Wie denkt ihr über psychische Krankheiten?

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  • Natürlich prägen einen gewisse Erlebnisse und auch darauffolgende (oder durch andere Ursachen entstehende) Krankheiten, aber deswegen ist die Krankheit nicht Teil der Persönlichkeit. Für mich sehe ich eine psychische Erkrankung eher als etwas an, das deine eigentliche Persönlichkeit unterdrückt und dir Energie und Potential wegnimmt. Wenn du es überstanden hast, falls das Überwinden möglich sein sollte, hat dich das geprägt, aber die Krankheit an sich ist eben nur das: Eine Krankheit und nichts, was dich "besonders" macht.


    Ansonsten ist das auch echt ein Romantisieren von Krankheiten, auch was Krebs betrifft. Ist sicherlich nicht so toll kotzend über der Kloschüssel zu hängen und über längere Phase nirgendwo mit seinem Freundeskreis hingehen zu dürfen, weil jede noch so kleine Infektion in der Chemo eine Katastrophe werden kann uä.

    Ich habe nicht gesagt, dass wir uns jetzt erstmal alle Krebs holen sollen, weil man sich danach so geil verändert. Aber insbesondere unheilbare Krankheiten sind für mich viel eher mit Behinderungen gleichzusetzten. Es ist nun mal einfach ein Teil deiner Persönlichkeit, wenn du dich für immer damit auseinander setzten musst, es zu haben. Und ja eventuell gibt es "Heilmittel", Antidepressiva, Therapien ect.. Aber die bekämpfen nicht die Ursache, nur die Symptome.

    Es macht letztendlich auch viel mehr Sinn, dann seine Krankheit zu akzeptieren, anstatt diese wie ein "Geschwür" zu behandeln, denn dadurch wird es nur schlimmer. Die wichtigste "Heilung" gegen die meisten psychischen Krankheiten ist in erster Linie die Akzeptanz sie zu haben und erst darauf kann man aufbauen. Inwieweit soll es dann anderen Menschen, die an solchen Krankheiten leiden, helfen, wenn man ihnen sagt, sie müssen geheilt werden, oder ihre Krankheit ist wie ein Geschwür. Das klingt ehrlich gesagt so, als wären diese Menschen fehlerhaft, weil sie diese besitzen, oder irgendwas ist mit ihnen komplett falsch. Es ist halt ein sensibles Thema und ich halte diese Art eine falsche Herangehensweise an die Krankheiten allgemein.

    Man hat halt letztendlich keinen Feind wie bei Krebs als Beispiel, wo man wirklich sagen kann, ja ich habe hier ein Geschwür, das muss weg. Bei psychischen Krankheiten ist das aber in deinem Kopf, es gibt keine genauen Gründe warum, viele kommen aus diversen emotionalen Problemen, die einen geprägt haben. Da gibt es einfach keinen richtigen Feind.

    Ich finde es halt nicht gut, wenn du mit solchen Worten anderen vorschreibst, wie sie ihre Krankheit aufzunehmen haben, weil es ja sonst zu sehr romantisiert ist, oder was auch immer. Letztendlich prägt uns alles was wir haben sowohl irgendwo im Guten, als auch im Negativen. Klar sind solche Krankheiten nicht geil und man wünscht sie niemandem, man sollte aber trotzdem nicht vergessen, dass sie Menschen ändern/prägen.


    Ich würde auch nie sagen, meine Depressionen sind falsch. Ohne diese wäre ich höchstwahrscheinlich anders, wahrscheinlich ein komplett anderer Mensch als ich jetzt bin. Ist das falsch? Unterdrücken diese wirklich meinen Charakter? Ich weiß es nicht, ich kenne es halt nicht anders. Sie sind da und gehören irgendwo dazu, sie sind nicht "besonders", aber sie sind trotzdem ein Teil von mir. Auch wenn es nicht immer geil ist, ohne hätte ich aber auch einige Dinge in meinem Leben gar nicht so gemacht.

    Ich persönlich finde die Wortwahl besonders auch schwierig. Es ist so eine vage Bezeichnung und hat auch noch einen bitteren Beigeschmack, weil besonders ja auch exzentrisch heißen kann. Deswegen stimme ich dir zumindest in dem Punkt zu, dass es nichts besonderes an einem ist.

    » Kokuna bewegt sich kaum, wenn es an einem Baum haftet.

    In seinem Inneren jedoch regt sich einiges, da es sich auf seine bevorstehende Entwicklung vorbereitet.

