In diesem Thema habt ihr eine bestimmte Anzahl an Punkten zur Verfügung, die ihr den Texten im Tab "Abgaben" geben könnt. Dabei ist zu beachten, dass ihr nahezu frei wählen könnt, wie ihr die Punkte verteilt und welche Texte mehr Punkte als andere bekommen. Achtet jedoch darauf, dass ihr die Punkte, die euch zur Verfügung stehen, komplett ausschöpft. Votes, welche zu wenige oder zu viele Punkte enthalten, können leider nicht gezählt werden. Des Weiteren solltet ihr eure Punkte mindestens auf drei Texte verteilen, eure Wahl begründen und natürlich nicht für eure eigenen Texte voten.
Es ist außerdem hilfreich, euch das "How to vote-Topic" anzusehen. Schreibt ihr in dieser Saison besonders viele Votes, habt ihr die Chance auf Medaillen. Weitere Informationen findet ihr hier: Informationen und Regeln zu den Wettbewerben.
Wer neben den Votes noch weitere Kritik für sein Werk erhalten möchte, aber kein eigenes Thema erstellen möchte, der kann dies gerne in unserem Feedback-Thema für fertige Texte tun!
Zitat von AufgabenstellungDas Thema dieses Wettbewerbs lautet:
(Koordinatoren-)Wettbewerb
Schönheit, Anmut und Eleganz. All das verkörpern die Pokémon-Wettbewerbe, in denen sich Koordinatoren messen. Wer nicht in den Arenen um Orden kämpft, kämpft oft hier um Bänder. Eure Aufgabe ist es nun, einen solchen Wettbewerbskampf zu beschreiben. Ob ihr dabei die erste, die Vorführungs- oder die zweite, die Kampfrunde oder gar beide für euren Text auswählt, ist euch freigestellt. Wichtig ist nur, dass ihr mit euren Worten die Schönheit der Attacken der Pokémon beschreibt und den Leser damit verzückt.
Ihr könnt 6 Punkte verteilen, maximal 3 an eine Abgabe
ZitatAlles anzeigenID: [DEINE USERID]
AX: X
AX: X
Beispiel:
ID: 27258
A16: 3
A1: 5
A3: 1
A7: 1
A9: 2
Wenn ihr nicht wissen solltet, wie ihr eure ID herausfindet, könnt ihr dies unter anderem hier nachlesen.
Der Vote läuft bis Sonntag, den 21.06.2015, um 23:59 Uhr.
[tab=Abgaben]
Nervös spielte ich mit den Pokébällen in meinen Händen. Bis mein Name aufgerufen wird, würde wohl noch etwas Zeit vergehen. Diese elend lange Zeit hinter der Bühne, dieses Warten auf den großen Moment machte mich immer innerlich fertig. Auch die vergangenen Male schon.
Ich hielt den Ball in meiner Rechten in Augenhöhe, den großen weißen Knopf zu mir gewandt. Wie musste es erst meinen Pokémon gehen? Sie hatten schließlich den Löwenanteil bei diesem Wettbewerb übrig und die starke Konkurrenz machte es dabei nicht leichter.
„Ich freue mich nun, unsere nächste Kandidatin vorzustellen: Lumi aus der fernen Kalos-Region!“
Verdammt, das war mein Stichwort!
Eilig nahm ich zwei Stufen auf einmal zur Bühne hinauf und stolperte dabei fast, konnte mich aber noch halten. Während ich mit eiligen Schritten auf den offenen Teil zusteuerte, erzählte die Moderatorin Stella - wie konnte ein Mensch nur so eine penetrante Stimme haben? - noch mehr über mich. Herkunft aus Romantia, Kalos, als Nachwuchstalent nach Hoenn gereist und nun in Graphitport bereit, um das Band zu kämpfen.
„Das erste in Hoenn, nach drei Niederlagen“, fügte ich noch leise hinzu, wohl bewusst, dass mich keiner hören konnte. Wer hätte auch ahnen können, dass meine Reise so einen Verlauf nehmen würde. Die Menschen hier waren in den Wettbewerbskämpfen überaus begabt, als würden diese jeder Einzelne schon mindestens zwölf Jahre ausüben.
Während Stella noch weiter sprach, entließ ich meine beiden Pokémon aus ihren Bällen, damit sie sich vorbereiten konnten. Zu meiner Rechten materialisierte sich ein dunkelblauer Kater mit auffällig weißen Mustern, der sich kurz schüttelte und mich aus großen grünen Augen ansah. Sein Blick haschte jedoch gleich zu seiner Partnerin, die vom Aussehen wie das genaue Gegenteil wirkte, jedoch mit gelben Augen den Blick erwiderte.
Meine beiden Psiaugon, Saiko und Moxie. Da ich die beiden in meiner Heimat schon oft gemeinsam eingesetzt hatte, nannte man mich mittlerweile schon „Psiaugorgonin“. Manche Namenskreationen waren doch wirklich schräg.
Moxie machte die jubelnde Menschenmenge nicht viel aus und sie begann, sich mit einer Pfote im Gesicht zu putzen. Mich wunderte immer wieder, wie sie die Ruhe weg war. Ganz anders als Saiko, der nach einiger Zeit nervös wurde. Auch dieses Mal sah er sich hektisch um und konnte keinen Punkt fixieren - die Wettbewerbe in Hoenn waren eben doch noch einen Tick größer als in Kalos.
„Nur die Ruhe“, sagte ich sanft, während Stella ihre Rede beschloss und das Publikum noch einmal einen Applaus auf uns losließ. „Du schaffst das, ich glaub an dich!“
Saiko sah mich an und nickte kurz. Nachdem seine weitere Aufmerksamkeit Moxie galt, entfernte ich mich mit einem Lächeln von den beiden. Ich wusste: Heute würden sie es schaffen!
Die Menge beruhigte sich, die Lichter wurden auf die beiden Psiaugon gerichtet, die sich in einigem Abstand zueinander aufstellten. Sie waren beide angespannt, das spürte ich. Schließlich lag viel Training hinter diesem Auftritt. Ein Husten im Publikum; nicht weiter nennenswert. Ich wartete auf den richtigen Augenblick. War ich vielleicht sogar angespannter als meine Pokémon?
Moxie machte schlussendlich eine kleine Handbewegung.
„Los geht’s, Operation Disco Fe...!“, rief ich daraufhin etwas zu hastig, sodass ich mich unabsichtlich verschluckte. Meine Schützlinge wussten aber sofort, was zu tun war.
Moxie beschwor mit geübter Leichtigkeit einen bunt leuchtenden Strahl herauf, den sie in die Luft feuerte. Saiko machte sich unterdessen daran, unter mystischen, nicht verständlichen Lauten seine Zeit zu nutzen. Plötzlich wurde der Strahl abgelenkt, sehr zum Erstaunen des Publikums. Erneut. Und noch einmal!
Ich grinste. Die Ampelleuchte mit dem im Kampf anders verwendeten Schutzschild einzufangen war doch wirklich ein Geniestreich! In seiner Funktion umgekehrt - von außen war dieser hier nämlich sehr zerbrechlich, ganz im Gegensatz zu sonst - wirkte er wie eine kleine Kugel, die den Strahl beständig reflektierte und bunte Lichter in die Halle schickte. Das Publikum schien hingegen nicht mehr besonders begeistert davon. Einige gähnten zum Trotz. Na wartet nur.
„Möge die Vorstellung beginnen!“, ließ ich den beiden zukommen, bemerkte jedoch zu spät, dass Saiko Probleme mit dem Halten des Schutzschildes hatte. Ich biss mir auf die Lippen. Der Auftritt sollte sich nach und nach aufbauen - Improvisation war kaum möglich.
Moxie war es, die ihrem Partner zurief und ihn bei seiner Aufgabe unterstützte. Gemeinsam schafften sie es, dass die Form der Kugel stabil blieb. Ich atmete erleichtert auf. Glück gehabt! Die schnelle Reaktion von ihrer Seite war hervorragend und das machte sie auch im Kampf so wertvoll, da sie sehr selbstständig war.
Für einen kurzen Moment ließ sie wieder ab und richtete ihren Blick in Richtung der Scheinwerfer. Ihre Augen leuchteten kurz grün auf und mit einem Mal wurde ein Großteil der Wettbewerbshalle ins Dunkel getaucht. Durch die selbst gebaute Disco-Kugel konnte man erkennen, dass sich im Mittelpunkt der Bühne ein Nebel bildete. Ein Raunen ging durch die Menge; das war ihnen wohl nicht ganz geheuer!
Der Nebel tauchte die Halle in eine merkwürdige Atmosphäre. Fremd und doch vertraut, auf seine eigene Weise übernatürlich. Das bekam jeder Anwesende zu spüren und die Blicke der Zuseher verloren sich in dem Raum. Schlussendlich ertönte eine Stimme, so lieblich, wie eine Katze nur singen konnte. Alle Augen waren wieder auf die Bühne gerichtet, auf der sich nun Moxie befand, von einem einzelnen Scheinwerfer beleuchtet und unterstützt durch die bunten Lichter. Sie sang für ihr breites Publikum eine Weise. Es war nicht von Belang, worum sich diese drehte, da die ersten Leute bereits klatschten. In diesem Moment wusste ich, dass sie den schwierigsten Part geschafft hatten.
Saiko hatte nämlich unbemerkt Nebelfeld eingesetzt, um die Zuseher abzulenken. Das wiederum gab Moxie, die sich zuvor um die Lichter gekümmert hatte, die Chance, sich richtig zu positionieren und sämtliche Blicke auf sich zu lenken. Mit ihrer säuselnden Stimme lullte sie wirklich jeden ein - manchmal sogar mich, aber dazu war ich heute zu aufgeregt. Der wabernde Nebel gab ihr zusätzlich diesen mysteriösen Eindruck, wie man ihn sonst selten erlebte und das verstärkte die Wirkung der Darbietung noch einmal.
