Willkommen zum 7. Vote der Wettbewerbssaison 2018!
Beim Voting könnt ihr den einzelnen Abgaben zwischen 1 (nicht gut) und 10 (sehr gut) Punkte vergeben. Dabei sind auch halbe Punkte (wie 2.5) möglich. Wichtig ist dabei, dass ihr alle Abgaben bewertet. Da der Wettbewerb anonym ist, vergeben auch Teilnehmer beim Voten Punkte an alle (auch an die eigene) Abgaben. Diese werden bei der Auswertung nicht beachtet, stattdessen erhaltet Teilnehmer einen Punkteausgleich für ihre Unterstützung. Begründungen sind nicht verpflichtend.
Der Vote läuft bis zum 24. Juli 2018 um 23:59 Uhr.
Verwendet bitte folgende Schablone für den Vote:
Abgabe 1: xx/10
Abgabe 2: xx/10
Abgabe 3: xx/10
Abgabe 4: xx/10
Abgabe 5: xx/10
Abgabe 6: xx/10
Zitat von AufgabenstellungRebellion und Revolution sind keine gleichgestellten Begriffe, aber sie sind sich doch sehr ähnlich, denn Beide wollen Veränderung bewirken. Aus einer Rebellion oder einer rebellischen Gruppe kann nämlich schnell eine Revolution werden, die ganze Generationen prägt. Aber hier geht es nicht nur um kämpferische und politische Veränderung oder Ähnliches. Es gibt die Rebellion des Herzens respektive der Gefühle als solches, eine Revolution von kleinem sowie großem Ausmaße und vielleicht sogar die Rebellion der Natur? Die Geschichte ist mit solchen Umschwüngen sehr vertraut und Emotionen sind bis ins Tiefste in die Ursprünge solcher verankert. Wollt ihr die Zukunft verändern oder euch nur verteidigen?
Viel Spaß beim Voting!
Star Wars
Star Wars
An diesem Tag schwebte das Licht wie feiner, nebliger Schleier zwischen den Baumriesen umher. Gleichzeitig schien es nur zäh durch die flatternden Kronen der stummen Hüter des Waldes zu tropfen, um dann wahllos an Büschen, Steinen und Zweigen kleben zu bleiben.
Die seltsame Atmosphäre fiel dem Mann, der durch diesen Teil des Waldes hetzte, jedoch nicht auf. Das vertrocknete Laub, das den unebenen Boden wie ein Teppich bedeckte, wirbelte unter den flinken Echsenfüßen auf und segelte anschließend in paradoxer Ruhe wieder zur Erde.
Stir allerdings hatte momentan auch für diese Details kein Auge, sondern konzentrierte sich auf das, was unmittelbar vor ihm lag. Als er einen umgestürzten Stamm auf seinem Weg ausmachte, sprintete er los und stieß sich mit seinem kräftigen Beinen vom Boden ab. Ein lächerlicher, umgestürzter Baum war für den reptilienhaften Trandoshaner kein Hindernis. Er landete sicher auf der anderen Seite und setzte seinen Weg fort, ohne anzuhalten. Als ein weites Dickicht aus Farnen ausmachte, das sich wie ein kleines Meer an den Boden einer Senke schmiegte, sprang er beherzt zwischen die rauschenden Blätter. Er kroch weit in diesen eigenen kleinen Wald hinein, sodass man ihn von außen unter den hüfthohen Pflanzen nicht mehr erkennen konnte. Dann rollte er sich auf den Rücken und stieß ein erschöpftes Zischeln aus.
Trandoshaner waren eine reptiloide Spezies, die aufrecht ging und eigentlich auf dem Planeten Trandosha beheimatet war. Neben der kurzen, echsenhaften Schnauze und den spitzen Zähnen zeichnete sie vor allem ihre geschuppte, schlangenhaft weiche Haut aus.
Zum Glück für den jungen Stir Onsosss trug seine die Farbe frischer Lärchennadeln, hier und da gescheckt mit kleinen und großen Flecken dunkleren Tannengrüns. Die perfekte Tarnfarbe.
Stirs rasender Herzschlag erreichte allmählich wieder eine normale Frequenz, und auch sein Atem normalisierte sich langsam.
Dann lachte er. Es war eigentlich nicht viel mehr als ein kurzes, abgehacktes Krächzen, das in seiner Situation eigentlich völlig unangebracht war. Aber vielleicht verlor er auch langsam den Verstand. Das hatten ihm seine Bekannten und Freunde jedenfalls schon bescheinigt, als er sich der Rebellion seinerzeit angeschlossen hatte.
Er würde der Großen Zählerin keine Ehre erweisen, wenn er sich einem Haufen von Versagern anschloss, deren Unterfangen zum Scheitern verurteilt war, hieß es. Er solle lieber seinem natürlichen Jagdinstinkt fröhnen, so wie der berühmte Kopfgeldjäger Bossk es tat, hieß es. Das sei ein wahrer Trandoshaner, ein Vorbild für jedes Mitglied der T'doshok!
Unbewusst sammelte sich ein tiefes Grollen in Stirs Kehle, als er an all die Kommentare dachte, die er hatte ertragen müssen. Aber es war ihm egal gewesen. Er hatte sich dem Aufstand gegen das Galaktische Imperium angeschlossen, weil er an die Sache der Rebellen geglaubt hatte. Weil er der festen Überzeugung gewesen war, dass er seinem Volk damit den größten Dienst erweisen würde - den Schatten des Imperium zurückzuwerfen, der irgendwann mit Sicherheit auch auf Trandosha fallen würde, dass er seine Leute vor Versklavung und Leid bewahren könnte und sie ihm eines Tages dankbar sein müssten. Und die Große Zählerin würde ihn, wenn er die Jagd auf das Imperium erfolgreich beendet hatte, für seinen Erfolg mit Ruhm und Anerkennung überhäufen!
