Schlurfend war Meian wieder Richtung unterwegs, wobei er auch wieder auf die Menschenmasse traf, die sich ebenfalls in die Richtung des Dorfes lief. Shiranui lief wie selbstverständlich (was es auch für die Beiden war, aber für andere mochte ein menschenfreundlicher Wolf doch merkwürdig sein). Das Blut an ihrer Schnauze hatte sie bereits mit ihrer Zunge bearbeitet, doch ein wenig musste der Dragon Slayer mit einem Tuch nacharbeiten. Nun wieder blutfrei irritierte den Grünhaarigen etwas anderes an seiner wölfischen Freundin. Sie versuchte sich nichts anmerken zu lassen, aber er konnte schwören, dass ihr Magen schon wieder knurrte. Sie waren schon blank, wo sollte das nochmal enden?
Leider konnten sich die Menschen in der Masse nicht beruhigen und in ihrer Panik und Eile rannten sich manche mehr als nur einmal über den Haufen. Ein Glück waren mehrere Magier dabei, die aushalfen. Meian hielt sich abseits der Schlange und warf nur ab-und zu einen Blick hinein. Seine Hilfe schien ihm unnötig, da so viele andere Magier da waren. Außerdem hätte er dafür seine wieder aufgenommene Transformation inmitten der Leute aufheben müssen und was das bei der sowieso herrschenden Panik ausgelöst hätte, wollte er gar nicht wissen.
Allerdings war das Schicksal anderer Meinung als er, deutlich anderer Meinung. Als sein Blick wieder ohne ein bestimmtes Ziel in der Masse durchfuhr, fiel ihm ein älterer Mann auf. Dieser war deutlich außer Atem, wobei aber niemand um ihn herum darauf Rücksicht nahm. Es kam wie es kommen musste und der Alte stürzte, was für einen Moment eine Lücke zwischen den Leuten hervorrief, aber die panischen Menschen nahmen ihn gar nicht war und der Mann wäre bestimmt zertrampelt worden, hätte ihn nicht ein schwarzer Fangarm schnell aus der Masse gezogen. Der Magier hatte sofort reagiert, als der Alte ihm aufgefallen war. Nun hatte er, Meian, ihn mit seinem Tentakel vorsichtig auf dem Boden abgesetzt, damit er begreifen konnte, was geschehen war und sich beruhigen. „Ist es recht, ein Urteil über die Menschen zu fällen? Angst macht uns immer so kopflos“, wunderte der Rotäugige. „Das kann ich nicht beantworten“, meinte plötzlich der alte Mann, der sich nun richtig hingesetzt hatte und den wesentlich Jüngeren anlächelte. Dieser erschreckte ein wenig, als er plötzlich angesprochen wurde, doch es legte sich sofort wieder als er von den Fliehenden zu dem Geretteten blickte. „Was ich aber weiß ist, dass sie mir das Leben gerettet haben, wofür ich mich revanchieren muss.“ Der Dragon Slayer lächelte nun seinerseits und wollte dankend ablehnen, aber der Mann ließ ihn nicht ein Wort aussprechen. „Und keine falsche Bescheidenheit. Es ist das Mindeste“, wehrte er jede mögliche Erwiderung Meians ab. „Sie scheinen nicht aus Clover zu kommen, jedenfalls hab ich sie noch dort gesehen. Wenn sie noch keinen Platz dort haben, wo sie bleiben können für die Nacht, dann möchte ich ihnen für ein paar tage ein Zimmer in dem kleinen Gasthaus anbieten, dass ich mein Eigen nenne. Natürlich kostenlos.“ Der Grünhaarige war sprachlos und konnte nur ein wenig hilflos herumdrucksen. „Nun retten sie mir das Leben. Danke sehr, danke sehr, danke sehr“, brachte er schließlich theatralisch hervor, was den Alten herzlich lachen ließ und auch Shiranui schnaubte amüsiert.
