Polizeigewalt

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  • Also um das noch mal klarzustellen, falls das falsch verstanden wurde. Ich habe überhaupt nichts gegen flache Hierachien und auch überhaupt nichts dagegen, Ideale zu diskutieren. Im Gegenteil begrüße ich es ausdrücklich, die bestehende Gesellschaftsordnung kritisch zu hinterfragen, und zwar so oft wie irgend möglich. Meine Probleme fangen halt nur dann an, wenn ideologische Konzepte in sehr reale Vorschläge - wie hier die Abschaffung der Polizei - gepackt werden. Denn dann kommen diese Ideen gefährlich nahe, tatsächlich in Leben einzugreifen. Und in Anbetracht der Tatsache, dass die Polizei nun mal nachweislich auch sehr viel Gutes tut, ist das Risiko eines solchen Schrittes enorm.


    Und ich habe hier halt auch immer noch keinen durchsetzbaren Gegenvorschlag gehört. Ja, flache Hierachien funktionieren im Kleinen, aber wir haben 80 Millionen Menschen in Deutschland und sieben Milliarden auf der Welt. Da kann man nicht ausschließlich im Kleinen denken. Mein Amtsgerichtsbezirk hier hat zehn Richter, die für etwa 120.000 Menschen zuständig sind. Also einer auf etwa 12.000 Menschen. Wie will man das denn noch weiter herunterbrechen, ohne Kosten und Personalbedarf explodieren zu lassen? Rechtsunkundige nicht-berufsträger damit zu beauftragen und community policing scheinen da ja nicht die Lösung zu sein - zumindest haben die Leute, die sich hier für die Abschaffung der Polizei aussprechen, gestern noch im Sexismus-Topic gegen Juryprozesse argumentiert, weil das keine Laien entscheiden sollen.


    Und ja, man kann natürlich Polizeibehörden auflösen und durch neue mit flacheren Hierachien ersetzen. Ist halt bloß fraglich, wie lange das hilft, denn flache Hierachien sind nun mal immer noch Hierachien und damit wird sich der von Alaiya beschriebene Effekt, Rechte anzuziehen, halt immer noch irgendwann einstellen. Vielleicht langsamer, aber eine endgültige Lösung ist das keinesfalls.


    Und dass sich Menschen unbedingt nach Autorität sehnen, ist eine Gehirnwäsche, die einem Faschist*innen unterziehen wollen.

    Und das hier ist halt schon wieder so ein uff-Satz. Darf ich mal ganz offen fragen, wie man auf sowas kommt bzw. wo man so eine Idee herbekommt? Es ist ja nun nicht nur so, dass alle Menschenaffen und meines Wissens sogar alle Primaten in ihrem Sozialverhalten irgendwie geartete Machtstrukturen aufbauen. Es ist noch nichtmal so, dass nunmal überall Menschen auf der Welt unabhängig voneinander begonnen haben, Staaten zu bilden und Religionen zu gründen, was eher noch für eine größere angeborene Obrigkeitshörigkeit des Menschen spricht. Nein, es ist vor allem auch so, dass diese Idee tausende Jahre alt ist. Ich hatte oben schon mal Rosseau angesprochen, und die Kernaussage von dessen Werk war es, dass Menschen sich freiwillig einem Gesellschaftsvertrag - und damit einer Obrigkeit - unterordnen. Magst du mir bitte erklären, wie dieser Philosoph des 18. Jahrhunderts - nebenbei neben Voltaire einer der beiden geistigen Väter der französischen Revolution - bitte ein Faschist sein kann, wenn der Faschismus als Ideologie doch erst seit dem 20. Jahrhundert existiert?


    Die Welt besteht nun mal leider nicht nur aus Faschisten und Leuten die deiner Meinung sind.

  • Also um das noch mal klarzustellen, falls das falsch verstanden wurde. Ich habe überhaupt nichts gegen flache Hierachien und auch überhaupt nichts dagegen, Ideale zu diskutieren. Im Gegenteil begrüße ich es ausdrücklich, die bestehende Gesellschaftsordnung kritisch zu hinterfragen, und zwar so oft wie irgend möglich. Meine Probleme fangen halt nur dann an, wenn ideologische Konzepte in sehr reale Vorschläge - wie hier die Abschaffung der Polizei - gepackt werden. Denn dann kommen diese Ideen gefährlich nahe, tatsächlich in Leben einzugreifen. Und in Anbetracht der Tatsache, dass die Polizei nun mal nachweislich auch sehr viel Gutes tut, ist das Risiko eines solchen Schrittes enorm.

    Als Monarchien abgeschafft wurden, war das "Risiko" auch enorm, aber irgendwo muss man anfangen.


    Und die Idee ist nun nicht die Polizei komplett abzuschaffen, sondern sinnvoller zu ersetzen, vor allem was die normale Streifenpolizei anbelangt.

    Menschen, die etwa nach Morden Ermittlungen durchführen, die bei einem eskalierenden Streit eingreifen oder eben Spezialeinheiten sind was anderes.



    Und dass sich Menschen unbedingt nach Autorität sehnen, ist eine Gehirnwäsche, die einem Faschist*innen unterziehen wollen.

    Und das hier ist halt schon wieder so ein uff-Satz. Darf ich mal ganz offen fragen, wie man auf sowas kommt bzw. wo man so eine Idee herbekommt? Es ist ja nun nicht nur so, dass alle Menschenaffen und meines Wissens sogar alle Primaten in ihrem Sozialverhalten irgendwie geartete Machtstrukturen aufbauen. Es ist noch nichtmal so, dass nunmal überall Menschen auf der Welt unabhängig voneinander begonnen haben, Staaten zu bilden und Religionen zu gründen, was eher noch für eine größere angeborene Obrigkeitshörigkeit des Menschen spricht. Nein, es ist vor allem auch so, dass diese Idee tausende Jahre alt ist. Ich hatte oben schon mal Rosseau angesprochen, und die Kernaussage von dessen Werk war es, dass Menschen sich freiwillig einem Gesellschaftsvertrag - und damit einer Obrigkeit - unterordnen. Magst du mir bitte erklären, wie dieser Philosoph des 18. Jahrhunderts - nebenbei neben Voltaire einer der beiden geistigen Väter der französischen Revolution - bitte ein Faschist sein kann, wenn der Faschismus als Ideologie doch erst seit dem 20. Jahrhundert existiert?


    Die Welt besteht nun mal leider nicht nur aus Faschisten und Leuten die deiner Meinung sind.

    Nun leb ich aber im 21. Jahrhundert und hab Verhaltens- und Neurobiologie studiert und geb deswegen halt ehrlich einen Scheiß auf alte Philosophen. Vor allem, da die meisten von denen bis in den Kern sexistisch af waren. ^^'

    Kannst du mir auch erklären, weshalb ich allgemein auf dessen Ansicht was geben sollte? Er hatte noch nichtmal annähernd das Wissen, das wir heute besitzen.


    Und nein, Menschen wollen eben nicht unbedingt Machtstrukturen erhalten. Das ist etwas, das man wollen soll, damit die Bevölkerung leichter zu regieren ist und das Verhalten von Menschen ist schon seit langem nicht mehr mit anderen Primaten zu vergleichen und viele Vergleiche, die man liest, sind nunmal oftmals auf Halbwissen oder falschen Schlussfolgerungen aufgebaut.


    Ich hab auch nicht gesagt, dass du selbst faschistisch bist, sondern dass dir diese Ansicht von jenen Leuten eingetrichtert wurde.

    Es ist halt nur einfacher es wieder zu misinterpretieren, weil halt dann das dasteht, was man sich wünscht, das die andere Person gesagt hätte.


    Der Großteil meines Posts, der eben was anderes aussagt, das hier



    wurde halt auch übergangen.


    Btw hab ich es schon etliche Male gesagt und beim hundersten Mal wird es vielleicht mal gelesen: ich hab nie gesagt, dass Gesetze im Allgemeinen abgeschafft werden sollen.

  • Als Monarchien abgeschafft wurden, war das "Risiko" auch enorm, aber irgendwo muss man anfangen.

    Nö. Also, bei Monarchien vielleicht noch, auch wenn dir auch da der durchschnittliche Däne denke ich vehement widersprechen würde. Das ist aber natürlich überhaupt nicht vergleichbar. Zu Zeiten der französischen Revolution etwa waren so 95% der Leute unzufrieden mit der Krone. Bei unserer Revolution 1918 hatten wir gerade den ersten Weltkrieg verloren und Deutschland war in einem desolaten Zustand. Mit der deutschen Polizei sind dagegen über 80% der Menschen im Land zufrieden - trotz Versuchen wie hier, die Polizei deutlich schlechter darzustellen als sie tatsächlich ist. Und es geht uns global und historisch betrachtet echt gut, sodass ich jetzt keine wesentliche Veränderungsstimmung wahrnehme - hier zum Glück, in anderen Dingen (Klimawandel, Digitalisierung) leider.


    Und die Idee ist nun nicht die Polizei komplett abzuschaffen, sondern sinnvoller zu ersetzen, vor allem was die normale Streifenpolizei anbelangt.

    Menschen, die etwa nach Morden Ermittlungen durchführen, die bei einem eskalierenden Streit eingreifen oder eben Spezialeinheiten sind was anderes.

    Das ist dann aber halt schon ein deutlich kleinerer Scope als die ganze Polizei abzuschaffen. 3 der 4 Haupteinsatzbereiche nach meiner Rechnung würden damit ja letztlich unverändert bestehen bleiben, nur in einem willst du tatsächlich etwas verändern. Und da ist dann erneut die Frage: wie? Und wo? Ich habe genau wie du in der Regel recht neutrale Gefühle wenn ich einen Polizisten sehe, aber die Kontaktbeamte der Polizei bei uns hier auf dem Dorf ist schon super und ich kann mir nicht viele Dinge vorstellen, die man an dessen Arbeit und seinen Streifen noch verbessern könnte.



    Nun leb ich aber im 21. Jahrhundert und hab Verhaltens- und Neurobiologie studiert und geb deswegen halt ehrlich einen Scheiß auf alte Philosophen. Vor allem, da die meisten von denen bis in den Kern sexistisch af waren. ^^'

    Kannst du mir auch erklären, weshalb ich allgemein auf dessen Ansicht was geben sollte? Er hatte noch nichtmal annähernd das Wissen, das wir heute besitzen.

    Mir ist ziemlich egal, ob du auf dessen Ansicht was gibst. Was du mir erklären sollst, ist wie er eine laut dir von Faschisten zum Brainwashing erfundene Ansicht vertreten konnte, obwohl er 200 Jahre vor dem Faschismus gestorben ist? Da gibt es letztlich nur zwei Möglichkeiten: Entweder der Mann konnte Zeitreisen oder aber deine so eindeutig faschistische Gehirnwäsche ist keine faschistische Gehirnwäsche.


    Stark finde ich übrigens auch, dass du angibst auf Rechts- und Staatsphilosophie nichts zu geben, dann aber mir unterstellst, dass ich, der ich das ganze nun mal studiert habe, solche Ansichten eingetrichtert bekommen habe. Ich habe halt auch schon vor zwei Posts mit Hobbes und Rosseau zwei wirklich völlig unterschiedliche Ansichten zur Staatsphilosophie genannt, und ich kann dir versichern, dass ich beide gelesen und verstanden habe. Sie kommen bloß in der Sache hier aus völlig unterschiedlichen Gesichtspunkten zu demselben Ergebnis.


    Nett aber, dass du mir zugestehst, kein Faschist zu sein. Ist denn dann mein Rechtsphiloprofessor ein Faschist? Oder meine Politiklehrerin? Oder meine Eltern? Oder die große Mehrheit der Leute die meiner Aussage zustimmen würden? Es gibt ja gute Gründe, warum Polizeibehörden eigentlich weltweit und unabhängig von der Staatsform verbreitet sind. Alles Faschisten außer Mama oder wie?


    wurde halt auch übergangen.


    Das habe ich übrigens nicht übergangen, darauf habe ich nicht reagiert, weil ich im Wesentlichen derselben Meinung bin und deswegen keinen Diskussionsbedarf sehe.


    Verhaltensbiologie als Background finde ich aber übrigens echt interessant. Wie erklärst du es dir denn als Verhaltensbiologin*, dass Menschen überall Staaten und Religionen gegründet haben, wenn nicht mit einem evolutiven Vorteil, der eben mit der Bildung von Machtstrukturen zusammenhängt? Wir sind schließlich soziale Wesen und Gruppentiere, das wirst du ja nicht bestreiten wollen?




    *falls die Endungen irgendwo falsch sind, kläre mich übrigens gerne auf, da wusste ich gestern schon nicht was ich schreiben soll.