Es verging allerdings nicht viel Zeit und Saiko gesellte sich wieder zu ihr. Auf seinen Einsatz wartend stimmte er ebenfalls in die Weise mit ein, sang etwas tiefer, wodurch sich ein wundervoller Akkord ergab. Mit sanften Bewegungen vollführten sie eine nicht näher einstudierte Performance auf der Bühne. Ich war erstaunt, wie gut sie darin waren, da ich das nie mit ihnen geübt hatte. Man merkte dadurch aber, dass die beiden ein Herz und eine Seele waren.
Gerade, als sie mit ihren Stimmen lauter wurden, begann die Menge schlussendlich zu jubeln. Das war der Moment, den ich aus Kalos vermisst hatte. Diese unbändige Freude beim Zusehen der Pokémon entlockte mir nun doch die Schadenfreude. Da habt ihr's! So etwas findet ihr in Hoenn nicht!
Als sich der Gesang dem Ende zuneigte wurde auch das Licht der Kugel schwächer. Perfektes Timing.
„Und jetzt eine Zugabe, ihr beiden!“
Sie hielten in ihrer Bewegung inne und musterten daraufhin das Objekt direkt über ihnen. Moxie passte ihre psychischen Fähigkeiten an und beförderte damit Saiko in die Luft, vorbei an dem Schutzschild. Von oben kommend, leuchtete dabei sein Schweif silbern glänzend auf und mit einem gewaltigen Hieb zerstörte der Kleine die Kugel und ließ sich neben seiner Partnerin nieder. Dem allerdings nicht genug, schaffte der zerborstene Schild sternähnliche, funkelnde Gebilde, die langsam zu Boden glitten. Diese schimmerten regenbogenfarben und setzten die beiden Psiaugon, von einem Scheinwerfer erhellt und inmitten des Nebelsees, noch einmal in Szene. Die beiden verbeugten sich leicht mit dem Kopf.
Ein tosender Applaus folgte, wie ich ihn sonst immer nur bei den besten Wettbewerbsteilnehmern gehört hatte. Freudentränen überkamen mich, die ich jedoch noch etwas zurückhalten musste. Ich wusste, dass es erst die Vorrunde war und noch war auch nicht entschieden, ob wir überhaupt weiter kamen.
Saiko war in der Zwischenzeit auf mich zugelaufen und versuchte, mein Bein zu umarmen. Moxie folgte ihm mit langsamen Schritten. Ich grinste. Diese Gelassenheit machte sie wirklich zu etwas ganz Besonderem!
„Es folgt die Punktevergabe!“, rief Stella daraufhin und riss mich aus meinen Gedanken. Mein Blick wanderte zum großen Bildschirm zu meiner Linken und ich wartete gespannt auf das Ergebnis. Die Punkterichter ließen auf sich warten.
Acht Punkte.
Acht Punkte.
Eine kurze Pause. Ich schluckte.
Vier Punkte.
Saikos Unmut darüber war kaum zu überhören. Es sollte schließlich nur noch eine Zahl folgen.
Zehn Punkte!
Ich jubelte über das Ergebnis, obwohl ich mir nicht sicher war, ob es sich ausgehen würde. Allein so einen Erfolg nach den letzten drei Wettbewerben, die doch so miserabel in der Vorrunde endeten, hätte ich niemals erwartet!
„Moxie, Saiko, ihr wart echt großartig heute!“, sagte ich voller Freude und nahm sie in den Arm. Die beiden Psiaugon schenkten mir ebenfalls freundliche Laute. Manchmal wünschte ich mir, ich könnte verstehen, was sie mir sagen wollen. Aber es blieb keine Zeit für Katzenjammer.
Ohne weitere Worte verließen wir die Bühne und machten Platz für den nächsten Teilnehmer. Erst später sollte sich herausstellen, dass ich als Siebente von acht Teilnehmern in die nächste Runde weiter kam. Aber das ist eine andere Geschichte.
So wie ein Volttackle
Seufzend beobachtete ich die Gestalt vor mir, wie sie panisch auf und ab ging, einer Trance gleich, ihr Blick leer, fast schon paralysiert. Erneut seufzte ich, bevor ich den Kopf schüttelte, nur um den Blick dann von der Schwarzhaarigen abzuwenden. Wenn sie so weiter machte, würde ich auch noch vollkommen nervös werden. Es langte bereits, wenn einer von uns beiden ein wandelnder Nerv war. Wieso verstand ich zwar nicht genau, aber gut, so war es nun einmal. Nicht, dass ich nicht eine Vermutung hätte, doch … ihre Reaktion wurde mir dadurch nicht wirklich verständlicher. Liebe war durchaus etwas Verrücktes. War ich froh, dass ich davon bisher verschont geblieben war. Denn irgendwie habe ich das Gefühl, dass sie einem nichts bringt, außer seelisches Chaos. Das sah man ja an meiner geliebten Saphira, die einem Zusammenbruch – psychischer oder physischer Art sei dahingestellt – gleich war und das nur, weil Rubina im Publikum saß, um uns zu beobachten. Vielleicht bildete ich mir das auch nur ein, wer war ich schon das beurteilen zu können … oh ja Moment, ich war ja so etwas wie ihre beste Freundin. Leugnen war also zwecklos.
Schließlich sprang ich von dem Sitz auf, auf welchem ich bis gerade noch gesessen hatte, um zu ihr hinüber zu gehen, mich vor sie zu stellen, und ignoriert zu werden. „Saphira“, sagte ich mit fester Stimme, die sich dennoch im Nichts verlor. „Saphira!“, wiederholte ich, diesmal lauter. Immer noch keine Reaktion. Vielleicht sollte ich meine Bemühungen „intensivieren“, um es freundlich zu umschreiben. Letzte Chance, dachte ich mir, bevor meine Backen leicht zu Kribbeln begannen. Ein warmes Gefühl breitete sich in mir aus, bevor elektrische Impulse meinen ganzen Körper durchzogen. Hatte ich je gesagt, wie sehr ich dieses Gefühl liebte? Nein? Gut, das tat ich nämlich. Ich beschloss, zuerst eine Vase mit meinem Donnerblitz zu treffen. Immerhin mussten Saphira und ich ja gleich auf die Bühne. Wenn sie bewusstlos hier herum lag, würden wir zwei nicht weit kommen.
In der Sekunde, in der die Vase in tausend Teile zerbrach, zuckte Saphira auf, so als wäre sie gerade aus einem Traum erwacht, einem Universum zurück, aus dem ich sie gewaltsam gerissen hatte. „Verzeih, Raichu“, murmelte sie lächelnd. Falsch, dachte ich. Ich sehe es doch, dachte ich, sagte aber nichts. Ich glaube, sie sah es meinen Augen an, erkannte an dem Glitzern, dass ich sie durchschaut hatte. Langsam beugte sie sich herab, strich mir sanft und liebevoll über den Kopf, bevor sie erschöpft lächelte. „Wem will ich was vormachen? Du kennst mich einfach, nicht wahr?“ „Ja“, antwortete ich, wissend, dass sie es verstand, obwohl sie es nicht verstand. Aber es war in Ordnung. Sie musste es nicht verstehen, solange sie es fühlte, solange meine Worte ihr Herz erreichten. „Wir sollten gehen“, meinte ich schließlich, ihr immer noch in die Augen sehend, mich darin verlierend. Lange sahen wir uns an, bevor ihre Hand langsam zu meiner Wange wanderte, nur um dort zu verharren. „Ja, wir sollten gehen.“ Ich lächelte und sprang ihr auf die Schulter, so wie ich es früher immer getan hatte, als ich jünger und leichter war, wusste ich doch, was diese Geste bei ihr bewirkte. Wie erhofft hörte ich sie leise kichern, ein Geräusch, so schön wie die Morgenröte, schöner als der Flug der Smettbo. „Bist du dafür nicht schon etwas zu schwer, meine Liebe?“ „Ach was, man ist nur so alt, wie man sich fühlt“, scherzte ich und stimmte in ihr Lachen ein.
Dann wurde es still und sie holte tief Luft, wandte sich um und ging los, den Gang entlang, der zur Bühne führte. „Mit dir an meiner Seite kann es nur gelingen“, flüsterte sie kaum hörbar. Ich wusste nicht, ob diese Worte für mich bestimmt waren, oder nur einem lauten Gedanken ihrer selbst entsprachen. Das Einzige, was ich sagen konnte, war, dass mich diese Worte zum Lächeln brachten.