Er öffnete die Augen. Seine geschlitzten Pupillen verengten sich, als das flackernde Licht durch den Farnwald sickerte und den Reptilienmann sanft berührte. Das Rauschen des Windes in den Zweigen, das sanfte Wiegen des Laubes und der Sträucher … dieser Ort strahlte einen Frieden aus, wie ihn der Trandoshaner schon lange nicht mehr verspürt hatte. Er lauschte aufmerksam den Gesängen der Vögel im Geäst und den Bewegungen der Kleintiere im Unterholz.
Denn natürlich wusste er, dass diese Ruhe nur eine Illusion war. Bald würde die Schlacht auch hier ankommen.
Stir versuchte, den Gedanken an seine Kameraden zu verdrängen, die er auf dem Schlachtfeld zurückgelassen hatte. Ja, er hatte an die Sache geglaubt. Lange hatte er das. Hatte Kampf um Kampf bestritten, Seite an Seite mit seinen Gefährten Siege errungen und Niederlagen erlitten, war geflohen und hatte triumphiert und so manchen Becher Schnaps für diejenigen vergossen, die sie verlassen hatten s nd in der Ewigkeit weiterjagen würden.
Ob es ein bestimmter Moment gewesen war, der alles geändert hatte, ob er irgendwann einfach des Krieges müde geworden war oder er zu viele Freunde hatte sterben sehen in einem Kampf, der immer aussichtsloser schien, ihn einfach die Ernüchterung übermannt hatte, die immer stärker werdende Angst vor dem endgültigen Sieg des Imperators … er wusste es nicht, wahrscheinlich war es eine Kombination aus allem. Er hatte es jedenfalls nicht bewusst kommen sehen. Es hatte sich angeschlichen wie ein geschicktes Raubtier, und selbst der geschulte Jäger in ihm hatte es erst bemerkt, als es seine eiskalten Klauen und Zähne in sein Fleisch versenkt hatte.
Er hatte mitten auf dem Schlachtfeld gestanden, inmitten dieses riesigen Waldes, die brennend heißen Laserschüsse überall um ihn herumzischend, die Schreie der Getroffenen und Sterbenden wie eine grausame Melodie des Krieges in seinen Gehörgängen, den Geruch von verkohltem Metall und verbranntem Fleisch ekelhaft stechend in seinen Nüstern.
Und plötzlich hatte etwas in ihm ausgesetzt.
Er war nicht wie sonst todesmutig nach vorn gestürmt, hatte nicht mit dem festen Glauben an eine gerechtere Galaxis im Kopf dem nächsten imperialen Soldaten das Genick gebrochen und seine Klauen in die weiche Kehle eines anderen getrieben. Er war gerannt. Ohne nachzudenken, war er instinktiv Schüssen und Schlägen ausgewichen und nur gerannt. Und noch bevor seine Mitstreiter realisieren konnten, dass das nicht zu einem ausgefeilten Plan gehörte, dass er nicht wie üblich von einem günstigeren Winkel aus die Feinde ins Visier nehmen würde, war er schon weit vom Ort des Geschehens entfernt gewesen.
Stiche in seinem Herzen machten ihm erste Anzeichen von Schuldgefühlen bewusst. Er schluckte schwer und vor seinem geistigen Auge tauchten die Gesichter der Männer und Frauen auf, mit denen er gesungen, gelacht, getanzt, geschrien und getötet hatte. Und wie in einem grausamen Fluch verwandelten sich die Bilder jedes einzelnen in entstellte Leichen oder langsam und qualvoll Sterbende.
Hitze schoss erbarmungslos durch Stirs Rückgrat und und spülte die Erkenntnis der Realität gnadenlos in seinen Verstand.
„Was habe ich getan …“, flüsterte er, als er vollständig realisierte, was passiert war.
Stir Onsosss war nicht nur ein Unikat in den Reihen der Rebellen, nicht nur der hervorragende Fährtenleser und Kämpfer, geachtet unter Kameraden und gefürchtet unter Feinden – er war auch der Anführer seines Zuges gewesen. Ein Offizier. Verantwortlich für all die Seelen, die jetzt wie Vieh abgeschlachtet wurden, weil sie sich auf sein Führung und Stärke verlassen hatten!
Ehre … Anerkennung … darauf konnte er kaum noch hoffen. Der Schock lähmte ihn, und nur am Rande registrierte er, dass die Gesänge verstummt waren und sich nichts mehr durchs Unterholz bewegte.
Dann hörte er das Echo eines Baumes, der irgendwo in der Nähe krachend zu Boden ging.
Ein Teil von ihm wollte aufspringen und kämpfen, alles tun, um seine kopflose Flucht wieder gut zu machen, wenigstens einen von denen retten, die er hatte schützen sollen.
Doch ein größerer, schwererer Teil von ihm wusste auch, dass es bereits zu spät war. Dass er nichts tun konnte, um die Schlacht zu wenden oder seine Kameraden zu retten, die er im Stich gelassen hatte.
Er umklammerte fest den Griff der Pistole, die er die ganze Zeit in der Hand gehalten hatte.
Eines konnte er noch tun.
Ein ruhiger Abend. Ja, das ist genau, was ich heute brauche. Genug der Bewegung, genug der sozialen Interaktionen, endlich kann ich mich einfach in mein Bett legen und mich von YouTube berieseln lassen. Ja, das ist ein guter Abend.
Doch die Ruhe dieses Abends wird jäh durchbrochen. Wie ein Schlag mit dem Vorschlaghammer, wie ein brennender Pfeil, der sich durch meine Entspannung bohrt, ist da auf einmal ein Gedanke. Dieser eine Gedanke, der mein Herz zum Rasen und meine Gedanken zum Kreisen bringt.
Wettbewerb. Heute ist die Deadline für den Wettbewerb. Und ich habe immer noch keine anständige Idee. Ich habe Ansätze, ja, aber die lassen sich in zwei Stunden und siebenundvierzig Minuten doch niemals anständig umsetzen.