  • Wie erklärst du es dir denn als Verhaltensbiologin*, dass Menschen überall Staaten und Religionen gegründet haben, wenn nicht mit einem evolutiven Vorteil, der eben mit der Bildung von Machtstrukturen zusammenhängt? Wir sind schließlich soziale Wesen und Gruppentiere, das wirst du ja nicht bestreiten wollen?

    Vor allem glaube ich, dass sie dein Statement einfach nur überspitzt wiedergibt. Es geht ja nur darum, dass es in der Natur der Sache liegt, dass sich mit der Bildung von Gesellschaften eine Art Machtstruktur - du nanntest den Begriff Gesellschaftsvertrag - etabliert, die dieses Gefüge zusammenhält. Das heißt nicht, dass sich das Individuum aktiv und bewusst nach einer Autoritätsperson sehnt, die einem das Denken abnimmt, so wie es hier impliziert wird (im Bezug auf den Faschismus dann in einer Form, in der das Individuum praktisch nicht mehr existiert, sondern nur noch der "Volkskörper"). Aber man respektiert durchaus Autoritätspersonen und erkennt ihre Relevanz an, die sie, gemessen an ihrer Erfahrung für das System haben. So kann man zugleich liberale und linke Werte vertreten, sich aber nach einer Führungsperson in dem Sinne sehnen, der die Fähigkeit zugetraut wird wichtige Entscheidungen treffen zu können. Und die - entgegen dem Faschismus - natürlich hinterfragt und ggf. abgewählt werden kann. Ich glaube ja auch, dass ein Expertenteam aus dem Fachbereich Virologie und Epidemiologie sinnvollere pandemiebezogene Entscheidungen auf gesellschaftlicher Ebene treffen kann, als jetzt eine Gruppe Bürger, die darüber im Forum diskutiert. Und dieses Expertenteam wurde nicht nur anhand aussagekräftiger Kriterien gestellt, kann wie gesagt auch wieder abgewählt werden.


    Mich erinnert das an das Argument "alle Macht dem Proletariat" aus marxistischen Kreisen, die sagen, die Welt solle denen gehören, die die Welt erbaut haben mit ihren eigenen Händen, vom Bauarbeiter, bis hin zum Handwerker und Elektriker. You name it. Doch wer hat die Welt konzipiert ? Wer hält die Infrastruktur zusammen? Geistige Kräfte aus Architektur, Ingenieurswesen und Naturwissenschaften. Ich als Bauarbeiter füge mich im Grunde auch nur der Autorität des Bauingenieurs, der die Stadt konzipiert hat, und das ist auch gut so, weil er es nun mal besser weiß. Von beiden kann nur einer dem anderen sagen, wie er seinen Job zu machen hat. Eine absolut nötige Hierarchie.

  • Als Monarchien abgeschafft wurden, war das "Risiko" auch enorm, aber irgendwo muss man anfangen.

    Nö. Also, bei Monarchien vielleicht noch, auch wenn dir auch da der durchschnittliche Däne denke ich vehement widersprechen würde. Das ist aber natürlich überhaupt nicht vergleichbar. Zu Zeiten der französischen Revolution etwa waren so 95% der Leute unzufrieden mit der Krone. Bei unserer Revolution 1918 hatten wir gerade den ersten Weltkrieg verloren und Deutschland war in einem desolaten Zustand. Mit der deutschen Polizei sind dagegen über 80% der Menschen im Land zufrieden - trotz Versuchen wie hier, die Polizei deutlich schlechter darzustellen als sie tatsächlich ist. Und es geht uns global und historisch betrachtet echt gut, sodass ich jetzt keine wesentliche Veränderungsstimmung wahrnehme - hier zum Glück, in anderen Dingen (Klimawandel, Digitalisierung) leider.

    Nur weil der Faschismus damals erst diesen Namen bekommen und die Form angenommen hat... was? Gab es davor keine sehr ähnlichen Denkweisen? Faschismus hat auf Weltansichten aufgebaut, die zuvor schon längst vorhanden waren.


    Ja, viele Leute sind mit der Polizei zufrieden, weil sie diese entweder nie wirklich gebraucht haben, oder weil sie eben keine immigrierten Deutsche sind.



    Also dazu... insofern kann man Primaten nun schon mit Menschen vergleichen.

    Ich glaub, es war Jane Goodall, hatte festgestellt, dass die Zahl an Auseinandersetzungen und Machtkämpfe zwischen Schimpansen-Gruppen (und auch in der Gruppe selbst) in Gefangenschaft viel höher sind und in den letzten Jahrzehnten auch in der Wildnis stark anstiegen. Einfach weil ihnen sehr viel Lebensraum genommen wurde und dadurch außerhalb und innerhalb Spannungen anstiegen.

    Dasselbe kann man auch über einige, andere soziale Säugetiere wie Wölfe sagen, die in der Wildnis einfach nur Familienverbände gründen und dort eigentlich ziemlich flache Hierarchien haben, die halt alle eine natürlich entstandene / logische "Elterntiere und (noch nicht erwachsene) Jungtiere"-Hierarchie haben.


    Bei Menschen war es im Laufe der Menschheitsgeschichte sehr ähnlich, dass es eine zu große Besiedlungsdichte überall auch zu viel mehr Machtkämpfen geführt hat ofc. Demnach kann man sagen, dass Staaten, die Millionen von Menschen verwalten wollen, allgemein nicht unbedingt sinnvoll sind und wir dieses Konstrukt geschaffen und als die einzige Lösung angesehen haben.


    Religionen, Traditionen und auch Verwaltungen an sich sollte den Zusammenhalt stärken. Das hatte ursprünglich nichts mit Macht zu tun... ist ja auch nicht jede Religionsgemeinschaft wie die Kirche aufgebaut lol.

    Was einen evolutionären Vorteil bietet, ist Zusammenhalt an sich und nicht eine Hierarchie.



    Mir ist die Endung egal, aber danke, dass du fragst. ^^

    Hätte aber vll. lieber das Maskulin.

  • Nachdem ich gestern beschäftigt war, schreibe ich dann noch mal. Ich werde allerdings nicht jetzt im einzelnen Sachen zitieren, weil mir das ein wenig zu kompliziert wird - und es auch sehr verhindert, eine konsequente Argumentation aufzubauen. Man wird zu schnell zu Wiederholungen gezwungen.


    Gehen wir einfach ein paar Punkte durch, die mir so ins Auge gefallen sind.


    Behauptung: Menschen brauchen Hierarchien.

    Dagegen spricht, dass es diverse indigene Völker gab, die mit sehr wenig Hierarchien und sehr flachen ausgekommen sind. Dasselbe lässt sich übrigens bis heute in einigen indigenen Völkern beobachten, speziell solchen, die keinen oder wenigen Kontakt zu anderen Kulturen haben. Tatsächlich ist eine weit verbreitete These in der Anthropologie, dass sich wirkliche hierarchische Strukturen erst gebildet haben, als die Menschen mit der Agrarkultur angefangen haben. Und auch in diesem Zusammenhang ist es sehr umstritten, ob sich diese Hierarchien nun gebildet haben, weil sie notwendig waren, um das Zusammenleben auf einem engeren Raum zu ermöglichen, oder ob es sich entwickelt hat, weil Agrarwirtschaft einigen Menschen praktisch automatisch mehr Macht gegeben hat als anderen. (Auch wenn es keine wissenschaftliche Quelle ist, fand ich es in Bill Wutz's "The entire history of the world" sehr schön ausgedrückt: "And because I have more food, you all now serve me.") Was natürlich allerdings auch stimmt: Tatsächlich hat mit der festen Niederlassung von Menschen, da sind sich Anthropolog*innen recht einig, die Gewaltbereitschaft der Menschen zugenommen. Wahrscheinlich halt, weil unser Affenhirn nicht so gut damit klarkommt, die ganze Zeit an einem bestimmten Ort zu sitzen. Das ist zumindest eine These.


    Behauptung: Aber die Affen haben auch Hierarchien!

    An sich hat hier Bastet schon das wichtigste gesagt: Sehr viel von dem was wir über Hierarchien in Wildtieren wissen, war ursprünglich an Beobachtungen in Gefangenschaft angelehnt, wo sich besagte Wildtiere nun einmal anders verhalten. Auch da ist eben wieder die Sache: Das Affenhirn ist sehr unglücklich mit dem Zustand, auf einer Fläche von maximal einem Hektar (oftmals noch weniger) eingepfercht zu sein. Ergo: mehr Aggressionen, mehr Kämpfe, auch Machtkämpfe. Es ist natürlich so, dass sowohl Chimps, als auch Bonobos - also unsere beiden nächsten Verwandten - ebenfalls Hierarchien, wenngleich für das Tierreich sehr flache Hierarchien in ihren Banden haben. Es sollte an dieser Stelle allerdings auch gesagt sein, dass diese Hierarchien häufig nicht nur auf Machtausübung aufbauen, sondern tatsächlich auch auf der Fähigkeit Konflikte ohne Aggression aufzulösen. Es wurde zum Beispiel beobachtet, dass einige Alphatiere ihre Stellung aufrecht erhalten, indem sie die anderen Tiere besonders umsorgend pflegen und etwaige Streithähne beruhigen können.


    Behauptung: Aber [europäischer Philosoph] hat gesagt...

    An dieser Stelle muss ich ganz ehrlich sagen: Ich gebe sehr, sehr wenig darauf, was irgendwelche europäischen Philosophen gesagt haben, von denen nicht wenige misogyn, antisemitisch und pro-imperialistisch waren. Denn ja, natürlich, jemand der Imperialismus an sich recht schnieke findet und Europa als die "zivilisierteste Kultur" empfindet, empfindet auch europäische Hierarchien als eine super schnieke Sache. Letzten Endes ist das am Ende nur ein "Appeal to Authority", wobei besagte Autorität der etwaigen Leute anzuzweifeln ist, da sie eben aus einer sehr stark europäischen Perspektive geschrieben haben, die andere gesellschaftliche Modelle von außerhalb Europas praktisch nicht anerkannt hat (auch kein Wunder, da bei vielen dieser Philosophen es so war, dass man praktisch nichts über diese Modelle wusste, da man sich nicht dafür interessiert hat).


    Behauptung: Die Kriminalität in den USA ist vergleichbar mit Europa

    Hierzu recht einfach: Nein. Einfach nein. Die Mordrate in den USA ist 2 bis 3 Mal so hoch, wie in den zentral- und westeuropäischen Ländern. Während hier in Europa die Mordrate bei 2 bis 3 liegt, liegt sie in den USA bei über 6, in den Südstaaten der USA (also da, wo die Polizei oft die höchsten Fördermittel hat) teilweise sogar bei 8. Ähnlich sieht es auch bei anderen Raten von Gewaltverbrechen aus, die mindestens eineinhalb mal so häufig (pro 100 000 Menschen) sind, wie in Europa. Und leider ist es so, dass es sehr wahrscheinlich ist, dass die Mordrate in den USA noch deutlicher unterrepräsentiert ist als hier. Während man in Deutschland davon ausgeht, dass eineinhalb bis zwei Mal so viele Morde passieren, wie am Ende gemeldet werden, sind Schätzungen in den USA bei "zwei bis drei Mal so viel, wie gemeldet". Aus dem einfachen Grund, dass die USA sehr groß sind und Leichen dort einfacher verschwinden. Und leider auch aus dem Grund, dass viele BI_PoC, die verschwinden, nicht Polizeilich gesucht werden - so dass ihre Leichen auch nicht gefunden werden. (Wo wir wieder bei Rassismus der Polizei sind.)


    Behauptung: Aber dann bleiben 3 der 4 Funktionen...

    Nicht wirklich. Hier ist die Sache. Das Problem, was ich und was viele Linke mit der Institution Polizei haben, ist, dass diese staatlich sanktionierte Gewalt einsetzen darf und dies auf der Logik aufbaut, dass Gewalt genutzt werden soll, um Gewalt zu verhindern. Das klingt solange sinnvoll, wie man nur den Fall im Kopf hat, dass irgendwelche Neonazis Flüchtlinge durch's Dorf jagen. Hört aber auf Sinnvoll zu sein, wenn man sich das Tagesgeschäft der tatsächlichen Polizeiarbeit anschaut. Denn hier ist es eben so, dass die eingesetzte Gewalt oft außer Proportion zum etwaigen Verbrechen steht. Warum braucht es 3 Polizisten um einen (vermeintlichen) Drogendealer zu Boden zu tackeln? Und genau das ist das Ding: Polizei per se darf Gewalt benutzen - und genau da sage ich, dass soll nicht so sein, deswegen will ich keine Polizei. Ich sehe ein, dass es Sinnvoll ist irgendeine Form von Einheit/Institution zu haben, die in akuten Gefahrensituationen (Schießerei, Amoklauf, Terroranschlag) Gewalt einsetzen darf - doch nicht außerhalb davon.