    Dabei wird seine Schale sehr heiß. «

    Einmal editiert, zuletzt von PLUSQUAMPERFEKTION ()

  • Ich packe das hier mal in diesen Thread:


    https://www.aerzteblatt.de/nac…iffe-in-Therapiehoheit-ab


    Es wird aktuell ein neues Gesundheitsgesetz besprochen. Ein Teil davon ist, dass überlegt wird, dass der Gesundheitsausschuss des Bundes beurteilen soll, wie viel Psychotherapie für verschiedene psychische Krankheiten angemessen ist und dass dann als feste Regel festgesetzt wird. Also sagen wir bspw. Depression bekommt 10 Stunden Psychotherapie fest.


    Aktuell ist es so, dass Psychotherapie immer neu beantragt werden kann, wenn der Psychologe es für angemessen hält.


    Grund für diese geplante Regelung ist der Mangel an Therapieplätzen in Deutschland, die teilweise zu langen Wartelisten führen.


    Dennoch ist dieser Entwurf einfach nur zu kritisieren und wird auch von Psychologen kritisiert. Psychische Krankheiten sind komplett unterschiedlich von Person zu Person. Das kann man nicht über einen Kamm scheren - und wahrscheinlich würden die Therapiestunden mit dem Konzept allgemein für zu niedrig angesetzt, als dass die Therapie langfristig was bringen könnte.

  • Das ist einfach nur ekelhaft. Als jemand der selber mal in der Not war, einen Therapeuten für meine Depression aufzusuchen, fühle ich mich von so einem Prozedere einfach nur verarscht. Das war ja gerade das schöne: Wenn man denn mal einen Platz bekommen hat, dann wusste man man ist gut aufgehoben und zwar solange bis es eben dauert, diese Krankheit zu überstehen oder zu lernen mit ihr zu leben.


    Aber es ist halt leider wie so oft.. der Mensch als Individuum wird nicht gesehen, alles wird versucht in Regelungen zu quetschen egal ob man es wirklich kann oder nicht..wirklich widerlich.

    « I might not be able to decide whether the road is easy or not,

    but whether I walk it is entirely up to me. »


  • Ich bin was für ein Glück nicht davon betroffen, also denke ich zumindestens. :P


    Aber ich kenne genug Leute die damit zu kämpfen haben, u.a. auch schon Leute, die deshalb nicht mehr am Leben sind...

    Ich habe damals auch gedacht, dass das nicht so schlimm sein kann, aber nach dem jemand deshalb gestorben ist (um genau zu sein, Selbstmord), hab ich das ganze anders gesehen und mich auch mal etwas mehr damit befasst.

    Was ich alles gelesen und vor allem gehört habe von Leuten, die damit zu kämpfen haben, HEFTIG!

    Ich lehne mich mal so weit aus dem Fenster, dass (weil es mir u.a. gesagt wurde) selbst gebrochene Knochen die schmerzen, noch ein Witz sind. (Also für die Personen im Vergleich, natürlich sind gebrochene Knochen ebenfalls schmerzhaft, nur wenn man mir sagt, "lieber verliere ich ein Arm" oder "breche mir zig mal die Knochen", werden diverse psychische Probleme IMMENS sein.


    Was mich sehr schockiert ist, wie mit Leuten umgegangen wird, die das Problem haben, wie gesagt ich habe damals auch gedacht, "ist das wirklich so schlimm?", aber wie andere darauf REAGIEREN, ist schon abartig, sich darüber noch lustig machen oder noch schlimmer, auf genau den Punkten rumtreten...

    Dann noch die Hilfen die diese Leute bekommen..., angefangen mit dem Thema von meinen Vorpostern, bis hin zu den heftigen Unterschieden die gemacht werden, ich habe ein Freund, der keine Hilfe bekommen hat, Therapeuten, die Ihn einfach nicht erst genommen haben und einfach falsche Diagnosen aufgeschrieben haben (schreiben was anderes auf, als Sie sagen), andere bekommen Unterstützungen, Umschulung, berufliche Rehas usw. und er nicht.