Ich seufze. Ich hatte mir doch vorgenommen, bei jedem Wettbewerb teilzunehmen, ja, sogar bei jedem Wettbewerb mein Bestes zu geben. Ich kann das doch nicht einfach so aufgeben, mit diesem Vorsatz nicht mitten in der Saison brechen. Ich kann nicht. Ich darf nicht. Ich würde mir das nie vergeben. Zumindest nicht in dieser Saison.
Widerwillig öffne ich das Textbearbeitungsprogramm meines Vertrauens. Ich muss es tun. Ich muss jetzt etwas schreiben, sei es, was es will. Meine Finger liegen auf den Tasten und zappeln unruhig umher. Ich brauche eine Idee, einen Anfang, irgendetwas. Ich tippe einige Buchstaben ein. Sie ergeben keinen Sinn, also lösche ich sie wieder. Was soll ich tun? Was soll ich nur tun? Ich muss jetzt schreiben.
Meine Gedanken jagen Geschichten, jagen Ideen, jagen einander, doch ich kann sie nicht greifen. Ich kann nichts tun. Ich muss aber. Es ist in diesem Moment meine einzige Bestimmung, diese Geschichte, was auch immer sie sei, auf virtuelles Papier zu bringen. Ich muss es schaffen. Ich muss einfach.
Ich stehe auf und gehe in die Küche. Vielleicht kommt mir ja die eine Idee, wenn ich nur etwas trinke. Man kann es nie wissen, oft genug passiert so etwas ja.
Jetzt passiert aber nichts.
Genauso ideenlos, doch etwas frustrierter und desillusionierter gehe ich zurück in mein Bett. Ich muss jetzt diese richtungsweisenden, diese unendlich wichtigen Wörter schreiben. Doch meine Finger rühren sich nicht. Nichts geschieht. Nichts verändert sich.
Ich seufze erneut. Ist es das wirklich wert? Wofür tue ich das alles? Für die drei Minuten Ruhm, wenn ich einen von Kiriki-chan gepixelten Orden mit goldenem Rand in meinem Profil ausstellen kann?
Ich schließe Word. Nein. Nein, ich spiele das nicht mehr mit. Was nützt mir dieser kleine Erfolg, wenn er so viel Frust und so viel Stress kostet? Ist doch egal, wenn ich einen Wettbewerb verpasse. Diese Leute, die behaupten, dass man bei jedem Wettbewerb dabei sein muss, um eine Chance aufs Finale zu haben, hatten schon immer unrecht. Wenn man nicht gerade schreibt wie eine Kartoffel, reichen heutzutage doch schon drei Teilnahmen. Und das Ding sollte ohnehin noch erreichbarer gemacht werden als vorher, also was soll’s?
Ins Finale, wie auch immer das letztendlich aussehen soll, komme ich so oder so. Wozu brauche ich jeden Wettbewerb, wozu brauche ich all den Stress? Glaube ich wirklich, dass mich irgendjemand weniger respektiert, wenn ich mal einen verpasse? Und glaube ich wirklich, dass ich eine Person, die das tut, noch länger in meinem Bekanntenkreis brauche?
Nein. Ich steige aus.
„Warum rebellierst du?“
Ein gelbes Auge starrte aus dem grauen Gebüsch, beobachtete aufmerksam das graue Wasser im dunklen Teich inmitten der farblosen Felsen und Pflanzen unter einem ewig erstarrten Himmel. Orte wie diese waren die schlimmsten. Stellen, denen scheinbar jegliche Kolorierung abhanden gekommen war und an denen sich nichts mehr regte, nicht einmal der winzigste Funken Leben. Gerade in Gegenden wie dieser musste es früher am hellsten und lebendigsten gewesen sein, hier hatte die Lähmung am heftigsten zugeschlagen.
Es gab nichts, was man dagegen tun konnte. Man musste es hinnehmen. Den Lauf der Dinge akzeptieren und sich den Mächten fügen, die dafür verantwortlich waren. Auflehnung wurde mit dem Tode bestraft. Was konnte man also schon tun? War es nicht besser zu leben, selbst wenn es in einer solch tristen, stillen Welt war? Wer würde schon gerne sein Leben riskieren, um die Grundlage dieser Ära zu ändern, das unverrückbare Fundament einer Welt, die schon lange nicht mehr zu retten war?
Solcherlei Gedanken beherrschten den Verstand der meisten Pokémon und Menschen dieser Tage. Sie vegetierten vor sich hin, furchtsam, niedergedrückt, im ewig dunklen Nebel, und sie nannten es Leben. Aber das war kein Leben. Es war nichts weiter als ein deprimierender Schatten einer Existenz, nicht wert, als wirkliches Leben bezeichnet zu werden.
Warum also rebellierte er, wo es doch so unmöglich schien? Warum konnte er nicht hinnehmen, was alle Anderen so leichtfertig akzeptierten? Es war simpel: Er wollte nicht länger ein solch armseliges Dasein führen, nicht länger in einer stillstehenden Welt leben und nur Tag für Tag auf das Ende warten, ohne jemals einen Sinn in alledem zu finden.
Denn dies war sein Sinn, seine Motivation. Er lebte für die Rebellion, die Revolution, für einen neuen Sonnenaufgang. Und nichts und niemand würde ihn daran hindern, dieses Ziel zu erreichen. Vielleicht würde er scheitern, aber er würde nicht aufgeben wie so viele Andere, und wenn ihn Schatten-Dialgas Häscher erwischten, so würde er wenigstens in der Gewissheit abtreten, es versucht zu haben. Sollte es aber gelingen… sollte dieses Vorhaben wie durch ein Wunder doch von Erfolg gekrönt sein… so hätte er sein Leben für eine Sache gegeben, wie es keine wundervollere gab.
Für die Erlösung und Wiederbelebung eines ganzen Planeten. Nein, so war es falsch ausgedrückt. Es würde keine Wiederbelebung geben. Sondern eine Revision der Geschichte.
