Die Schuldkultur - Was haltet ihr davon?

Wir sammeln alle Infos der Bonusepisode von Pokémon Karmesin und Purpur für euch!

Zu der Infoseite von „Die Mo-Mo-Manie“
  • Hallo,


    Selbst wenn mir das Wikipedia erklärt, ist es schwierig. Ich denke, ich sage das in eigenen Worten:
    Mit der Schuldkultur ist gemeint, dass ein Volk sich die "Schuld" für eine bestimmte Tat gibt, die in der Vergangenheit stattgefunden hat. Es geht soweit, dass andere den Generationen, die nach der Tat geboren wurden, noch immer die Schuld zuweisen. (Alle Deutsche sind Nazis.) Das ist ein Vorurteil und eine Pauschalisierung. Es kommt vor, dass in manchen Ländern Deutsche mit Heil Hitler begrüsst werden. Auch wenn das seltener auftritt, es kommt vor.
    ich möchte anmerken, dass die "Schuld" keine Schuld im engeren Sinne ist, die man bezahlen kann. Es ist eher eine moralische Schuld und eine Mahnung an die Zukunft.


    Bei der Tat an sich handelt es sich um menschenverachtende Verbrechen wie den Holocaust, die Christenverfolgung im römischen Reich, die Auslöschung der Armenier oder die Vernichtung der indianischen Kultur. Es gibt zahlreiche Beispiele für Völkermorde in der Geschichte. Es gibt aber durchaus Länder, von denen man denkt, die haben noch nie einen Völkermord begangen. Die Schweiz und Belgien sind nur ein Beispiel. Die Schweiz löschte/dezimierte zwischen 1930 und 1970 ein fahrendes Volk aus. Belgien tötete in seiner eigenen belgischen Kolonie die Hälfte der Bevölkerung. Dieses Verbrechen ist auch als Kongogräuel bekannt. Zeitgleich beging man in Deutsch-Ostafrika auch einen Völkermord.
    Für diese Verbrechen wurden etliche Mahnmale aufgestellt, Geschichtsbücher verfasst, die das Thema behandeln, Filmdokumente und Reportagen gedreht.


    Nun gibt es einige Leute, die nicht mehr daran erinnern werden wollen. Ich nehme als Beispiel Deutschland.
    Es gibt hier Leute mit einer rechten Gesinnung, die sagen "Wir brauchen keine Erinnerungskultur" oder "Wir haben uns die Schuld mitten ins Herz gepflanzt." (Als in Berlin ein neues Mahnmal für den Holocaust errichtet wurde.)
    Es gibt auch immer wieder extreme Leute, die meinen, der Holocaust habe nie stattgefunden oder ist eine Erfindung der Amerikaner.
    Bevor jemand sich aufregt, warum ich schon wieder mit Holocaust komme. Es ist die mit Abstand das größste Verbrechen, was ein Staat je begangen hat. Natürlich gibt es auch andere Denkmäler und Mahnmale zu anderen Kriegen wie den ersten Weltkrieg, den napoleonischen Feldzug oder den deutsch-franzöischen Krieg 1871. Es gibt auch andere diverse Monumente/Mahnmale, die Personen verschiedener Epochen gewidmet sind. Manche von ihnen waren Verbrecher, Soldaten/Offiziere oder geistliche Würdenträger.
    Der Sinn und Zweck der Schuldkultur ist ein Erinnern an ein Verbrechen, dass sich niemals mehr wiederholen darf.
    Es handelt sich bei der Schuldkultur nicht um Schulden, die man einfach zurückzahlen kann, es ist eher eine moralische Schuld, dass die Nazis sowas grausames den Juden und all die anderen, die sterben mussten, auf sich luden. Bevor einer sagt, das deutsche Volk wusste nichts davon. Das deutsche Volk wusste sehr wohl, was da geschah, nur konnten sie nichts machen, weil sie Angst hatten selber da zu landen oder den Nazis und deren Spionagenetzwerk zu sehr fürcheten.
    Wie dem auch sei, ich bin zwar kurz auf die historischen Fakten eingegangen.
    Das Problem ist, dass die Rechten es gerne möchten, dass die schlimmen Taten der Nazis unter dem Teppich gekehrt werden sollen, sprich die Taten zu vergessen. Am liebsten würden sie die "heldenhaften" Taten der Wehrmacht glorifizieren. Die Argumente der Rechten sind für mich nicht nachvollziehbar oder logisch.
    Ich möchte aber folgendes anmerken, dass wir sehr viel wissen über die Verbrechen des dritten Reiches liegt auch daran, dass wir sehr viel historische Aufklärung gemachten haben (Ich glaube sogar, das war in den 60er und 70er, es gab auch massiv Widerstand von den Altnazis, die versuchten die Aufklärung zu stoppen.) Das bedeutet aber nicht, dass im jeden Land die Kriegsverbrechen aufklärt und als Mahnung an die Zukunft dienen.
    Japan hat bis heute einige seine Verbrechen im zweiten Weltkrieg unter dem Teppich gekehrt oder erzählen eine andere Geschichte. Die besten Beispiele sind das Massaker in der Manchurei und das in Nanking. Es geht sogar soweit, dass Admiral Yamamato, der Oberbefehlshaber der japanischen Marine und Erfinder des Angriffsplan zum Überfall auf Pearl Harbor als Kriegsgegner und Kriegsheld gefeiert wird. Das klingt paradox. In einen Film wird er als tragischer Held dargestellt (es wurde auch erwähnt, dass er kein Krieg mit den USA wollte und er den deutschen misstraute). Ich habe aber keine Ahnung inwiefern das historisch belegbar ist.



    Genug mit den historischen Hinweise und Bemerkungen, kommen wir zu den Fragen:


    Was denkt ihr über diese Thematik?
    Glaubt ihr an die Schuldkultur bzw. Erinnerungskultur?
    Habt ihr jemals eine Gedenkstätte besucht?
    Sind Gedenkstätten als Warnung an die Zukunft notwendig?
    Ist es für euch wichtig zu wissen, welche Verbrechen euer Land begangen hat in der Vergangenheit?
    Wäre es besser die dunkelen Kapitel der Nachwelt nicht zu erzählen?
    Inwieweit hilft das Wissen über die Vergangenheit solche Verbrechen in Zukunft im eigenen Land zu verhindern?
    Man sagt ja, dass der Mensch aus der Vergangenheit lernt, dem anscheinend ist es nicht so, wenn Menschen noch immer Völkermord begehen. Was denkt ihr?