„Meine Damen und Herren, als nächstes begrüßen Sie Saphira aus Blütenburg City“, riss mich plötzlich eine Stimme aus meinen Gedanken. Für einen Moment blickte ich zu Saphira, die ihrerseits meinen Blick suchte. Ob ich nun in ihren Augen Schutz suchte oder sie in meinen, wusste ich nicht zu sagen. Es spielte keine Rolle, denn im nächsten Moment stürmte sie bereits auf die Bühne, einen weiteren Pokéball werfend, aus welchem – eingehüllt in ein Meer aus Sternen – ein Sterndu erschien. Ironisch irgendwie. „Sterndu, Blubbstrahl!“ Da war sie wieder, so selbstsicher wie immer, keine Spur von Unsicherheit in ihren Zügen, keine Spur von Angst, von Zweifel. Ich blickte sie an, wartete darauf, dass sie mir befahl, etwas zu tun, von dem wir beide wussten, was es sein würde. Um uns herum flogen bläulich funkelnde Blasen, die vom Licht der Scheinwerfer glänzten. Als nächstes würde sie die Blasen gefrieren. Eine Vorführung, die wir so oft übten, so oft zeigten. Ein sachter Schimmer aus Eis umspielte nun die Blasen, welche sich im ganzen Raum verteilt hatten, Sterndu nun zu meiner Linken, auf der anderen Schulter sitzend, nachdem es sich durch einen Eisstrahl dort hin geschossen hatte. Erneut sah Saphira mich an. Ich wusste, was sie dachte, konnte es sehen. Also nickte ich nur, bevor eine gewohnte Wärme meinen Körper durchströmte. Langsam begann ich zu leuchten, in einem orangegelben Ton, der jede Faser meines Körpers bedeckte, bevor ich sprang, bevor ich schwebte, bevor ich glitt. Die Luft strich mir sanft über das Fell und ich schien zu fliegen, obwohl ich flügellos war. So lange, bis ich die erste Blase erreichte. Schnell wand ich mich zum nächsten Sprung, bevor die Blase in der Sekunde unter mir zerplatze, in der ich sprang. Eine Kombination aus eisig gelben Funken durchflutete den Raum, als ich von einer Blase zur nächsten sprang, … nein, ich denke, flog beschreibt es besser. Denn der Volttackle gab mir genau dieses Gefühl – zu fliegen. Schließlich erreichte ich die vorletzte Blase, die auch gleich unter mir zerplatzen würde. Also sprang ich, im Flug den Volttackle auflösend, sodass ich sicher auf der letzten Blase landen konnte, die – unter meinem Gewicht – zu Boden sank. Als Saphira nah genug war, sprang ich von der Blase herab, in Saphiras Arme, die mich lächelnd erwartete, mir Worte von Stolz in die Ohren hauchte. Ich hörte nur diese Worte, ihre Stimme, ihr Lachen, während ich den Applaus ausblendete, die Worte der Richter, die von Sterndu. Nur Saphira war mir wichtig. All die anderen spielten für mich keine Rolle. Vielleicht hätte ich bemerkt, wie wir die Bühne verlassen hätten, wenn es anders wäre, und ich hätte bemerkt, wie Rubina uns im Aufenthaltsraum erwartete, wenn ich aufmerksamer gewesen wäre. Dass sie Saphira entgegen lief, sie an sich drückte und lächelte. Doch ich war es nicht. Würde ich nie. Ja, Liebe war schon etwas Seltsames. Sie brachte einem seelisches Chaos … und Wärme. Leuchtende Wärme, so wie bei einem Volttackle.
Das Stadion ist brechend voll. Überall herrscht aufgeregter Lärm. Jeden Moment wird die Vorführungsrunde des heutigen Wettbewerbes beginnen. Ich selber bin heute wieder nur eine Zuschauerin. Vor ein paar Jahrzehnten hatte ich ja noch den Traum, selbst eine große Koordinatorin zu werden, aber das ist schon lange vorbei. Mir fehlte einfach das Talent dazu, wie ich erkennen musste. Gewiss, ich hatte einige kleinere Erfolge und vielleicht auch ein oder zwei geniale Kombinationen ausgearbeitet, aber das war es dann auch schon. Inzwischen ziehe ich die hintere Reihe vor, von der ich die Leute in der ersten bewundern kann. Auch wenn es manchmal natürlich schon schmerzt. Aber das ist jetzt nicht der Fall, denn meine Erinnerungen an die Vergangenheit werden von der Vorfreude auf diesen Wettbewerb verdrängt. Auch ich werde ergriffen von der Anspannung: Wer wird heute alles vorführen? Was werden es für Vorführungen werden? Ist darunter vielleicht eine Vorführung, die unsterblich werden wird? Die Chancen dafür stehen allerdings nicht allzu gut. In dieser abgelegenen Stadt gibt es sicherlich nicht viele Koordinatoren und vermutlich werden auch nur wenige von außerhalb hierhin gelockt werden können.
Nun beginnt die übliche Ankündigung des Wettbewerbes und die Vorstellung der Juroren. Hat man davon eine gesehen, hat man alle gesehen. Inzwischen klatsche ich auch gar nicht mehr, wenn Leute im Stadion auftauchen, auch nicht bei den Bewerbern. Nicht, dass ich sie verachten würde, keinesfalls. Aber ein Applaus ist meiner Ansicht nach nur dann notwendig, wenn eine gute Präsentation abgeliefert wurde. Und dafür spare ich ihn mir eben auf.
Nun betritt eine junge Trainerin die Arena. Mir gefällt das hellblaue Kleid, dass sie trägt. Blüten von pinken Blumen tanzen um ihr noch als verschwommene Lichtgestalt erkennbares Pokémon herum, als es aus seinem Ball befreit wird. Während es sich noch materialisiert, frage ich mich, welches es wohl sein wird. Zusammen mit Blütenballkapseln verwendet man ja oft Pokémon, deren Anmut und Schönheit dadurch unterstrichen wird.
Ein lilanes, schleimiges Etwas klatscht auf den Boden. Mir klappt die Kinnlade herunter. Anmutig? Schön? Das ist ein verfluchtes Sleimok! Für Wettbewerbe doch total ungeeignet! Was hat das hier zu suchen, noch dazu als Pokémon eines so niedlichen Mädchens? Und überhaupt, was für eine Verschwendung ist das denn? Beim allerersten Teilnehmer ist das Publikum immer am aufgeregtesten und außerdem hat man absolut kein Risiko, etwas vorzuführen, was schon einmal jemand in der Runde vorgeführt hat. Und jetzt profitiert ein widerliches Sleimok davon.
Ich sehe, wie das Mädchen seinem Pokémon eine Beere zuwirft, welche dieses sofort mit einem lauten und genüsslichen Schmatzen verzehrt. Danach beginnt es sich merkwürdig zusammen zu ziehen, geradezu zu schrumpfen. Im nächsten Moment hört man jedoch ein tiefes Gurgeln, als würde es...
Mit einem ohrenbetäubenden Rülpsen wächst es schlagartig wieder zu seiner vollen Größe und entlässt dabei einen Schwall stinkenden Mundgeruchs, der uns Zuschauern die Tränen in die Augen treibt und die Haare nach hinten weht.
Lautes Gelächter aus dem Publikum ertönt. Und ich muss sagen, diese Kombination gefiel auch mir auf ihre bizarre Art und Weise. Dieser Rülpser, durch Komprimator noch eindrucksvoller präsentiert, war wirklich außergewöhnlich.
Im nächsten Moment spuckt das Sleimok einen riesigen Müllbeutel hoch in die Luft und spuckt direkt eine Matschbombe hinterher. Der Müllbeutel explodiert und überall im Stadion, Gott sei dank aber nicht auf den Zuschauerrängen, geht eine unappetitliche Mischung aus Schlamm und Müll nieder, wobei die einzelnen Teile auch noch unterschiedlich schnell fallen und mit einem äußerst hässlichen Klatschen auf dem Boden auftreffen.
Mir ist nun auch klar, was das Mädchen vorhat: Es geht um eine Parodie. Die letzte Kombination ist eine verzerrte Variante eines häufigen Tricks: Es wird etwas in die Luft gespien, meistens Wasser oder Eis, welches dann mit einer weiteren Attacke in der gesamten Arena in kleinen Einzelteilen gleichmäßig verteilt wird. So entsteht durch kleine Wassertropfen oder Eisstückchen in der Luft ein sehr schöner Effekt, wenn diese im Sonnenlicht glänzen. Und hier? Verteilt sich eine übelriechende Masse überall.
Das Gelächter des Publikums wird lauter und nun sehe ich auch, warum: Das Mädchen selbst ist von einem Schlammklumpen getroffen worden und guckt jetzt ziemlich bedröppelt. Aber das scheint wohl auch Absicht zu sein.
Die Vorführung ist tatsächlich lustig soweit, aber es fehlt noch ein Abschluss. Das ganze Publikum ist gespannt, was es wohl sein wird.
Wer etwas ähnlich Spektakuläres wie vorhin erwartet hatte, wird enttäuscht.
Das Sleimok tut nichts anderes, als seltsam auf dem Boden hin und her zu schwabbeln, was aber auch schon ganz lustig aussieht. Im nächsten Moment wird mir, klar, welche Attacke das ist, denn es fängt an zu regnen. Nun erkennt auch jeder den Sinn der Aktion: Nachdem das Sleimok seine Trainerin so beschmutzt hat, will es sie natürlich wieder sauber machen, und zwar mit der einzigen Wasserattacke, die es lernen kann. Es ist ein alberner und sinnloser Versuch, denn schließlich kann der Regen diesem ganzen Dreck nichts anhaben. Am Ende ist die Trainerin nur nass und dreckig zugleich. Und ihre Zeit ist inzwischen abgelaufen.
Applaus und Gelächter brandet auf und ich stimme von ganzem Herzen mit ein. Es war nicht das, was jeder hier erwartet oder erhofft hatte, es war nicht schön oder anmutig, es war einfach nur witzig. Aber gerade dadurch wurde es zu einer eindrucksvollen Vorführung, denn sie hat jeden überrascht und zeigte außerdem ein gutes Zusammenspiel zwischen Trainer und Pokémon, gepaart mit viel Kreativität.
Vielleicht ein wenig verlegen grinsend verlässt die Trainerin mit ihrem Sleimok die Arena, sicherlich mit dem Vorhaben, möglichst bald zu duschen.
Der Wettbewerb wird kurz unterbrochen, um mit einer Horde Turtok das Vorführungsfeld wieder sauber zu kriegen. Erstaunlich, wie effektiv sich eine gezielte Aquahaubitze gegen den Matsch erweist. Anschließend wird noch mit Siedewasser nachgespült, um in der Hitze die Feuchtigkeit zu verdampfen. Anschließend ist das Feld wieder trocken.
Es folgen einige weitere Vorführungen, die alle relativ unspektakulär sind. Sie sind alle sicherlich gut gemacht und hervorragend eingeübt, aber nun einmal für eingefleischte Wettbewerbsfans wie mich nichts Neues.
Der letzte Teilnehmer betritt nun die Arena. Es ist ein junger Trainer in einem perfekt sitzenden, aber schlichten Anzug. Er strahlt auf eine kühle und einfache Art Charisma und Eleganz aus.
Lässig wirft er einen Luxusball, aus dem mit gleißendem Licht ein Snobilikat erscheint.