„Los jetzt!“, raunte er nach einer Weile an seine beiden Begleiter. „Die Luft ist rein!“
Eilig huschte er aus dem Gebüsch, in dem sie Deckung gesucht hatten, seine Freunde dicht hinter sich wissend. Lange Zeit war er allein gewesen, hatte sich nur um sein eigenes Überleben geschert, war nicht anders gewesen als der Rest. Geistlos, verzagt, erstarrt. Doch nachdem er erwacht war und beschlossen hatte, die Dinge in die eigene Hand zu nehmen, hatte er wider aller Erwartungen tatsächlich Mitstreiter gefunden – noch dazu war einer davon ein Mensch! Früher hätte er es nie für möglich gehalten, mit einem Menschen zusammenzuarbeiten, und es hatte seine Zeit gedauert, bis sie zu diesem eingespielten Team geworden waren, aber nun war seine Partnerin nicht mehr aus seinem Leben wegzudenken – oder sollte er sie eher Komplizin nennen? Immerhin waren sie Kriminelle, ja, sie waren die Feinde der gesamten Welt, trachteten sie doch nach nichts weniger als deren Zerstörung.
Aber das ist nur die halbe Wahrheit, schoss es ihm durch den Kopf. Indem wir die Welt zerstören, retten wir sie.
„Hier lang.“ Celebi, die kleine, rosafarbene Fee, welche die dritte im Bunde war, wies in eine Richtung, in welcher der schmale Wildpfad, dem sie bislang gefolgt waren, abrupt endete, als wagten sich die meisten Pokémon nicht jenseits einer unsichtbaren Grenze, die sich dort befand.
„Sie spüren die Macht, die von dort ausgeht“, erklärte Celebi, als sie seinen besorgten Blick sah. „Der Zeittunnel ist nicht mehr fern.“
Nickend setzte er seinen Weg fort und ging wie gewöhnlich voran. Es wäre nun bald so weit – sie würden in die Vergangenheit reisen, in eine Zeit vor der ewigen Nacht, als die Sonne noch hoch am Himmel gestanden hatte, um zu verhindern, dass es jemals zur Lähmung des Planeten kam. Wie es wohl sein würde? Er konnte es sich kaum vorstellen… alles Licht, das er jemals gesehen hatte, war aus kleinen Quellen gekommen, verbotenen Quellen, für deren Nutzung manch einer schon ohne Wiederkehr in den Verliesen unter dem Zeitturm verschwunden war. Es fiel ihm manchmal noch immer schwer, daran zu glauben, dass es einstmals tatsächlich einen riesigen Feuerball gegeben haben sollte, der den ganzen Planeten in weißes Licht tauchte, doch die Recherchen, die sie über Monate und Jahre hinweg angestellt hatten, ließen keinen anderen Schluss zu, als dass die alten Legenden der Wahrheit entsprachen.
Die Geschichten von einer friedlicheren, glücklicheren Welt voller Abenteurer und Erkunder… nicht zum ersten Mal fragte er sich, wie es wohl gewesen wäre, in solch einer Zeit aufzuwachsen.
Ich werde es nie erfahren. Aber vielleicht kann ich dafür sorgen, dass viele Andere die Gelegenheit dazu erhalten.
Er warf seiner menschlichen Gefährtin einen Blick zu, den sie bemerkte und mit einem Lächeln erwiderte. Ihr von braunem, lockigem Haar umrahmtes Gesicht strahlte dabei einen seltsamen Glanz aus, der sich vor allem in ihren grünen Augen manifestierte. Vom ersten Tag an, seit sie ihm jene Frage gestellt hatte, warum er rebellierte, war er von diesem Glanz fasziniert gewesen. Sie war in dieser Welt die einzige, die niemals unglücklich wirkte, immer motiviert schien und nicht zuließ, dass die Dunkelheit sie brach. Auch wenn er inzwischen wusste, dass auch sie durchaus zweifelte, stand für ihn doch außer Frage, dass sie der Schlüssel zum Licht der Vergangenheit war. Ihr dimensionaler Schrei… diese Fähigkeit, die sie durch Zeit und Raum sehen ließ, kombiniert mit ihrer tiefgreifenden Entschlossenheit und ihrem eisernen Willen… ja, wenn es jemanden gab, der diesen verdammten Planeten, dieses verfluchte Zeitalter zurück ins Licht zu führen vermochte, dann sie. Daran glaubte er mit ganzem Herzen.
Bald schon öffnete sich der Wald zu einer freien Fläche hin, welche nach einigen dutzend Metern abrupt an einer steil aufragenden Felswand endete, die sich jedoch kaum von der tristen, grauen Umgebung abhob. Dasselbe konnte nicht von dem mysteriösen, blauen Orb gesagt werden, welcher dort knapp über den Boden schwebte, in unregelmäßigen Abständen blaue Funken versprühend. Es war eine geradezu dreiste Lichtquelle, so unverfroren präsentiert auf diesem unbewachsenen Plateau, dass es ihn stark wunderte, warum sie nicht längst entfernt worden war, bis es ihm allmählich dämmerte.
„Ist das… der Zeittunnel?“
„In seiner inaktiven Form, ja“, bestätigte Celebi. „Es gibt nur wenige Orte wie diesen auf der ganzen Welt, und ich kenne nur eine Handvoll davon. Schatten-Dialgas Günstlinge setzen alles daran, die Existenz der Zeittunnel geheimzuhalten, aber es braucht schon mehr, um mich, ein Zeitreise-Pokémon, zu täuschen, ha!“
Sie schnippte mit den Fingern und schwebte hinüber zum Tunnel, über welchem sie zu einem schaurigen Lied anstimmte, das ebenso kurz wie gänsehautverursachend war. Als schon nach wenigen Sekunden der letzte Ton verhallte, blitzte die magische Kugel schlagartig auf, sodass er sich schützend einen Arm vor die Augen halten musste. Sobald er wieder hinsehen konnte, befand sich an der Stelle, über der noch immer Celebi schwebte, tatsächlich ein tunnelartiges Gebilde, das augenscheinlich aus reiner, instabil flackernder Energie bestand.