    Ich möchte an der Stelle anmerken, dass der Waffenhandel ein großes Problem ist. Hinzu kommen diverse Machtspiele von Organisationen und Regierungen, die versuchen soviel Chaos zu stiften wie möglich und ganz nebenbei viel Geld verdienen.
    Auf diese Art und Weise ist Weltfrieden ein utopischer und ein realitätsferner Traum.
    Sollten wir mehr in der Schule lernen über die Verbrechen unseres Landes? Es gibt immerhin Stimmen, die meinen, dass man nicht die "Schuld" der Vergangenheit auf die neue Generation übertragen kann. Sie fordern sogar sich mit dem Verbrechen der Vergangenheit weniger zu beschäftigen.
    Was denkt ihr über Leute, die die Vergangenheit leugnen und an eine alternative Geschichte glauben?

  • Beziehe mich unter anderem auf den 9. November 1938. Davon, dass ich - wenngleich "nur" moralische - Verantwortung übernehmen sollte, halte ich nichts. Ich habe nichts getan und wenn Opa, Ur-Opa potenziell etwas "verbrochen" hat (es wurde angeordnet, ich hätte in früherer Zeit mit anderen erlebten Dingen als gegenwärtig mutmaßlich damals ähnlich gehandelt, um keine eigenen Sanktionen/Nachteile zu riskieren), hat das mit mir nichts zu tun.


    Ähnlich fragwürdig wie die sogenannte (angebliche) Erbsünde,"die nach christlicher Vorstellung dem Menschen seit dem Sündenfall angeborene Sündhaftigkeit."


    Grausame Taten in den Geschichtsbüchern reichen ferner eben nicht, damit sie sich nicht wiederholen - obgleich Gegenteiliges mitunter behauptet wird: Menschen müssen mit eigenen Dingen auf die Schnauze fallen, ich könnte selbst wenn ich wollte, Geschichts-trächtige Fehlschläge nicht nachmachen und die jetzt treibenden Kriegsführer scheren sich offenbar nicht um Vergangenes; zudem meine ich, dass man jährlich nicht stets erneut aufwärmen muss, was damals passierte, man kann genauso gut diesen Depressions-Kram hinter sich lassen, positiv nach vorne blicken, zumal: Die letzten Menschen der betreffenden Zeitepochen sterben allmählich weg. Lehren im Geschichtsbuch okay, zyklisch immer wieder erneut "besinnen und bereuen" nein. Verharmlosen steht mir nicht im Sinn, nur ein Weglassen von Berichterstattung halte ich jahrelang schon für mehr als angebracht. Überhaupt: Wie irrelevant wird immer länger Zurückliegendes der Landesgeschichte, wenn zig Jahre vergehen? - Ob die Geschichtslehrer hierzulande in 100 oder 200 Jahren damit noch Interesse wecken?


    Tageszeitungs-Webseiten berichten aber wohl eh nicht wegen Moral an geschichtsrelevanten Tagen über damals, sondern um Klicks=Werbung=Geld zu machen.

  • ich kann verstehen, warum man der Schuldkultur kritisch gegenüber steht.

    Ich glaube allerdings, dass man sich bewusst werden muss, zu was der Mensch im schlimmsten Fall fähig ist.

    Ich halte es für durchaus legitim aufzuzeigen, wie schlimm der Mensch werden kann. Ich rede hier von Menschen, nicht von Deutschen.

    Man muss einfach nur bewusst werden, dass der deutsche Holocaust eins der schlimmsten Verbrechen der Welt ist.

    Ich finde es extremst bescheuert, dass andere Menschen über das Leben andere Menschen aufgrund von bestimmten kulturellen, repigiösen Eigenschaften bestimmt wurde.

    In China findet zur Zeit ein vergleichbares Verbrechen statt, die Internierung der Uiguren, das sind Muslime.

    Deswsgen finde ich es richtig, dass man durchaus informiert wird.


    https://www.bento.de/politik/h…f-56b7b7e4b3e3#reffbbento


    Ein Kino zeigt Schindlers Liste, für AFD ist der Eintritt kostenlos. Daraufhin ist die AFD-Kreisverband, der 200km weit weg ihren Sitz hat, sehr schwer beleidigt.

  • Okay, off-topic, aber ich wollte gerade auf die Pinnwand schreiben und mein Hirn so "Hast du nicht vor ein paar Monaten mal irgendein Thema zur Schuldkultur gelesen?" und ich so "hmm ja, irgendwie klingelt da was" und hier bin ich nun! Hirn sei Dank. Okay sorry, ich habe mich nur so gefreut, dass ich mich echt noch an das Thema erinnert habe :x

    Hätte es nie Nazis gegeben, wäre ich mir über die moralische Fragwürdigkeit von Konzentrationslagern trotzdem bewusst. Alles was man dafür braucht ist ein bisschen gesunder Menschenverstand und einen Hauch grundliegende Moral.

    Achtung, ich habe nicht den gesamten Beitrag von Jolt gelesen, also kann das aus dem Kontext gerissen sein. Ich nehme das Zitat lediglich stellvertretend her, da ich das schon öfters auch woanders gehört/gelesen habe. Jolt, du musst dich nicht angesprochen fühlen.


    Jedenfalls liest man das öfters, dass die Gräueltaten keinerlei Erinnerung benötigen, da es sehr klar ist, dass das grausam war. Ich stimme dem auch zu. Die Untat per se muss nicht immer wieder belebt werden, um den Menschen zu vermitteln, dass es sich um etwas Negatives handelt. Zumindest so meine Ansicht, ohne mich zu stark mit dem Thema auseinander gesetzt zu haben.

