Diesen schönen Euphemismus muss ich mir merken. Wenn man das Stadion nicht voll kriegt, nennt man es einfach "Standortnachteil".
In den deutschen Ligen ist man offenbar schon so verwöhnt von der Stadionauslastung, dass es offenbar zur Erwartung wird, dass das Stadion voll wird. Alle, die daran schaffen, haben offenbar eine zu divenhafte oder zu kleine Fanbase. Wusste auch wieder keiner.
Die Bundesliga ist eine der bestbesuchtesten Ligen der Welt und eine solche starke Zuschauerleistung wie in Bayern oder Dortmund darf man einfach nicht als Vergleichsmittel für die kleineren deutschen Vereine anwenden, weil sie einen sehr Wohl Nachteile haben und im Vergleich zu Mannschaften auf gleicher Höhe in anderen Ländern immer noch eine recht passable Zuschauerzahl mitbringen. Können wir bitte von dieser Erwartungshaltung wegkommen, die die Situation des Fußballs in der Welt nicht mal annäherungsweise repräsentiert, da sie lediglich England und Deutschland erfüllen? Und selbst da vielleicht nur die Hälfte der Topligen?
Und ja, es IST ein Standortanteil, keine Millionenmetropole wie Hamburg oder Berlin (über den Berliner Zuschauerschnitt in Relation zu anderen habe ich ja bereits die Unverhältnismäßigkeit berechnet) oder eben München zu sein. Das sind eben mehr Leute, das lässt sich nicht einfach von der Hand weisen.
Mal ein paar andere Zuschauerschnitte:
Bergamo: 16.000
Firenze: 26.000
Inter: 47.000
Juventus: 40.000
Milan: 40.000
Napoli: 36.000
Roma: 31.000
Lazio: 20.000
Sampdoria: 19.000
Paris: 45.000
Lyon: 39.000
Marseille: 40.000
Lille: 29.000
Nice: 22.000
Bordeaux: 23.000
Nantes: 23.000
Saint-Étienne: 28.000
Barcelona: 78.000
Real: 71.000
Atlético: 44.000
Bilbao: 41.000
Valencia: 34.000
Betis: 33.000
Sevilla: 33.000
Gijón (Platz 8!): 22.000
Bis auf England sieht das selbst in Frankreich, Spanien und Italien anders aus! Da wird über ein absolutes Luxusproblem geklagt, wenn ein Verein "nur" 30.000 Menschen mobilisieren kann. Ja, Rom hat auch einen Standortnachteil und der heißt in diesem Fall Lazio! Wenn es Lazio nie gegeben hätte, würden viele dieser Zuschauer Roma schauen. Es ist eben für viele Leute einfach nicht möglich, ein Bundesligaheimspiel regelmäßig besuchen, weil es mit Eintrittspreisen und Fahrtkosten sowie der Zeit damit verbunden ist. Fünf Stunden für eine Fahrt ohne Auto mit der völlig überteuerten deutschen Bahn? Werde ich für Hoffenheim vielleicht irgendwann einmal im Leben machen, aber ansonsten doch eher nicht. Aus dem Metropolgebiet München oder Dortmund ist die Anreise für sehr viele Menschen bereits ein kaum vorhandener Faktor und genau solche Vereine mit großer Einwohnerzahl führen die Tabellen in den anderen Ländern auch AUSNAHMSLOS an.
Was ihr allerdings schreibt liegt weniger an den Vereinen selbst, sondern an den Standortnachteilen. Wer soll da denn alles kommen?
Meiner Meinung nach gibt es in der gesamten 2. Liga bis auf Lautern evtl, nicht einen einzigen Verein, dem das anders ergehen würde als den Bundesligisten, mit denen man sie in der heutigen Zeit vergleichen kann. Das sind 3-5 größere Namen, die für die Aufmerksamkeit etc sorgen, alles darunter hat massive Probleme in sämtlichen Bereichen...auch der eigenen Fanbase.
Ist in Frankreich genauso, da heißt dieses Lautern Racing Club de Lens, nachdem Strasbourg mittlerweile wieder zurück ist. 28.000 Zuschauer und damit doppelt so viel als jeder andere, selbst Traiditionserstligisten wie Metz und Nancy kommen bei einer Aufstiegssaison nur auf einen Schnitt rund um 15.000 Zuschauer wie beispielsweise momentan Bochum oder Duisburg, diese Ruhrpott-Städte besitzen dann allerdings auch das dreifache an Einwohnern (auch wenn da viele S04/BVB-Fans wohnen).
In der Relegation zur Ligue hat Zweitligist ESTAC Troyes durch ein Tor von Benjamin Nivet in der letzten Minute den FC Lorient zuhause mit 2-1 besiegt. In der Relegation zur Ligue 1 unterlag bereits vorgestern der Drittligist Paris FC zuhause gegen die US Orléans mit 0-1.