„Schnell jetzt, ihr beiden“, drängte Celebi ihn und seine Partnerin. „Je länger ich ihn geöffnet halte, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass wir bemerkt werden. Nein… Schatten-Dialga uns wahrscheinlich längst bemerkt. Zwirrfinst war uns ohnehin auf den Fersen, aber jetzt weiß er genau, wo er suchen muss.“
Wie um ihre Worte zu bestätigen, erklang keckerndes Gelächter aus dem Wald, gefährlich nahe. Die Zobiris hatten sie beinahe eingeholt! Jetzt galt es, keine Zeit mehr zu verlieren. Er sah noch einmal das Mädchen an seiner Seite an. Sie nickten einander entschlossen zu. Es gab keinen Grund, jetzt noch zu zögern, noch war es nötig, kostbare Augenblick für unnötige Floskeln zu verschwenden. Sie hatten diesen Moment wie auch ihren Auftrag gefühlt tausendmal durchgesprochen. Sie wussten beide, was zu tun war und was auf den Spiel stand.
Sie waren Rebellen der schlimmsten Art. Weltzerstörer. Und doch würden sie reinen Gewissens gehen.
„Du bist sicher, dass du nicht mitkommen willst?“, fragte er dennoch noch einmal Celebi, obgleich sie ihm ihre Gründe schon mehrfach erläutert hatte.
„Mein lieber Reptain, ich fühle mich geschmeichelt, dass du dir trotz der Dringlichkeit unserer Situation noch Sorgen um mich machst, aber ich habe von Anfang an gewusst, worauf ich mich einlasse, und irgendjemand muss hier ja die Stellung halten, falls irgendetwas schief geht. Jetzt auf, bevor es zu spät ist!“
Er nickte. „Danke für alles, Celebi.“
Seine Partnerin nahm ihn zu seiner Überraschung bei der Hand, als sie sich vor den Tunnel stellten. Sie lächelte noch immer, und so fühlte auch er sich zu einem verwegenen Grinsen hingerissen. Alles, worauf sie in den letzten Jahren hingearbeitet hatten, würde nun endlich Früchte tragen! Und er, der sich für immer allein gewähnt hatte, würde diese wichtigste aller Aufgaben gemeinsam mit seiner Partnerin erfüllen, mit welcher ihn ein Band verknüpfte, das über Zeit und Raum hinweg reichte.
So traten sie durch den Tunnel, den dunklen Schemen nicht bemerkend, der ihnen lauernd dabei zusah.
Ich hasse es, nachzusitzen. Nicht etwa, weil ich mich mit jemand anderem geprügelt habe oder sonst was – ich würde niemanden etwas zuleide tun, geschweige denn mich wehren, auch wenn es in diesem einen Moment mein gutes Recht wäre – nein, sondern aus dem einfachen Grund, dass ich ununterbrochen trotz Hausverordnung im Schulgebäude eine Sonnenbrille trage. Und sooft sie mich bitten, sooft lehne ich ab, sie abzusetzen, denn ich brauche sie. Sie ist mein Schutz, sie verleiht mir die Kraft, anderen in die Augen zu schauen, ohne mich fürchten zu müssen. Ich wüsste nicht, was ich ohne sie machen würde.
Doch beim Nachsitzen nehmen sie sie mir – es ist nicht die verlorene Zeit, wieso ich es hasse, sondern die Angst und die Furcht, die mich die ganze volle Stunde plagen. Ich schaue meistens auf den verschmutzten Boden hinunter oder zur strahlenden Decke hinauf, während ich dazwischen einfach meine Augen schließe und vor mich hinträume. Die anderen durchsieben mich währenddessen mit ihren Blicken von allen Seiten, doch ich versuche, diese bestmöglich zu ignorieren. Ich könnte sie zwingen, aufzuhören, doch ich tue es nicht. Und dann kommt der ersehnte Augenblick, in dem der Aufsichtslehrer seine Stimme erhebt und uns mitteilt, dass wir nun nachhause gehen dürfen. Ich springe sofort von meinem Platz auf und werfe mir meinen schweren Ranzen auf den Rücken, bevor ich nach vorne stürme, um mir mit gesenkten Blick meine Brille, welche ich noch im selben Moment aufziehe, abzuholen. Ich schaue durch die verdunkelten Gläser in sein erschöpftes Antlitz und spüre seinen Frust.
„Wir sehen uns dann morgen wieder, nehme ich Mal an, oder?“
Ich verlasse den Raum kommentarlos und schleiche im Gegensatz zu den anderen, die fluchtartig an meinen schmalen Körper vorbeirennen, den langen, kühlen Flur bis zum Ausgang entlang – ich mache mir keinen unnötigen Stress, denn nun habe ich meinen Schutz zurück. Nun ist alles in bester Ordnung, ich muss mich nicht mehr fürchten, jemanden ausversehen zu verletzen.
Als ich aus dem Gebäude trete, kommt mir auf der Stelle die erdrückende Hitze entgegen und ich beginne unangenehmerweise, auf der Stelle aus allen Poren zu schwitzen. Um ehrlich zu sein, ist mir diese Jahreszeit im Vergleich zu den restlichen drei die unbeliebteste, auch wenn sie zu der Tatsache, dass ich ununterbrochen eine Sonnenbrille trage, recht passend ist, sodass ich in der breiten Masse kaum auffalle. Anders wie im Winter. Doch meine zarte Gestalt, die bei alles über fünfundzwanzig Grad zu schmelzen droht, ist für diese Wärme eindeutig nicht geschaffen.