    Aber geht es wirklich darum, wenn solche Erinnerungen immer wieder neu behandelt werden? Geht es nicht viel mehr um den Prozess, wie aus einem Volk, das wie jedes andere nun wirklich nicht von Grund auf bösartig war, zu Menschen werden kann, die mindestens wegschauen oder sogar sich an den Untaten beteiligen? Es scheint so abstrakt, was damals passiert ist, und doch finden wir uns immer wieder in Situationen, in denen Personen die Vorgänge gut heißen oder Ähnliches auch heute noch passiert. Völkermord ist ein aktuelles Thema. Aber wieso? Wie ist es möglich, ganze Massen dazu zu bewegen, ganze Volksgruppen zu entmenschlichen? Ich finde durchaus, dass dieser Prozess immer wieder von Generation zu Generation reflektiert werden sollte, damit man schon beim kleinsten Anzeichen, dass es sich wieder dahin bewegt, aufhorcht. Und nicht erst, wenn es zu weit geht und man sich denkt "Moment mal, das ist jetzt aber nicht okay. Was nun?". Das sind schließlich keine Kleinigkeiten und nichts, wo man abwarten sollte, sondern so frühzeitig wie möglich Bremsen zieht. Hätte es also nie Nazis (oder vergleichbare Bewegungen) gegeben, würden wir uns wohl vor allem in Europa völlig erhaben über sowas fühlen, da "wir sowas niemals täten". Das kann blind machen bzw. desensibilisieren. In meinen Augen dient die Erinnerungskultur - und ja, ich lehne Schuldkultur ab, weil ich auch denke, dass man nachkommenden Generationen nicht die Schuld auferlegen sollte - unserer Bildung und Sensibilisierung und sagt einfach aus, dass man schneller in solchen gesellschaftlichen Situationen landen kann, als man glauben möchte.


    Denn wenn wir über das Mittelalter sprechen und die Untaten während dieser Zeit, wird das anders behandelt. Wie Geschichte, die nichts mit uns zu tun hat. Und so habe ich es auch als Schüler wahrgenommen: Es ist Geschichte, das war mal damals, als Menschen noch völlig anders drauf waren. Es wird eine Distanz geschaffen und ich verbinde das nicht mit uns heute. Dabei sind auch damals Dinge aus menschlichen Gründen geschehen und sie können sich wiederholen (oder tun das teilweise sogar). Deswegen finde ich es gut, wenn bestimmte Ereignisse eben auch reflektiert und mit stärkerem Bezug auf uns heute immer wieder debattiert und besprochen werden. Auch wenn es nerven kann, vor allem, wenn man sowas "eh nie tun würde".

  • Das denk ich auch. Es ist wichtig zu erfahren, wie die politische Lage und gesellschaftliche Struktur damals ausgesehen hat, um zu erkennen, wenn sich die Gesellschaft wieder in eine solche Richtung entwickelt und das tut sie. Eben nicht mit Konzentrationslagern, aber indem man Menschen zum Beispiel im Mittelmeer ertrinken lässt und eine alarmierende Rate an Menschen gewisse Kommentare dazu ablässt.


    Natürlich versteht man auch ohne Wissen über Nationasozialismus, dass das inhuman und eines der fürchterlichste Dinge ist, die Menschen hervorbringen können. Wenn manchmal darüber nachdenkt, erscheint der gesamte Nationalsozialismus wie eine sehr surrealer Dystopieerzählung und dann sieht man davon so viel echtes Material. Wenn du Kindern das erste Mal zu erklären versuchst, was da geschehen ist, können viele es erstmal sehr schwer verstehen und müssen das lange sacken lassen. Also ja, jeder halbwegs sozialisierte und zur Empathie fähige Mensch weiß das von sich heraus, auch mit 9 oder 10.


    Der Nationalsozialismus jedoch hat die Menschen durch dem Gefühl von Gruppenzugehörigkeit, Autoritätshörigkeit und dem Erschaffen von Feindbildern dafür gesorgt, dass Menschen in der Masse Dinge tun, die sie ohne dieses System nie getan hätten und dementspechend manipuliert wurden ihre Opfer nicht mehr als Menschen, sondern als parasitische Wesen wahrzunehmen ohne die man besser dran wäre.


    Ich glaube auch nicht, dass die Menschen grundlegend "gut" sind, wie Jolt gesagt hat, sondern ... irgendwo mittig? Zumal das von dem jeweiligen Erbgut, Epigenetik, Umfeld, Erziehung und co. abhängt und es eigentlich erwiesen wie viele dieser Faktoren mitreinspielen. Die Frage ist nur noch wie diese zusammenspielen.


    Klar, schuldig fühl ich mich nun auch nicht, aber diese Erinnerungen sollen in der Schule aufklären, wie es dazu gekommen ist und wie man das verhindern kann.

    Wenn man Leute so spontan fragen würde: "Würdest du Menschen tödliche Stromschläge verpassen, weil es dir befohlen wurde?", fragen die sicher auch, was das denn soll, solange bis man dortsitzt und es vielleicht doch tun würde. Die Leute sagen immer sie würden nie dies und jenes, bis sie es vielleicht doch tun.

  • In meinen Augen dient die Erinnerungskultur - und ja, ich lehne Schuldkultur ab, weil ich auch denke, dass man nachkommenden Generationen nicht die Schuld auferlegen sollte - unserer Bildung und Sensibilisierung und sagt einfach aus, dass man schneller in solchen gesellschaftlichen Situationen landen kann, als man glauben möchte.

    Stimme dem grundsätzlich zu, wobei der Begriff Schuldkultur und die einhergehenden Implikationen meiner Meinung nach von vielen völlig falsch aufgefasst werden. Viele fühlen sich direkt angegriffen, so als würde man ihnen vorwerfen (Mit)schuld an den Ereignissen zu tragen, was natürlich nicht der Zweck ist. Viel mehr geht es doch darum, dass unserer und den folgenden Generationen ins Bewusstsein gerufen wird, dass unsere Nation für ein schreckliches Verbrechen an der Menschheit die Schuld trägt. Und ja, insofern tragen wir auch eine Verantwortung für Aufklärung zu sorgen; dafür zu sorgen, dass so etwas nicht nochmal geschieht und ein Bewusstsein dafür bei uns und unseren Mitmenschen zu entwickeln, auch wenn wir selber keine Schuld an den Ereignissen tragen. An der Stelle reicht es dann auch nicht sich auf den gesunden Menschenverstand zu berufen, wie uns die Geschichte immer wieder gezeigt hat und auch in Zukunft zeigen wird.


    Man muss nicht mal weit gucken, um zu sehen, was passiert, wenn die Aufarbeitung ausbleibt. Stichwort Spanien. Nach Ende von Francos Diktatur wurde es quasi zum unausgesprochenem Gesetz, das Ganze einfach totzuschweigen. Die Verbrechen blieben aufgrund des Amnestiegesetzes ohne Strafe. Im ganzen Land lassen sich Denkmäler zu Ehren Francos finden. Erst letztes Jahr wurde begonnen, die Überreste der Opfer aus den etlichen Massengräbern zu exhumieren und zu identifizieren. Dann kommt dort noch das Erstarken der Rechten dazu, die - wenig überraschend - sich ganz offen pro-Franco zeigen.