Es landet anmutig und mit geschmeidigen Bewegungen auf dem Boden. Die Miene des Pokémon wirkt selbstsicher, fast schon arrogant.
Sein Trainer schnippt nur mit den Fingern und sofort beginnt es, eine Attacke zu starten. Es springt hoch in die Luft und erschafft blank polierte Münzen, die es um sich herum kreisen lässt. Aus seinem Maul sprüht eine Eissturm-Attacke, die die Münzen mit einer Eisschicht überzieht und sie wie echte Kristalle mit einem glänzenden Kern erscheinen lässt.
Das rote Juwel auf der Stirn des Snobilikat fängt an zu funkeln, immer stärker, bis das Snobilikat schließlich mehrere einzelne Strahlen auf die Münzen abschießt, wodurch ein atemberaubendes Lichtspektakel das ganze Stadion erfüllt. Das Licht wird gebrochen und reflektiert, woraufhin alle Farben des Regenbogens auf die Gesichter des Publikums leuchten. Es wird immer heller und bald sind wir alle im wahrsten Sinne des Wortes geblendet von dieser wunderbaren Vorführung, gezwungen, unsere Augen mit den Händen gegen die Helligkeit abzuschirmen.
Es ist wirklich erstaunlich, es gibt von dieser Vorführung viel zu sehen und gleichzeitig gar nichts.
Allmählich lässt das Licht nach und wir sehen, wie stattdessen ein Schauer aus funkelnden Sternen einmal rundherum durch die kreisförmig angeordneten Eiskristalle fährt und sie nacheinander zerstört, sodass das Snobilikat durch einen spiralförmigen und golden schimmernden Schauer zu Boden sinkt.
Es ist ein absolut perfekter Auftritt, der uns mit seiner unglaublichen Schönheit beeindruckt hat. Man mag sich kaum vorstellen, wie viel Zeit das Training hierfür in Anspruch genommen haben muss.
Das Publikum einschließlich mir bricht in Begeisterungsstürme aus, die der Trainer aber gelassen hinzunehmen scheint und nun, da seine Vorführungszeit beendet ist, mit seinem stolz schreitenden Pokémon die Arena verlässt.
Es ist für mich keine Überraschung, dass später das Mädchen, welches ganz am Anfang dran war und der Junge, der als Letzter vorführte, in die nächste Runde gekommen sind. Mich beschleicht das Gefühl, dass diese talentierten Koordinatoren im Finale aufeinandertreffen werden, mit ihren so gegensätzlichen Präsentationsstilen: Der eine unfassbar elegant, der andere eindrucksvoll albern.
Erst als ich den Rand des Kampffeldes betrat, merkte ich die Nervosität in mir aufsteigen. Bis hierhin war dieser Wettbewerb nicht der schwerste bisher gewesen, doch was ich von meinem Gegner gesehen hatte, brachte mich keinesfalls dazu, mich auf der sicheren Seite zu sehen. Laut der Moderatorin war es sein erster Wettbewerb, aber an der Art, wie er sein Pokémon auch in unerwarteten Situationen unter Kontrolle hatte, war außerordentlich. Er hatte es wirklich verdient, im Finale zu stehen.
Sekunden später flatterte mein Smettbo neben mir her und bereitete sich so auf den nächsten Kampf vor. Sein Pokémon hatte ich noch nie gesehen, aber das verwunderte mich nicht. Es war erst mein zweiter Wettbewerb in dieser Region, auf unbekannte Wesen zu treffen, war nichts Neues für mich. Der Schlüssel zum Sieg war, die Situation zu analysieren und möglichst schnell zu reagieren. Selbst wenn man schon mehrmals gegen eine Art gekämpft hatte, konnte man schwer Rückschlüsse auf Attacken und Taktik ziehen.
„Blättertanz, leg los“, rief der Junge, sobald Vivian das Kampffeld freigegeben hatte. Rosa Blütenblätter flogen in einem Tornado auf mich zu. Groß zu analysieren würde nicht funktionieren, wenn ich meine Punkte beisammenhalten wollte.
„Silberhauch“, rief ich nach kurzem Überlegen. Smettbos Flügel verfärbten sich silbern und entfachten einen Windstoß. Es war keine Zeit, um die Attacke möglichst eindrucksvoll aufzubauen, aber sie erfüllte ihren Zweck. Der Wind fing die Blätter auf und änderte ihre Richtung, sodass sie gegen Himmel flogen. Aus dem Tornado wurde ein Springbrunnen, sodass die Blüten nicht mehr als scharfe Geschosse, sondern angenehmer Regen zu Boden gingen. Mein Gegenüber unterbrach die Attacke, wohl wissend, dass ein weiteres Angreifen ihm nur Punkte kosten würde. Ein flüchtiger Blick zur Tafel bestätigte, dass er mir direkt in die Hände spielte.
Ohne eine Schramme flog Smettbo vergnügt zwischen dem Blütenregen herum, doch das war es nicht, was Vivians Aufmerksamkeit erregte. „Oh, was ist das? Smettbos Flügel leuchten wie ein Regenbogen. Eine wirklich interessante Wendung, durch den Nebeneffekt der Attacke wurde es noch stärker. Dieser glückliche Zufall könnte für den Ausgang des Kampfes von großer Bedeutung sein.“
Bisher hatte ich nur selten das Glück gehabt, diesen Triumpf in einem so wichtigen Kampf auf meiner Seite zu haben, aber umso besser. Mein Gegner schien wie versteinert, während Smettbo noch schneller als zuvor durch die Lüfte glitt und nur auf die nächste Anweisung wartete. „Schlafpuder“, rief ich. Smettbo flog sofort näher heran und benutzte seine Facettenaugen, um den Gegner genau in sein Visier zu nehmen. Sobald es in der Luft verharrte, begannen die hellgrünen Sporen sich von seinem Körper abzusetzen und wurden in Richtung des gegnerischen Pokémons geweht.
„Ein sehr riskantes Manöver“, kommentierte Vivian und ich war mir durchaus bewusst, dass eine falsche Bewegung mein Aus sein könnte. Ein schlafender Zuschauer würde mich erhebliche Punkte kosten und sollte es meinen Gegner treffen, könnte ich wegen unfairen Verhaltens vielleicht sogar disqualifiziert werden. Aber ich vertraute meinem Smettbo, mit dem ich die Attacke monatelang geübt hatte. Besonders mit dem Bonus sollte es funktionieren.
Angespannt sah ich zu, wie immer mehr der grünen Sporen auf das andere Pokémon herabregnen. Sollte seine Fähigkeit es nicht davor schützen können, dürfte es für den Sieg reichen. Es in der vorgeschriebenen Zeit aufzuwecken, würde schwer werden. Ich sah in die Richtung des Jungen und sofort beschleunigte sich mein Puls. Bei seinem ersten Wettbewerb so einer Attacke gegenüber zu stehen, sollte ihn vor Angst erstarren erlassen. Stattdessen war seine Stimme unnatürlich ruhig, als er zum Konter mit einem „Megasauger“ ansetzte.
„Scheint, als hätte er sich darauf vorbereitet“, sagte Vivian. Meine Überraschung wurde noch größer. Hatte er etwa meine Taktik studiert?
Die rosenartigen Fortsätze seines Pokémons entfesselten einen grasgrünen Energiestrahl, der sich spiralförmig auf mein Smettbo zubewegte. Die Attacke saugte meine in sich auf, schien ihm selbst aber nicht mehr zu schaden. Vermutlich ein Pflanzenpokémon, denen machte eine Attacke ihres eigenen Typs nicht viel aus. Schlimmer noch, sobald es mein Smettbo treffen würde, würde seien Energie absorbiert werden! Gleiches galt für meine Punkte.
„Ausweichen“, rief ich, doch mein Pokémon befand sich bereits auf dem Rückzug. Mit schnellen Flügelschlägen brachte es möglichst viel Distanz zwischen sich und den Gegner.
„Großartig“, sagte Vivian, ein Ausdruck, den ich aus meiner Sicht überhaupt nicht teilte. „Drew hat nicht nur die Attacke seiner Gegnerin effektiv gekontert, sondern gibt seinem Roselia auch noch neue Energie. Indem er seine erste Attacke mit einbezieht, ist die Kombination aus Pink und Grasgrün ein Augenschmaus für unser Publikum.“ Wie aufs Stichwort begannen diese zu applaudieren, was mir gar nicht passte. Zeit, es zu beenden, mein Vorsprung von eben war auf ein Minimum geschrumpft.
Meine Gedanken rasten auf der Suche nach einem neuen Plan. Noch einmal mit Schlafpuder brauchte ich es gar nicht versuchen und ich wusste nicht, ob Silberhauch stark genug war, es im Zaum zu halten oder womöglich auch absorbiert werden würde. Ich blickte zu meinem Smettbo hoch, das schon fast am Rande des Kampffeldes angekommen war. Es schien kampfbereit, doch die nervös zuckenden Fühler sagten mir, dass es ebenso wenig mit dieser Situation gerechnet hatte wie ich. Noch ein Stück weiter und es würde die Grenze überqueren, was einen Punktabzug bedeutete.
Smettbo schien meine Gedanken zu lesen, denn es drehte abrupt um und wartete auf ein Kommando. Ganz ruhig, ermahnte ich mich. Es muss eine Lösung dafür geben. Ich versuchte, meinen winzigen Gegner hinter der Attacke auszumachen, konzentriert darauf, eine passende Taktik zu finden.
Ein überraschter Aufschrei war zu hören, erst aus den Lautsprechern, dann im Echo des Publikums. Ich atmete erleichtert auf, als ich sah, dass mein Smettbo nicht getroffen worden war. Mehr noch, die gefürchtete Attacke schien wie an einem Schutzschild abzuprallen und nur ein paar Meter weiter plötzlich zu enden. Der Strahl wurde blasser, bevor er in sich zusammenfiel und schließlich ganz versiegte. Der Blick auf die andere Seite des Feldes war wieder frei. Ich konnte meinen Augen kaum glauben.