„Hey!“, ertönt plötzlich ein Ruf, der mich aus meinen Gedanken reißt. Ich schaue mich um, kann jedoch niemanden in greifbarer Nähe entdecken.
„Hallo?“, antworte ich zurück, um mich davon zu überzeugen, dass ich mir alles nur eingebildet habe.
„Oben.“
Ich hebe meinen Kopf sachte an und blicke hoch zum Vordach, auf dem Daniel Adams, welcher mit mir in den selben Jahrgang geht, mutterseelenallein mit einer selbstgedrehten Zigarette in der Hand sitzt.
„Wie geht’s?“, fragt er mich, jedoch bleibe ich stumm.
„Hör mal“, beginnt er unaufhaltsam, weiterzureden, „ich weiß, wir hatten vielleicht keinen guten Start, was das betrifft, aber was nicht ist, kann doch noch werden, oder?“
Ich überlege einen Moment, was ich darauf antworten soll, während er den zurückgebliebenen Filter seines aufgerauchten Tabaks entsorgt.
„Ich könnte mir vorstellen, dass wir recht gute Freunde werden.“
Ich denke über sein Angebot nach, denn wenn mir was in meinem Leben fehlt, dann ist es ein Freund – aber ausgerechnet er? Ich kenne die Gerüchte rund um seine Person, drogenabhängig, gewalttätig, aufgrund dessen polizeibekannt, obwohl sein Vater selbst als Ortssheriff bei der Polizei tätig ist.
„Ich … sollte eigentlich schon Zuhause sein, tut mir leid“, rede ich mich irgendwie aus der unangenehmen Situation heraus und laufe mit gerichteten Blick geradeaus zum Schulhoftor. Doch dann höre ich hinter mir einen dumpfen Aufschlag, er ist von seiner Sitzfläche die ganzen zweieinhalb Meter heruntergesprungen.
„Hey!“, ruft er und folgt mir mit schnellen Schritten, um mich an der rechten Schulter zu packen, sodass ich aufgehalten werde, weiterzugehen, „Wenn es mit der freundlichen Tour nicht funktioniert, muss ich wohl etwas grober werden.“
Man bemerkt es zwar aufgrund der dunklen Brillengläser nicht, jedoch wuchsen meine Pupillen in diesem Augenblick auf ein Vielfaches an.
„W-was?“, stottere ich überrumpelt vor mich hin.
„Ich will auch was davon.“
Ich schaue ihn mit einem überdimensionalen Fragezeichen im Gesicht an.
„Was von deinem Stoff.“
„Drogen?“, frage ich perplex.
„Was sonst?“, antwortet Daniel spöttisch.
„I-ich nehme aber nichts“, erwidere ich, jedoch scheint ihm diese Antwort aufgrund seines Gesichtsausdrucks nicht zu gefallen. Er packt mich nochmal grob an, durchsucht meine Jacken- sowie Hosentaschen nach Gegenständen ab, findet dahingegen nichts.
„Komm schon, wo versteckst du den Kram?“
„Wie gesagt“, erkläre ich, „ich nehme nichts.“
Auch dies ist nicht zufriedenstellend.
„Du kannst mir nichts vormachen. Wozu trägst du sonst ununterbrochen eine Sonnenbrille?“
Sein Kopf läuft rasant rot an, seine zuvor noch lockeren Hände ballen sich allmählich zu festen Fäusten zusammen, während sich Schweiß auf seiner glatten Stirn bildet. Ich trete leicht verängstigt einen Schritt zurück, den er jedoch sofort wieder aufholt. Er lädt seinen angespannten Körper mit Energie auf, bevor er sich auf mich stürzt und ich gezwungenermaßen auf den harten Pflasterstein falle – mein Sichtschutz gleitet mir dabei von meiner schwitzigen Nase und kommt einen Meter weiter neben meinen trägen Körper auf. Ich versuche noch, sie eigens aufzuheben, doch der Rückstoß des Aufpralls vibriert noch überall in meinen Knochen und Muskeln, sodass Daniel mir zuvorkommt und sie aus Wut auf mich mit einem gewaltigen Aufstampfen zerschmettert. Nun bin ich ihm schutzlos ausgeliefert.
„Was machst du nun, Freak?“, schreit er mich an, während ich reflexartig meine Augenlider fest zusammenkneife, um ihn sowie mich zu schützen.
„Hey, ich rede mit dir!“, erhebt er erneut seine laute Stimme. „Schau mir gefälligst in die Augen, wenn ich mit dir rede!“
Doch ich kann nicht, ich darf nicht, nein, ich will nicht, ich will das nicht. Ich höre mit meinen gespitzten Ohren, wie er etwas aus seiner Jackentasche zückt, kurz darauf gefolgt von einem Klacken. Er entsichert etwas, er entsichert eine Waffe, die er vermutlich von seinem Vater gestohlen hat und zielt mit ihr sicherlich auf mich.
„Wer nicht hören will“, droht er mir, „muss leiden.“
Meine Hände beginnen, unaufhaltsam zu zittern.
„Sieh es als Geschenk“, spottet er über mich. „Und nun tue ich der Menschheit einen großen Gefallen, indem ich dein erbärmliches Leben hier und jetzt beende!“
Ich kann nicht mehr, ich muss es tun, zu viel Adrenalin. Ich öffne schlagartig meine Lider und schaue ihn mit meinen hypnotisierenden Augen in seine tiefozeanblauen.
„Nein!“, brülle ich Daniel an. „Du wendest die Waffe von mir ab und setzt sie an deinen eigenen Schädel.“ Auf der Stelle leistet er ohne Widerstand meinem Befehl Folge. Sein Blick ist eingefroren, nahezu totengleich. Ich kenne diesen außergewöhnlichen Ausdruck.