Meian und der Alte verabschiedeten sich, wobei der Erstere versprach später auf jeden Fall bei dem Gasthaus aufzutauchen, allerdings wollte er es wesentlich ruhiger angehen lassen, als die Menschenmasse. Allerdings war seine kleine Aktion nicht unbeobachtet geblieben und bevor er sich wieder in Bewegung setzten konnte, kam eines der Mitglieder von Fairy Rose auf ihn zu. Es war ein junger mann, der in etwa demselben Alter wie der Grünhaarige zu sein schien. Er konnte sich gut denken, was der Schwarzhaarige von ihm wollte, doch bevor der Dragon Slayer etwas sagen konnte, hob der Andere seine Hand und machte seine Abweisung zunichte. „Ich verstehe, wenn sie selbst so schnell wie möglich hier weg wollen, doch wir brauchen alle Hilfe, die wir kriegen können. Ohne die Hilfe aller hier, könnten noch mehr Menschen verletzt werden“, sagte der Mann von Fairy Rose mit ernster und eindringlicher Stimme und löschte damit jeden Widerstand in Meian aus. Der unabhängige Magier seufzte und versprach: „Ich tue mein Bestes.“ Der Schwarzhaarige nickte dankbar und entfernte sich dann, wohl um noch weitere Aushilfen zu finden. Shiranui schnaubte nur gutmütig über die Hilfsbereitschaft ihres menschlichen Gefährten.
Für die nächsten zweieinhalb Stunden war die Situation für Meian so aus, dass er wie den alten Besitzer des Gasthauses ein paar Leute vor dem niedergetrampelt werden retten musste, indem er sie aus der Menge zog, Schutt aus dem weg räumen musste und Verwundete transportieren musste. Am Ende landete er wieder auf der Lichtung, zusammen mit dem Rest der Helfer, die von Damien, wie man inzwischen erfahren hatte, zusammengerufen worden war. Inzwischen hatte der Rotäugige seine Transformation wieder aufgenommen und ging ein wenig gebeugt mit den Händen in den Taschen. Die Wölfin trabte munter hinter ihm her, so energievoll wie eh und jeh. Trotzdem wollten beide nur noch hören, dass jetzt alles (mehr oder weniger) unter Kontrolle sei und sich dann ins Traumland begeben, bevor der Magier sich morgens (eigentlich unwillig) nach Arbeit umsah. Vor den stark verbarrikadierten schwarzen Siegeln trafen sie sich mit der Gildenleiterin von Fairy Rose. Sie klärte die kleine Gruppe von Magiern über die Natur der Siegeln und bot ihnen vielmehr an, der Gilde beizutreten, die sich der Untersuchung eben jenes Zaubers verschrieben hat. Allerdings verschwand sie, bevor überhaupt irgendwelche Antworten ausgesprochen wurden und überließ das Annehmen der Anmeldungen einer anderen Magierin, die nicht sehr erfreut darüber schien.
Der Dragon Slayer wandte sich um, sobald Cassandra ihr Anliegen geäußert hatte, und verließ die Lichtung in Richtung Clover. Meian strich sich über den nicht vorhandenen Bart, während er darüber nachdachte, was das Angebot versprach. Klar er musste Geld verdienen, aber die Aufträge an eine Gilde schienen ihm doch zu stressig. Auch die Suche nach dem Ursprung dieser Siegel, auf die er während seiner Reise genannt Leben ab und zu gestoßen war, klang nicht gerade ruhig, versprach aber interessant zu werden. Verdammt sei der Forschergeist meiner Eltern dachte er verärgert. Shiranui schien seinen Missmut zu spüren, denn strich ihren Kopf neckisch an seinem Bein entlang. Der Grünhaarige strich der Wölfin seinerseits lächelnd über den Kopf. Im Gasthaus des Alten wurde er bereits von eben jenem erwartet und gleich auf sein Zimmer geführt wurde. Es war recht einfach aber gemütlich gehalten und sofort nachdem er sich nochmal außerordentlich bedankt und hatte, begab sich der Rotäugige zu Bett. Über das Angebot würde er Morgen weiter nachdenken. Fairy Rose, huh?