Ich habe mir gedacht, dass dies ein nettes Thema abgeben kann, gerade weil es in so vielen Bereichen vorkommt.
Die Autoren unter euch kennen sicherlich (oder hoffentlich eher) den Spruch: "Show - don't tell".
Dieser Spruch soll eigentlich nur folgendes sagen: Wenn man in einer Geschichte einen (wichtigen) Punkt, sei es eine Regel oder eine Emotion oder eine Charaktereigenschaft oder die Bindung zwischen Charakteren oder etwas ganz anderes, hat, soll man dies in Szenen wirklich darstellen und nicht einfach nur sagen.
Kurz gesagt: Ein Charakter, von dem die ganze Zeit zwar durch andere Charaktere oder in einem Buch durch den Erzähler behauptet wird, er sei klug, der aber so ziemlich mit jeder Frage überfordert ist, bringt einen nicht weiter. Genau so wenig wird es beim Zuschauer glaubwürdig erscheinen, wenn in einem Fantasyanime eine Sache kategorisch mit "Das geht nicht" ausgeschlossen wird, ohne dass wirklich gezeigt wird, dass es nicht geht.
Und nun - gerade Anime sind besonders gut darin, Dinge zu erzählen, dies aber nicht zu zeigen. Besonders gut darin sind vor allem die Anime, die gerne als "Mainstream" bezeichnet werden, die aber kurz gesagt vorrangig bereits ein recht junges Publikum ansprechen. Klassische Shonen-Anime, Merchandise-Serien und Magical Girl, also vorrangig die sehr formularischen Serien sind oftmals davon betroffen.
Ein klassisches Beispiel habe ich ja schon genannt: Der intelligente Charaktere.
Es gibt diverse Anime-Charaktere, die nicht nur intelligent sein sollen, sondern denen die Autoren (die offenbar keine Ahnung von IQ und Intelligenz hatten) IQ Punkte so zwischen 200 und 500 gegeben haben. Effektiv unterscheidet sich der Charakter in seiner Intelligenz aber meist nur so sehr von seinem Umfeld, wie Schimmel vom Brot. Aka: Eventuell ist er sogar klüger, aber bei dem vorherrschenden Niveau macht es auch keinen großen Unterschied. Oftmals werden solche Charaktere aber eher darüber definiert, dass sie gute Schulnoten haben (etwas, das uns erneut vorrangig nur gesagt wird) und eine starke Neigung dazu haben in Exposition zu reden (sprich: Dinge, die uns ein guter Autor auch direkt ZEIGEN würde, zu erzählen).
Meine persönlichen Lieblinge sind jedoch zwei andere Arten von Charakteren:
Die "mutigen" Charaktere, über die es ja schon einen eigenen Thread gibt, und die "guten Freunde".
Besonders die "guten Freunde" sind sehr schön. Es gibt sie in verschiedenen Ausführungen. Der eine ist immer von einem kleinen "Fanclub" umgeben, die ihn oder sie anhimmeln, weil er/sie ja so ein "guter Freund" ist - was uns aber nie gezeigt wird. Der andere Charakter ist der zurückgezogene Charakter, der eher introvertiert ist, dem aber nachgesagt wird, dass er ja alles für seine Freunde machen würde - etwas was wir dummerweise nie zu sehen bekommen, auch wenn es meist als Ausrede benutzt wird, um zu begründen, warum sich andere Charaktere wiederum für diesen Charakter, der ihnen meist die kalte Schulter zeigt, aufopfern.
Oh, und welche ich auch noch gerne habe sind die "Tomboys", die nur in dem Sinne Tomboys sind, dass sie lieber Hosen als Röcke tragen - sich aber ansonsten teilweise weibischer Verhalten, als ihr gesamtes Umfeld zusammen.
Inhaltlich ist es außerdem immer wieder schön, wenn erzählt wird, wie stark ein Gegner ist - dieser aber meistens nur Minions vorschickt und dann im eigentlichen Kampf nach einem langen, langen Dialog (oder wahlweise auch Monolog) mit drei Attacken besiegt wird. Da wird uns dann so richtig gezeigt, warum dieser Gegner so stark ist und es verdient ein Boss, wenn nicht sogar DER Boss der Serie zu sein.
Und zu guter Letzt mein persönlicher Favorit im "Show, don't tell". Usagi Tsukino, alias Bunny aus Sailor Moon, die - so das tell - pummelig sein soll und ständig über Diät nachdenkt, dabei aber gezeichnet wird mit einer Figur, um die sie jedes Model beneiden würde.
Persönlich ist mir aufgefallen, dass ich oft kein Problem damit habe, wenn Charaktere Arschlöcher oder eher dümmlich sind oder halt auch einfach sich unüberlegt in Gefahren begeben. Nerven tun sie mich erst dann, wenn die Serie mir die ganze Zeit weiß machen will, dass dies nicht der Fall ist, man mir sogar das Gegenteil aufbinden will.
Bestes Beispiel dafür ist für mich immer noch Daisuke Mototmiya, alias Davis, aus Digimon Adventure 02.
Ein Charakter, der sich dadurch auszeichnet, sich und andere unüberlegt in Gefahr zu bringen, die Empathie eines Teelöffels zu besitzen, immer seinen Kopf durchsetzen zu müssen und sich generell im Verlauf der Serie wenig zu entwickeln.
Grundsätzlich habe ich nichts gegen Charaktere, die sich in Gefahr bringen - wenn sie einmal die Gefahr zu spüren bekommen. Nach dem Motto: Wer mit dem Feuer spielt, wird sich irgendwann selbst verbrennen. Doch das passiert hier nicht.
Generell habe ich auch nichts gegen Charaktere, die eine geringe Empathie haben und sich immer durchsetzen müssen - wenn sie damit bei ihren "Freunden" auf die Schnauze fallen und so am Ende feststellen, dass sie so nicht weitermachen können.
Beide Eigenschaften sind gute Grundlagen, um sich von da an zu entwickeln. Doch auch das passiert nicht.
Im Gegenteil: Nicht nur, dass der Charakter in der Serie dann "Mut" und "Freundschaft" darstellen soll, andere Charaktere erzählen ihm, einander und damit auch mit als Zuschauer, dass er mutig, ein guter Freund sei und sich im Verlauf der Serie entwickeln würde. Nicht nur das: Die Serie sorgt aktiv dafür, dass er sich am Feuer, mit dem er spielt, die Pfoten nicht verbrennen kann, indem ständig sehr unwahrscheinliche Dinge passieren, die ihn davor bewahren mal so richtig auf die Schnauze zu fallen.
Ich fand es sehr lustig, denn Tagiru in Digimon Xros Hunters könnte eigentlich ein Klon von Daisuke sein - aber mit einem gewaltigen Unterschied: Ihm erlaubt man, mal auf die Fresse zu fallen und ihm bieten andere Charaktere Kontra, wodurch das ganz bei weitem erträglicher war.
Kennt ihr auch solche Charaktere oder Situationen in Anime, wo einem etwas erzählt, aber nie gezeigt wird?
Haben euch solche Situationen schon gestört?
Gibt es dahingehend vielleicht bestimmte Szenarien, in denen es euch besonders stört?