„Und nun tust du der Menschheit einen großen Gefallen, indem du dein erbärmliches Leben hier und jetzt beendest und abdrückst!“
Ein schallender Knall ertönt, kurz bevor sich mein Gesicht mit seinem Blut rot verfärbt und seine leblose Leiche auf mich fällt. Er ist leichter als erwartet, nahezu federleicht. Ich lasse meinen Kopf kurz fallen, atme tief ein und wieder aus, bevor ich ihn zur Seite presse und versuche, aufzustehen.
„Du hättest mir glauben sollen.“
All die Jahre habe ich mich hinter getönten Gläsern versteckt, all die Jahre habe ich gefürchtet, was ich bin, doch nun nicht mehr. Ich schaue zurück, bücke mich, um meine zerstörte Sonnenbrille aufzuheben und begutachte mich in einem einzelnen Glassplitter am Rahmen – mein gesamter Oberkörper ist blutverschmiert, alleine mein Gesicht ist kaum mehr wiederzuerkennen. Ich fürchte mich aber nicht mehr vor diesem Anblick, insgeheim gefällt er mir sogar, vielleicht, weil ich ihn solange nicht mehr gesehen habe.
Ich wische mir etwas Blut aus dem Gesicht, so viel es eben gerade nur möglich ist, und gehe wie geplant unbeeinflusst aus dem Schulhoftor hinaus nachhause.
Das dumpfe Klacken der Tastaturen in der großen, roten, pulsierenden Kammer war ohrenbetäubender als jeder Lärm. Immer wieder wurden die Tasten angeschlagen, im gleichen Rhytmus, unaufhörlich. Wir konnten nicht stoppen. Wenn wir aufhören würden, würden sich die Schleusen schließen und die Kammer würde geflutet werden.
Seit ich denken konnte arbeitete ich in der riesigen Kammer, dem Herzstück des gigantischen Arbeitskomplexes, dem sie alle nicht entkommen konnten. Ich hatte zwei Tasten vor mir, eine von ihnen war grün, die andere rot. Alle 120 Sekunden musste ich die Taste drücken, genauso wie die 140 anderen Arbeiter, die vor denselben zwei Tasten saßen wie ich. Niemals durften mehrere Tasten zur gleichen Zeit gedrückt werden, jeder wusste wann er dran kam. 12 Stunden pro Tag, 7 Tage die Woche. Es war ein einfaches Leben, aber ich kannte nichts außer der großen Kammer. Sie war meine Welt.
Wieder einmal saß ich vor meinen Knöpfen und wartete auf meinen Einsatz. Noch genau 68 Sekunden, dann würde ich den Knopf wieder drücken müssen. Aber wieso eigentlich? Wieso musste ich hier sitzen und den Knopf drücken. Wieso konnten das nicht die tun, die in der obersten Etage des Arbeitskomplexes saßen und uns unsere Kommandos gaben?
Waren sie anders als wir? Was machte sie besser als mich? Noch 64 Sekunden.
Leise flüsterte ich das meinem Nachbarn zu, der nach mir den Knopf drücken musste. "Warum drücken wir diese Knöpfe überhaupt?" "Damit wir nicht alle weggeschwemmt werden. Wir müssen die Schleuse offen halten". Stimmt, dachte ich, das wurde uns damals erzählt. Wir müssen die Schleuse offen halten, sonst bricht alles zusammen. Wir sind sehr wichtig.
Aber waren wir wirklich so wichtig? Nein, wir waren nicht wichtig. Wir waren die Trottel die Tag ein, Tag aus den Knopf drückten. Noch 37 Sekunden.
"Weißt du was, ich drücke einfach gar nicht drauf wenn ich gleich dran bin." "Das kannst du doch nicht tun!", erwiderte er mir, "Wir MÜSSEN den Knopf drücken". Noch 2 Sekunden.
Eine kleine Lampe leuchtete über dem kleinen Kasten auf, auf dem die beiden Knöpfe positioniert waren. Ich tat nichts. Ich würde mich ihnen nicht länger unterwerfen. Plötzlich ertönte ein lautes, schrilles Kreischen, und die Kammer fing an, schneller zu pulsieren. Schnell drückte ich auf den grünen Knopf, und es verstummte. Mein Nachbar war nun dran, und er drückte brav seinen Knopf. Noch 118 Sekunden.
"Siehst du, es passiert nichts! Wir müssen uns nicht ihren Regeln hingeben, wir können UNSER Leben selbst entscheiden" rief ich zu ihm hinüber. Er schenkte mir ein unsicheres Lächeln, erwiderte dann aber voller Zweifel "Was ist mit der Schleuse?" "Ach was, die Schleuse. Die ist nur erfunden, um uns gefügig zu machen! Wir sprengen unsere Ketten jetzt. Ich werde den roten Knopf drücken, sobald ich wieder dran bin. Tut es mit mir!"
Die Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer unter den Arbeitern. Wir wollten uns nicht mehr unterdrücken lassen. Wir wollten frei sein.
Als meine Lampe aufleuchtete, drücke ich ohne zögern den roten Knopf. Es passierte nichts, und mein Nachbar war an der Reihe. "SEHT IHR? Wir müssen uns nicht von ihnen in Ketten legen lassen, wir sind FREI". Und so ging es weiter. Jeder drückte den roten Knopf, wir hatten uns erhoben. Wir sprengten unsere Ketten, und brachen aus, viel zu lange war uns dies verwehrt geblieben.
Meine Lampe leuchtete wieder auf. Und wieder drückte ich den roten Knopf.
Plötzlich wurde alles dunkel. Das leichte pulsieren, das den roten Raum immer erfüllt hatte, war vorbei. Die Wände bekamen Risse und rotes Licht drang durch die Spalten. Ein neues Zeitalter war angebrochen.
Irgendwo in Italien griff sich ein Mann an die Brust, fiel und schlug auf dem Boden auf. Sein Herz hatte aufgehört zu schlagen.