    Verbrechen - und speziell gewalttätige Verbrechen, was denke ich ist, wovor die meisten Angst haben - geschehen nicht im Vakuum. Gründe dafür sind meistens:

    • Soziale Ausnahmesituationen (bspw. durch Armut oder ansonsten prekäre Verhältnisse)
    • Gruppenbezogene Feindlichkeiten
    • Psychische Belastungen/unbehandelte Psychosen
    • Verbrechen unter Alkoholeinfluss
    • Verbrechen unter Drogeneinfluss
    • Verbrechen, die im Zusammenhang mit dem organisierten Verbrechen stehen
    • und natürlich: Patriarchat/Misogynie

    Die aller, aller wenigsten Gewaltverbrechen passieren, weil sich jemand denk: "Jo, weißt du, worauf ich mal Bock hätte? Jemanden zu ermorden! lol" Ja, natürlich gibt es diese Fälle, aber sie sind die absolute Ausnahme.

    Und hier ist die Sache: An keiner dieser Ursachen, kann die Polizei etwas ändern.


    Entsprechend ist die ganze Philosophie hinter "Defund the Police" eben, diese Ursachen anzugehen, statt Geld an der Polizei zu verschwenden.


    Soziale Ausnahme Situationen/Prekäre Verhältnisse? Das soziale Netz ausbessern, so dass Leute nicht in absoluter Armut leben müssen.

    Gruppenbezogene Feindlichkeiten? In Institutionen investieren, die a) dahingehend Aufklärungarbeit leisten und b) Hinweise hierdrauf vernünftig umgehen können. (Eine rechte Polizei verhindert keine rechten Verbrechen, duh.)

    Psychische Ausnahmesituationen? Die Psychologische und Psychiatrische Versorgung im Land ausbauen. Wenn jemand 2 Jahre auf Behandlung warten muss, dann sind die Chancen nun mal gegeben, dass er in diesen 2 Jahren gegebenenfalls irgendwann zur Gefahr für sich oder seine Umwelt wird.

    Verbrechen unter Alkoholeinfluss? Bessere Suchtbehandlung. Das Thema deutlicher ansprechen. Alkoholabhängigkeit nicht länger normalisieren.

    Verbrechen unter Drogeneinfluss? Portugiesisches Modell.

    Verbrechen im Zusammenhang mit organisiertem Verbrechen? Dem Organisierten Verbrechen seine Standbeine nehmen (durch legalisierung unter anderem vom Prostitution und Drogen.)

    Patriarchat/Misogynie? Die Gesellschaft ändern. Kindern von Klein auf beibringen, dass das nicht okay ist. Aspekte der Gesellschaft, in denen diese Sachen weiter propagiert werden, stärker kontrollieren. Einmal auffällige Männer in CBT stecken - etwas, das nachgewiesenermaßen Erfolg hat.


    Die Polizei ist auf diese Probleme das Äquivalent von der Studi-WG, die einen Nassen Fleck an der Wand hat, der nicht weggeht und dann einfach ein Poster drüberklebt, statt den Klempner kommen zu lassen.


    Wie gesagt, ich fand ja das eine gebrachte Beispiel sehr lustig: Die Polizei zieht alkoholisierte Fahrer aus dem Verkehr. Denn genau dieses Beispiel zeigt eben, dass die Polizei das Problem selbst nicht angeht. Was macht die Polizei? Sie sitzt an ein paar einzelnen Stellen an der Straße und zieht einzelen Fahrer*innen raus, macht mit denen Alkoholtest. Die, die erwischt werden, dürfen nicht weiterfahren. Aber a) sind es eben auch nur Stichproben, die die Polizei dabei macht und b) ist sie halt immer nur an ein paar Stellen. Das heißt je nachdem wo und wie lang die Polizei wo sitzt, zieht sie dann 50-200 alkoholisierte Fahrer*innen raus, während zum etwaigen Zeitpunkt dann eben tausende weitere auf den Straßen unterwegs sind. Und den Statistiken nach haben diese Stichprobenkontrollen eben nicht bewirkt, dass weniger Leute alkoholisiert sich ans Steuer setzen.

    Und an der Stelle frage ich: Wäre es nicht sinnvoller Methoden zu finden, die beiden Grundlegenden Probleme anzugehen? Also dass a) der Konsum von Alkohol so endlos normalisiert ist im Land, und dass b) so viele Leute Auto statt ÖPNV fahren?



    Ich kann das mit dem Appeal to Authority übrigens auch. Ich empfehle die Bücher "The End of Policing" von Alex S. Vitale und "Abolition Democracy" von Angela Y. Davis.

  • Alaiya erst mal like von meiner Seite dafür, wie weit du ausgeholt hast. Einige Randbemerkungen von meiner Seite, weil ich mich nicht zu sehr in eure Diskussion einmischen will,


    1) Du verweist beim Punkt Hierarchien auf indigene Völker, die mit wenig bis keiner Hierarchie ausgekommen sind, ebenso wie indigene Völker heute, "speziell solchen, die keinen oder wenigen Kontakt zu anderen Kulturen haben". Tic hat hier den Punkt genannt, dass dies zwar im Kleinen gut funktionieren kann, nicht aber, wenn man größer denkt. Sprich, mit 80 Millionen Menschen alleine in Deutschland. Wo es ja ebenfalls kulturelle und weltanschauliche Differenzen gibt, denn sind wir immerhin eine multikulturelle Gesellschaft. Zudem kommt ja, dass wir uns in einer globalisierten Welt mit wirtschaftlichen und politischen Abhängigkeiten befindet. Ich glaube es ist schwer, das mit indigenen Völkern zu vergleichen.


    2) Es stimmt natürlich, dass damals die meisten europäischen bzw. westlichen Denker fragwürdige, also rassistische, sexistische, antisemitische, etc. Ansichten hatten, nur wirkt sich das nicht unbedingt auf die Dinge aus, die sie in ihrem Feld erbracht haben und auf die unser heutiges Verständnis zu diversen Dingen aufbaut. Wir stellen ja auch nicht die Demokratie in Frage, weil deren geistigen Väter sicher sexistisch und antisemitisch waren.


    3) Du betonst immer - und da stimme ich dir zu - dass man in Dinge wie Bildung, Soziales, etc. investieren sollte, aber TheTic ging es ja vornehmlich um die Frage, welche Institutionen das sein sollen, die die von ihm genannten Hauptaufgabenbereiche der Polizei ersetzen bzw. obsolet machen. Du sagst: "Patriarchat/Misogynie? Die Gesellschaft ändern. Kindern von Klein auf beibringen, dass das nicht okay ist". Es ist ja nun mal so, dass man die Gesellschaft nicht einfach mal ändert, zumal Kindern beibringen impliziert, dass dies eine generationenübergreifende Aufgabe ist. Die Jahrzehnte in Anspruch nehmen wird und selbst dann auch nur unter optimalen Voraussetzungen. Die Polizei abschaffen würde ja Sinn machen, wenn wir nach der Etablierung dieser Maßnahmen feststellen, die Polizei trägt faktisch nichts mehr zum gesellschaftlichen Leben und der Sicherheit des Landes bei, und da hat TheTic ja erläutert, dass durchaus viel beiträgt und ich auch sagen würde, dass Stand jetzt, Vorteile die Nachteile überwiegen.

  • Alaiya

    Ich stimme dir absolut zu, dass mehr Prävention nötig ist und grundlegende Änderungen dazu führen können, Kriminalität zu senken.Oder dass es sinnvoll ist, bestimmte Dinge mehr zu fördern oder manche Dinge zu entkriminalisieren.

    Aber, und das ist der wichtige Punkt, das sind alles keine Aufgaben der Exekutive. Die Exekutive, die nunmal die Polizei ist, hat die Aufgabe, geltende Gesetze durchzusetzen. Sie sind explizit NICHT die Gewalt, die Gesetze verändern oder bestimmen kann oder die Recht spricht. Sie führen einfach nur geltendes Recht aus in dem Moment, wo Gesetze gebrochen werden. Und das ist eben ein Kernpunkt der Gewaltenteilung, die absolut sinnvoll ist und eben Gewaltmonopole verhindert.


    Die Präventionspunkte die du nennst sind eigentlich fast alle mit Gesetzesänderungen oder neuen Gesetzen verbunden. Bestimmte Drogen legalisieren? Ein Gesetz. Schwarzfahren möglich machen? Dafür muss der öffentliche Nah/Fernverkehr wieder in staatliche Hand, damit die privaten Verkehrsbetriebe nicht durch den Wegfall von Einnahmen kaputt gehen, keine Mitarbeiter mehr bezahlen oder Reparaturarbeit leisten können und dann plötzlich gar keine Züge mehr fahren. Das bedarf auch eines Gesetzes. Mehr Therapeuten zur Verfügung haben? Dafür muss das Kassenzulassungsverfahren vereinfacht werden, denn es gibt an sich schon genug Therapeuten, nur eben nicht genug Therapeuten, die von Krankenkassen bezahlt werden, also weider eine Gesetzesänderung. Das soziale Netz ausbessern? Auch Aufgabe der Stadtplanung und der Sozialämter und damit der Sozialgesetze. Eigentlich so gut wie alle Punkte die du nennst sich Aufgaben der gesetzgebenden Gewalt, der Legislative, und damit Aufgabe des Bundestags, nicht der Polizei. Defund the Police ist damit genau das, was du selbst hier der Polizei ankreidest. Eine Symptombewältigung, aber keine Lösung der Ursache.

  • Ich fass mich dann jetzt auch recht kurz, auch weil Raito das Meiste, was ich hier zu entgegnen hätte, schon vorweggenommen hat. Ergänzend dazu:


    @Hierarchien und Agrarstruktur:

    Ich stimme natürlich zu, dass Staaten steilere Hierarchien bedingen als das vorher der Fall ist. Das habe ich glaube ich in allen meinen Posts auch so angedeutet, und du scheinst dem zuzustimmen. Ich verstehen nun bloß nicht, was ich unter dieser Bedingung mit dem Beispiel der Indigenen Völker anfangen soll. Denn wir leben nunmal in einer globalisierten Welt, und die Aufzulösen wird nicht mehr möglich sein. Und wenn man sich dann die indigenen Völker anguckt, die über eine gewisse kritische Masse gewachsen sind - egal ob das jetzt Azteken, Aborigines oder Zulu sind - zeigt sich nun mal, dass man mit flachen Hierarchien irgendwann nicht mehr auskommt. Insofern warte ich immer noch auf ein Beispiel, wo das zum Beispiel mit einer Million Menschen + geklappt haben soll.


    @Philosophen:

    Das war jetzt wirklich kein Argument of authority meiner Meinung nach. Ich habe mit Hobbes und Rosseau die beiden Gründungsväter genannt, dann aber halt an mehreren Stellen auch festgestellt, dass die Notwendigkeit von Staatenbildung im Sinne der 3-Elemente-Lehre eigentlich unumstritten ist. Mit anderen Worten argumentiert nicht eine Person so, sondern zumindest mal ein gesamter Wissenschaftszweig, wenn nicht unsere gesamten Gesellschaften auf diesen Strukturen aufgebaut sind. Und weil es da nicht um Personen, sondern um Meinungen geht, ist es übrigens auch völlig egal, ob die jetzt Antisemiten oder Sexisten oder Rassisten oder was auch immer waren. Das bringt einen sicher dazu, ihre Meinungen zu anderen Themen genauer zu prüfen, macht sie aber nicht inherent weniger valide.


    @Kriminalität USA vergleichbar mit Europa

    Das habe ich mit keinem Wort behauptet und das wäre auch ersichtlich völliger Quatsch. Ich habe ja oben auf den Kriminalitätsindex verwiesen und dabei ist mir natürlich aufgefallen, dass wir bezüglich Kriminalität ziemlich spitze sind und die Amis eher im Mittelfeld rumdümpeln.