    Das beste Beispiel kam von seiner letzten Reha, der ist nervilich und körperlich am Ende und bekommt NICHTS, jemand der wegen Mobbing in die Reha bekommt, hat noch ne berufliche Reha bekommen und ne Umschulung, ähh wtf?, also ich will Mobbing nicht schön reden, solche Leute müssen auf den Zahn gefühlt bekommen, wie bei meinem Freund, kann man auch hier mit dem Argument kommen, "warum eine Umschulung?, das kann Ihnen auch in einem neuen Beruf passieren", sogesehen hätte die Person die Arbeit wechseln können, aber er bekommt eine berufliche Reha und ne Umschulung und er bekommt nichts, ganz im Gegenteil, er wird von der Krankenkasse, die er um Hilfe angefleht hat, noch unter Druck gesetzt, "er soll arbeiten gehen, seine Probleme sind nicht so schlimm".


    Ich finde es generell ein Unding, wie mit Leuten die Hilfe brauchen umgegangen wird und was andere Leute, die weniger oder keine Probleme haben, an Unterstützung bekommen, muss aber sagen, ich habe weniger was gegen diese Leute, sondern mehr gegen die Leute, die das entscheiden.

    (Natürlich will ich das nicht pauschalisieren, dass das nur so ist, aber ich denke mal man stimmt mir zu, dass einiges in Deutschland was das angeht falsch läuft...)

  • Ich kann nur von meiner Erfahrung reden wie schlimm das ist wenn Depressionen klein geredet werden. Da kommen gerne so Sätze wie "Aber dir geht's doch gut." "Deine Probleme möchte ich haben... andere Menschen haben es viel schlimmer." "Solche Phasen gehen auch wieder vorbei." usw. Könnte das (leider) ewig fortführen. Was noch mehr trifft ist wenn einem gesagt wird: "Du willst doch nur Aufmerksamkeit." Weil es ja so schön ist sich in dem Moment tot zu wünschen, klar. Und wenn dann auch noch jeder meint dir sagen zu müssen wie du zu leben hast macht es das noch schlimmer. Ich war schon depressiv als ich in meiner ersten Ausbildung absolut unglücklich war. Mein Vater hätte mich damals fast weiter hinein gezwungen und ich war einfach nur unglücklich in der Situation. Bin trotzdem froh mich dagegen entschieden zu haben. Obwohl es nicht hilfreich war als er mir Vorwürfe gemacht hat was für ein hoffnungsloser Fall ich doch wäre. Generell war ich eine Zeitlang zu lange an den falschen Leuten die meinten mich ständig umändern zu müssen.


    Da ich weder Workaholic bin noch Partymensch konnte ja mit mir was nicht stimmen (das war halt in dieser Zeit so die Leute mit denen ich viel Kontakt hatte). Ich hatte tatsächlich erst mit der Zeit gelernt, dass man auch auf sein eigenes Bauchgefühl hören soll. Und was soll ich sagen: Mir geht's besser. Mag zwar immer noch nicht alles aufgearbeitet habe und die Depressionen sind deswegen nicht weg, aber wenigstens zwänge ich mich nicht mehr in irgendeine Form rein die absolut nicht meins ist. Damals fühlte ich mich einfach so nutzlos und war einfach dankbar wenn Menschen Zeit mit mir verbrachten. Heutzutage ist das zum Glück nicht mehr so. Ich habe festgestellt, dass es viele gibt die so leben wie ich und mein Selbsthass wurde mit den Jahren auch kleiner.


    Will damit eigentlich nur sagen, dass gerade falsche Menschen leider genau das noch verstärken können. Und manche haben einfach absolut keine Ahnung wie das ist wenn man absolut lust- und kraftlos ist. Wenn man die Vorhänge/Jalousien zu hat und den ganzen Tag im Bett liegt. Absolut nichts auf die Reihe bekommt und sich einfach nur gelinde beschissen fühlt. Das ist furchtbar... und noch schwerer aus diesem Ganzen rauszukommen. Dieser Griff der dich nach unten zieht (zumindest fühlt's sich's für mich so an) ist manchmal so stark, dass selbst EINFACHSTE Dinge wie Kochen, Haushalt machen, usw. sich wie eine absolute Tortur anfühlen. Ich bin immer froh wenn ich nicht gerade am Ausbrennen bin. Bestes Beispiel war mein Jobverlust und die ganzen unbezahlten Arbeitsstunden. Ich konnte da einfach gar nichts mehr und war zu nichts mehr in der Lage. Das ist fast schon wie ein Ohnmachtszustand... schwer in Worte zu fassen.


    Leider sehen viele Menschen dann irgendwo nur das was sie sehen wollen und denken dann einfach du bist faul und hast keinen Bock zu arbeiten. Und das ist halt das Problem dabei. Sie haben schlichtweg einfach keine Ahnung was Depressionen und psychische Krankheiten überhaupt bedeuten. :help:

  • Ich kann nur über mich selbst reden, mir ist auch durchaus bewusst, dass andere Menschen andere Ansichten haben, ist auch völlig logisch und verständlich.


