Immer schlimmer brannte der dicke Qualm in Lucys Augen, sodass sie schon heftig zu tränen begannen. Trotz dass das Mädchen ihren Pullover über Mund und Nase gezogen hatte musste sie nun auch immer häufiger husten. Und auch ihrem frisch geschlüpften Wisor ging es zweifellos nicht besser. Noch klammerte das kleine, unbeholfene Wesen sich an ihrer Schulter fest, doch bald würde auch er husten und keine Luft mehr kriegen.
Sicher wäre es klüger gewesen sich von der Flammenhölle zurückzuziehen und sich selbst in Sicherheit zu bringen, doch so viele Menschen und Pokemon waren noch in Gefahr und so viele mutige Helfer riskierten ihr Leben viel waghalsiger als sie, indem sie tapfer mit Wasser und Sand gegen das unbezwingbare Flammenmeer ankämpften obwohl sie kaum etwas ausrichten konnten.
Ihr Mut inspirierte Lucy doch nicht aufzugeben.
Schnell stürmte sie einem älteren Mann entgegen, der offenbar versuchte in das Innere des Turms zu gelangen.
War etwa noch jemand darin?
Das Mädchen war geschockt.
Wäre tatsächlich noch jemand im Inneres des langsam bröckelnden Turmes, würde derjenige wohl kaum lebend herauskommen.
"Sie müssen sofort hier weg!", befahl sie ihm keuchend. Das Atmen wurde zunehmend schwerer.
Eine Flammenzunge schnellte genau neben ihnen aus dem brennenden Gebäude und verfehlte sie dabei nur knapp.
Ganz entgegen ihrer Art zerrte sie ruppig an seinem Arm um ihn von der Gefahrenstelle weg zu bringen. Doch der Alte wehrte sich heftig und versuchte sich loszureißen.
"Bitte, junge Dame, die Wächter des Turms sind noch immer im Inneren eingeschlossen. Ich muss ihnen helfen."
"Es hat doch keinen Sinn. Sie werden sterben wenn sie da jetzt rein gehen. Sie können nichts für die Leute tun."
So entschiedene Worte aus ihrem Mund waren Lucia ungewohnt, doch es war die Wahrheit, davon war sie überzeugt und das Adrenalin das ihre Adern durchströmte trug sein nämliches zur härte ihrer Worte bei.
Widerwillig ließ der Mann sich nun wegführen. Auch er hustete stark.
Erst als sie ein ganzes Stück weit weg waren, wandte er sich gänzlich vom Feuer ab und seiner Retterin zu. Als er aber das Pokemon auf ihrer Schulter erblickte geriet er ganz und gar aus dem Häuschen. "Ihr seid eine Auserwählte", stammelte er mit weit aufgerissenen Augen. Die Trainerin war verwirrt. Warum war ein Wisor so etwas besonderes für ihn? Die gab es doch in Johto zuhauf. Hatte er bei seinem Rettungsversuch etwas an den Kopf bekommen?
Seine Augen hatten sich mittlerweile auf einen Punkt hinter ihr gerichtet und so drehte auch sie sich in diese Richtung um, um zu sehen, was ihn so aus der Fassung brachte. Er starrte die anderen Jugendlichen an, die sich nach und nach mit ihren Pokemon und einigen fremden Männern am Turm versammelten.
Ob es die Pokemon waren, die ihn so faszinierten?
Doch warum?
Aus dem Augenwinkel sah sie den alten Mann an sich vorbei ziehen und zu der Gruppe gesellen und so tat sie es ihm gleich.
"Bitte, Edle Fremde, wir brauchen eure Hilfe. Nur mit Hilfe eurer Kraft haben wir noch eine Chance, unsere Brüder aus den Flammen zu retten.", sprach er nun die Gruppe an. War das sein Ernst? Eine Gruppe von Kindern mit frisch geschlüpften Pokemon sollten ihre Leben riskieren um ein paar Wächter zu suchen, die vielleicht längst tot waren?