    Und dann noch zur Hauptsache mit der staatlich sanktionierten Gewalt:

    Ich glaube dann, dass wir hier am Kern des Problems bzw. Der Meinungsverschiedenheiten angelangt sind. Ich gehe schlicht davon aus, dass Gewalt in einer irgendwie gearteten Form notwendiger Bestandteil des menschlichen Lebens ist. Das ist übrigens auch bei den indigenen Völkern mit noch so flachen Hierarchien der Fall, auch da kommt es zu Streit und Leute schlagen sich. Deswegen ist mir staatlich sanktionierte Gewalt nun mal deutlich lieber als private, trotz aller zugegebenermaßen bestehenden Probleme. Die Punkte, die du hier aufzählst sind ja alle toll und gewiss verfolgenswert, auch wenn ich sie teilweise schlicht für unökonomisch halte. Wenn du glaubst, dass sich Menschen dadurch von Straftaten abhalten lassen, ist das aber schlicht eine Utopie. Egal wie gut diese Systeme sind, es wird immer Menschen geben, die ihren Mitmenschen Böses wollen. Menschen sind nicht perfekt und lassen sich auch durch keine Maßnahme auf dieser Welt perfekt machen, egal wie gut sie in der Theorie und sogar in Feldversuchen klingt. Und deswegen braucht man Menschen, die andere Menschen vor diesen Menschen schützen. Und das geht letztendlich nur mit Gewalt. Ich kann da nur mal auf den Ukrainekonflikt verweisen, der das gerade ja ganz eindeutig zeigt: Pazifismus, Gewaltfreiheit und alternative Methoden sind ganz toll, aber sobald einer da nicht mehr mitmacht und die anderen sich nicht wehren können, geht das völlig schief.


    Und deswegen ist die Polizei halt auch kein Poster, das man über einen nassen Fleck klebt, sondern eher ein Spültuch, das so 80% der Feuchtigkeit aufsaugt. Klar ist das keine perfekte Lösung, aber es ist garantiert besser als es einfach beim Status quo zu belassen und zu hoffen, dass man irgendwann in drei Generationen einen Termin mit dem Klempner kriegt. Und wenn man deine Ansätze da oben zugrunde legt, dürfte die Metapher halt auch preislich ziemlich gut passen, zumindest in Deutschland. Denn deine Vorschläge, so sinnvoll sie auch sein mögen, dürften deutlich teurer sein als eine Polizei. Also wäre es mit „defund the police“ schon mal nicht getan.

  • Ich würde ergänzend zu Alaiya noch sagen, dass meiner Ansicht nach Hierarchien hauptsächlich durch Ressourcenknappheit notwendig werden. Gibt da einiges an Forschung zB. in der Sozialpsychologie dazu (sicher auch in moderneren Strömungen). Viel antisoziales Verhalten begründet sich ebenso auf Ressourcenknappheit (und der Begriff "Ressource" kann hier gern umschweifend und abstrakt verstanden werden; dazu gehören Essen, Platz, Sicherheit, Soziale Interaktionen etc.).


    Wir leben in einer Welt, in der Ressourcenknappheiten völlig aus dem Nichts heraus erschaffen werden um Leute zu bereichern. Es gibt genug Nahrung und genug Platz für alle Leute auf dem Planeten. Sie werden nur nicht fair verteilt, weil die faire Verteilung niemanden bereichern würde. Der Hauptzweck, den die Polizei im System erfüllt, ist ebendiese künstliche Knappheit aufrechtzuerhalten. Deswegen wirst du von der Polizei aus deiner Wohnung geworfen, wenn du keine Miete bezahlst, denn Vermieter brauchen die künstliche Knappheit des Wohnraums, um Geld zu machen. Deswegen wirst du von der Polizei eingesperrt, wenn du in einem Laden Dinge klaust, die du zum Leben brauchst (selbst, wenn du sie aus deren Müll nimmst). Deswegen wirst du von der Polizei einkassiert, wenn du gegen bestehende Ungerechtigkeiten protestierst. Deswegen geht die Polizei gegen Urheberrechtsverletzungen vor; denn selbst dann, wenn es keine eigentliche Knappheit gibt (weil man digitale Medien ohne Kosten und Schaden unendlich oft kopieren kann) muss diese Knappheit künstlich erschaffen und durchgesetzt werden, damit sich einzelne Leute daran bereichern können (ebenso mit Patenten, siehe gerade was Impfstoffproduktion während der Corona-Pandemie angeht).


    In dieser Welt, in der die Knappheit von Ressourcen an jeder Stelle fabriziert und forciert wird, und man die Leute dann zwingt, gegeneinander wegen dieser Knappheit in Wettstreit zu gehen (zB. was Arbeitsplätze und damit das Bestreiten des eigenen Lebensunterhalts und Wohnraums angeht), treten dann natürlich haufenweise Konflikte zwischen Menschen auf, und dann stellt man die Polizei, die zu einem Großteil für die Aufrechterhaltung dieser Probleme verantwortlich ist, gleichzeitig gezielt als Lösung dieser Probleme dar (was sie natürlich in Wirklichkeit nicht sein soll und auch nie sein wird).

  • Ich glaube, wir schweifen zu sehr ins Thema Hierarchien ab, wo sich hier doch scheinbar jeder einig ist, dass es immer irgendeine Form von Hierarchie geben wird? Auch sind wir uns ja einig, dass Gesetze Sinn machen und es eine Exekutive braucht, die diese Gesetze ausführt. Alaiya sagte selbst: "Aspekte der Gesellschaft, in denen diese Sachen weiter propagiert werden, stärker kontrollieren", also brauchen wir ja auch in eurer Welt Kontrollinstanzen, die sich nach irgendeinem dafür vorgesehenen Gesetz richten, es kontrollieren und durchsetzen.

  • Und dann noch zur Hauptsache mit der staatlich sanktionierten Gewalt:

    Ich glaube dann, dass wir hier am Kern des Problems bzw. Der Meinungsverschiedenheiten angelangt sind. Ich gehe schlicht davon aus, dass Gewalt in einer irgendwie gearteten Form notwendiger Bestandteil des menschlichen Lebens ist. Das ist übrigens auch bei den indigenen Völkern mit noch so flachen Hierarchien der Fall, auch da kommt es zu Streit und Leute schlagen sich. Deswegen ist mir staatlich sanktionierte Gewalt nun mal deutlich lieber als private, trotz aller zugegebenermaßen bestehenden Probleme. Die Punkte, die du hier aufzählst sind ja alle toll und gewiss verfolgenswert, auch wenn ich sie teilweise schlicht für unökonomisch halte. Wenn du glaubst, dass sich Menschen dadurch von Straftaten abhalten lassen, ist das aber schlicht eine Utopie. Egal wie gut diese Systeme sind, es wird immer Menschen geben, die ihren Mitmenschen Böses wollen. Menschen sind nicht perfekt und lassen sich auch durch keine Maßnahme auf dieser Welt perfekt machen, egal wie gut sie in der Theorie und sogar in Feldversuchen klingt. Und deswegen braucht man Menschen, die andere Menschen vor diesen Menschen schützen. Und das geht letztendlich nur mit Gewalt. Ich kann da nur mal auf den Ukrainekonflikt verweisen, der das gerade ja ganz eindeutig zeigt: Pazifismus, Gewaltfreiheit und alternative Methoden sind ganz toll, aber sobald einer da nicht mehr mitmacht und die anderen sich nicht wehren können, geht das völlig schief.

    Wie halt schon ersichtlich geworden ist, sind die meisten hier, die so argumentieren, nicht auf einem Ponyhof aufgewachsen und viele, die gegen das momentane System argumentieren, sind nicht dumm genug zu glauben, dass sich alle an den Händchen halten werden und es nie wieder zu Gewalttaten kommen wird. 🤷🏻‍♀️


    Ich bin auch sicherlich nicht für naiven Blumenmädchen-Aktivismus und würde nichtmal widersprechen, dass (Gegen)Gewalt öfters mal notwendig ist, aber du stellst es hier so dar, als wären alle anderen einfach naiver und als müsstest du sie belehren wie die Welt funktioniert.

    Klar gibt's manche solcher naiven Leute, bei den "im Grunde sind ALLE Menschen ja gut und voll lieb 🥺"-Blumenmädchen könnt ich halt auch meinen Kopf an die Wand hauen, aber du musst hier nicht alle belehren wollen, die es sichtlich nicht sind.


    Es ging hier auch darum, dass die Zahl der Gewalttaten abnehmen wird, wenn man die strukturellen Gegebenheiten in der Gesellschaft verbessert (und das vornehmlich nicht nur für weiße, hetero und cis Männer aus der Mittel- und Oberschicht, die auch sonst nichts Tatsächliches haben womit sie zu kämpfen hätten und die halt bisher viel zu viel Privilegien hatten), nicht dass allen plötzlich die Sonne aus... lassen wir das lol.


    Und es gibt einen sehr guten Grund weshalb es zu einem Großteil weiße, hetero und cis junge Männer waren, die School Shootings oder an Unis, Workplaces oder sonstwo veranstaltet haben.

    Ich hatte öfters schon anderswo und früher auch hier dauernd Diskussionen mit "mimimi, hast du kein Mitleid mit denen, die wurden doch gemobbt!"-Männern geführt. Nein, hab ich nicht und es ist eklig wie viel Empathie von den Medien und den Leuten aus denen zukommt.

    Hab halt null Mitleid. Andere wurden auch gemobbt, ob Frauen, PoC, Queers, ... die machen nicht den Großteil deren aus, die hergegangen sind, um "sich zu rächen" (und das meistens an random Leuten, ironischerweise).

    Das eigentliche Problem ist, dass eben diese Gruppe unglaublich entitled ist und einige von denen denken, das Leben müsste fair zu ihnen sein bzw. ihnen alles geben, was sie wollen, weil sie existieren.


    Und Entitlement und ungleiche Machtverhältnisse führen zu überproportional vielen Gewalt- und Sexualstraftaten. Seien es eben School Shooters oder solche Art von Männern, die denken, sie hätten ein Anrecht auf eine bestimmte Frau, oder allgemein auf Frauen.

    Es hat aber niemand gesagt, dass die Welt mit flacheren Strukturen automatisch ein Ponyhof wird. Es wird immer Arschlöcher geben, und Leute, die sich entitled fühlen gewisse Personen zu besitzen oder mehr Recht auf gewisse Ressourcen haben, aber es wird um einiges abnehmen, weil es dann kein so großes, strukturelles Problem mehr sein wird.

  • . Sprich, mit 80 Millionen Menschen alleine in Deutschland. Wo es ja ebenfalls kulturelle und weltanschauliche Differenzen gibt, denn sind wir immerhin eine multikulturelle Gesellschaft. Zudem kommt ja, dass wir uns in einer globalisierten Welt mit wirtschaftlichen und politischen Abhängigkeiten befindet. Ich glaube es ist schwer, das mit indigenen Völkern zu vergleichen.

    Nun, halt eben nicht. Ich lebe nicht mit 80 Millionen Menschen zusammen, sondern letzten Endes nur mit den 100 meiner Nachbarschaft. Die allermeisten Gewaltverbrechen passieren zwischen Menschen, die sich kennen. Und wenn wir jetzt nun nach anarchistischer Theorie gehen, was ich die ganze Zeit tue, ist eben das wichtige, lokale bestehende Gemeinschaften auszubauen und zu stärken, so dass Menschen innerhalb einer solchen gemeinschaft - also bspw. einer Nachbarschaft - sich gegenseitig helfen und unterstützen und auch beschützen können.


    Zumal wir nicht vergessen dürfen: Auch in indigenen Völkern war es nun einmal so, dass diese sich gemischt haben und teilweise auch Städte geteilt haben. Wir dürfen nicht vergessen: In den Amerikas waren einige Ecken sehr dicht von unterschiedlichen Kulturen besiedelt und haben es dennoch geschafft relativ flache Hierarchien aufrecht zu erhalten und viele Konflikte als Gemeinschaft zu mitigieren.


    Es stimmt natürlich, dass damals die meisten europäischen bzw. westlichen Denker fragwürdige, also rassistische, sexistische, antisemitische, etc. Ansichten hatten, nur wirkt sich das nicht unbedingt auf die Dinge aus, die sie in ihrem Feld erbracht haben und auf die unser heutiges Verständnis zu diversen Dingen aufbaut. Wir stellen ja auch nicht die Demokratie in Frage, weil deren geistigen Väter sicher sexistisch und antisemitisch waren.

    Also erst Mal: ich hinterfrage unser bestehendes Demokratieverständnis schon - sehr sogar. Und hier ist eben die Sache: Wenn halt solche Ideen - auch Ideen, auf denen ganze Felder aufbauen - halt zentral durch etwaige *ismen oder auch einfach nur durch ignoranz über die diversität von Kulturen informiert sind, dann kann es eben sein, dass man eben auch die gesamten Erkenntnisse eines Zweigs anzweifeln kann. Letzten Endes ist es ja auch genau das, was Wissenschaft ausmacht: Auch wenn etwas die Grundlage von einer Wissenschaft ist, kann es sein, dass diese Grundlage falsch ist und deswegen alles hinterfragt werden muss.


    Deswegen ist mir staatlich sanktionierte Gewalt nun mal deutlich lieber als private, trotz aller zugegebenermaßen bestehenden Probleme.