    Ich hatte, bzw habe immer noch, nicht das beste Verhältnis zu meinem Vater.

    Er hat mich am laufenden Band gedemütigt, blosgestellt, völlig egal, ob wir alleine waren, mit der Familie, oder gar mit Freunden.


    Beispiel, ich interessiere mich für Autos jeglicher Art, und lese deshalb auch gerne darüber, damals, also vor etwa 10-15 Jahren, evtl auch schon länger her, las ich darüber, dass es einzelne Autos mittlerweile selbst einparken können.


    Sein Kommentar, knallhart an den Kopf geworfen, wir waren etwa 8 Leute im Raum, "in welcher Welt lebst du eigentlich?

    Hab ich dir nicht verboten diesen Müll zu lesen?

    Hab ich dir nicht oft genug gesagt, dass das alles erstunken und erlogen ist?

    Ey, ehrlich, wie blöde bist du eigentlich?

    Und so etwas nennt sich mein Sohn, ich weiß echt nicht mehr, womit ich DAS wohl verdient habe.

    Man bist du peinlich! "


    Nicht nur einmal, sondern immer und immer wieder.

    Irgendwann wurde es mir zu viel, solange ich die Klappe hielt, fühlte ich mich schwach, mich zu verteidigen traute ich mich nicht, also habe ich versucht die schlechteste Idee der Welt umzusetzen.

    Genau, ich wollte meinem Leben ein Ende bereiten.

    Ich wollte definitiv vom Dach springen, hätte mich meine Mutter nicht aufgehalten, ich hätte es getan.


    Ich glaube nicht, dass Depressionen oder dergleichen einfach so auftauchen, wie man damit umgeht, das bleibt jedem selbst überlassen, am effektivsten und schnellsten ist es, wenn man sich an einen Arzt wendet, ich war selbst sehr oft dort, bin es heute immer noch, allerdings wegen etwas anderem.

    Suizidgedanken hab ich schon lange nicht mehr, aber dafür etwas, was bei mir zu extremen Schlafstörungen führt.


    Mir ist klar, dass es leider immer noch nicht alle kapiert haben, dass so etwas bloß nicht verharmlost werden darf, oder dass sowas auf die leichte Schulter nehmen kann, soll, darf.

    Leider tun es dennoch mehr als es sein dürfte.


    Eine Krankheit, wie etwa Depression, oder Angstzustände, sind alles andere, als harmlos.

    Ich litt unter beiden und leide immer noch an Höhenangst.

    Das ist natürlich etwas leichter zu verstehen, als wenn jemand ankommt und sagt, er hat eine Klaustrophobie, oder eine Nyktophobie, das eine ist die Platzangst, das andere die Angst vor der Dunkelheit.


    Es ist auf jeden Fall der erste Schritt und auch der richtige, wenn man jemanden hat, mit dem man sich aussprechen kann.

    Gemeinsam ist vieles leichter.

  • Will damit eigentlich nur sagen, dass gerade falsche Menschen leider genau das noch verstärken können. Und manche haben einfach absolut keine Ahnung wie das ist wenn man absolut lust- und kraftlos ist. Wenn man die Vorhänge/Jalousien zu hat und den ganzen Tag im Bett liegt. Absolut nichts auf die Reihe bekommt und sich einfach nur gelinde beschissen fühlt. Das ist furchtbar... und noch schwerer aus diesem Ganzen rauszukommen. Dieser Griff der dich nach unten zieht (zumindest fühlt's sich's für mich so an) ist manchmal so stark, dass selbst EINFACHSTE Dinge wie Kochen, Haushalt machen, usw. sich wie eine absolute Tortur anfühlen. Ich bin immer froh wenn ich nicht gerade am Ausbrennen bin.

    Eben das. Viele verstehen nicht, was daran so schwierig ist einfach aufzustehen und alltägliche Dinge zu tun. Und ja, natürlich kann man sie trotzdem erledigen, aber es kostet viel mehr Energie es zu tun.


    Das Problem ist halt auch, dass selbst Ärzt*innen oft nicht richtig geschult sind und noch immer die Annahme existiert, dass sich Depressionen bei allen gleich auswirken. Nicht alle sind suizidgefährdet und dauertraurig, viele haben auch einfach oft low energy und schwer Motivation zu schöpfen.