  • Geschichte sollte niemals ignoriert werden.. Ich sage nicht, vergesst was war.. wir sind alle anständig genug damit sowas nicht wieder passieren könnte.. Das wäre dann vermutlich die naivste und ignoranteste Haltung die man einnehmen könnte.

    Das Thema lässt sich von so vielen Seiten auseinander nehmen, dass ich mich gerade fast ein bisschen überfordert fühle dass in einem kompaktem Post zu behandeln.


    Cassandra


    Ich würde gern dein Beispiel mit dem Mittelalter aufgreifen. Ich mach da gerade tatsächlich keinen so großen Unterschied.. Für mich sind Nationalsozialismus und das dunkle Mittelalter ähnlich surreal. Ich bin mir aber nicht sicher ob das ein Fehler oder die richtige Einstellung dazu ist. Klar.. der Nationalsozialismus liegt nicht ganz so weit zurück.. aber das ist auch der einzig wirklich große Unterschied und bringt mit sich, dass wir uns in unserer Kultur nicht ganz so weit davon entfernt haben, wie von der im Mittelalter.. und eine Wiederholung in der Theorie naheliegender ist.

    Vielleicht ist es in der Praxis aber auch genau anders rum.. Was wir deutlicher vor Augen haben lässt sich besser vermeiden.. Schwer zu beantworten.


    Aber zwischen "lasst uns unsere Geschichte nicht vergessen" und "erinnert alle Deutschen immer wieder daran dass ihr Opa ein Nazi war" liegt erstmal jede Menge Raum. Für mich ist es auch ehrlich gesagt komplett irrelevant dass diese Geschichte von "meinen Landsleuten" ausging. Weil ich mich wie schon erwähnt absolut nicht mehr damit identifiziere. Wäre das am anderen Ende der Welt passiert wäre das genauso tragisch.. Nur dass wir uns weniger damit beschäftigen würden.. Vielleicht liegt da viel eher das Problem. Wie Bastet zB sagt.. im Mittelmeer werden Menschen ertränkt.. das ist viel aktueller, und nicht weniger schlimm.. Wenn man wirklich für was einstehen will, soll man den Menschen helfen denen jetzt noch geholfen werden kann, anstatt sich immer wieder mit gelutschten Drops zu beschäftigen. "Wo" Menschenrechte verletzt werden, is nämlich völlig Schnuppe.. Es sind ja schließlich Menschenrechte.. und nicht Deutsche Rechte. Die Gräueltaten die in Deutschland in der Nazizeit geschehen sind, sind ja nichtmal annähernd die schlimmsten historischen Ereignisse. Das soll sie nicht trivialisieren.. Aber anders als Bastet glaube ich nicht, dass die Welt sich wieder in eine derartige Richtung entwickelt, sondern viel mehr dass es nie anders war. Wir hatten in Deutschland jetzt ein lange Friedensperiode.. Aber sah das überall auf der Welt so aus? Ganz sicher nicht..


    Die größte und positivste Entwicklung die wir diesbezüglich gemacht haben, sind jedem zugängliche Medien.. Das macht verdammt viel aus. Wo geht es den Menschen aktuell am schlechtesten? In Ländern in denen das Internet zB stark zensiert wird. Am Einfachsten ist es Menschen zu unterdrücken, wenn man das in aller Ruhe machen kann, ohne dass es die ganze Welt mitbekommt. Das heißt zwar nicht, dass es anders unmöglich wäre.. Ich meine Menschen ertrinken im Mittelmeer obwohl wie alle davon wissen.. Aber es ist doch ein gewaltiger Vorteil..


    Aber auch Aufgeklärtheit ist nicht alles. Viele Menschen sind damals nicht mit der systematischen Tötung von Juden konform gegangen. Manchmal kommt es so rüber, als fand ganz Deutschland das knorke. Das ist natürlich völliger Blödsinn. Und selbst die die daran beteiligt waren, fanden das nicht immer (vermutlich sogar fast nie) gut. Wenn du aber vor die Wahl gestellt wirst: Tu was wir von dir verlangen, oder du und deine Liebsten sind die nächsten" und du keine wirkliche Option hast dem zu entgehen.. Dann machst du mit.. ganz einfach.


    Ich bleibe dabei.. die Menschen vergessen auch ohne Mahnmal nicht was passiert ist. Das viel größere Problem ist Lethargie.. Und davon können sich die wenigsten von uns frei machen.. Wir alle haben unsere Meinung und finden dies und das ganz ganz schlimm.. Aber wieviele von uns tun wirklich was dagegen um die Missstände die sie so empören zu ändern?



    Ich glaube einfach nicht dass es viel ändert uns etwas immer wieder vor Augen zu halten. Selbst wenn das passiert.. der Durchschnittsbürger wäre trotzdem nicht in der Lage das rechtzeitig zu erkennen, weil da viel mehr Einflüsse mit reinspielen als ein normalsterblicher im Blick haben kann. Und selbst wenn er könnte.. könnte er es immer noch nicht aufhalten. Da müssen wir ganz wo anders ansetzen als immer wieder den Zeigefinger zu heben.

  • Für mich ist es auch ehrlich gesagt komplett irrelevant dass diese Geschichte von "meinen Landsleuten" ausging. Weil ich mich wie schon erwähnt absolut nicht mehr damit identifiziere. Wäre das am anderen Ende der Welt passiert wäre das genauso tragisch.. Nur dass wir uns weniger damit beschäftigen würden.. Vielleicht liegt da viel eher das Problem.

    Wenn wir unsere eigene Geschichte nicht aufarbeiten, wer wird es dann tun? Es ist natürlich einfach sich aus der Verantwortung zu ziehen und sich von den Geschehnissen abzugrenzen. Aber letztendlich liegt auf uns als Nation immer noch eine moralische Verantwortung, auch wenn du dich nicht mit den "Landleuten" von damals identifizierst, was wohl mittlerweile auf so gut wie jeden von uns zutrifft.

    Wie Bastet zB sagt.. im Mittelmeer werden Menschen ertränkt.. das ist viel aktueller, und nicht weniger schlimm.. Wenn man wirklich für was einstehen will, soll man den Menschen helfen denen jetzt noch geholfen werden kann, anstatt sich immer wieder mit gelutschten Drops zu beschäftigen.

    Was hat das eine mit dem anderen zu tun? Die eigene Geschichte aufzuarbeiten bedeutet nicht, dass wir aufhören uns mit aktuellen Problematiken auseinanderzusetzen. Im Gegenteil, sich mit "gelutschen Drops" zu beschäftigen, dient ja schließlich auch dem Zweck, Tragödien in der Form überhaupt erst zu verhindern bzw. besser zu bewältigen.