Das ehemals so bedrohliche Pokémon war beinahe in sich zusammengesunken und konnte sich nur noch schwer auf den dünnen Beinen halten. Die Blätter der Rosen an seinen Armen schienen welk, ein deutliches Zeichen von Erschöpfung. Eine Attacke so lange und intensiv aufrecht zu erhalten, forderte seinen Tribut, vor allem am Anfang der Karriere. Ich seufzte, gab dem Trainer ein paar Sekunden, um sich der Situation bewusst zu werden, bevor ich die nächste Attacke startete. Ich musste Vivians Prognose nicht zuhören, um zu wissen, wie dieser Kampf heute ausgehen würde. Ein Blick in das fassungslose Gesicht des Trainers verriet mir, dass wir beide uns dessen bewusst waren.
Wenige Sekunden später entfesselte Smettbo den Tornado, der sich vor ihm gebildet hatte und schickte ihn mit einem Flügelschlag über das Feld. Er riss die vertrockneten Überreste des Blättertanzes mit sich und wie ein verheerender Herbststurm erfasste er das kleine Pokémon. Der Wirbelwind hielt es fest in seinen Klauen, als die Psychokinese die Attacke über die ganze Stage fegen ließ. Mein Gegner befahl ihm noch einen verzweifelten Blättertanz, doch die kleinen Blüten konnten nichts gegen den starken Wind ausrichten und wurden sofort von ihm vernichtet.
Es dauerte nicht lange, bis seine Punkte aufgebraucht waren und Smettbo und ich das Finale gewonnen hatten. Die Juroren hielten ihre üblichen Zusammenfassungen und gaben Kommentare ab, sowohl Lob als auch Kritik. Ich hörte nur mit einem halben Ohr zu. Das war nicht mein erster harter Kampf gewesen, aber ich war mir nicht sicher, dass es so geendet hätte, wenn das gegnerische Pokémon stärker gewesen wäre. Sobald Vivian ihre Abschiedsrede hielt und die Übertragung für die Fernsehzuschauer beendete, schaute ich noch einmal zurück.
Mein Gegner war am Boden zerstört und wenn ich nicht falsch lag, konnte ich sehen, wie Tränen über sein Gesicht liefen. Er tat mir leid, doch als ich ihn ein paar Wochen darauf seinen ersten Wettbewerb gewinnen sah, wusste ich, dass ich einen ernstzunehmenden Konkurrenten hatte.
dt: Disharmonie/Unähnlichkeit/Nichtübereinstimmung
Ein Schillern breitete sich um das katzenartige, besonders gefärbte Pokémon aus, das aus dem Pokéball erschien. Es vollführte in der Luft einen Salto, bevor es anmutig auf allen vier Pfoten landete.
Sie hatte nur diesen einen Versuch. Sie musste ihn geltend machen. Würde sie diesen Wettbewerb nicht gewinnen ... Sie konnte sich nicht ausmalen, was ihre Mutter sagen würde. Eigentlich sollte sie gar nicht hier sein, sollte in der Schule sein und lernen, damit später mal etwas aus ihr wurde. Aber das wollte sie nicht, hatte sie nie gewollt, stattdessen war die Wettbewerbsbühne ihr Zuhause. Und heute musste sie es zeigen.
»Teilnehmerin Nummer 8«, schallte die Stimme der Ansagerin durch die Halle. »Cherry aus unserem schönen LaRousse-City und ihr Partnerpokémon Boucléa, das schillernde Feelinara!«
Sie atmete tief durch. Es war soweit.
»Boucléa, Nebelfeld!«
Das Pokémon stieß ein harmonisches Jaulen aus und sprang geschwind in die Mitte des Feldes, das es zur Verfügung hatte. Dort breitete sich sogleich ein rosafarbener Nebel um seinen türkisfarbenen, schlanken Körper aus, der sich gleichmäßig über den Boden der Arena verteilte. Das leichte Glitzern, das von ihm ausging, sorgte für einige »ooooh«s und »aaaah«s von den Zuschauerrängen.
Es hatte perfekt funktioniert, ihr Set-Up. Selten hatte sie so ein symmetrisches Nebelfeld gesehen. Doch dies war erst Punkt 1 auf einer Liste, die immer länger schien, je mehr sie darüber nachdachte.
Cherry wusste, dass sie sich konzentrieren musste, dass Panik zu nichts führen würde. Sie hatte dies hier schon einmal getan, viele solcher Vorfürhungsrunden durchlebt, bis ihre Mutter ihr gesagt hatte, dass sie zu alt war für solche Spielchen. Niemals jedoch hatte so viel auf dem Spiel gestanden wie heute. Sie brauchte dieses Band, um es allen zu beweisen: Cherry Frienn hatte das Zeug zur Top-Koordinatorin und das, das allein würde sie glücklich machen!
»Lichtschild auf den Boden!«, ordnete sie an, ihr Herz rasend. Boucléa folgte der Anweisung sofort, formte eine weißrosafarbene, transparente Platte, die man unter dem Nebelfed jedoch nur sah, wenn man nah dran war und darauf achtete. Ein weiterer Schritt, der wie geplant verlaufen war.
Nun kam der schwierigste Teil. Ihr Timing musste absolut perfekt sein.
»Mondgewalt!«
Boucléa hatte dies schon tausend Mal gemacht, so lange geübt, im Stillen, des Nachts, fernab ihres Hauses. Es hatte funktioniert, aber würde es dies auch heute tun?
Das Feelinara stieß sich fest vom ihrem mittigen Platz auf dem Hallenboden ab und sprang so hoch, dass die Zuschauer sich wohl wunderten, wo es Sprungfeder erlernt hatte. Am höchsten Punkt hielt Cherry den Atem an und zwang sich, hinzuschauen, wie ein weißer Kreis sich bildete, dessen türkisch schimmernde Aura etwas Magisches an sich hatte. Es war kein wahrhaftiger Mond, ähnelte aber einem solchen bis in die meisten Details und wie jedes Feenpokémon schöpfte Boucléa Kraft aus seinem sanften Schein, der die Arena hellbläulich bestrahlte. Diese Kraft war auch wichtig, geradezu essenziell, um diesen Auftritt überhaupt zu verwenden, denn sie hielt das Pokémon länger in der Luft als gewöhnlich, als sei die Gravitation für das Feelinara verringert worden.
Dennoch folgte noch nicht der Strahl aus seinem Maul, der, wäre dies ein richtiger Kampf gewesen, einem Gegner Schaden zugefügt hätte. Nein, sichlich bemüht, alles richtig zu machen, hielt das Pokémon ihn zurück, sein Körper zuckend, erfüllt von purer Energie, die es bald freilassen musste.
»Nicht mehr lange«, flüsterte Cherry, sowohl zu Boucléa als auch zu sich selbst. Der finale Akt rückte immer näher und bislang war alles glatt gegangen, doch ihr Herz pochte, laut wie das Trampeln der Hufe einer Herde Galoppa in Aufruhr. Was, wenn sie nicht einmal die Kampfrunde erreichen würde? Und was, wenn dies geschehen und sie einen zu starken Gegner antreffen würde?
Nein, sie musste an sich glauben, sie musste stark sein ... Und vor allem musste sie auf ihr Timing achten.
Ihr Timing! Sie hatte vergessen, die Sekunden zu zählen, die Lichtschild aushalten würde! Panisch begann sie zu zittern. Sie hatte es vergeigt, sie würde ...
Boucléa ließ einen türkisfarbenen Strahl herab und traf mit voller Wucht den zerberstenden Lichtschild.
Tausende und Abertausende von rosafarbenen Splittern wurden in der Luft verstreut und verschwanden in einem glitzernden Reigen im Mondlicht. Gleichermaßen löste sich auch das Nebelfeld auf, durchzogen von hellblauen Adern, Energieresten der Mondgewalt.
Boucléa ...
Das Feelinara sprang seiner Trainerin in die Arme, während die Menge an Zuschauern klatschte und jubelte. Cherry jedoch konnte nicht ganz glauben, was hier geschehen war. Die Juroren sagten etwas zu ihrem Auftritt, doch sie hörte nicht zu, streichelte nur geistesabwesend ihr Pokémon.
Ihr Pokémon, das so viel besser gewesen war als sie.
Sie hatte sich mitnehmen lassen von der Panik und dem Druck, hatte nur an sich gedacht und nicht an das, was vor ihrer Nase passiert war. Hätte Boucléa nicht gewusst, wann genau der richtige Zeitpunkt war ... Aber nein, das war einzig und allein Cherrys Aufgabe gewesen! Sie als Koordinatorin musste immer wissen, wie ein Auftritt gerade verlief, musste alles genau durchgeplant haben und das hatte sie, aber was hatte es gebracht in ihrem Moment des Stresses, was hatte es gebracht außer eine Belastung für ihr Pokémon, dessen Aufgabe dies nicht gewesen war?
Für die Zuschauer musste es aussehen, als sei alles perfekt gelaufen. Manche wunderten sich vielleicht, wie das Feelinara das Timing so gut hatte abpassen können ohne einen Befehl seiner Trainerin, doch tatsächlich hatte dieser Auftritt noch besser ausgesehen als all ihre Übungen.
Es war nicht das erste Mal, dass Cherry Zweifel hatte. Sie war eine gute Koordinatorin, das wusste sie, sie hatte bereits bei einem Grand Festival mitgemacht ... Aber das heute, das war nicht ihr Talent gewesen, sondern das von Boucléa.
Und wenn sie in den Kampfrunden so weitermachen würde, konnte sie selbst mit gewonnenem Band aufgeben. Sie wollte ihr Mutter beweisen, dass sie das nötige Talent besaß, es weit zu bringen bei den Wettbewerben, weiter als in jedem gewöhnlichen Job, aber dieses Talent hatte sie gerade nicht gezeigt.
