Wie steht ihr zum Umgang mit aussterbenden Begriffen? 19
-
- Ich gebrauche solche Begriffe sowohl in der Literatur als auch in verbaler Kommunikation sehr häufig/ab und zu. (8) 42%
-
- Insbesondere in der Literatur mache ich reichlichen bzw. gelegentlichen Gebrauch von solchen Begriffen; auf der Straße jedoch selten oder gar nicht. (5) 26%
-
- Ich greife auch auf der Straße und unter Freunden gerne auf die eher älteren Begriffe zurück. Allerdings schreibe ich nicht und folglich benutze ich daher solche Wörter nicht in meinen Schriftstücken. (0) 0%
-
- Gerne würde ich solche Floskeln gelegentlich verwenden, traue mich allerdings nicht wirklich. (1) 5%
-
- Ich mache keinerlei Gebrauch davon und passe mich immer dem Hier und Jetzt an. (5) 26%
Aufmerksame SWR1-Hörer (Südwestrundfunk) werden wohlmöglich im Radio auf ein ganz besonderes Thema gestolpert sein. Die Rede ist von "vom Aussterben bedrohten Wörtern". Die Sendung wurde von einem Spezialisten aufgesucht, der die Zuhörer etwas über diese Thematik aufgeklärt hat. Mich persönlich hat die Sache sofort gepackt. Klar, ich als Schriftsteller vollübe immer Freudensprünge, wenn ich durch Zufall über ein neues schönes Wort stolpere. Auch habe ich gleich am selben Morgen damit angefangen, einige Begriffe, die mir völlig spontan in den Sinn kamen, mir zu notieren. - Dazu gehe ich später noch kurz ein, allerdings nicht zu stark, denn darauf wollte ich hier nicht unbedingt zielen.
Warum sterben Wörter aus?
Mehrere Gründe können es sein, warum heute so manches Wort am seidenen Faden hängt. Beispielsweise existiert(e) der Begriff für ein Ding oder eine Sache, die es heute einfach nicht mehr gibt, bzw. über die nicht mehr geredet wird. Wann sieht man beispielsweise mal eine "Droschke" (Straßengefährt aus dem 18. und 19. Jahrhundert), geschweige denn redet von einer? "VHS" (Video Home System) - ein Begriff, der Dank des technischen Fortschritts auch immer mehr in Vergessenheit geraten wird. Wer misst heute überhaupt noch in "Ellen", wo er doch die modernsten Messgeräte gibt? Die Liste hierzu ist natürlich unendlich lange und würde soviel Inhalt bieten, um Bücher zu füllen.
Ein weiterer Punkt, warum so manch ein Begriff auf der Klippe steht, könnte sein, dass sie unbedingt ein zum Aussterben bedrohte Sache bezeichnet, sondern da das Wort und ihre Bedeutung einfach so fremd oder skurril klingt, dass dieses Wort im allgemeinen Wortgebrauch einfach nicht mehr erwähnt wird. Man schweift etwas aus und redet von einem, der im Verborgenen Intrigen führt, als dass man gleich von einem "Ränkeschmied" spricht. Der "Tagedieb" im allgemeinen Sprachgebrauch salopp und einfach und leicht verständlich: fauler Hund. Hier könnte man auch ganze Bücher füllen. Begriffe, bei denen man den Zusammenhang einfach nicht auf den ersten Blick herauslesen/hören kann.
Der letzte Punkt, den ich hier ansprechen möchte, wäre dann wohl die Globalisierung. "Denglisch" (nein, kein Begriff, der vom Aussterben bedroht ist; im Gegenteil) spielt in unserem allgemeinen Sprachgebrauch immer größere Rollen. Wie lange wird es wohl noch dauern, bis wir nicht mehr sagen: »Tisch mir doch keine Märchen auf.«, sondern: »Erzähl doch keine Storys.«. "Kundendienst" wird in den kommenden Jahren wohl auch immer mehr zu "Support" oder "Hotline" werden.
Ich würde allerdings behaupten, dass man sich bei diesem Punkt sogar am ehesten an die Veränderung anpassen könnte. Insbesondere "betagte" (auch wieder ein schönes Fremdwort, oder?) jammern zwar ununterbrochen über eben diesen Wandel in der Gesellschaft, doch eben diese Entwicklung ist nicht aufzuhalten oder wegzudenken. Die Welt wandelt sich und Wandel bedeutet Veränderung.
Aussterbende Wörter benutzen: ein Unding?
Diesen Punkt hätte ich natürlich auch in den Gründen für das Aussterben von Wörtern und Begriffen ansprechen können, denn eine weitere denkbare Ursache ist, dass sich der "Ottonormal-Bürger" (ha, wieder was tolles entdeckt!) sich vielleicht sogar schämt, von solchen Begriffe in der Öffentlichkeit Gebrauch zu machen, so zumindest der Experte im Radio. Man muss hier wohl auch zwischen dem verbalen und dem schriftlichen Gebrauch dieser Wörter unterscheiden. Ich behaupte jetzt einfach mal, dass man in der Literatur für diese Begriffe sehr viel aufgeschlossener ist, als wenn ich auf der Straße jemanden auf die "Nuckelpinne" (schwach motorisiertes Kleinfahrzeug) ansprechen würde, die am Seitenrand parkt. Viele, insbesondere die heutige Jugend, hätten wohl beim Klang dieser Bezeichnung ein leicht hämisches Grinsen auf der Lippe. Wer redet denn schließlich heute noch so abgedroschen? Man will im "Trend" liegen/cool sein (im Strom schwimmen) und verzichtet daher auf solche "Fremdwörter", die einem sonst den ein oder anderen spöttischen Blick verschaffen würde.
Wo liegen die Vorteile, wo die Nachteile?
Natürlich habe ich hier schon so manch einen Punkt erläutert. Dennoch noch einmal kurz meine persönlichen Ideen, wo die Vor- und wo die Nachteile liegen können.
Vorteile:
- Kann in der Literatur das Mitdenken fördern
- Praktische Synonyme, die lästige Wiederholungen vermeiden können
- Sie sind teilweise recht lustig und schaffen Gesprächsstoff (siehe hier)
- Vergrößerung des eigenen Wortschatzes
- ...
Nachteile:
- Teils unverständlich
- Spott von Außen
- Könnte - im krassen Gegensatz zu Punkt eins der Vorteile - auch zu Abneigung und Denkblockaden führen
- Man könnte sich intellektuell als bemindert fühlen, wenn man im ersten Moment nichts mit dererlei Begriffen anzufangen weiß
- ...
Hier nun ein Punkt, mit dem ich euch bei diesem Thema konfrontieren möchte: Wie sieht es bei euch aus? Liegt ihr im Trend und benutzt stets die aktuellen Bezeichnungen, oder greift auch ihr gerne mal auf die eher altmodischen Begriffe zurück. Unterscheidet hier auch unbedingt in Bereich Literatur und Slang (verbale Kommunikation. Heute bin ich mal wieder richtig in Fahrt.).