    Ich bleibe dabei.. die Menschen vergessen auch ohne Mahnmal nicht was passiert ist. Das viel größere Problem ist Lethargie.. Und davon können sich die wenigsten von uns frei machen.. Wir alle haben unsere Meinung und finden dies und das ganz ganz schlimm.. Aber wieviele von uns tun wirklich was dagegen um die Missstände die sie so empören zu ändern?

    Es ist natürlich leicht es als selbstverständlich anzusehen, dass wir so kritisch mit unserer Vergangenheit umgehen können (siehe Beispiel Spanien). Aufarbeitung bzw. Schuldkultur soll in ihrem Kern ja dieser Lethargie entgegenwirken und ist von daher doch ein möglicher Lösungsansatz für das von dir geschilderte Problem.

    Ich glaube einfach nicht dass es viel ändert uns etwas immer wieder vor Augen zu halten. Selbst wenn das passiert.. der Durchschnittsbürger wäre trotzdem nicht in der Lage das rechtzeitig zu erkennen, weil da viel mehr Einflüsse mit reinspielen als ein normalsterblicher im Blick haben kann. Und selbst wenn er könnte.. könnte er es immer noch nicht aufhalten. Da müssen wir ganz wo anders ansetzen als immer wieder den Zeigefinger zu heben.

    Eben das ist doch der Sinn einer Aufarbeitung und genau dort setzt sie auch an. Man muss sich damit auseinandersetzen, wie die politischen und gesellschaftlichen Strukturen damals aussahen und welche Faktoren im Spiel waren, die die Ereignisse überhaupt erst ausgelöst haben. Deswegen wird auch der Zweite Weltkrieg u.a. so intensiv in den Schulen behandelt. Zu behaupten, als "Normalsterblicher" könne man am politischen Geschehen sowieso nichts ändern, ist dann viel mehr Teil des Problems.

  • Vielleicht arbeiten wir das ja falsch auf? Ich mein, Jolt ist sicher nicht der erste und einzige Mensch, der sich von dieser "Aufarbeitung" wohl mehr abgeschreckt als motiviert fühlt, die Ereignisse genauer zu betrachten. Ich glaube, auch Bastet hat mal ähnliches kritisiert, vor ein paar Jahren(?)

    Hat man euch in der Schule eigentlich je gesagt, warum das so präsent gemacht wird? Wird versucht, Parallelen mit jetzt und damals zu ziehen und Lösungsansätze erarbeitet? Also wirklich das Gefühl gegeben, dass wir die Vergangenheit aktiv nutzen, um etwas zu verändern, nicht, um uns zu belasten? Ich stehe dem vielleicht grundsätzlich anders gegenüber, da ich auch nicht nur Deutsche bin und auch meine deutsche Familie nicht in Deutschland aufgewachsen ist, aber ich kann mir vorstellen, dass es vielleicht auch eher bedrückend näher gebracht wird und nicht als Chance, es in Zukunft besser zu machen. Habe es zumindest oft erlebt, wie mit einem genervten Seufzer das Thema angegangen wurde, während ich das eigentlich eher spannend fand.


    Aber was wäre denn ein Ansatz, um diese negativen Wahrnehmungen zu mildern und die Geschichte gleichzeitig präsent zu reflektieren? Kann man das überhaupt anders angehen, um beiden "Seiten" (ich nenne das mal so, auch wenn man hier ganz klar viele verschiedene Perspektiven haben kann) entgegen zu kommen? Es wurde ja auch gesagt, dass man andere schlimme/re Ereignisse nicht vergessen darf. Würde es denn was bringen, wenn diese genauso intensiv behandelt werden? Ich kann mir zumindest gut vorstellen, dass eine intensivere Behandlung der Kolonialzeit und ihren Konsequenzen nicht schlecht wäre. Oder kommt da irgendwann genau die gleiche Reaktion und alle sind nur noch genervt, weil das bis heute Konsequenzen hat und man die Vergangenheit nicht ändern kann?

  • Zitat von Jolt

    Wie Bastet zB sagt.. im Mittelmeer werden Menschen ertränkt.. das ist viel aktueller, und nicht weniger schlimm.. Wenn man wirklich für was einstehen will, soll man den Menschen helfen denen jetzt noch geholfen werden kann, anstatt sich immer wieder mit gelutschten Drops zu beschäftigen. "Wo" Menschenrechte verletzt werden, is nämlich völlig Schnuppe.. Es sind ja schließlich Menschenrechte..

    Ja natürlich, so war es auch gemeint, aber halt nicht ganz? Die Leute, die sich darüber freuen, dass Menschen im Mittelmeer ertrinken, sind nunmal rechtsextrem und es wirken ähnliche Mechanismen auf die Menschen wie damals. Dass man das durch den Geschichteunterricht bereits in der Schule erkennt, ist eben wichtig.


    Da kann man nicht sagen, man sei bloß ein "Durchschnittsmensch" und machtlos. Das ist etwas, das von oben herab erzählt wird und sich die Leute dann gegenseitig auch noch einreden. Sicher sind einem in vielen Dinge die Hände gebunden, aber gerade wenn es darum geht, dass man nicht den Kopf einzieht und nie was erwidert oder dagegen tut, sind sie es nicht immer. Und wenn man bloß mitbekommt, dass auf der Straße jemand rassistisch oä beschimpft wird und man etwas dazu sagt. Oder sich eben im Internet bemerkbar macht und auf gewisse Zustände hinweist, da du bereits angesprochen hast, weshalb Diktaturen die Internetverbindung kappen: wenn Augenzeugen und Opfer Szenen mit ihren eigenen Handys filmen können, bekommt der Rest der Welt nicht nur die Propaganda zu sehen, die die jeweilige Regierung zeigen will.


    Zitat von Jolt

    Aber anders als Bastet glaube ich nicht, dass die Welt sich wieder in eine derartige Richtung entwickelt, sondern viel mehr dass es nie anders war. Wir hatten in Deutschland jetzt ein lange Friedensperiode.. Aber sah das überall auf der Welt so aus? Ganz sicher nicht..

    Die gesamte westliche Welt erlebt eben schon seit langem einen Rechtsruck, nicht nur Deutschland und da in den kommenden Jahrzehnten noch viel mehr Flüchtlinge aufgrund von Umweltkatastrophen zu uns kommen können, wodurch die Leute noch mehr aufgehetzt werden, eben damit sie nach unten ausschlagen und nicht nach oben.


