstauben… wenn man von sämtlichen World of Warcraft und Star Wars Büchern absah, die man in jedem Büchergeschäft finden konnte. Zu blöd das Beides nicht wirklich mein Ding war. Als ich etwa versucht habe, meinen tollen Pokemonroman zu vermarkten, wurde mir glatt eine Anzeige wegen Copyright Verletzung angedroht. Junge, Autoren wie ich haben es echt nicht leicht.
Schließlich stand ich auf und schnappte mir mein kleines Notizheft, welches angestaubt auf meinem Bücherregal lag und fischte mir meinen einzig verbliebenen Kugelschreiber aus einem alten Schuhkarton, welcher auf einem Berg aus Büchern, Papieren und Müll lag. Mit diesen zwei Equipments setzte ich mich wieder auf meinen gemütlichen Bürosessel, kaute etwas an dem Kugelschreiber und überlegte.
Also noch einmal… ich wollte ein Fantasybuch schreiben, ohne Einflüsse aus anderen Büchern oder Fernsehserien. Was im Moment fehlte, war einfach eine gute Idee. Erste Frage, wer sollte in der Geschichte vorkommen? Wenn‘s nach mir ging… am besten Drachen, viele Drachen und vielleicht Elben… ähm, lieber doch nicht, die hatten wir mittlerweile auch schon x tausend Mal. Nur was sind bloß die Alternativen? Hm, dann kommen eben Drachen, Menschen und Aliens vor, mir auch recht. Und die Handlung? Noch immer keinen blassen Schimmer. Drachen und Aliens… ehrlich gesagt wüsste ich im Moment nicht, wie ich diese zwei Wesen in eine Geschichte setzen konnte. Das war so, als ob man versuchte, Pokemon mit einem Horrorfilm zu verbinden… was nicht hieß, dass ich so etwas nicht bereits im Internet gesehen hätte. Seuftz…
Mein Kuli mittlerweile durch mein angestrengtes Überlegen ziemlich in Mitleidenschaft gezogen worden, immerhin waren am Ende des Schreibers deutliche Bissspuren zu sehen. Mein Stuhl versank allmählich in einem Berg aus zerknüllten Notizzetteln und mein Heftchen wurde von Minute zu Minute dünner und dünner, bis schließlich auch das letzte Blatt unnötig bekritzelt auf dem Boden landete. Verdammt, ich schaffte es einfach nicht, da konnte man so viel rütteln wie man wollte! Wütend kickte ich die weißen Papierknäueln durch das Zimmer und warf den zerkauten Kugelschreiber durch das halbe Zimmer. Bei der anderen Hälfte angekommen, schoss der Schreiber durch das geöffnete Fenster hinaus ins Freie. Klasse, das war mein letzter Stift! Wieso musste meine Mutter auch das Fenster aufreißen?! Frische Luft… das hat man nun davon.
„Beruhige dich“, flüsterte ich mir selbst zu und versuchte so eine Atemübung zu probieren, wie man sie immer wieder auf diesen Yoga Channels im Fernsehen sah. Ganz entspannen konnte ich mich dennoch nicht und da mir dazu noch auffiel, das mein Magen leer war, genauso wie meine übrigen Knabbervorräte, blieb mir nichts anderes übrig: Ich musste mein Zimmer verlassen.
Zerknirscht legte ich meine Hand auf die kalte Türklinke. War schon wieder eine Weile her, seit dem ich mein Zimmer, abgesehen für WC besuche, verlassen hatte, zu sehr war ich aufs schreiben vertieft gewesen. Aber da ich sowieso keine Ideen mehr hatte…
Ich drückte die Klinke nach unten und trat aus meinem geliebten Zimmer hinaus. Schon stand ich in unserem Wohnzimmer, links von mir die Tür zum Wc , zu meiner rechten die Küche, aus dem der köstliche Geruch von Essen herüber zog. Mit knurrendem Magen schlurfte ich in Richtung Küche.