    Und genau da haben wir eben das Problem. Weil ich sehe genau das nicht so - jedenfalls nicht, wenn die Leute, denen staatlich sanktioniert wird, Gewalt einzusetzen, rechts sind und durch interne Strukturen dafür sorgen, dass sie auch rechts bleiben.


    Denn hier ist eben die Sache: Für mich, als mehrfach marginalisierte Person, ist die Wahrscheinlichkeit einfach größer, dass die Polizei mir schadet, als dass sie mir hilft. Mehr noch, die Wahrscheinlichkeit ist größer, dass die Polizei mir schadet und ich in diesem Sinne nie irgendeine Form von Gerechtigkeit erfahren werde, weil die Polizei sich innerlich gegenseitig schützt und auch politisch geschützt wird (Stichwort: Mangel an einer Studie zum Thema Polizeigewalt).


    Und ja, das ist eben etwas, das sich in meinen persönlichen Erfahrungen mit der Polizei widerspiegelt, so wie auch in den Erfahrungen, die Freund*innen mit der Polizei gemacht haben.


    Ich wurde in meinem Leben häufiger durch maskierte Antifaschisten beschützt, als durch die Polizei.


    Ich möchte einfach keine Institution haben, die mich legal niederknüppeln darf, weil ich Containern gehe, was aus einem Laden stehle, Hasch bei mir trage oder gegen den Ausbau des Tagesbaus protestiere. Oder auch einfach nur, weil ich in einer Gefahrensituation bin und als Autist auf eine Art reagiere, mit der die Polizei nicht umgehen kann. Umso weniger, wenn ich sehe, dass diese Institution sich wieder und wieder schützend vor Leute stellt, die mich illegal niederknüppeln wollen, weil ich trans bin.


    Zumal es eben ist, wie Alice korrekt sagt: Am Ende existiert die Polizei, um die bestehende Hierarchie - die aber auslöser für viele der Probleme ist - zu beschützen und aufrecht zu erhalten. Anders gesagt: Die erste und wichtigste Aufgabe der Polizei ist nicht die Bürger*innen zu schützen, sondern das Kapital und das System Kapitalismus. Und genau da liegt eben der sprichwörtliche hund begraben. Weil letzten Endes genau das der Grund ist, warum die Polizei systematisch dazu beiträgt, die Gruppen zu unterdrücken, die eben auch im System Kapitalismus unterdrückt werden.

  • 2) Es stimmt natürlich, dass damals die meisten europäischen bzw. westlichen Denker fragwürdige, also rassistische, sexistische, antisemitische, etc. Ansichten hatten, nur wirkt sich das nicht unbedingt auf die Dinge aus, die sie in ihrem Feld erbracht haben und auf die unser heutiges Verständnis zu diversen Dingen aufbaut. Wir stellen ja auch nicht die Demokratie in Frage, weil deren geistigen Väter sicher sexistisch und antisemitisch waren.

    Ich habe hier ehrlich gesagt Bedenken, weil diese Erwiderung auch nur sehr allgemeiner Natur ist bzw. nicht berücksichtigt, welche sehr realen Grenzen der Aussagekraft gesetzt werden sollten, die bestimmte Philosoph*innen in Bezug auf manche Themen haben. Die Argumentation hier ist nämlich nicht einfach "Hobbes war rassistisch, also ist er nicht ernst zu nehmen", sondern vielmehr "Hobbes war rassistisch, hat deswegen alternative Organisationsformen von Gesellschaften nicht ernst genommen und damit mehrere blinde Flecken, durch die der Aussagekraft seiner Ausführungen automatisch Grenzen gesetzt werden". Eine Philosophie menschlicher Organisation und Gesellschaftsformen sollte idealerweise die Gesellschaftsformen anderer Kulturen als der eigenen als grundsätzlich valide anerkennen und ernsthaft diskutieren und sie eben nicht mehr oder weniger komplett rauslassen bzw. sie gelegentlich schlicht mit dem eigenen, ja auch eher a priori definierten Naturzustand gleichsetzen, der in der Regel dann ja auch negativ konnotiert und mit Chaos und Krieg assoziiert wird. Wann immer ein Philosoph seinen (männliche Form hier beabsichtigt) Naturzustand definiert und sagt, dass es den nicht gebe und vielleicht auch nie gegeben habe, "mit Ausnahme einiger primitiver Völker in Nordamerika vielleicht", sollten alle Alarmglocken schrillen und das nicht nur in Bezug auf Rassismus per se, sondern eben auch in Bezug auf die Frage nach der Gültigkeit der Aussagen dieses Philosophen. Insofern verwerfen wir vielleicht nicht komplett Hobbes' Aussagen und gestehen möglicherweise ein, dass er einen wesentlichen Punkt in Hinblick auf Legitimationen von Staatsgewalt etc. macht, aber es ist durchaus relevant für die Validität seiner Aussagen insgesamt, wenn bestimmte Dinge gar nicht berücksichtigt werden. Wir können auch, selbst wenn wir anerkennen, dass Hobbes' mit dem Argument zur Legitimation von Staatsgewalt durchaus einen Punkt habe, der Ansicht sein, dass es andere Wege gibt, den Zweck zu verwirklichen, den die Errichtung von Machtstrukturen bei Hobbes haben soll, wie ja auch liberale Demokratien sich insofern von Hobbes distanzieren, als dass sie komplett andere Strukturen aufbauen als den Absolutismus, den er im Sinn hatte.

    Aber allgemein vielleicht einmal: Es war für mich zugegebenermaßen schwer, den Kontext, in dem hier Philosoph*innen wie Rousseau oder Hobbes angeführt werden, zu entwirren, aber wenn ich das richtig einordne, war es folgendermaßen: Es wurde die These in den Raum gestellt, dass es Menschen angeboren sei, Machtstrukturen zu folgen, worauf - ich würde mal vorsichtig sagen: überspitzt - entgegnet wurde, dass das eine Gehirnwäsche sei, die einem Faschist*innen unterziehen wollen, was ich insofern übrigens nicht einmal bestreiten würde, als dass es erst einmal nicht sagt, dass nur Faschist*innen diese These vertreten würden (was sie ja tun) und nicht zwangsläufig impliziert, dass nur diese die Ansicht hätten, dass es Menschen angeboren sei, Machtstrukturen zu folgen. Natürlich könnte diese Aussage so interpretiert werden, dass nur Faschist*innen diese Ansicht haben, und dann würde ich natürlich schon allein aufgrund der Tatsache widersprechen, dass ich meinen würde, dass die Ursache des Folgens von Machtstrukturen in der Sozialisierung innerhalb besagter Strukturen liegt, mithin also auch in der Sozialisierung in demokratisch(er) organisierten Gesellschaften. Damit wiederum widerspreche ich aber natürlich auch in eins der These, Machtstrukturen zu folgen, sei eine dem Menschen eingeborene Eigenschaft, weil die sozialen Verhältnisse in den Vordergund gerückt werden müssten.

    Ich bin mir dann im Weiteren Kontext nicht ganz sicher, wofür Hobbes und Rousseau in Hinblick auf diese Teildiskussion als Gewährsmänner angeführt werden sollen. Sie der These bezüglich der faschistischen Gehirnwäsche entgegenzustellen, die ja eine Reaktion auf die These war, dass Machtstrukturen zu folgen eine dem Menschen angeborene Eigenschaft sei, würde implizieren, dass sie als Belege für eben diese letztere These angeführt werden bzw. für Beispiele von Leuten, die gesagt hätten, der Mensch sei nun einmal so verfasst, was dann Aussagekraft für diese These habe. Und ich bin nicht sicher, ob das so gut funktioniert. Denn einerseits gilt natürlich, was oben schon gesagt wurde: Sowohl Hobbes als auch Rousseau haben so einige Dinge in Hinblick auf menschliche Organisationsformen nicht berücksichtigt, und es wäre nicht auszuschließen, dass reale Beispiele eine derartige These über die menschliche Natur, so sie denn getroffen wurde, widerlegt hätten. Hobbes spezifisch schrieb seine Texte vor dem Hintergrund von Bürgerkriegen, und das mag ihn ebenfalls in einer Art geprägt haben, die zu einer gewissen Einschränkung von Objektivität führt, um nicht zu sagen: Dazu, das seit der Antike Gegenstand ethischer Diskussionen seiende gute Leben gleich komplett zu vernachlässigen und sich darauf zu beschränken, einfach nur nicht sterben zu wollen, was, ehrlich gesagt, und das war ja auch seit jeher ein Kritikpunkt an Hobbes, darin mündet, eine ethische Theorie zu formulieren, die eigentlich eine komplette Bankrotterklärung ist.

    Es sei dahingehend auch gesagt, dass ich generell sehr misstrauisch gegenüber "Das ist die Natur des Menschen"-Argumenten bin, denn anthropologisch-biologische Konstanten sind nun einmal immer so eine Sache, und noch misstrauischer werde ich ehrlich gesagt, wenn diese dazu herhalten sollen, gesellschaftliche Verhältnisse zu erklären, zu rechtfertigen oder zu legitimieren. Die Forschungsfelder der Soziobiologie und Evolutionären Psychologie, die letztlich darauf abstellen, stehen nämlich nicht erst seit gestern in der Kritik, weil sie bei der Erklärung gesellschaftlicher Phänomene soziale Erklärungen und Faktoren zu sehr vernachlässigen und sich stattdessen zu sehr in monoparadigmatischer Art auf Biologie stützen, eine Biologie zumal, die mitunter strittig ist; denn da es ja keine "Verhaltensfossilien" gibt, sollten Aussagen, die konstatieren, dass ein bestimmtes menschliches Verhalten schon immer galt, mit einer entsprechenden Vorsicht getroffen werden.

    Der nächste Punkt ist dann aber auch, dass es gerade bei philosophischen Texten wie denen von Hobbes oder Rousseau auch fragwürdig ist, ob ihre Aussagen als wirklich empirisch überprüfbare Statements zu verstehen sind. Der Mensch bei Hobbes, der "für sich genommen" als Ausgangspunkt seiner Überlegungen gilt, ist kein realer Mensch, sondern bereits ein Gedankenexperiment, das den weiteren fiktiven Naturzustand vorbereitet. Letzten Endes hatten sowohl Hobbes als auch Rousseau schlicht keinen empirischen Anspruch und entsprechend sollten wir vorsichtig sein, einen wie auch immer bei ihnen definierten Menschen als akkurate Beschreibung der menschlichen Natur zu verstehen, falls eine solche Beschreibung überhaupt möglich sein sollte.

    Davon ab aber ... Also, ich bin kein Experte für Hobbes und für Rousseau bin ich es noch weniger, auch wenn Hobbes' Leviathan und Rousseaus Vom Gesellschaftsvertrag mir vorliegen. Doch ich würde basierend auf dem, was ich jeweils weiß, es zumindest als zweifelhaft ansehen, ob die These, dem Menschen sei es angeboren, Machtstrukturen zu folgen, irgendwie bei beiden vorkommt. Spezifisch Hobbes scheint mir eigentlich mehr das Gegenteil zu sagen: Der Mensch hat alles andere als ein natürliches Interesse, einer Machtstruktur zu folgen, und gerade das ist das Problem, das dann die Errichtung eines Staates notwendig machen soll (wobei Hobbes aber eben diverse Formen menschlicher Kooperation oder vielmehr den Gedanken an Kooperation überhaupt komplett vernachlässigt). Es sei hier vielleicht auch darauf hingewiesen, dass wir, sollte es stimmen, dass Menschen ein natürlich vorhandenes Bedürfnis hätten, Machtstrukturen zu folgen, ja gar keine Anarchist*innen hätten (und die Aussage irgendwie abzuschwächen, dass manche Menschen von Geburt an eben Herrschaftsstrukturen folgen und andere nicht hätte sehr ungute Implikationen). Natürlich ist es korrekt, dass Hobbes dann die Notwendigkeit der Etablierung einer Herrschaftsstruktur formuliert, aber die basiert nicht direkt auf einem natürlichen Bedürfnis, sondern auf Klugheit. Der Mensch will halt nicht um sein Leben fürchten müssen (das ließe sich ja vielleicht noch als natürliches Bedürfnis unterstellen) und sich dem Souverän zu unterwerfen, der zumindest dafür sorgt, dass das nicht mehr so ist, ist eine vernünftige (nicht im Sinne von moralisch-vernünftig, sondern im Sinne von klug- bzw. sinnvoll-vernünftig) Entscheidung. Eine Nebenkonsequenz davon ist nebenbei bemerkt, dass ein Mensch aus diesem Gesellschaftsvertrag heraustreten sollte, sobald er doch um sein Leben fürchten muss; tatsächlich ist auch das nach Hobbes wieder vernünftig und somit ist der Anarchismus von Leuten, die vom Staat oder der Polizei ein (höheres) Risiko für ihr Leben zu erwarten haben, eigentlich sogar als eine sehr rationale Reaktion zu sehen. Mit anderen Worten aber: Was Hobbes betrifft, ist der Mensch nicht natürlich prädestiniert, Machtstrukturen zu folgen, er ist maximal natürlich prädestiniert, nicht um sein Leben fürchten zu wollen, und um diesen Zustand zu erreichen, folgt er (zähneknirschend) den Machtstrukturen. Das könnte jemand nun als ebenfalls natürlich bezeichnen wollen, weil in der Kausalitätskette am Anfang ein natürliches Bedürfnis steht und somit argumentieren, dass diese Natürlichkeit transitiv ist. Aber die unangenehme Konsequenz wäre, dass der Begriff "Natürlichkeit" dann sehr weit gefasst und vermutlich bedeutungslos wird. Der Mensch strebt ja auch natürlicherweise danach, nicht zu verhungern, und das führt zur Kultivierung von Tieren und Pflanzen, aber diese Kultivierung als "Natürlichkeit" zu bezeichnen, wäre wohl etwas gewagt, wie es auch gewagt wäre, das Tragen von Kleidung aufgrund des Bedürfnisses, nicht zu erfrieren, als "natürlich" zu bezeichnen.