Zitternd holte sie Luft und verließ die Bühne.
Ruhig atmend stand das Caesurio auf der Mitte der Bühne. Rotes Blut tropfte von seinen silbernen Klingen. So stand es dort, leicht über seine Trainerin gebeugt, die regungslos inmitten einer Blutlache lag.
Es blickte sich um, die Leute starrten es fassungslos an. Immer schneller schlug sein Herz, immer schneller sah es sich um, sah das Entsetzen in den Gesichtern der Menschen und Pokémon...
Und dann rannte es.
Einige Sicherheitsbeauftragte versuchten noch, es aufzuhalten, doch es stieß sie zur Seite und bahnte sich seinen Weg aus der Wettbewerbshalle.
Und es rannte, so schnell es nur rennen konnte.
Es rannte.
Und rannte.
Und rannte.
Weit fort.
Weit, weit fort.
Die Sicherheitsleute folgten ihm, doch jeden, der ihm in die Quere kam, erwarteten seine frisch geschliffenen, inzwischen blutverklebten Klingen.
Es wollte niemanden töten. Doch sie stellten sich ihm in den Weg, was hätte es anderes tun können, als sich zu wehren?
Endlich hatte es die Verfolger abgehängt. Seine Schritte verlangsamten sich, sein Puls verlangsamte sich, es kam etwas zur Ruhe. Es wurde unachtsam. Es hörte noch, wie sich etwas schnell näherte, doch ehe es sich umdrehen hätte können, traf es dieses Etwas am Kopf, um hineingezogen zu werden und nicht mehr entkommen zu können.
Ich schreckte hoch. Was für ein seltsamer Traum das eben war... Dieses Caesurio... es sah genauso aus wie mein treues Caesurio hier neben mir. Aber diese brutale Szene... Ha! Wenn man daraus nicht eine wunderbar schöne Wettbewerbschoreografie machen konnte! Zwar bestand die Gefahr, wegen Gewaltdarstellungen disqualifiziert zu werden, aber... was solls! Das war es mir wert! Bis zum nächsten Wettbewerb würde ich genau diese Szene nachspielen können, wenn ich sie nicht noch verbessern könnte!
- 2 Wochen später -
Endlich! Endlich war es so weit!
Ich drückte der Pokémon-Center-Dame ein Trinkgeld in die Hand, schnappte mein Caesurio und rannte zur Wettbewerbshalle. Heute fand der Coolness-Wettbewerb der Master-Klasse statt. Mit zwei Pokémon sollte man das Publikum und die Jury davon überzeugen, dass man der coolste Teilnehmer hier war. Dann wurde per Telefonvoting abgestimmt und dann stand man - hoffentlich - im Finale. Also los!
Die Luft knisterte vor Spannung, als ich mein Caesurio in den Ring schickte.
"Caesurio, Finsteraura-Eisenschädel-Kombi!", rief ich ihm zu. Schwarze Ringe schwebten durch die Luft, als Caesurio kopfüber in diese hineinsprang, sodass sie ihn umgaben und seine rote Farbe in einem schillerndes Violett erscheinen ließen. Den letzten dieser Ringe durchbrach es mit seinem Eisenschädel, woraufhin sich die gesamte Finsteraura auflöste und nur finster glitzernden Staub zurückließ, den Caesurio mit seiner Metallklaue gekonnt zur Seite wehen ließ, um aus der schwarzen Wolke wieder aufzutauchen.
Das Publikum staunte, wozu dieses eine Pokémon fähig war, auch wenn man sehen konnte, dass sie verwundert waren, eben nur dieses eine Pokémon auf der Bühne zu sehen und nicht zwei. Doch ich wusste, was ich da tat.
"Jetzt die Nachthieb-Variation! Und den Rest könnt ihr auswendig!", befahl ich meinen Pokémon.
Caesurio, das etwa zehn Meter von mir entfernt stand, drehte sich um und starrte mich mit einem fast wahnsinnigen Blick an. Kurz zögerte es. Doch dann stürmte es auf mich zu, kam näher und näher und näher... Ich spürte einen Stoß gegen die Brust und fiel nach hinten um. Eine rote Flüssigkeit tropfte von Caesurios Klinge. Das Entsetzen der Zuschauer war förmlich spürbar.
Caesurio sah mich an, wie ich da regungslos am Boden lag. Dann sah es auf, sah in die verstörten Gesichter der Zuschauer... und rannte los.
So schnell es konnte, rannte es zum Haupteingang, doch es wurde gestoppt, als vor ihm ein Banette auftauchte, das seinen Spukball auflud und auf Caesurio schleuderte, den dieses jedoch ohne Probleme mit seiner Finsterklaue abwehrte und in violette Nebel verwandelte.
Trotzdem wusste Caesurio, dass es hier nicht weiterkam, drehte sich um und rannte zum Osteingang. Es hatte ihn schon fast erreicht und wägte sich in Sicherheit, als es von einem Schwall finsterer Energie umgeben wurde, der ihn zu Boden drückte. Gerade noch genug Kraft für einen Eisenschädel aufbrigend, drückte Caesurio das Banette von sich und verwandelte auch dessen Phantomkraft in nicht mehr als eine violette Wolke.
Panisch sah sich das Caesurio um, doch an allen fünf Ausgängen schwebte ein Banette, genauer gesagt ein Produkt seines Doppelteams, sodass eine Flucht unmöglich war.
Caesurio starrte in meine Richtung, als würde ihm gerade klar, was es getan hatte. Es saß immer noch dort am Boden, vor Panik unfähig, sich zu bewegen, als ein Banette, das Original, wenn man so will, über meinem Kopf erschien.
Das Banette erschuf einen riesigen Spukball, in den es eintauchte. In rosarot funkelnde Staubteilchen gehüllt erschien daraus das nun mega-entwickelte Banette wieder, das Caesurio böse anfunkelte. Mit seiner Psychokinese kontrollierte es meinen Körper, schwebte über mir wie ein Puppenspieler und bewegte mich, als hinge ich an unsichtbaren Fäden. Langsam, doch stetig bewegte ich mich auf mein Caesurio zu, stand nun genau vor ihm...
DONG! Die Vorführungsrunde war für mich nun zu Ende. Banette löste seine Psychokinese. Ich verlor das Gleichgewicht und musste von Caesurio gefangen werden, was den Zuschauern ein Lachen entlockte.
Nun hieß es warten auf das Ergebnis.
"Die Ergebnisse sind nun bekannt," sagte eine Stimme aus dem Lautsprecher, "bitte schaut auf den Listen neben der Treppe zur Bühne nach, ob ihr an den Finalrunden teilnehmen dürft!"
Ich wartete, bis sich die Masse von Menschen vor den Listen verflüchtigt hatte. Dann sah ich nach, was die Leute so von mir hielten.
"Hm... Wo steh ich... wo steh ich...", murmelte ich vor mich hin. "Ah, da! ... Platz neun? Ernsthaft?" Sichtlich enttäuscht sah ich zu Boden. Caesurio klopfte mir auf die Schulter. "Es ist nicht eure Schuld. Ihr wart toll", sagte ich zu meinen Pokémon.
Platz neun, so bitter... Platz acht bedeutet Top Cut!
Caesurio stieß mir mit dem Ellbogen in die Seite. "Was soll..." Es deutete auf die Zahlen hinter meinem Namen, die Zahlen, die angaben, wie viele Zuschauer- und wie viele Juryvotes wir bekommen hatten.
"Zuschauer: 39 Prozent; Jury: Null, null, null", las ich vor. 39 Prozent? Das war ja irre viel! Aber die durchgehend null Punkte von der Jury... Natürlich gefiel denen meine kleine Horrorshow nicht. Aber das zeigte einmal mehr eindrücklich, wie schön einfach die Juryleute ungeliebte Teilnehmer eliminieren konnten. Selbst als Zuschauerfavorit war man nicht mehr sicher weiter. Da freut man sich doch als Zuschauer, wenn die Meinung derer, die den ganzen Mist finanzieren, so wirklich gar nichts mehr gilt.
Gut gespielt, Wettbewerbsjury, wirklich gut gespielt.
Ein neuer Mond geht auf
Das Licht blendet mich. Ich senke den Kopf und starre auf meine Füße. Leise Klaviermusik tönt durch meinen Kopf und sorgt dafür, dass ich mich trotz der gewaltigen Anspannung, die auf mir lastet, halbwegs klar denken kann. Diesen kleinen Trick habe ich mir erst vor Kurzem angewöhnt, aber er funktioniert hervorragend.
„Meine Damen und Herren! Die Vorführrunde des Frühlingswettbewerbs von Herzhofen beginnt in wenigen Momenten. Die erste Kandidatin, die wir heute sehen, ist Mai aus dem fernen Azuria City!“ Ich hebe den Blick und sehe mich selbst auf den beiden riesigen Bildschirmen, die an den Längsseiten der Halle montiert sind, damit auch die Zuschauer, die weiter oben sitzen, mich erkennen können.
Ich prüfe verstohlen mein Erscheinungsbild. Sehe ich gut genug aus? Ich habe mich heute für ein schlichtes, schwarzes Kleid und schwarze Lackschuhe entschieden. Das passt am besten zu meinem rabenschwarzen Haar. Schwarz ist in alten Zeiten die Farbe des Wassers gewesen, und diesen Wettbewerb werde ich meinem Element widmen.
Als ich mein Gesicht ansehe, merke ich, dass ich zum Glück nicht so nervös aussehe, wie ich mich fühle.
„Auf ihren Wunsch hin wird das Feld geflutet. Das Wettbewerbskomitee wünscht Ihnen allen viel Spaß in Runde eins!“, schallt die Stimme aus dem Lautsprecher. Der Kommentator sitzt irgendwo über uns in seiner Glaskanzel. Andere Wettbewerbshallen sind aufgebaut wie Theaterbühnen. Vorne haben die Koordinatoren ihren Platz, und dann sind in Halbkreisen die Zuschauertribünen vorgelagert.