    Cassandra

    Ja, wir hatten da in manchen Klassen kaum etwas anderes gemacht und im Nachhinein ärgert es mich auch irgendwie, dass wir dafür wirklich nie vom Massaker zwischen Serbien und Albanien (das haben wir erst durch dine serbische Freundin erfahren, die es von ihrer Oma weiß, und die sind nunnauch keine objektiven Berichterstatter) und andere Ereignisse wie Ruanda, wie die Apartheit und Indien ablief etc. mitbekommen haben. In der Unterstufe haben wir vieles andere recht stiefmütterlich behandelt, dann braucht es wohl im Gesamten mehr Geschichtsstunden. In der Oberstufe waren diese noch in Geschichte und Zeitgeschichte aufgeteilt und da war der Unterricht halt auch nicht trocken oder eben... zuerst circa zwei Jahre Antike, dann ein schneller Ritt durch die ganze Geschichte zu den Nazis, da sind wir Ewigkeiten geblieben, und dann ein schneller Ritt bis zum Vietnamkrieg und co.

  • Wenn wir unsere eigene Geschichte nicht aufarbeiten, wer wird es dann tun? Es ist natürlich einfach sich aus der Verantwortung zu ziehen und sich von den Geschehnissen abzugrenzen. Aber letztendlich liegt auf uns als Nation immer noch eine moralische Verantwortung, auch wenn du dich nicht mit den "Landleuten" von damals identifizierst, was wohl mittlerweile auf so gut wie jeden von uns zutrifft.


    --


    Was hat das eine mit dem anderen zu tun? Die eigene Geschichte aufzuarbeiten bedeutet nicht, dass wir aufhören uns mit aktuellen Problematiken auseinanderzusetzen. Im Gegenteil, sich mit "gelutschen Drops" zu beschäftigen, dient ja schließlich auch dem Zweck, Tragödien in der Form überhaupt erst zu verhindern bzw. besser zu bewältigen.

    Doch.. es hat irgendwo was miteinander zu tun. Ich glaube nicht, dass sich heute niemand mehr damit identifiziert.. Vielleicht nicht bewusst.. aber in vielen Deutschen steckt das noch..

    Eine kleine Anekdote aus meiner Schulzeit.

    Tommy und Murat (Namen ausgetauscht und frei erfunden^^) hatten eine Prügelei auf dem Schulhof. Murat hat Tommy wirklich aufs übelste beleidigt und provoziert. Tommy vermöbelt Murat. Vermöbeln ist sogar das falsche Wort.. beide haben sich ziemlich heftig geprügelt.. es war nichtmal ein "Opfer" auszumachen. Das ganze hat riesen Wellen geschlagen. Es gab sogar einen extra Elternabend an dem Schüler, Eltern und mehrere Lehrer anwesend waren. Worauf das hinaus lief war am Ende ziemlich deutlich..Es geht garnicht dass ein Deutscher einen Ausländer schlägt.

    Als dann mit Worten wie Gleichheit und Akzeptanz um sich geworfen wurde, hat Tommys Vater, der zugegeben ein ziemlicher Proll war, sowas gesagt wie:

    "Gleichheit und Akzeptanz haben wir dann wenn ich einem Ausländer aus den selben Gründen aufs Maul hauen darf wie einem Deutschen! "

    Das hat dann für noch viel mehr Empörung gesorgt. Aber ganz ehrlich.. so völlig Unrecht hat er da nicht..


    Wir müssen nicht drüber sprechen, dass Gewalt nie die Lösung sein sollte. Aber die Tatsache dass das nie derart ausgeartet wäre, wenn Murat nicht Murat, sondern Paul gewesen wäre sagt einiges darüber aus wie sehr wir uns noch immer mit unserer Geschichte identifizieren.. zumindest viele von uns. Das Thema hat plötzlich alle betroffen.. jeder musste aktiv werden und seinen Senf dazu geben...


    Aber was denkst du wieviele Leute die an dem Abend in der Klasse saßen und sich vor Empörung fast überschlagen haben, sich heute aktiv um ertrinkende Flüchtlinge im Mittelmeer kümmern? Denn das betrifft sie nicht.. Und deswegen sagte ich, es ist mir Latte ob der Nationalsozialismus von meinen Landsleuten ausgeht.. für mich war der keine größere Katastrophe als ertrinkende Flüchtlinge nur weil ich zufällig ins gleiche Land geboren wurde...


    Wenn wir unsere eigene Geschichte nicht aufarbeiten, wer wird es dann tun?

    Der Rest der Welt macht das doch mit geiferndem Elan^^

  • Der Rest der Welt macht das doch mit geiferndem Elan^^

    Nein, eigentlich sogar sehr mangelhaft und wenig. Wie kommst du denn darauf, dass global unsere Geschichte aufgearbeitet wird? Die Leute wissen nur davon und manch einer hat Vorurteile, aber aufgearbeitet wird da nichts. Ähnlich wie wir kaum die Geschichten anderer Länder wirklich aufarbeiten, sondern nur kurz durchnehmen. Zum Beispiel eben Apartheit oder diverse Völkermorde. Eigentlich furchtbar, wenn man darüber nachdenkt, weil solche Dinge dadurch eher zu einem "Klischee anderer Länder" werden, anstatt dass man sich bewusst wird, dass das leider keine Ländergrenzen kennt.

  • Nein, eigentlich sogar sehr mangelhaft und wenig. Wie kommst du denn darauf, dass global unsere Geschichte aufgearbeitet wird?

    Du hast Recht. Aufarbeitung ist hier das völlig falsche Wort. Leider aber auch bezogen auf uns selbst. Ich würde unseren Umgang mit dem Thema eben auch nicht unter "sinnvolle Aufarbeitung" einordnen, so wie es gehandhabt wird.

  • https://www.n-tv.de/politik/Um…VpAbE2qD2eT0IyDRxPWIRQzZU



    Für manche Menschen, die der AFD nahe stehen, ist der Holocaust nicht so schlimm, wahlweise halten sie das für eine Notwendigkeit.

    Was die ganzen Errinnerungen daran angeht, halten sie für eine Belastung und sei nicht mehr notwendig.

    Das ist jetzt zu salopp erklärt, umfasst aber grob die Antworten/das Ergebnis der Umfrage.


    Meine Meinung ist, ich kann nicht genug kotzen, wie ich gern würde.