    Was dann Rousseau betrifft - nun wie gesagt bin ich da noch schlechter als bei Hobbes, aber wenn ich das Buch aufschlage, wird im zweiten Kapitel eigentlich gesagt, dass die älteste aller Gesellschaften und die einzig natürliche die Familie sei, und selbst da würden sich die Kinder sofort vom Vater loslösen, solange sie ihn nicht mehr zu ihrer Erhaltung bedürfen, womit dann auch eigentlich hier der Punkt die Selbsterhaltung ist und nicht das Folgen von Machtstrukturen. Ein Zusammenbleiben geschehe nicht mehr natürlich, sondern willentlich. Sofern ich den Punkt, dass die Familie die einzig natürliche aller Gesellschaften sei, beim Wort nehme, wäre es vermutlich nicht korrekt, zu attestieren, dass Rousseau davon ausgehe, dass Menschen von natürlicher Seite das Bedürfnis innewohne, sich in (staatliche) Gesellschafts- und Machtstrukturen einzufügen. Vor dem Hintergrund, dass sich am Ende alle Philosoph*innen irgendwo auch immer selbst widersprechen oder Begriffe nicht konsistent verwenden, ist das natürlich absolut keine Argumentation, hinter der ich mit dem Inbrunst der Überzeugung stehen würde (ich kenne Passagen des Textes, aber nicht den Text im Ganzen), doch es fällt mir im Augenblick zumindest schwer, die Stelle irgendwie wegzuerklären. Und erneut: Eigentlich wundert es ja nicht, dass Machtstrukturen immer auf Vereinbarungen gegründet sein sollen, denn wären sie notwendige Folge natürlicher Gegebenheiten, dann würde sich eigentlich erübrigen, sie zu rechtfertigen oder zu diskutieren, weil sie so oder so entstünden. Vereinbarungen wiederum sind aber nun komplett kontingent und veränderlich und der Gesellschaftsvertrag ist ohnehin eher ein fiktives Konstrukt; ebenso ist der "Siegeszug" des modernen westlichen Nationalstaates wohl eher geschichtliche Kontingenz als gesellschaftliche, historische oder biologische Notwendigkeit. Staat, Staatsgewalt und Machtstrukturen wären im besten Fall ein Mittel, einen Zweck zu erreichen, und es wäre eben nicht ausgemacht, dass sie notwendigerweise das einzige Mittel zur Erreichung dieses Zwecks sein müssen oder dass es nicht sogar andere Mittel gäbe, die den fraglichen Zweck schlicht besser erreichen könnten. Entsprechend muss sich das Argument, warum es denn auf der Welt so viele Staaten nach dem Modell des modernen westlichen Nationalstaats gebe, wenn es nicht irgendwie mit Notwendigkeit darauf hinauslaufen müsste, auch der Frage stellen, warum es so lange dauerte, bis sich diese Form mal etablierte und warum es überhaupt andere Formen gesellschaftlicher Ordnung und Kooperation gab und gibt.

    Am Ende des Tages basiert meine Argumentation nebenbei bemerkt im Kern nicht darauf, dass Hobbes und Rousseau jetzt unbedingt und eindeutig so oder so zu verstehen sind, weil ich mich dahingehend nicht zu weit aus dem Fenster lehnen möchte. Entscheidend wäre für mich eher, dass aufgrund der Tatsache, dass ihre Thesen vermutlich nicht als empirisch überprüfbare aufgestellt wurden (und einer solchen Überprüfung vermutlich auch gar nicht standhalten würden), jegliche Aussagen von ihrer Seite über eine wie auch immer geartete Natur des Menschen vor dem Hintergrund der Frage, ob der Mensch tatsächlich so sei, doch sehr kritisch betrachtet werden sollten, ungeachtet dessen, ob diese nun wirklich bedeuten, dass der Mensch von Geburt an Machtstrukturen folge oder nicht.

  • Stimme deiner Ausführung im Großen und Ganzen zu. Zu folgendem Punkt:

    Es war für mich zugegebenermaßen schwer, den Kontext, in dem hier Philosoph*innen wie Rousseau oder Hobbes angeführt werden, zu entwirren, aber wenn ich das richtig einordne, war es folgendermaßen: Es wurde die These in den Raum gestellt, dass es Menschen angeboren sei, Machtstrukturen zu folgen

    War das, wenn ich das richtig verstehe, nur eine Randbemerkung von ihm in der er Aussagen wollte, dass Hobbes und Rousseau trotz der Unterschiede in ihrer Philosophie zu dem Entschluss gekommen sind, dass es eine Form der Staatsgewalt braucht und dies auch unabhängig davon, wem man in wie weit folgt, auch in Rechtstheorie und -philosophie unumstritten ist. Siehe unteres Zitat. Seine Aussage darüber, dass uns das folgen von Machtstrukturen angeboren ist, war denke ich eine davon unabhängige Aussage, die er keinem der beiden unterstellen wollte und die gerne erläutert werden kann.

    Dass es Staatsgewalt braucht, ist in der Rechtstheorie und Rechtsphilosophie ziemlich unumstritten, unabhängig davon, ob man jetzt eher Hobbes oder Rosseau folgt

  • Also, nur noch mal ganz kurz einige Gegenpunkte zu einigen fragwürdigen Dingen, die hier genannt werden. Gegen den Rest brauche ich hier denke ich nicht mehr zu argumentieren, das würde meinen zeitlichen Rahmen sprengen. Wer ernsthaft glaubt, dass es Hauptaufgabe der Polizei ist, irgendwelche künstlichen Knappheiten aufrecht zu erhalten, ist glaube ich sowieso zu weit von dem entfernt, was ich irgendwie als konsenzfähig erachte, als dass sich eine Diskussion hier lohnen würde.


    Ich möchte einfach keine Institution haben, die mich legal niederknüppeln darf, weil ich Containern gehe, was aus einem Laden stehle, Hasch bei mir trage oder gegen den Ausbau des Tagesbaus protestiere

    Um mit dem ganz offensichtlichen anzufangen: Es gibt keinerlei Ermächtigungsgrundlage, die der Polizei erlaubt, Leute niederzuknüppeln weil sie Containern gehen, etwas aus einem Laden stehlen, Hasch bei sich tragen oder gegen den Ausbau des Tagebaus protestieren. Das ist nicht legal, und das kommt auch nicht vor. Du wirst mir jetzt auch, und da lehne ich mich weit aus dem Fenster, keinen überzeugenden Beleg liefern können dass so etwas in Deutschland passiert. Ich denke du hast das wieder bewusst verkürzt dargestellt, um Stimmung zu machen. Kann es eventuell sein, dass da das übliche: „Wie es in den Wald schallt, so schallt es zurück“ nicht berücksichtigt wurde? Ich kenne keinen einzigen Polizisten, der grundlos oder aus Spaß Gewalt ausübt. Das setzt immer eine Gefahr oder die Anwendung unmittelbaren Zwangs voraus. Beides ist gesetzlich genau geregelt, und sicher geschehen bei beidem Fehler. Wenn Leute aber nun mal nicht, wie du schreibst, gegen den Ausbau von Tagebauen demonstrieren sondern Straftaten begehen, um mit Gewalt ihre Meinung durchzusetzen, wie es im Hambacher Forst der Fall war, darf die Polizei da natürlich einschreiten.


    Das ist übrigens auch wieder ein tolles Argument für die Polizei meines Erachtens nach. Denn offenbar hältst ja auch du Gewalt für irgendwie gerechtfertigt, um deine Ziele durchzusetzen - anders kann man diese völlige Relativierung von Straftaten kaum deuten. Und da ist es halt echt gut dass es eine Polizei gibt die diesen Blödsinn verhindert. Und wenn die dann angegriffen werden - was nachweislich passiert ist - dann ist es halt auch völlig richtig, dass die sich wehren dürfen. Das Recht braucht dem Unrecht nicht zu weichen, und die Demonstranten im Hambi waren nun mal objektiv im Unrecht und wussten das auch ganz genau.


    Nur weil der Faschismus damals erst diesen Namen bekommen und die Form angenommen hat... was? Gab es davor keine sehr ähnlichen Denkweisen? Faschismus hat auf Weltansichten aufgebaut, die zuvor schon längst vorhanden waren.


    Ja, viele Leute sind mit der Polizei zufrieden, weil sie diese entweder nie wirklich gebraucht haben, oder weil sie eben keine immigrierten Deutsche sind.

    Klar gab es ähnliche Denkweisen schon früher, die Unterschiede zwischen Faschismus und absolutistischer Monarchie sind ja eher familiärer Natur. Das war aber nie mein Problem. Mein Problem war ganz einfach, dass du eine in einer liberalen Demokratie völlig normale, mehrheitsfähige und letztlich fast allgemeine Meinung als faschistisch bezeichnet hast. Wohlgemerkt, ich hatte ursprünglich lediglich geschrieben, dass ich Machtstrukturen in menschlichen Gesellschaften für inhärent halte ohne das in irgendeiner Weise zu spezifizieren. Das mit dem autoritär hast du dann erst da reingedeutet. Das grundsätzliche Erfordernis von Machtstrukturen haben mittlerweile auch du und Alaiya bestätigt, ihr wollt halt bloß andere, wenn möglich flachere Strukturen. Wenn man dann gleich die Faschismuskeule rausholt, obwohl das eine sehr spezielle Ideologie mit sehr speziellen Ansichten ist, finde ich das daneben. Weil ganz ehrlich, wenn das faschistisch ist müsste ich nach einigen Aussagen oben auch dich und Alaiya halt für Faschisten halten. Hergott, du hast immerhin gerade selbst anerkannt, dass Gewalt öfters mal notwendig ist. Und da nicht mal ich es okay finde als Faschist bezeichnet zu werden und du zumindest nach meinem Vernehmen noch deutlich linker stehst als ich, glaube ich nicht dass du damit sonderlich zufrieden wärst.


    Zu deinem zweiten Punkt möchte ich noch anmerken, dass nun mal auch Ausländer aller Herkunft mehrheitlich mit der Arbeit der Polizei zufrieden sind Quelle. Klar, das ist jetzt das BKA, aber ich kann das zumindest aus anekdotischer Evidenz aus meinem nicht undiversen Bekanntenkreis bestätigen. Klar kommt es vor, dass gerade die, die irgendwie südländisch aussehen im Schnitt öfter kontrolliert werden. Das kritisieren die alle und ich ausdrücklich auch. Trotzdem sind die komischerweise doch ganz zufrieden in einem Land mit einer so gut funktionierenden Staatsgewalt zu leben und würden die Polizei rufen wenn sie selbst Opfer einer Straftat werden. Das spielt wieder in meine Aussage von ganz oben mit rein - man kann das System trotz Mängeln insgesamt hilfreich finden.



    Ich würde ergänzend zu Alaiya noch sagen, dass meiner Ansicht nach Hierarchien hauptsächlich durch Ressourcenknappheit notwendig werden. Gibt da einiges an Forschung zB. in der Sozialpsychologie dazu (sicher auch in moderneren Strömungen). Viel antisoziales Verhalten begründet sich ebenso auf Ressourcenknappheit (und der Begriff "Ressource" kann hier gern umschweifend und abstrakt verstanden werden; dazu gehören Essen, Platz, Sicherheit, Soziale Interaktionen etc.).