Hier ist das anders. Die Halle ist völlig neu und erinnert mehr an eine Arena als an eine Wettbewerbshalle. Ringsum liegen die Zuschauerränge. In jeder Ecke der Vorführungsfläche befindet sich ein Scheinwerfer, der sein Licht auf mich wirft und alles andere in harte Schlagschatten taucht. Darum erkenne ich das Publikum nicht.
Auf den Ruf des Kommentators hin werden die Scheinwerfer gedämpft. Das Licht wird ein wenig schwächer. Gleichzeitig tut sich ein Spalt vor mir auf, der sich einmal über die Bühne zieht und schnell breiter wird. Darunter befindet sich ein Becken, welches mit Wasser gefüllt ist.
Ich werde mit einem Pokémon antreten, das sich an Land nicht bewegen kann, darum musste ich um diese Maßnahme bitten. Ich atme einmal tief durch.
„Dein Auftritt, Lapraslazuli“, sage ich dann leise, werfe einen hellblauen Ball in Richtung Wasser, und warte auf das Erscheinen meiner Freundin. Den Spitznamen hat sie wegen der Reinheit ihrer blauen Schuppen.
Die Ballkapsel öffnet sich. Ein Schauer aus Blasen kündigt die Ankunft eines Wasserpokémons an – für diejenigen, die nach dem Schwimmbecken noch nicht die richtigen Schlüsse gezogen haben. Danach folgt eine Explosion aus bunten Sternen, welche die Blasen zum Platzen bringen. Das Funkeln der Sterne wird durch Myriaden kleiner, glitzernder Wassertropfen unterstrichen. Die Sterne breiten sich ringförmig um mein Lapras aus und verschwinden, bevor sie die Zuschauer erreichen.
Lapraslazuli schreit ihren singenden Ruf in die Halle hinaus.
Früher hatte ich eine andere Stickerkombination gewählt, aber als ich dann irgendwann merkte, dass die Zuschauer versucht sind, ihre Blicke zu lange bei den Blasen zu lassen, wenn sie länger umher schweben, beschloss ich, sie von nun an zum Platzen zu bringen. Die Tröpfchen hängen in lichten Wolken über dem Wasser. Einige setzen sich auf Lapras' Rückenpanzer ab. Das Licht der Scheinwerfer wird von den Wellen und von den Tropfen reflektiert. Lapras befindet sich in einem Vorhang aus Licht und Wasser.
Erster Applaus erschallt aus dem Publikum, und dabei habe ich noch nicht einmal angefangen. Genau so stelle ich mir das vor.
„Zuerst eine Aquawelle, Lapraslazuli!“ Diesmal erhebe ich meine Stimme, die dank des kleinen Mikrofons an meinem Kragen klar und deutlich durch die Halle schallt. Lapras öffnet das Maul und taucht elegant ab. Auf den Bildschirmen wechselt die Kamera. Anstatt von schräg oben wird Lapras nun von der Seite gezeigt. Scheinbar haben die Organisatoren auch im Becken unten Kameras angebracht.
Die Wasseroberfläche wird durchbrochen. Vier große Ringe aus Wasser brechen daraus hervor und rauschen in Richtung Decke. Meine Nervosität legt sich Stück für Stück. Alles geschieht genau so, wie wir es geplant haben. Ich zwinge mich, die Hände ruhig zu halten. Beinahe hätte ich sie vor der Brust gefaltet und meinen Gemütszustand damit verraten.
Die Aquawelle ist Schritt eins auf dem Weg zum Wassermond, einer Form, die ich schon immer mal zeigen wollte. Bisher hatten wir aber noch nicht die nötigen Fähigkeiten. Es hat uns Monate gekostet, diese Technik zu entwickeln und so weit zu üben, dass wir sie vorführen können.
„Mai legt mit einer Attacke los, welche die den Wasserpokémon eigene Schönheit perfekt widerspiegelt! Sehen Sie nur, verehrte Zuschauer, wie formvollendet diese Aquawelle gelungen ist!“ Da hat er Mann recht. Wasserattacken sind von Natur aus schön anzusehen, und darum hatte ich damals auf meiner Reise diesen Weg eingeschlagen. Wasser ist nachgiebig. Es passt sich seiner Umgebung an. Nichts auf der Welt ist gleichzeitig so tödlich und so lebensspendend wie Wasser.
Ich schließe die Augen und warte einen Moment. Die Aquawelle ist nun auf einer Höhe mit den Zuschauern, die am weitesten oben sitzen. Eine mir bekannte Präsenz dringt in meinen Kopf ein und ich höre Lapras' Stimme, die sich anhört wie ein kleines Mädchen.
„Ist es so weit, Mai?“, fragt Lapras per Telepathie.
„Ja.“
Weit über mir werden die vier Ringe in violettes Licht getaucht. Lapras' Kräfte halten sie in der Luft fest.
„Die Verbindung zwischen Mai und ihrem Lapras ist bereits aus anderen Wettbewerben bekannt, sie brauchen eigentlich keinerlei hörbare Kommunikation! Lapras benutzt Psychokinese, um die Aquawelle in eine Art Stasis zu versetzen!“
„Als nächstes Weißnebel“, denke ich, während Lapras wieder auftaucht. Die vier Ringe verschmelzen miteinander und fangen an, in einem langsamen Tempo um vier unterschiedliche Achsen zu rotieren. Ich weise mit einem Finger nach oben. Die Geste verfehlt ihre Wirkung nicht; Die Zuschauer sind begeistert.
Lapras haucht eine Wolke aus eiskaltem Nebel in die Luft. Ein Teil davon verbindet sich sofort mit dem Wasser und verschwindet, der Rest bewegt sich langsam auf die rotierenden Ringe zu, die mittlerweile eine Kugelform erahnen lassen.
Jetzt kommt der kritische Teil.
„Tempo verringern.“ Diesmal spreche ich wieder laut. Das Publikum soll genau sehen, was ich mir ausgedacht habe. Die Ringe werden langsamer, gleichzeitig taucht die Kugel in den Weißnebel ein. Eine Schweißperle bildet sich auf meiner Stirn. Ich hoffe, dass niemand hinsieht, und wische sie schnell weg.
Es ist für meine Form wichtig, dass ein Teil des Weißnebels komplett in der Kugel gefangen ist. Das funktioniert nur, wenn die Rotationsgeschwindigkeit der Ringe nicht zu hoch ist.
Dann zähle ich schnell mit geschlossenen Augen bis zehn. Jetzt muss es schnell gehen. Es geht um alles.
„Drachenpuls, dann Tempo erhöhen!“, rufe ich. Rot und blau leuchtende Energie schießt aus Lapras' Maul und rauscht direkt in den Nebel hinein. Ich kriege undeutlich mit, wie still es auf einmal in der Halle ist. Ein buntes Schimmern dringt hinter dem Nebel hervor und sinkt in die Tiefe.
„Das Finale! Hydropumpe!“ Lapras Gesang durchbricht die gespenstische Stille. Gleichzeitig rauscht ein Wasserstrahl durch die Luft, der beinahe so dick ist wie ein Baum.
Wasser trifft auf Wasser. Der Aufprall löst eine Druckwelle aus, die den Nebel komplett verjagt. Übrig bleibt eine Kugel aus rotierendem Wasser, die im inneren rot und blau leuchtet. Der Drachenpuls wurde von der Aquawelle eingefangen. Die Hydropumpe verschmilzt mit der Aquawelle und lässt die Kugel rapide wachsen. Drei Sekunden lang entsteht die Illusion eines schimmernden Monds, der hinter den Wolken hervorbricht. Ich renne los, in Richtung Wasser. Lapras ist während der Show langsam einen großen Kreis geschwommen. Mit einem weiten Satz springe ich ab, lande mit dem Fuß aus dem Panzer, taumele.
„Ich habe versagt“, schießt es mir durch den Kopf. Ich werde fallen. Meine Balance ist im Eimer.
„Nein, hast du nicht“, schallt mir Lapras' Stimme entgegen. Lapraslazulis Psychokräfte halten mich auf ihrem Panzer fest. Mein Fuß ist wie festgeklebt. Ich lasse das zweite Bein einfach angewinkelt, habe die Arme zur Balance ausgestreckt, alles andere würde jetzt unprofessionell aussehen.
Direkt danach explodiert der Mond und lässt einen aus rot und blau leuchtenden Tropfen auf uns herniedergehen. Lapras singt erneut, ich hebe die Arme über den Kopf und lächele breit.
„Danke, Lapraslazuli, du bist der Wahnsinn“, sage ich in Gedanken, während wir im Jubel baden.
Ihre Freude schwemmt in meinen Geist herüber und steigert die meine sogar noch. Diesen Tag werde ich nie vergessen.
Etwas Besonderes
„Das Grundkonzept des Pokémonwettbewerbs. Zeige ihnen, dass dein Pokémon einzigartig ist. Es geht darum, dass es etwas Besonderes ist.“
„Lombrero, Sonnentag!“
Warum hatte er sich darauf eingelassen? Sie war so viel besser. Und er – wie konnte er sich als Anfänger behaupten? Nein, sie hat dich gecoached. Du kannst das!
„Samba!“, erscholl es laut durch das Stadion, während die Wolken dahinschwanden und gleißendem Sonnenlicht Platz machten. Felix atmete einen Moment durch. Er war froh, dass er sich nicht auf das Wetter hatte verlassen müssen.
Die Musik setzte ein und er fand den Blickkontakt mit seinem Pokémon. „Ok, let's go!“, rief er und begann, sich im Rhythmus zu der beschwingten Musik zu bewegen. Lombrero tat es ihm gleich und tanzte mit seinem Trainer die Choreografie, die sie zusammen erarbeitet hatten. Das Publikum ging sofort mit. Das hatte er nicht erwartet und kurz dachte er, die Sprachlosigkeit würde ihn lähmen.