    Soviel Schwachsinn habe ich selten gelesen.

    Ich verstehe schlicht nicht wie man sowas glauben kann, das ist für mich unbegreiflich.

    Es grenzt schon an manische Besessenheit und Geschichtsunverständlichkeit.

    Der Sieger schreibt die Geschichte, das ist normal.

    Es gibt Leute, die meinen, der Holocaust sei notwendig gewesen. 6 Millionen sind gestorben, nein, wurden gezielt ermordet. Mord ist nienals notwendig, auch nicht aus damaligen historischen Gründen der allgemeinen Konsens der Gesellschaft. Es gab damals Judenhass. Hitler nutze das aus und erschuf ein Feindbild, der böse Jude. Dem hatten sie auch einiges angehängt wie die Niederlage im ersten Weltkrieg oder dem schwarzen Freitag 1929. Man hat damals die Juden mit Ratten verglichen.

    Ehrlich gesagt finde ich sowas erschreckend.

  • Hat man euch in der Schule eigentlich je gesagt, warum das so präsent gemacht wird? Wird versucht, Parallelen mit jetzt und damals zu ziehen und Lösungsansätze erarbeitet?

    Das ist in meinen Augen, wo der Hund begraben liegt: Denn nein. Nein, haben wir nicht. Wir haben zwar behandelt, dass die NSDAP schnell an Stimmen gewonnen hat wegen dem Kram aus WWI und allem - aber mehr nicht. Wir haben nicht über die Stimmung im Land gesprochen, wir haben nicht über die "einfachen Leute" gesprochen, wir haben nicht über Stammtischmeinungen gesprochen, wir haben nicht über die Finanziere der NSDAP gesprochen und darüber, wie diese sich Profit davon versprochen haben, und auch nicht über Propaganda und den Begriff Lügenpresse. Auch all die anderen Dinge, die dazu geführt haben, dass nach der Machtergreifung ein Großteil der Bevölkerung hinter Hitler und Konsorten stand wurde nicht behandelt. Ja, so ein vages "Nazi-Jugend = Gehirnwäsche" kam schon vor, aber das war's. Und wir haben an unserer Schule wirklich das Thema Ad Nauseum behandelt. Und doch eben nur oberflächlich.


    Und genau darin sehe ich das Problem. Wären die Leute besser aufgeklärt, würden sie sehen, wie viele Parallelen es gibt zwischen der AfD und der NSDAP. Zwischen Trump und Hitler. Denn diese Parallelen sind nun einmal da.


    Denn ja: Wir wissen alle, dass die Camps schlimm waren. Das muss uns niemand sagen. Viel wichtiger ist es darüber zu sprechen, wie es sein konnte, dass die Leute weggeschaut haben, dass doch am Ende so viele den Nazis zugejubelt haben.


    Ich finde es dahingehend auch ironisch, dass hier das Beispiel "Aber im Mittelmeer ertrinken Leute" aufgebracht wird. Genau deswegen ist es eigentlich so wichtig, darüber zu sprechen, was damals tatsächlich passiert ist - denn ja: Flüchtlinge hatten damals auch damit zu tun. Würden wir darüber aufgeklärt werden, würde man auch da zusammenhänge sehen und wie diese Flüchtlinge mit Propaganda entmenschlicht werden, um so verteidigen zu können, dass man sie sterben lässt.

  • Ich finde es dahingehend auch ironisch, dass hier das Beispiel "Aber im Mittelmeer ertrinken Leute" aufgebracht wird. Genau deswegen ist es eigentlich so wichtig, darüber zu sprechen, was damals tatsächlich passiert ist - denn ja: Flüchtlinge hatten damals auch damit zu tun. Würden wir darüber aufgeklärt werden, würde man auch da zusammenhänge sehen und wie diese Flüchtlinge mit Propaganda entmenschlicht werden, um so verteidigen zu können, dass man sie sterben lässt.

    Das hab ich aufgebracht und war gar nicht ironisch gemeint, sondern so, wie du es beschreibst:


    Zitat von Bastet

    Das denk ich auch. Es ist wichtig zu erfahren, wie die politische Lage und gesellschaftliche Struktur damals ausgesehen hat, um zu erkennen, wenn sich die Gesellschaft wieder in eine solche Richtung entwickelt und das tut sie. Eben nicht mit Konzentrationslagern, aber indem man Menschen zum Beispiel im Mittelmeer ertrinken lässt und eine alarmierende Rate an Menschen gewisse Kommentare dazu ablässt.

    ...

    Die Leute, die sich darüber freuen, dass Menschen im Mittelmeer ertrinken, sind nunmal rechtsextrem und es wirken ähnliche Mechanismen auf die Menschen wie damals. Dass man das durch den Geschichteunterricht bereits in der Schule erkennt, ist eben wichtig.

    Jolt hatte das anders aufgefasst.

  • . Für mich sind Nationalsozialismus und das dunkle Mittelalter ähnlich surreal. Ich bin mir aber nicht sicher ob das ein Fehler oder die richtige Einstellung dazu ist. Klar.. der Nationalsozialismus liegt nicht ganz so weit zurück.. aber das ist auch der einzig wirklich große Unterschied und bringt mit sich, dass wir uns in unserer Kultur nicht ganz so weit davon entfernt haben, wie von der im Mittelalter.. und eine Wiederholung in der Theorie naheliegender ist.

    Vielleicht ist es in der Praxis aber auch genau anders rum.. Was wir deutlicher vor Augen haben lässt sich besser vermeiden..

    Finde ich auch, denn allein schon der Begriff "Nationalsozialismus" lässt sich schwer fassen. Man kann die Ideologie irgendwo beschreiben, aber diese ist keine Zusammenfassung der Nazi-Zeit, des Weltkriegs oder der Taten von damals.

    im Mittelmeer werden Menschen ertränkt.. das ist viel aktueller, und nicht weniger schlimm..

    Die Gräueltaten die in Deutschland in der Nazizeit geschehen sind, sind ja nichtmal annähernd die schlimmsten historischen Ereignisse. Das soll sie nicht trivialisieren.. Aber anders als Bastet glaube ich nicht, dass die Welt sich wieder in eine derartige Richtung entwickelt, sondern viel mehr dass es nie anders war. Wir hatten in Deutschland jetzt ein lange Friedensperiode.. Aber sah das überall auf der Welt so aus? Ganz sicher nicht..