    Wir leben in einer Welt, in der Ressourcenknappheiten völlig aus dem Nichts heraus erschaffen werden um Leute zu bereichern. Es gibt genug Nahrung und genug Platz für alle Leute auf dem Planeten. Sie werden nur nicht fair verteilt, weil die faire Verteilung niemanden bereichern würde. Der Hauptzweck, den die Polizei im System erfüllt, ist ebendiese künstliche Knappheit aufrechtzuerhalten. Deswegen wirst du von der Polizei aus deiner Wohnung geworfen, wenn du keine Miete bezahlst, denn Vermieter brauchen die künstliche Knappheit des Wohnraums, um Geld zu machen. Deswegen wirst du von der Polizei eingesperrt, wenn du in einem Laden Dinge klaust, die du zum Leben brauchst (selbst, wenn du sie aus deren Müll nimmst). Deswegen wirst du von der Polizei einkassiert, wenn du gegen bestehende Ungerechtigkeiten protestierst. Deswegen geht die Polizei gegen Urheberrechtsverletzungen vor; denn selbst dann, wenn es keine eigentliche Knappheit gibt (weil man digitale Medien ohne Kosten und Schaden unendlich oft kopieren kann) muss diese Knappheit künstlich erschaffen und durchgesetzt werden, damit sich einzelne Leute daran bereichern können (ebenso mit Patenten, siehe gerade was Impfstoffproduktion während der Corona-Pandemie angeht).


    In dieser Welt, in der die Knappheit von Ressourcen an jeder Stelle fabriziert und forciert wird, und man die Leute dann zwingt, gegeneinander wegen dieser Knappheit in Wettstreit zu gehen (zB. was Arbeitsplätze und damit das Bestreiten des eigenen Lebensunterhalts und Wohnraums angeht), treten dann natürlich haufenweise Konflikte zwischen Menschen auf, und dann stellt man die Polizei, die zu einem Großteil für die Aufrechterhaltung dieser Probleme verantwortlich ist, gleichzeitig gezielt als Lösung dieser Probleme dar (was sie natürlich in Wirklichkeit nicht sein soll und auch nie sein wird).

    Und hierzu weiß ich ehrlich nicht mehr groß, was ich da schreiben soll. Das geht ja echt schon in Richtung Verschwörungstheorie und bestätigt meine im allerersten Post hier geäußerte Ansicht, dass ihr halt aus einer enorm privilegierten Lage kritisiert und keine wirkliche Vorstellung habt, wie eine Gesellschaft ohne funktionierende Staatsgewalt aussieht. Klar soll die Polizei auch Eigentum aller Art schützen, das ist ja ein Rechtsgut und als solches meiner Ansicht auch notwendig. Dass ihr das aber so überbetont und andere Ziele - also insbesondere mal den notwendigen Schutz von Menschen (!) - völlig vernachlässigt spricht halt wirklich Bände.


    Es mag sein, dass es auf der Welt genügend Lebensmittel und Wohnraum für alle gibt, das will ich nicht bestreiten. Dass es in Ballungsräumen genug Mietwohnungen gibt ist natürlich ziemlich fragwürdig, das zumindest dürfte keine künstliche Knappheit sein. Das Hauptproblem an der Aussage ist aber halt, dass sie komplett zirkelschlüssig ist. Wir haben oben jetzt festgestellt - und da waren sogar Alaiya und ich uns einig, was glaube ich ziemlich selten ist - dass sich die staatlichen Strukturen mit der Einführung von sesshaften, agrarischen Strukturen verstärkt haben - mit anderen Worten, dass die Existenz von Eigentum Neid und Gewalt bedingt und somit Lösungen dafür gefunden werden müssen, die die Entstehung von Staatsgewalt mit all ihren Problemen bedingen. Da würde ich voll mit euch mitgehen.

    Allerdings ist es nun einmal auch so, dass diese Strukturen es erst möglich gemacht haben, dass sieben Milliarden Menschen die Erde bevölkern, was übrigens meiner Meinung nach viel zu viel ist weil wir eben nicht die Ressourcen dafür haben, zumindest nicht auf Dauer. Und es ist nun mal auch so, dass Dinge wie die 40-Stunden-Woche sehr neue Errungenschaften sind und die absolute und relative Armut seit 80 Jahren weltweit kontinuierlich sinkt. Mit anderen Worten: Ich bin überzeugt davon, dass es den Menschen global heute viel besser geht als jemals vorher in ihrer Geschichte. Der Anteil der Leute, die tatsächlich um ihr Leben kämpfen müssen, ist so gering wie nie zuvor. Was du hier aussagst, ist also, dass das System, was das möglich gemacht hat, schlecht ist, weil es die Knappheit von Ressourcen benötigt. Das erste ist dabei eine Tatsache, das zweite deine Interpretation, der ich widersprechen möchte. Wettstreit um Ressourcen gab es halt schon immer (wiederum: Affen tun das auch, wenn nicht genug vorhanden ist), und vor einem PC in einem erste-Welt-Land, auf einem bequemen Stuhl mit der Gewissheit, dass einen soziale Sicherungssysteme eben entgegen der Andeutungen nicht unter ein menschenwürdiges Existenzminimum sinken lassen werden, ist das wirklich ziemlich leere Kritik.


    In sofern hätte ich auch hier gerne wieder einen praktischen Vorschlag, wie man die Ressourcenknappheit und damit das Eigentum beseitigen soll, ohne alle positiven Effekte dieses Wirschaftssystems zu verlieren. Willst du jetzt echt alles enteignen und Patente etc. auflösen? Wer hätte dann noch einen Anreiz, irgendetwas zu tun oder zu entwickeln, der über die Befriedigung von Grundbedürfnissen hinausgeht? Soll der Staat sich in so gigantischem Maß in Privatleben einmischen deiner Meinung nach? Alle Versuche dazu bisher sind ja auf Staatenebene zumindest krachend gescheitert - noch mal, das Land mit der höchsten Kriminalitätsrate auf der Welt ist Venezuela und sind nicht die USA. Also scheint unser System mehr wie Venezuela machen jetzt keine Garantie für ein besseres Deutschland zu sein.



    Thrawn: Toller Beitrag, aber ich habe jetzt leider nicht mehr wirklich Zeit, darauf einzugehen. Ich glaube offen gestanden auch, dass es da nicht viel Diskussionspotential gibt. Das klingt jetzt vielleicht doof nachdem du dir soviel Mühe gegeben hast, aber ich habe glaube ich ursprünglich mal „seit Hobbes und Rosseau“ geschrieben, wollte die beiden also gar nicht so sehr als ideologischen und vielmehr als zeitlichen Ankerpunkt verstanden wissen. Danach habe ich Rosseau nur noch bemüht, um Bastet auf seine unangebrachte Faschismuskeule hinzuweisen. Die beiden Philosophen sind echt nicht entscheidend, aber das was die gesagt haben findet man halt wie gesagt danach überall wieder. Bei Montesquieu, der als erster halbwegs empirische Studien angestellt hat und dabei übrigens sehr interessante Ansichten über Inder hatte, die so abstrus sind dass ich nie weiß ob ich jetzt lachen oder weinen soll. Bei Jellinek, der die 3-Elemente-Lehre im eigentlichen Sinne geprägt hat. Und halt auch bei meinem Doktorvater, der selbst eine ziemlich linke Socke ist und dem ich beim besten Willen keine -istischen Haltungen unterstellen kann.

    Und dass man die Aussagen kritisch betrachten soll, ohne aber gleich von ihrer Invalidität auszugehen, habe ich ja auch schon geschrieben und das finde ich als Kernaussage in deinem Text ja irgendwo auch wieder.



    Und als allerletzten Satz möchte ich an dieser Stelle halt noch mal betonen, dass die Aussage, dass die Polizei rechts sei, in ihrer Pauschalität halt einfach falsch ist. Und dass die dahinter stehende Implikation, dass die Polizei in Summe rechtsextrem ist, zumindest in Deutschland völlig an der Lebenswirklichkeit vorbeigeht. Das mag von mancher Warte so aussehen, aber wenn es unter allen im Bundestag in Fraktionsstärke vertretenen Parteien und damit verbunden so 90% der Bevölkerung Konsenz ist, dass das trotz anerkannter Probleme und Reformbedürftigkeit nicht so ist, glaube ich halt wirklich, dass dann die Position auf der rechts-links Skala eher das Problem ist als die Institution Polizei als solche.

  • Und ich habe hier halt auch immer noch keinen durchsetzbaren Gegenvorschlag gehört. Ja, flache Hierachien funktionieren im Kleinen, aber wir haben 80 Millionen Menschen in Deutschland und sieben Milliarden auf der Welt. Da kann man nicht ausschließlich im Kleinen denken. Mein Amtsgerichtsbezirk hier hat zehn Richter, die für etwa 120.000 Menschen zuständig sind. Also einer auf etwa 12.000 Menschen. Wie will man das denn noch weiter herunterbrechen, ohne Kosten und Personalbedarf explodieren zu lassen? Rechtsunkundige nicht-berufsträger damit zu beauftragen und community policing scheinen da ja nicht die Lösung zu sein - zumindest haben die Leute, die sich hier für die Abschaffung der Polizei aussprechen, gestern noch im Sexismus-Topic gegen Juryprozesse argumentiert, weil das keine Laien entscheiden sollen.

    Viele der Fälle, die vor Gericht kommen, sind einfach nur albern und könnten auch privat gelöst werden, wenn die Leute nicht solche Almans wären, die sich für jeden Scheiß gegenseitig verklagen und das Gesetz es nicht möglich machen würde, dass man sich für jeden Scheiß gegenseitig wegen Nachbarschaftsgedöns verklagen könnte oder Ämter bescheuerte Bescheide ausstellen etc.


    Ich zweifle btw viele Gerichte an, weil ich weiß, dass die häufig nicht anders geführt werden und besetzt sind als die Polizei oder Militiär, wie beides momentan aufgestellt ist, auch.

    Dass ich damals Recht bekam, war auch einfach nur Glück mit dem Richter und meinem Anwalt und ich kenn da deutlich andere Fälle. Aber das ist kein Rechtssystem. Das ist eine Glückslotterie. Leider bin ich nicht privilegiert genug, daher weiß ich das halt aus erster Hand, duh.


    Um mit dem ganz offensichtlichen anzufangen: Es gibt keinerlei Ermächtigungsgrundlage, die der Polizei erlaubt, Leute niederzuknüppeln weil sie Containern gehen, etwas aus einem Laden stehlen, Hasch bei sich tragen oder gegen den Ausbau des Tagebaus protestieren. Das ist nicht legal, und das kommt auch nicht vor.

    Sure, es kommt bestimmt nie vor. Weil ich in der Volksschule gelernt habe, dass die Polizei unser Freund und Helfer ist, muss das auch so sein.

    Und klarerweise heißt es nicht "ALLE Polizist*innen knüppeln dich für absolute Kleinigkeiten nieder", aber es sind mehr als genug, die es wegen Kleinigkeiten, abseits von Selbstverteidigung ihrer eigenen Person, würden.


    Alice hat dir einfach nur Kapitalismus knapp beschrieben und du wirfst denen "Verschwörungstheorie" vor.

    Aber weißt du was... wenn wir das System noch ein paar Jahrzehnte so behalten wie es ist und keine großen Umstürze gibt, brauchen wir eh nicht mehr so groß über die Polizei und Gesellschaftsordnungen diskutieren. Dann hat die Klimakrise die Erde ohnehin bereits an den Point of no Return gebracht. 🤷🏻‍♀️

  • Das ist nicht legal, und das kommt auch nicht vor. Du wirst mir jetzt auch, und da lehne ich mich weit aus dem Fenster, keinen überzeugenden Beleg liefern können dass so etwas in Deutschland passiert.

    Das zeigt einfach nur, dass du aus einer sehr privilegierten Perspektive sprichst. Es zeigt, dass du sehr wahrscheinlich weiß, männlich, cis, nicht behindert und wahrscheinlich auch aus der Mittelschicht stammst und wahrscheinlich auch nie in irgendeiner Form Demonstrationen beigewohnt hast. Es zeigt auch, dass du dich mit dem Thema nicht weiter auseinander gesetzt hast. Allein hier im Topic findest du wieder und wieder Artikel und Videos von unprovozierter Polizeigewalt verlinkt. Die genauen Zahlen können wir nicht wissen, weil ja nun einmal die Politik dahingehend die Polizei schützt. Eine Studie der Uni Bochum, die speziell mit Bürger*innen spricht, geht von 12 000 gewalttätigen polizeilichen Übergriffen pro Jahr aus. Wer auf die Seite der Uni Bochum dazu schaut, wird feststellen, dass ein nicht unerheblicher Teil dieser Übergriffe wahrscheinlich auch rassistischen Ursprungs ist.