    Es gab auch Tage in denen ich kaum oder sehr schlecht aus dem Bett kam. Halt vor allem dann, wenn niemand Zeit für mich hatte, oder ich nichts (Soziales) für die Woche vorhatte und mein Energielevel deshalb automatisch gegen null sank.

    Seitdem ich aber in meiner WG bin, geht es viel besser. Alleine könnte ich gar nicht wohnen.

  • Die Psyche des Menschen ist noch nicht richtig und genug ergründet, warum glaubt ihr denn, weshalb es mehr als genug Praxen gibt, für alltägliches, aber gerade mal ein Bruchteil für die Psyche?

  • Die Psyche des Menschen ist noch nicht richtig und genug ergründet, warum glaubt ihr denn, weshalb es mehr als genug Praxen gibt, für alltägliches, aber gerade mal ein Bruchteil für die Psyche?

    Eher weil sich der Gesetzgeber wenig um die psychische Gesundheit der Menschen schert, nicht unbedingt weil die Wissenschaft nicht weit genug ist.

  • Spielt aber auch eine Rolle.

    Bei mir vor Ort gibt es Aufen oder HNO-Ärtze zu Hauf, Psychologen oder ähnliches gerade mal ein bus zwei Hand voll.

    Woran liegt es das wohl?

  • Spielt aber auch eine Rolle.

    Bei mir vor Ort gibt es Aufen oder HNO-Ärtze zu Hauf, Psychologen oder ähnliches gerade mal ein bus zwei Hand voll.

    Woran liegt es das wohl?

    Das liegt wenig daran, dass es noch nicht "ergründet" ist, es fehlen schlicht die Fachärzte für das Thema, das liegt u.a. daran, dass viele die Arbeit nicht machen wollen und/oder die Leute, die es wollen, haben immense Anforderungen, um überhaupt irgendwann mal behandeln zu dürfen.

  • Spielt aber auch eine Rolle.

    Bei mir vor Ort gibt es Aufen oder HNO-Ärtze zu Hauf, Psychologen oder ähnliches gerade mal ein bus zwei Hand voll.

    Woran liegt es das wohl?

    Das liegt wenig daran, dass es noch nicht "ergründet" ist, es fehlen schlicht die Fachärzte für das Thema, das liegt u.a. daran, dass viele die Arbeit nicht machen wollen und/oder die Leute, die es wollen, haben immense Anforderungen, um überhaupt irgendwann mal behandeln zu dürfen.

    Und vor allem am Finanziellen. Bevor man als Therapeut*in arbeiten darf, muss man selbst etliche Therapiestunden nehmen, die einem nicht bezahlt werden.


    Das ist ja auch das Problem, dass es deshalb oft Leute aus einem sehr gut behüteten Elternhaus und vor allem eben reiche, weiße Frauen und Männer sind, die in diese Berufe einsteigen und mit den angesprochenen Themen der Patient*innen oft wenig eigene Erfahrung haben.


    Das ist jetzt nichtmal ein Angriff auf diese Personen oder so, die können als Menschen voll lieb sein, haben aber sogesehen im Vergleich zu manchen Patient*innen wenig eigene Lebenserfahrung.

    Ein Kinderpsychiater hat mal bei uns eine Vorlesung gehalten und gesagt, dass er zu Beginn seiner Arbeit festgestellt hat, dass so manches Kind mit 10 mehr Lebenserfahrung hat als er mit damals Mitte 20.

  • Also bei mir gibt es nur einen HNO Arzt, aber auch nur einen Orthopäden. Hausärzte und Zahnärzte sind hier am meisten.


    Zitat von Bastet

    Das ist ja auch das Problem, dass es deshalb oft Leute aus einem sehr gut behüteten Elternhaus und vor allem eben reiche, weiße Frauen und Männer sind, die in diese Berufe einsteigen und mit den angesprochenen Themen der Patient*innen oft wenig eigene Erfahrung haben.

    Ist das nicht bei jeden Beruf so, wo man lange studieren muss?