Offenbar war Lucy nicht die einzige die so dachte, denn auch ein etwas älteres Mädchen als sie selbst sagte etwas in der Art mit hörbarer Furcht in der Stimme.
Auch dass die Fremden Begleitschutz anboten und Atemmasken und Tücher bereit stellten machte die Sache nicht wesentlich ungefährlicher.
Als Lucy aber sah, dass die ersten der Aufforderung nachkommen wollten und sich mit den Schutzmasken ausrüsteten erfasste sie das blanke Entsetzen.
"Ihr wollt doch nicht allen Ernstes in diesen Turm rein?
Seid ihr verrückt geworden? Ihr werdet noch drauf gehen.
Das Ding könnte jeden Moment einstürzen!"
Eine rasende Angst hatte sämtlichen Mut vertrieben und ließ nun unmerklich ihre Beine schlottern.
In diesem Moment stürzte alles auf einmal auf sie herein: der grelle Lichtblitz, die verschwundene Bühne, die veränderte Umgebung, die seltsam altertümlich gekleideten Leute, das Feuer. Das alles war doch ein wenig zu viel für die gerade mal 15-jährige.
Ein Mädchen aus der Gruppe, dass einen zartgrünen Kimono trug, trat zu ihr her und redete beschwichtigend auf Lucy ein.
Auch einige der anderen starrten sie an. Manch einer mochte vielleicht sogar so denken wie sie. All die ungewohnte Aufmerksamkeit behagt Lucy nicht.
Das Mädchen erinnerte sie daran, dass in dem Turm Menschenleben in Gefahr waren. Könnte sie es wirklich mit ihrem Gewissen vereinbaren nichts zu tun?
Freundlich reichte die Fremde ihr die Hand und bot an, der Gefahr gemeinsam und mit den Pokemon ins Auge zu blicken.
Lucy war unsicher.
"Meinst du echt, frisch geschlüpfte Babypokemon könnten uns beschützen?"
Das klang anklagender als es gemeint war.
Mit einem besorgten Blick zu Wisor fügte die sie hinzu: "Ich will einfach nicht, dass ihm was passiert. Ich bin doch jetzt für ihn verantwortlich.
Schlimm genug, wenn ich mein Leben in Gefahr bringe, aber seins?"
Ihre Antwort schien ihre Gesprächspartnerin nachdenklich gemacht zu haben. Hatte sie sie vielleicht von ihrer lebensmüden Rettungsaktion abgebracht?
Das hatte sie nicht gewollt, schließlich war sich die schüchterne 15-jährige selbst noch nicht sicher gewesen, was zu tun war.
Doch die junge Trainerin mit dem Vulpix gab nicht so leicht auf.
Sie schien von der Stärke ihres Partners überzeugt zu sein und schlug vor, dass auch Lucy ihrem Pokemon die Wahl überlassen sollte, ob es bereit war, das Risiko auf sich zu nehmen.
Als hätte es jedes Wort verstanden kletterte das tapsige kleine Wesen von ihrer Schulter in ihre Arme.
Ängstlich blickte Lucy das kleine an.
"Na, was meinst du? Glaubst du wir können den Leuten in dem brennenden Turm helfen?"
Mit entschlossenem Blick starrte die Fellkugel mit ihren großen Augen zu der Trainerin auf und nickte zustimmend. Dann rollte es sich in den Armen seiner Partnerin zusammen.
In dem Mädchen stieg Geborgenheit auf, was ihr ein wohlig warmes Gefühl von Sicherheit verlieh.
Selbstsicher richtete sich das Pokemon wieder auf und sprang zu Boden.
Da griff auch Lucy nach einer der Masken und band auch Wisor ein Tuch vors Gesicht.
Sie war bereit. Und als Team waren sie stark genug es schaffen zu können.
Mit einem erneuten Blick zu Wisor, dann zu dem fremden Mädchen und ihrem Vulpix machten sie sich auf in Richtung Turm.
OT: Beitrag mit Caprice abgesprochen.
Sorry, dass ich erst so spät poste, aber nen gemeinsamen Post zu koordinieren dauert eben ein Weilchen^^