Reiß dich zusammen! Du musst dich konzentrieren! Irritiert setzte er einen falschen Schritt, doch er fing sich wieder und tanzte weiter, als wäre nichts gewesen. Lombrero war dadurch auch kurz unsicher geworden, doch dem Pokémon steckte der Rhythmus im Blut, als wäre die Musik seine zweite Seele.
Etwas angespannt war Felix aber doch. Ungeduldig wartete er auf den Moment, den er mit Lombrero vereinbart hatte – noch acht Takte, noch sechs, noch vier - „Ok Partner, Synthese, leg los!“, befahl er. Das Pflanzenpokémon bewegte sich weiter, als wäre nichts. Doch es hatte seinen Trainer genau gehört. Mit staunenden Augen sah die Jury zu, wie Lombrero zu leuchten begann. Es war wunderschön und Felix war so stolz auf seinen Freund. Wenn sie jetzt nicht mehr patzten, waren sie schon sicher weiter. Das war zumindest die Meinung seiner Mentorin.
Aber es würde noch besser werden. Monatelanges Training. Und ob es am Ende reichte? Es musste reichen. „Bist du bereit, Lombrero?“ Felix' Pokémon blickte ihn zustimmend an und nickte unmerklich. Die beiden drehten sich einmal um die eigene Achse. Mit dem abrupten Ende der Musik standen sie Rücken an Rücken. „Heuler“, sagte Felix.
Man hätte vieles erwartet. Nicht das. Heuler war keine schöne Attacke – zumindest nicht für die Ohren. Schrilles Kreischen, hohes Fiepen – es war kein Wunder, dass die meisten Pokémon nicht mehr so gut kämpften, wenn sie diese Töne ertragen mussten. Aber Felix hatte eine Idee gehabt und zusammen hatten Trainer und Pokémon etwas aus dem Heulen gemacht. Lombrero würde nie Opernsänger werden und Pokémon wie Piepi waren immer noch besser. Doch sie hatten sie das musikalische Pokémon so umgeschult, dass die Frequenz seines Heulers durchaus etwas Bemerkenswertes hatte. Hoffentlich sah Mr. Sukizo das auch so.
„30 Punkte! Eine unglaubliche Leistung!“, rief Vivian aus und das Publikum johlte. „Das war wirklich eine beeindruckende Vorstellung, habe ich Recht?“ Die Zuschauer steigerten den Applaus ins Unermessliche. Wow, so fühlt es sich also an? Felix hatte in letzter Zeit oft bei Wettbewerben zugesehen, aber dieses Gefühl konnte man nur nachvollziehen, wenn man mitten auf dieser Bühne stand. Allein für diesen Moment hatte sich der ganze Aufwand gelohnt. Doch er war noch nicht am Ziel.
Sie empfing ihn als erste. Lana drehte sich um, als er den Vorbereitungsraum betrat.
„Reife Leistung. Ich hatte schon gedacht, du lässt dich ins Bockshorn jagen, aber ihr wart fantastisch.“ Die junge Frau lächelte und strich sich eine Haarsträhne hinters Ohr. Felix grinste schelmisch.
„Ich hatte einen guten Lehrer.“
„Den musst du mir unbedingt mal vorstellen“, erwiderte seine Freundin keck. Dann umarmte sie ihn. „Warum hast du nicht schon viel früher angefangen? Du bist so talentiert!“
Felix lächelte etwas unsicher. Alles, was ich da draußen gezeigt habe, habe ich von dir gelernt und naja … es war auch harte Arbeit.“
„Hey“, entgegnete Lana, „Zum einen wird dich nur Talent nicht weit bringen und andererseits nützt die beste Schule nichts, wenn der Schüler null Talent hat. Und das dort draußen ist deine Leistung.“
Sie löste sich aus der Umarmung und drückte seine Hand. „So, jetzt entschuldige mich bitte einen Moment.“ Verwirrt sah der junge Mann seiner Mentorin nach. Würden sie sich nicht zusammen die restlichen Vorstellungen ansehen? Doch er ließ sie gehen – sie würde sowieso gleich wiederkommen. Inzwischen konnte er es sich vor dem Monitor gemütlich machen und etwas trinken.
„Wow, ich denke, diesen Wettbewerb werden wir nicht so schnell vergessen!“ Vivian genoss ihren Beruf mal wieder sichtlich. „Doch bevor wir nach diesen tollen Vorführungen in die Pause gehen, bleibt noch ein Teilnehmer. Oder besser gesagt: Eine Teilnehmerin. Sie kennen Sie bestimmt sehr gut, denn sie hat schon an zwei großen Festivals teilgenommen.“ Der Vorhang teilte sich langsam.
Für Felix schien es eine Ewigkeit zu sein, als er begriff, wer gleich durch den roten Schleier treten würde.
„Das kann nicht der Ernst sein!“ Ihm blieb der Mund offen stehen.
„Bitte begrüßen Sie mit mir … Lana!“ Das Publikum tobte.
„Nein!“ Wie sollte der junge Koordinator jetzt noch eine Chance haben? Wenn Lana teilnahm, würde er untergehen. Was sollte das?
Felix war verwirrt, verunsichert und auch etwas wütend. Sie hatte ihn trainiert und angelernt – nur um ihn hier zu schlagen? Oder warum stand sie dort auf der Bühne? Diese Frau war ein Rätsel, doch sie war auch faszinierend. Gespannt rutschte er auf dem Sofa hin und her. Er hatte sie nie üben sehen. Was also würde ihn erwarten?
„Ok Igelavar! Zeig was du drauf hast!“ Das Feuerpokémon glitt elegant aus seinem Pokéball und zog einen leuchtenden Schimmer mit sich. Die Koordinatorin lächelte.
Was hat sie vor?, überlegte Felix. Ein Feuertyp war eine gute Wahl. Flammen zählten zu den Effektknallern und damit konnte man sehr gut Punkten, auch wenn das nicht vordergründig Lanas Strategie war.
„Igelavar, leg los! Flammenrad!“ Feuer schoss aus dem Maul des Pokémon. Igelavar wirbelte seinen Körper herum und nur Bruchteile einer Sekunde vergingen, ehe es als rollende Fackel durch die Arena preschte. Lana koordinierte stetig seinen Weg, gab immer mal wieder kleine Anweisungen. Doch man sah sehr gut, dass ihr Partner wusste, was er tun musste. Igelavar brach die Attacke nie ab, sondern folgte den Befehlen seiner Trainerin immer weiter, kurvte umher und sprang manchmal sogar.
Was für eine Ausdauer!, staunte Felix und schaute gebannt zu. Denn so richtig wusste er nicht, worauf seine Freundin mit dieser Vorstellung hinauswollte. Doch dann schwenkte die Kamera. Das Feuerpokémon schloss die Präsentation mit einem eleganten Schlenker ab und setzte leichtfüßig auf dem Boden der Arena auf. Feine Rauchschwaden stiegen nach oben und als das Bild einen senkrechten Blick auf das Stadion zeigte sah man, was der Zweck des Ganzen gewesen war.
Igelavars Flammen waren so heiß gewesen, dass sie ein Muster auf dem sandigen Material erzeugt hatten: Ein Igelavar, mitten im Sprung, von Feuer umgeben.
Felix hatte sich verdrückt. Er war schon ein wenig sauer, dass seine Freundin und „Lehrerin“ ihm nichts gesagt hatte. Er wusste eigentlich, warum sie das getan hatte. Er wäre nie bis zum Anmeldeschalter gegangen, wenn er nur im Entferntesten geahnt hätte, dass sie auch teilnahm. Aber warum hatte sie dann diesen einen Wettbewerb nicht ausgelassen? Soweit er wusste, besaß sie sogar schon fünf Bänder.
„Hier also finde ich dich.“ Die Stimme kannte er zu gut. Felix drehte sich um und musterte Lana.
„Ja, hier findest du mich. Und?“ Lana lächelte. Ihre Augen funkelten wie Wasser im Sonnenlicht.
„Mein Freund, du musst deine Lektion lernen. Und wenn du vor den starken Gegnern davonrennst, kommst du nicht weit. Ganz einfach.“
„Ganz einfach? Das ist mein erster Wettbewerb!“
„Eben“, erwiderte Lana, „Und jetzt komm mir nicht mit Motivation, die du brauchst. Du weist noch nicht mal, wie diese Herausforderung ausgeht.“
Felix verzog das Gesicht. „Ja klar, als ob ich nicht wüsste, dass ich irgendwann heute auf dich treffe und verliere. Oder ich habe Glück und fliege schon vorher raus.“
„Unverbesserlich“, murmelte Lana und schüttelte lächelnd den Kopf. Sie ging an ihm vorbei und sah auf den Monitor, wo soeben das Gesicht von Vivian in Großaufnahme erschien. Die Koordinatorin legte die Stirn in Falten. „Na, willst du sehen, ob du Glück hast?“ Der ironische Unterton neckte Felix nicht mehr. Er fühlte sich kraftlos. „Jetzt komm schon“, forderte Lana ihn auf. Lustlos gesellte er sich zu ihr und hörte die Moderatorin rufen:
„Endlich haben wir die Ergebnisse, hier sind die Teilnehmer, die unsere Jury in die zweite Runde schickt!“ Acht kleine Bilder wurden gezeigt, davon zwei Koordinatoren, die Felix flüchtig kannte und vier andere, die er noch nie gesehen hatte. Und er! Und Lana.
Die Fotos wurden verdeckt und gemischt und Sekunden später prangten die Paarungen der Kampfrunde vom Bildschirm. „Du und ich“, stöhnte Felix.
„So wie du es dir gewünscht hast“, kommentierte Lana und sah ihn ernst an. „Du weißt, dass du diesen Kampf brauchst. Wir werden fair spielen und unser Bestes geben. Du bist gut und ich will, dass du alles gibst was du hast. Wirklich alles. Dann kannst du mich schlagen, obwohl du es nicht glaubst.“
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