„Na schön dich auch mal wieder zu sehen“, begrüßte mich meine Mutter, die gerade am Herd stand und anscheinend eine Suppe kochte, „Sommerferien sind noch nicht vorbei, was lockt dich also aus deinem Zimmer?“
„Laptop hat den Geist aufgegeben“, murrte ich und machte mich über den Kühlschrank her.
„Wenn du noch ein bisschen wartest, wäre das Mittagessen fertig“, meinte sie und warf einen kurzen Blick über ihre Schulter, „Und wenn du gerade keine Inspiration hast, solltest du einfach mal hinaus gehen. Frische Luft und ein kleiner Spaziergang fördern die Konzentration.“
„Die frische Luft hat meinen letzten Schreiber genommen. Und woher willst du wissen, dass ich keine Inspiration habe“, antwortete ich, eine halbe Tafel Schokolade im Mund und blickte aus dem Küchenfenster, hinaus auf die Fenster des Nachbarhauses.
„Ganz einfach: Es war einfach nicht zu überhören.“
Oh man, der Scharfsinn meiner Mutter macht mich noch fertig. Aber vielleicht blieb mir ja nichts anderes übrig, als draußen nach Ideen zu suchen. Ich brauchte dringend Inspiration. Mir welche aus dem Internet suchen konnte ich ja momentan nicht… Außerdem musste ich mir meinen Kugelschreiber wieder holen.
Eilig stopfte ich mir den Rest der Schokolade hinein und sagte: „Ähm, ich muss mal aufs Klo. Und ich werde sicher nicht nach draußen gehen!“
„Vergiss deine Jacke nicht“, erwiderte meine Mutter darauf, weiter sich um ihre Suppe kümmernd. Hmpf, meine Mutter…
Etwas verunsichert verließ ich schließlich die Wohnung, stolperte das Stiegenhaus hinunter, welches ich schon seit Ewigkeiten nicht mehr betreten hatte und kam schließlich in unserem kleinen Hof an. Dabei handelte es sich um eine nichts nennenswert große Grünfläche, die von vier Häusern umschlossen wurde. Abgesehen von einer Schaukel und einer Bank gab es auch nichts Besonderes zu sehen.
„Brrr, Holly wir müssen anhalten.“
Ich warf einen kurzen Blick zu der Parkbank. Vor der Bank saß meine kleine Schwester, zusammen mit ihrer Freundin, deren Name mir im Moment entfallen ist, und spielte fröhlich mit ihren rosa Spielzeugpferden.
„Sagen wir, im Spiel gehen sie jetzt zu ihrem Haus…“, ergänzte meine Schwester ihre Freundin und stellte das kleine Pferd auf eine umgedrehte Kartonschachtel.
Man, das waren Zeiten, als ich auch so eine blühende Fantasie gehabt habe. Die Ideen sind mir nur so durch den Kopf geschossen, auch wenn ich jetzt auf sie zurückschaue, in Buchfassung komplett unbrauchbar sind, aber trotzdem… war das mein Kugelschreiber?
Tatsächlich steckte neben dem als Haus fungierendem Papkarton mein roter Kugelschreiber. Ich konnte mir nicht wirklich vorstellen, dass ich diesen so geschickt aus dem Fenster geworfen hätte, das dieser im Boden stecken bleibt. Wahrscheinlicher war, dass die zwei Mädchen sich diesen gekrallt hatten und nun als was weiß ich verwendeten. Wenigstens ersparte ich mir dafür, ihn suchen.
So marschierte ich auf die Parkbank zu und wollte mir schon meinen Schreiber wieder aneignen, als sich plötzlich etwas zwischen den Kuli und mich stellte. Das breite Gesicht meiner Schwester.

„Was machst du?“, fragte sie und schaute mich mit schief gelegtem Kopf an.
„Was wohl, meinen Kugelschreiber wieder nehmen“, antwortete ich und versuchte diesen endlich aufzuheben, doch wieder stellte sich meine Schwester dazwischen.