    Ich war selber nie beim Psychiater, aber meine Erfahrung bei Ärzten ist einfach, dass man sich kaum Zeit für die Patienten nimmt. Es geht immer nur schnell, schnell und schnell. Als wären die Patienten Geräte, die man schnell verarbeiten müsste. Und wenn Ärzte nicht auf die Schnelle was hinbekommen, dann schickt man den Patienten einfach zur Therapie. Dabei ist das Zusammenspiel zwischen Ärzten und Therapeuten auch nicht optimal. Anstatt im direkten Kontakt zu stehen heißt es nur Einweisung nach Rezept und dann wenn das Rezept ausläuft und die Probleme noch da sind, dann bekommt man nicht immer ein neues Rezept und muss das und jene tun. Einfach nur Katastrophe. Als Patient spielt man immer den Bettler. Statt, dass die Ärzte und so weiter mal für die Patienten richtig einsetzen. Das ist jetzt meine Erfahrung mit dem Orthopäden und mit den Physiotherapeuten. War aber auch beim Logopäden, da ging das damals aber besser mit der Rezeptausstellung.

  • Ist das nicht bei jeden Beruf so, wo man lange studieren muss?


    Naja, nicht in jedem Beruf ist das so problematisch. Wenn man andere Menschen therapiert, kann es schon problematisch werden, wenn man deren Probleme gar nicht nachvollziehen kann bzw. maximal aus der Theorie. In anderen (weniger intimen) Berufen kann natürlich auch unterschiedliche Lebenserfahrung vorliegen, ist imo aber selten so essenziell wie in diesem und ähnlichen sozialen Arbeitsbereichen. Ich mein, wenn ein Ingenieur mir gegenüber weniger Lebenserfahrung zeigt, ist mir das im Prinzip erstmal egal, wenn er denn seine Aufgabe gut erfüllt. Wenn ein Therapeut sich aber nicht in meine Probleme einfühlen kann, sie eventuell deshalb nicht mal richtig einordnen oder ernst nehmen kann, fühle ich mich dort nicht gerade gut aufgehoben.


    Davon ab ist generell ein langes Studieren zwar nicht ganz einfach finanziell, aber dank der im Vergleich zu anderen Ländern niedrigen Gebühren und einiger theoretisch verfügbarer Hilfen noch machbar für viele Leute (auch wenn es dennoch viel Verbesserungsbedarf gibt) - auch wenn das oftmals viel Arbeit bedeutet, wenn man nebenher schon jobben muss, während andere sich voll und ganz auf ihr Studium konzentrieren können. Bin zwar leider auch eine der Personen, die ans Bafög nicht kamen, als sie es am meisten gebraucht hätten, aber dennoch bin ich generell ganz froh, dass ich in Deutschland studieren konnte.

    Solche verpflichtenden Therapiestunden sind dann aber schon noch eine andere Nummer als die durchschnittlichen finanziellen Aufwände anderer Studiengänge, wenn sie nicht gefördert werden.

  • Die Psyche des Menschen ist noch nicht richtig und genug ergründet, warum glaubt ihr denn, weshalb es mehr als genug Praxen gibt, für alltägliches, aber gerade mal ein Bruchteil für die Psyche?

    Es gibt eine Grundbedarf an Ärzte. Dieser Grundbedarf wurde genaustens für jede Facharztgruppe... bestimmt. Da spielt u.a. auch die Bevölkerungsdichte ein. Anhand dieser Daten vergeben die Kassenärztlichen Vereinigungen Stellen für niedergelassene Ärzte. Nur, wer eine solche Stelle antritt, darf auch Kassenpatienten auf Kassenkosten behandeln (privatärztlich geht immer). Wenn nun 10 Psychiater oder Psychotherapeuten in einem Gebiet vorhanden sind und die KV auch nur zehn Stellen haben, kann sich kein weiterer Psychiater/Psychotherapeut dort niederlassen. Gefühlt sind die Bedarfszahlen in manchen Orten inzwischen veraltet und viel zu niedrig angesetzt. An anderen Orten suchen sie seit Jahren händedringend nach entsprechenden Fachärzten.


    Das ist das Stadt-Land-Gefälle. Es gibt kaum noch Ärzte, die auf dem Land praktizieren wollen - nicht nur wegen der üblichen Gründe, wegen der Leute nicht auf dem Land leben wollen (Ärzte müssen innerhalb eines bestimmten Umkreises zu ihrer Praxis wohnen), sondern auch weil Landärzte oft massive Nachteile gegenüber Stadtärzten haben (größeren Versorgungskreis, längere Fahrtwege bei Hausbesuchen, etc.).