    Ich glaube so lässt sich das nicht beschreiben und auch nicht so sagen, denn das sind Vergleiche, die nicht angemessen sind. Man sollte nicht das eine Leid mit dem anderen vergleichen. Denn Leid kann man schlecht Messen. Man kann zwar Tote messen und Verletzte, also Menschen, aber Leid lässt sich nur umschreiben. Daher lässt sich auch nicht die Nazi-Zeit mit der Flüchtlingskrise vergleichen.


    Irgendwo stimmt es. Die Sache von damals wird sich nicht wiederholen, so schlau ist man, wenn man Geschichtsunterricht gehabt hat. Aber das meint auch keiner. Denn in der heutigen Zeit mit unserem Stand an Technologie, Globalisierung, Entwicklung und so weiter, kann die Situation von damals schlecht wieder geschehen. Wenn etwas ähnlich schlimmes passieren würde, würde es deshalb anders ablaufen. Vielleicht ähnlich, aber das wird erst im Nachhinein festgestellt werden können. Und genau deshalb ist es wichtig sich über die Vergangenheit Gedanken zu machen und darüber zu reflektieren. Denn Geschichte wiederholt sich, aber immer abgewandelt und an die Zeit angepasst. Damals geschah es schleichend. Es wurden damals nicht plötzlich Juden ermordert und Krieg angezettelt. Das hatte alles seinen Hintergrund und seinen Vorgang, genau wie alles andere auch. Daher gilt es solche Tendenzen zu erkennen, mit Blick auf die Vergangenheit und Geschichte, damit man solche Geschehnisse zeitnah verhindern kann. Es ist nur fraglich, ob man das schafft. Aber ohne einen ausreichenden, geschichtlichen Hintergrund wohl kaum.

  • Damals geschah es schleichend. Es wurden damals nicht plötzlich Juden ermordert und Krieg angezettelt. Das hatte alles seinen Hintergrund und seinen Vorgang, genau wie alles andere auch.

    Eben. Auch Juden wurden nicht von heute auf morgen in ein KZ gezerrt. Zuerst hat man den Antisemitismus aufgegriffen, der vorher schon da war und ein Klischee erbaut, das eine minderwertigere Menschengruppen aus hässlichen Gestalten, die dir nur Böses wollen, aufgebaut hat. Eben mitsamt der auch heute beliebten Verschwörungstheorien, die damals aussagten, dass die Juden die Welt beherrschen wollten. An sich müssten die Menschen ja an den Juden in ihrer Nachbarschaft gesehen haben, dass diese eben nicht so aussehen und wirken wie auf den verunstalteten Plakaten. Sollte man halt meinen, taten sie aber nicht.

    Darauf folgte, dass die Lebensgrundlage von Juden zerstört wurde, indem man auch ihre Geschäfte finanziell vernichtete und Arbeitsstellen einen Ariernachweis forderten, dass sie am normalen Leben bald nicht mehr teilhaben konnten und nicht "bloß" einen Nachweis benötigten, sondern nun aktiv gebrandmarkt wurden, um ausgeschlossen und angegriffen werden zu können. Erst nach einer langen Kette an solchen Ereignissen, folgten dann die Pogromnacht und schließlich KZs.


    Ich finde das Schrecklichste daran ist, wie berechnend und systematisch die Bevölkerung in die, von den Nazis gewünschte, Richtung manipuliert wurde und da war nichts dem Zufall überlassen. Es gab sogar Brettspiele, in denen Juden als Feinde auftraten, diese typischen Heimatfilme wurden gedreht, um den Deutschen und Österreichern ihr wunderschönes Land zu zeigen, und typische "arische" Männer und Frauen. Kino und Radio wurden immer beliebter und damit Propaganda verbreitet.

    Es wurden von Kleinkindalter auf, Kinder in diese Ideologie getrimmt und an das System mit positiven Erlebnissen gebunden und Frauen als Geburtsmaschinen angesehen. Die Kinder und Jugendlichen aus etwas oder sehr viel ärmeren Familien fanden es großartig im Sommer fortzufahren, weil das eben viel Spaß und drei Mahlzeiten am Tag versprach.

    Die ganze Manipulation und der Wahn führte bis zu einer abstrusen Pseudoreligion und Anbetung der Germanen und "Arier" als Perfektion des Menschseins und als Gegenpol gegenüber den schlechteren Menschen zweiter Klasse, ob nun Juden oder andere verfolgte Gruppen.


    Wenn man nun ähnliche Gesinnungen in heutigen Parteien erkennt und ähnliche Propagandasprache auf Wahlplakaten findet, ist es wichtig einen Vergleich zu damaligen Propagandamethoden herstellen zu können.

    Irgendwann, schon länger her wie man auch am Artikel erkennen kann, ist ich auch einen FPÖ Comic ins Haus geflattert. Ich glaube, kurz nachdem ich 16 und demnach wahlberechtigt war. Dürfte mit dem Jahr recht gut hinkommen.

    Der hat mich unglaublich auf die Palme gebracht (wieso seht ihr in dem Artikel unten) und ich hab ihn leider mit einem netten Brief zurückgeschickt. Hätte ihn vielleicht aufheben und ebenfalls auf eine Social Media-Plattform hochladen sollen oder so. Jedenfalls haben meine Schulkolleginnen ihn behalten, ihn in die Schule gebracht und als Klasse, mit Unterschriften unserer Lehrer, haben wir da auch noch nette Zeilen für die FPÖ gefunden. Sprich ein legal formuliertes "fuck you very, very much" mit einer Formulierung, die man nicht verklagen kann. Sowas bringt sich leider nicht viel, da sowas bei der FPÖ bestimmt im Rundordner landet, aber auf Social Medias sehr bekannte Hashtags hervorbringen kann.

    https://www.google.at/amp/s/amp.diepresse.com/597170

    Zitat

    In einem Comic der Wiener FPÖ wird ein Bub aufgefordert, "Mustafa" mit der Steinschleuder eine "aufzubrennen".



    Man nimmt zwar nicht an, dass die Rechten in Europa und den USA einen systematischen Massenmord an einem Volk planen, aber die Propaganda wird deshalb nicht weniger... naja Propaganda und sie ist heute ja nicht so viel anders als damals. Es wurden genauso wie heute die "einfachen Leute" und Arbeiter angesprochen. Es wurde auf Plakaten versprochen, die traditionellen Familien zu stärken. Es wird vor allem ein Feindbild und ein vereinfachter und herabwertender Stereotyp aufgebaut.

  • Mipha

    Hat das Label Gesellschaft hinzugefügt.