    Ich selbst war vor einigen Jahren in Köln dabei, wie nach der Pride drei Polizisten einen jungen Mann niedergeprügelt haben, weil sie vermuteten (oder dies Vorgaben), dass er Drogen dealt. Ich selbst habe Freund*innen, die bereits von der Polizei unbegründet festgehalten und bedroht wurden. Ich selbst wurde schon auf Demos von Polizist*innen geschubst und bedrängt - ohne in irgendeiner Form provoziert zu haben.


    Klar, das ist jetzt das BKA, aber ich kann das zumindest aus anekdotischer Evidenz aus meinem nicht undiversen Bekanntenkreis bestätigen. Klar kommt es vor, dass gerade die, die irgendwie südländisch aussehen im Schnitt öfter kontrolliert werden. Das kritisieren die alle und ich ausdrücklich auch. Trotzdem sind die komischerweise doch ganz zufrieden in einem Land mit einer so gut funktionierenden Staatsgewalt zu leben und würden die Polizei rufen wenn sie selbst Opfer einer Straftat werden.

    Genau. Das ist das BKA und es ist anekdotische Evidenz. Meine anekdotische Evidenz sagt nämlich das genaue Gegenteil: Kaum einer meiner Freund*innen würde, wenn es sich irgendwie vermeiden lässt, die Polizei rufen oder zur Polizei gehen. Zu viele haben Erfahrungen gemacht, dass am Ende sie verdächtigt oder für Dinge angeklagt wurden oder anderbeitig belangt wurden. Ich persönlich wurde dahingehend auch sehr früh schon desillusioniert. Wo ich aufgewachsen bin, gab es immer wieder übergriffe aus dem rechten Millieu - und sehr wenig Einschreiten von der Polizei.


    Und hierzu weiß ich ehrlich nicht mehr groß, was ich da schreiben soll. Das geht ja echt schon in Richtung Verschwörungstheorie

    Nein, das entspricht der historischen Begründung der Entwicklung der modernen Polizei. Die moderne Polizei wurde mit der Industrialisierung eingeführt und eine ihrer Hauptaufgaben war es, als Streikbrecher zu agieren und Leute in die Arbeit zu zwingen, sowie den Besitz der Elite zu verteidigen. Um dies gut ermöglichen zu können, haben viele Gruppen schon sehr früh dafür gesorgt, dass die Polizei möglichst uneingeschränkt agieren kann.


    bestätigt meine im allerersten Post hier geäußerte Ansicht, dass ihr halt aus einer enorm privilegierten Lage kritisiert und keine wirkliche Vorstellung habt, wie eine Gesellschaft ohne funktionierende Staatsgewalt aussieht.

    Wie gesagt, gebe ich hier gerne zurück. Du weißt einfach nicht, wie es ist in einem Land zu leben, wo die Polizei dich wahrscheinlicher angreift, als dass sie dich beschützt. Weil du eben nicht zu einer Gruppe gehörst, für das dies der Wahrheit entspricht.


    (Und ganz nebenbei: Ich habe für eine Weile in Baltimore gelebt. Aka der Stadt, wo sich sogar die USA einig sind, dass die Polizei dort nicht funktioniert. Ich bin kurz, bevor die Baltimore Riots angefangen haben, dort weg.)


    relative Armut seit 80 Jahren weltweit kontinuierlich sinkt.

    Sagt die Weltbank. Dummerweise ist es im Interesse der Weltbank genau dieses Narrativ zu verfolgen. Diverse unabhängige Organisationen kritisieren die Zahlen, die von der Weltbank dafür hergenommen werden, schon seit Jahren. Ihre "Armutsgrenze" ist viel zu niedrig - auch Menschen, die darüberleben, sind häufig bitterarm und können sich nicht ausreichend ernähren. Auch sind die Methoden der Zahlenerhebung, die die Weltbank benutzt häufig nicht nachvollziehbar und unabhängige Forschungen kommen zu anderen Ergebnissen.


    nicht unter ein menschenwürdiges Existenzminimum sinken lassen werden

    Dir ist bewusst, dass man mit Hartz IV auf "0€" gekürzt werden kann. Sag mir bitte, in welcher Welt das "menschenwürdig" ist.


    alle positiven Effekte dieses Wirschaftssystems

    Dann nenn mir diese doch bitte.


    Wer hätte dann noch einen Anreiz, irgendetwas zu tun oder zu entwickeln, der über die Befriedigung von Grundbedürfnissen hinausgeht?

    Du bist dir dessen bewusst, dass ein nicht unerheblicher Teil aller Erfindungen aus den Staatskassen finanziert werden, ja? Tatsächlich ist es so, dass Forschung und Erfindergeist tatsächlich sehr inhärente menschliche Eigenschaften sind. Moderne Patente wurden erstmals Ende des 18. Jahrhunderts eingeführt - davor haben die Menschen Jahrtausende damit verbracht, Dinge zu erfinden. Ganz ohne Patente. Tatsächlich gibt es viele Hinweise dafür, dass das Patentsystem Forschung eher behindert, als dass es ihr nutzt. Denn so ist es oftmals nicht möglich, auf bereits vorhandener Forschung aufzubauen und Forscher*innen sind gezwungen gegeneinander, statt miteinander zu arbeiten - etwas, das so nicht im Sinne der Wissenschaft ist.


    Viel mehr noch sorgt das Patentsystem dafür, dass einige wenige Firme Monopole auf eigentlich lebenswichtige Dinge wie bspw. Medikamente entwickeln können - Teilweise aufbauend auf Forschung, die komplett von etwaigen Staaten getragen wurde.


    Mehr noch, im industriellen und ökonomischen Bereich, wird Forschung auf einmal nur noch unterstützt, weil sie ggf. Geld bringt - nicht aber, weil sie in sich wichtig wäre. Genau das sorgt dafür, dass viele Erfinder*innen und Forscher*innen kein Geld bekommen, um ihre teilweise wirklich wichtigen Sachen zu entwickeln oder in ggf. wichtigen Bereichen zu Forschen.


    Die meisten Menschen forschen und erfinden aus Neugier und Erfindungsdrang, vielleicht auch aus einem Wunsch ihr Leben oder das von anderen Menschen zu verbessern - nicht, weil sie damit Geld machen wollen.

  • Eine Studie der Uni Bochum, die speziell mit Bürger*innen spricht, geht von 12 000 gewalttätigen polizeilichen Übergriffen pro Jahr aus. Wer auf die Seite der Uni Bochum dazu schaut, wird feststellen, dass ein nicht unerheblicher Teil dieser Übergriffe wahrscheinlich auch rassistischen Ursprungs ist.

    Bin da ein bisschen skeptisch, das so in den Raum zu stellen. Hier handelt es sich um eine Onlinebefragung von 1000 Leuten. Zugute halten muss man, dass auch Interviews mit Staatsanwälten, Rechtsanwälten, Richtern und Polizeibeamten geführt wurden, aber so ne Onlineumfrage ist da schon eher mit Vorsicht zu genießen denke ich. Würde zumindest gerne mal die Art der Fragestellungen und Antwortmöglichkeiten sehen, die ein pauschales hochsetzen der Dunkelziffer auf das fünffache rechtfertigt.


    Jetzt muss man die Anzahl der (vermeintlichen, da Dunkelziffer) Polizeigewalt der Gesamtzahl an Polizeieinsätzen gegenüberstellen. Ich habe jetzt auf Anhieb leider keine konkrete Zahl für ganz Deutschland gefunden, habe aber u.a. gefunden, dass es in Köln ( > 1Mio. Einwohner) jährlich zu ca. 242.000 Einsätzen kommt [1], in Freiburg (230.000 Einwohner) zu ca. 192.000 [2]. Gemessen an der Anzahl an Straftaten je Bundesland (wie gesagt, finde leider keine Statistik zu Einsätzen, also leite ich sie hiervon ab), ist da Köln/NRW eher im Mittelfeld, Berlin und Hamburg liegen deutlich darüber. Nehmen wir die 1Mio Einwohner Kölns also mal 80, hätten wir also Pi mal Daumen 20 Millionen Einsätze pro Jahr. Wenn die Zahl krass von der Realität abweicht, möge man mich korrigieren. 12.000 von 20 Millionen wären hier dann eine Quote an Polizeigewalt von 0,06%.


    Dem gegenüber steht die Aufklärungsquote von Verbrechen wie in Polizeistatistiken festgehalten, die Statistik, was die Zufriedenheit mit der Polizei angeht, auch unter Menschen mit Migrationshintergrund (siehe von TheTic verlinkte Studie, und ja über die Genauigkeit der Studie wurde hier ja schon diskutiert, aber finde wie gesagt die Onlineumfrage der Uni Bochum im Vergleich dazu jetzt auch nicht so krass), sowie die Tatsache, dass die Polizei mit ihren 4 Kernkompetenzen wie hier erläutert integraler Bestandteil eines Staates ist wie wir ihn kennen und durch ihre Ausübung auch einen maßgeblichen Beitrag zu Sicherheit und Prävention leistet im Hinblick auf das ganze Land.


    Jetzt muss man sich die Frage nach der Proportionalität stellen, wenn man sagt, "Polizei niederstampfen, weil es manchmal effektiver ist ein bestehendes System einfach niederzubrennen, um was neues zu schaffen". Zumal es ja keine soliden Alternativkonzepte gibt. Nun, außer abstrakte Aussagen wie "wir müssen die Gesellschaft ändern und an anderen Stellen investieren". Oder wir sagen, wir investieren in diese besagten Dinge, schauen nebenbei, dass wir Schwachstellen in der Polizei adressieren, um zumindest die Nachteile zu reduzieren, im Zuge dessen vielleicht sogar die Vorteile zu erhöhen, und, wenn sich das "Alternativkonzept" in Form kleiner Kommunen nach dem Vorbild indigener Völker bewährt, die den Staat in seiner Funktionalität abzulösen in der Lage ist, dann erübrigt sich das mit der Polizei auch. Forciert werden kann dies aber nicht. Denn während ich kein genereller Gegner von Gewalt und zivilem Ungehorsam bin, wurde hier ja zurecht angemerkt, dass die meisten doch schon ziemlich zufrieden sind, angesichts dessen, wie gut wir im internationalen Durchschnitt dastehen. Bin also definitiv dafür, dass wir erst mal mit Bildung anfangen. Und das muss nicht nur Bildung in der Schule sein, sondern kann in diversen Communities und öffentlichen Räumen stattfinden (z.B. auch in Diskussionen wie hier) und zur Meinungsbildung beitragen.

  • CSD Karlsruhe: Regenbogenfahne entrissen und verbrannt
    Im Karlsruher Schlosspark wurde am Samstag nach der CSD-Parade eine Person mit Prideflagge angegriffen. Menschen, die zu Hilfe eilten, wurden ebenfalls…
    www.queer.de


    Zitat

    Laut einer Augenzeugin habe die Polizei die Angreifer*innen – eine Gruppe von 20 bis 25 Personen – "ohne Kontrolle weiterlaufen" lassen. "Die hinzugerufene Polizei reagierte extremst unangemessen auf die Situation", schrieb die freie Journalistin Armilla Brandt auf Twitter zu einem Foto der verbrannten Fahne. "Trotz einer Polizeipräsenz von mindestens 10 Wannen stiegen lediglich 9 Polizist*innen aus und kümmerten sich um die Betroffenen." Zudem sei es zu queerfeindlichen Beleidigungen durch Einsatzkräfte gekommen. Laut Brandt soll die Aussage "Ihr habt noch nicht genug abbekommen" gefallen sein.


    Ich weiß da sofort, wen ich ruf, wenn ich Hilfe brauche... aber ist sicher alles erstunken und erlogen. Jedes einzelne Mal. Oder alles nur Einzelfälle.


    Sicher wird es auch ein paar Fällen von Leuten gegeben haben, die Polizeigewalt gegen sich vortäuschten, aber in der Menge können nicht alle Erfahrungsberichte erlogen sein.

    Ist halt auch immer lustig, wenn es va immer hetero und cis Männer sind, die deine Erfahrungen oder Artikel in die Richtung als "Anekdoten" belächeln und selbst wenn tausende Leute hervorkommen, und von ihren Erfahrungen berichten.


    Die meisten Menschen forschen und erfinden aus Neugier und Erfindungsdrang, vielleicht auch aus einem Wunsch ihr Leben oder das von anderen Menschen zu verbessern - nicht, weil sie damit Geld machen wollen.

    Wenn man Menschen Glauben machen kann, dass alles im Leben auf Kapital ausgerichtet sei, dann hat man die Kapitalismus-Propaganda so richtig gewirkt.


    Wissenschaft, Fortschritt und Neugierde? Denen geht es nur ums Geld scheffeln.

    Und selbst bei Beziehungen heißt es in einigen ekligen Ecken des Internets, dass Männer mit Geld erfolgreicher seien.