„Nein, das ist unsere Wäscheleine! Du kannst die nicht haben“, rief sie und riss die „Wäscheleine“ aus dem Boden um sie hinter ihrem Rücken verschwinden zu lassen. Hab ich schon mal erwähnt das meine Schwester unglaublich stur sein konnte…
„Eine Wäscheleine kann nicht alleine aus einem einzelnem Kugelschreiber bestehen“, hackte ich nach. Ich war nicht raus gekommen um mit meiner Schwester zu streiten, das tat ich auch in der Wohnung oft genug. Doch sie blieb trotzig und meinte: „Im Spiel ist es eine Wäscheleine. Außerdem haben wir es gefunden und was man gefunden hat, darf man behalten!“
Bei diesen Worten nickte ihre Freundin zustimmend, welche noch immer vor der Parkbank lag.
„Das zählt nicht, es ist mein Stift und ich brauche ihn sehr dringend“, sagte ich nun ziemlich genervt und machte wieder einige Versuche ihr den Schreiber zu entreißen, doch sie wich einfach zu geschickt aus und schrie: „Nein, Nein nicht weg nehmen!“
Oh Gott… ich dreh noch mit der Kleinen durch.
„Wieso brauchst du das Ding so dringend“, fragte ich.
„Na es ist eine Zauberwäscheleine“, bekam ich als Antwort. Eine Zauberwäscheleine… ach diese naiven Ideen, ja als ich jung war hatte ich auch immer diese kranken Ideen, wie etwa ein verzaubertes Pony, welches durch die Gegend flog und Affen zur Schule brachte… ähm so ungefähr.
„Und was ist so wichtig an dieser ZAUBERwäscheleine“, erwiderte ich, vielleicht ein klein bisschen spöttisch.
„Wenn man unter der Leine hindurch klettert, kommt man in eine andere Welt“, antwortete sie mir und klang plötzlich etwas stolz. Keine Ahnung, vielleicht weil sie jemanden ihre tolle Idee erzählen konnte, was wusste ich. Ich nickte nur, innerlich grinsend und sagte so etwas wie „Aha wirklich“ und versuchte ihr heimlich den Schreiber zu entwenden.
„Ja, und wenn man da durch geht kommt man in die Welt von den Ochama, ein Volk aus zweibeinigen Stierwesen, welche mit den alten Drachen verfeindet sind. Doch dann kommt so eine seltsame Rasse vom Himmel herunter, welche alle Wälder auffrisst und alle Tiere und so tötet. Sie haben keinen Namen und sehen aus wie eine Mischung aus Baummenschen und antiken Steingolem, nur viel größer. Deswegen werden aus einer unserer Welt, Jean und Becky mit ihren Pferden gerufen, die den Ochama helfen sollen, die gefräßigen Wesen aufzuhalten. Aber dafür müssen sie die Drachen überreden, weil…“

„Behalte deine Wäscheleine“, unterbrach ich sie, und machte sofort wieder kehrt, Richtung Stiegenhaus. Das war zu viel für mich… Drachen, Menschen und Aliens.
Langsam stieg ich die Treppe hinaus, öffnete die Wohnungstüre und schlurfte mit hängendem Kopf an meiner bügelnden Mutter vorbei, welche mich fragte: „Und, wie war dein Klobesuch?“
„Hat mir neue Perspektiven geöffnet“, murmelte ich knapp und schlug meine Zimmertüre hinter mir zu. In meinem Saustall angekommen, hatte ich wieder Zeit nachzudenken… darüber wie meine neunjährige Schwester bessere Einfälle haben konnte, als ich. War ich denn so unbegabt? Was ich dann tat konnte ich einfach nicht verstehen. Ich packte meinen Laptop und bevor ich bis drei zählen konnte, sah ich diesen aus meinem Zimmerfenster fliegen.
Nach einem lauten Scheppern trat Totenstille ein. Nach einer guten Minute hörte ich schließlich vom Hof meine Schwester rufen: „Achtung, das Mutterschiff der Namenlosen ist gelandet!“
Zweierlei Dinge wurden mir klar: Erstens: Ich sollte lieber bei Fanstorys bleiben.
Zweitens: Ich brauchte einen neuen Laptop…