    Dazu kommt dann noch die Schulungszeit. Ein Arzt, der (wie früher der Standard war) Neurologe und Psychiater sein will, müsste zwei Facharztausbildungen machen. Nur um das mal in Zahlen zu fassen: Die Facharztausbildung zum Neurologen dauert ca. fünf bis sechs Jahre. Die Facharztausbildung zum Psychiater und Psychotherapeut weitere sechs Jahre. Das Studium davor dauert sechs Jahre. Also schonmal 18 Jahre reine Ausbildung, bevor du dich niederlassen darfst. Und dann willst du natürlich auch möglichst dort arbeiten, wo du gut leben kannst.


    Und wenn du das alles geschafft hast, musst du ja auch selbstständig sein wollen - und der Ärzteberuf ist was das angeht eher undankbar. In einer Klinik angestellt werden und nach und nach in der Hierarchie aufsteigen ist dagegen wesentlich sicherer.


    Ein weiterer Grund für die Mangel an Plätzen gerade bei Psychotherapeuten sind natürlich auch die langen Behandlungszeiten. Eine Sitzung dauert 50 Minuten. Nehmen wir mal an, dass der Arzt jeden Tag von 08 bis 12 und 14 bis 18 Uhr Sprechzeit hat. Dann schafft der Therapeut ca. 9 Patienten pro Tag. Wenn er noch bei einem Patienten die Sitzung auf zwei 25-Minuten-Sitzungen aufteilt (was erlaubt ist) vielleicht 10. Macht 50 Patienten in der Woche, sofern er sonst nichts anderes nebenher macht (Spoiler: funktioniert nicht. Dokumentation, Verwaltung, Berichte schreiben, Abrechnung, etc. brauchen ja auch noch Arbeitszeit).

    Jetzt kann so eine komplette Psychotherapie über 100 Sitzungen pro Patient in Anspruch nehmen (bei entsprechender Therapieform auch 300). Je nachdem wie schlecht es dem Patienten geht, kann es notwendig sein, dass er jede Woche eine Sitzung hat. Manche kommen auch nur einmal im Monat und gegen Ende der Sitzung vielleicht nur einmal pro Quartal (das ist aber sehr selten).

    Gehen wir aber mal einfach davon aus, dass so ein Quartal im Schnitt 12 Wochen hat und keine Feiertage und kein Urlaub darin liegen. Macht 600 Termine im Quartal. Wenn nun jeder Patient mind. einmal pro Monat aufschlagen muss, kann der Arzt nur 200 Patienten behandeln. Wenn da etliche ein- bis zweiwöchige Besucher dabei sind sogar noch weniger.

    In echt sind es natürlich noch weniger Termine, denn es gibt nur ein echtes feiertagsfreies Quartal (Juli-September) und das ist ist ein beliebtes Urlaubsquartal. ¯\_(ツ)_/¯


    Und wer nun meint "dann sollen die halt mehr arbeiten" - wenn man jeden Tag wie oben genannt geöffnet hat, dann hat man 40 Stunden Arbeitszeit. Die zwingend notwendigen Fortbildungen, die ein Arzt machen muss, kommen dann auch noch oben drauf. Plus halt die gesamte Verwaltung, Nach- und Vorbereitung, Abrechnung, IT-Pflege, etc. pp. Und natürlich muss ein Psychotherapeut auch immer noch zur Supervision - auch die ist verpflichtend und zum Schutz der geistigen Gesundheit des Psychotherapeuten... und die muss auch noch irgendwie untergebracht werden.

  • Solche verpflichtenden Therapiestunden sind dann aber schon noch eine andere Nummer als die durchschnittlichen finanziellen Aufwände anderer Studiengänge, wenn sie nicht gefördert werden.

    Eben dies. Nachdem ich mit Biologie aufhören müsste, hat man mir beim Arbeitsamt dringend von einem Psychologiestudium abgeraten, auch von der Forschung darin.


    Ansonsten seh ich eben das Problem, dass es zu wenige Therapeut*innen gibt, die eben nicht aus der "gutgesitteten" Mittel/Oberschicht kommen, nicht queer sind, keinen Migrationshintergrund haben, nie in Armut gelebt haben etc., weil diese Leute in einer ganz anderen, eigenen Welt leben.

    Auch dann wenn sie in ihrer Kindheit keine Erfahrungen gemacht haben, die über gelegentlichen Streit mit den Eltern und die "normalen Familienprobleme" hinausgehen.

    Es müsste aber gerade da stark nach Therapeut*innen, Ärzt*innen und Sozialarbeiter*innen gesucht werden, die eben jene Erfahrungen mitbringen.


    Ganz zu schweigen von Therapeut*innen, die eventuell selbst diverse Behinderungen und schwere Krankheiten haben / hatten ... und damit ich halt nicht eine leichte Behinderungen und leichte Beschwerden, mit denen sich eigentlich sehr gut leben lässt.

    Gerade in solchen Gebieten wie in der Psychoonkologie müsste es gefördert werden, dass mehr Menschen, die selbst Krebs hatten, darin arbeiten. Man kann zwar Empathie mit Krebspatient*innen aufbringen, aber man weiß trotzdem nicht aus erster Hand wie man mit einer potentiell lebensbedrohlichen Krankheit lebt.


    Zudem, no 'fense, aber ich hab privat schon so ein paar Psychologiestudent*innen und aus ähnlichen Gebieten getroffen, die ... oof. Sagen wir, Menschen, die das Fachwissen über eine intuitive Empathie stellen und sehr roboterhaft gewirkt haben. Die haben vielleicht Interesse an den Fachgebieten, die sie behandeln, aber für soziale Jobs muss man vor allem menschlich und charakterlich geeignet sind.

    Das sind so einige einfach nicht, wie ich in meiner Kindheit ja auch live miterleben durfte lel.


    Eine ehemalige Kollegin von mir hatte auch mal an einer Praktikastelle mit einer Frau zu tun, die zwar schon an ihrem zweiten Mastertitel saß, aber mit den Kindern einfach furchtbar ... steif und unnatürlich umging und das besserte sich auch nicht. Könnte man sagen, das wäre anfängliche Nervösität, war es aber nicht. ^^"

    In einem normalen Kindergarten oder Jugendzentrum könnte man damit ja irgendwie leben, aber nicht bei schwer traumatisierten und auch schwierigen Kindern.

  • Nur zum Verständnis, wo wäre denn das Problem, wenn diese/r jeweilige Psychologin/e einen Migrationshintergrund hätte?


    Aha, wenn ich also einen MG hätte, würde ich in einer eigenen Welt leben?

    Sehr interessant.

    Du weißt schon, dass das ein Vorurteil ist?

  • Nur zum Verständnis, wo wäre denn das Problem, wenn diese/r jeweilige Psychologin/e einen Migrationshintergrund hätte?


    Aha, wenn ich also einen MG hätte, würde ich in einer eigenen Welt leben?

    Sehr interessant.

    Du weißt schon, dass das ein Vorurteil ist?

    Das hat niemand behauptet. Bastet hat genau das Gegenteil gefordert, denn Bastet ist der Meinung, dass es mehr Therapeut:innen MIT Migrationshintergrund geben soll! Sie meinte, dass es ZU WENIGE Therapeut:innen gäbe, die KEINEN Migrationshintergrund hätten. Sehe ich auch so.

    Könnte man sagen, das wäre anfängliche Nervösität, war es aber nicht. ^^" Ansonsten seh ich eben das Problem, dass es zu wenige Therapeut*innen gibt, die eben nicht aus der "gutgesitteten" Mittel/Oberschicht kommen, nicht queer sind, keinen Migrationshintergrund haben, nie in Armut gelebt haben etc., weil diese Leute in einer ganz anderen, eigenen Welt leben.

    Auch dann wenn sie in ihrer Kindheit keine Erfahrungen gemacht haben, die über gelegentlichen Streit mit den Eltern und die "normalen Familienprobleme" hinausgehen.

    Es müsste aber gerade da stark nach Therapeut*innen, Ärzt*innen und Sozialarbeiter*innen gesucht werden, die eben jene Erfahrungen mitbringen.

  • Nur zum Verständnis, wo wäre denn das Problem, wenn diese/r jeweilige Psychologin/e einen Migrationshintergrund hätte?


    Aha, wenn ich also einen MG hätte, würde ich in einer eigenen Welt leben?

    Sehr interessant.

    Du weißt schon, dass das ein Vorurteil ist?

    Ich hab das genaue Gegenteil ausgesagt und gemeint, dass Leute aus wohlhabenden, weißen Familien oft in ihrer eigenen Welt leben. ^^"


    Es sind eben vor allem diese, die das Studium abschließen können, weil es wahnsinnig teuer und zeitaufwändig ist, und dadurch gibt es sehr wenig Diversität bei den Therapeut*innen, die benötigt wäre um als Patient*in jemanden zu finden, der zu einem paast.


    Natürlich kann man es btw auch schaffen, wenn man daneben immer arbeitet und sich einen Kredit aufnimmt, um all die Kosten gestemmt zu bekommen, aber das ist wesentlich schwieriger.