Ein Land ist nicht einfach das Gebiet, das es umschließt, sondern eher verkörpert in seiner Bevölkerung, die, wenn sie geschlossen stehen kann, die größte Macht im Land darstellt. Der erste Schritt zur vollkommenen Unterdrückung ist es daher stets, die Bevölkerung eines Landes zu spalten und das Getrennte voneinander dauerhaft zu isolieren. Entsprechend ebnet die Zusammenführung der Bevölkerung aber auch wieder den Weg zur Veränderung.
Die Straßen von Stratos City waren verlassen und still, abgesehen von vereinzelten schwarzgekleideten Gestalten, die in einem strikten Muster patrouillierten. Die Hauptstraßen der einst strahlenden Metropole wurden noch von Straßenlaternen erhellt, doch in vielen kleinen Nebenstraßen und Seitengassen waren diese längst ausgefallen, ohne dass sich jemand die Mühe machte, sie zu reparieren. Da auch das fahle Licht des Halbmondes aufgrund der hohen Wolkenkratzer selten das Licht zum Boden fand, lagen diese Teile der Stadt nachts in fast vollkommener Dunkelheit. Wer sich dazu entscheiden würde, die Ausgangssperre zu verletzen und das Risiko einzugehen, von den Patrouillen erwischt zu werden, der würde in dieser Finsternis den besten Schutz finden.
Zwei Gestalten verließen sich offensichtlicherweise darauf, als sie durch eine Nebenstraße schlichen und dabei ihre eigenen Schritte dämpften, während sie auf die schweren Schritte der Schwarzjacken horchten. Ein Fehler würde mit einer wenig glimpflichen Festnahme enden. Anschließend konnte wer weiß was folgen. Vielleicht Gefängnis, vielleicht Zwangsarbeit, vielleicht Folter. Keiner wusste so genau, wohin die Leute verschwanden, was nur weiter die Angst und damit den Gehorsam förderte.
Auf halber Höhe einer Nebenstraße hielten die beiden Gestalten inne und drückten sich dann in den Schatten eines großen Müllcontainers, als auch schon eine Patrouille aus zwei Uniformierten um die Ecke bog. Die Versteckten hielten den Atem an, als die Schwarzjacken an ihnen vorbeiliefen und wagten es erst zwei Minuten nach dem Verschwinden der Patrouille wieder, sich zu rühren.
Ihr Weg führte sie weiter durch die Finsternis, bis sie schließlich ihr Ziel erreicht hatten: Aus den Schatten einer Gasse beobachteten sie den hell erleuchteten Eingang zu dem Hochhauses, in das sie eindringen wollten. Drei Schwarzjacken waren davor als Wachen postiert, doch im Grunde waren die Sicherheitsvorkehrungen hier niedrig. Das lag daran, dass eigentlich keiner wissen sollte, was in dem Gebäude lag. Auch Malcolm und Kira nicht, die sich hier Zutritt verschaffen wollten.
Malcolm zog das Kommunikationsgerät aus seiner Jacke. „Starten“, flüsterte er kurz hinein.
Es dauerte etwa eine halbe Minute, dann drang ein lautes Knallen und Leuchten wie von Feuerwerkkörpern aus einer der Straßen ihnen gegenüber. Die Wachtposten sahen sich kurz an, dann stürmten zwei von ihnen los. Der letzte verblieb und legte die Hand an seinen Gürtel.
„Verflucht“, murmelte Malcolm. „Einer ist dageblieben.“
„Damit mussten wir rechnen“, erwiderte Kira. „Flucht nach vorn also.“
Sie nahm ihren Rucksack vom Rücken und holte daraus eine Art Zylinder hervor, zog etwas von diesem ab und warf ihn dann quer über die Straße, direkt vor die Füße der verbliebenen Wache. Es gab einen grellen Lichtblitz und einen Knall, und Malcolm und Kira stürmten über die Straße auf die Wache zu, die zwar orientierungslos taumelte, aber offenbar immer noch geistesgegenwärtig genug war, um zu handeln. Sie tastete nach einem Pokéball am Gürtel und ließ ihn fallen. Mit lautem Fauchen materialisierte sich ein schlankes, vierbeiniges Pokémon mit violettem Fell und ebenfalls violettem Schweif.
„Kümmer dich um das Kleoparda!“, rief Kira, packte ihrerseits den Wachposten und nahm ihn in einen Würgegriff, aus dem er sich vergeblich zu befreien bemühte.
Malcolm zog ein Rohr aus der Tasche, legte rasch einen Pfeil herein und pustete. Der Pfeil traf das Pokémon, das wütend fauchte und sich auf Malcolm stürzen wollte. Als es jedoch zum Sprung ansetzen wollte, geriet es plötzlich ins Wanken und stolperte zur Seite, bis es umfiel und liegenblieb.
Kira ließ den Wachtposten ebenfalls zu Boden sinken. Er rührte sich nicht mehr.
„Ist er …“, fing Malcom an, doch Kira schüttelte den Kopf.
„Nur bewusstlos“, sagte sie in einem Tonfall, der fast bedauernd klang.
Sie trat an die Tür des Hochhauses und besah sich das elektronische Türschloss. „Sollte schnell gehen“, murmelte sie, zog einige Werkzeuge aus ihrem Rucksack und machte sich an die Arbeit. Malcolm sah sich währenddessen nervös um. Aus der Ferne hörte er immer noch das laute Knallen von Feuerwerkskörpern, doch nun hatten sich Schreie daruntergemischt. Er hoffte, dass die Aktionen überall in der Stadt die Schwarzjacken davon abhalten würden, dieses Gebäude allzu bald zu kontrollieren.
Schließlich hörte er Kiras erleichtertes Seufzen. Die Tür glitt auf und sie traten beide in die kleine Eingangshalle. Im von draußen hereinscheinenden Licht der Straßenlaternen glänzten die metallenen Türen des Aufzugs.
Es war seltsam, hier gewaltsam einzudringen und dann den Aufzug zu nehmen, als sei das ein normaler Besuch. Aber es war der einzige Weg nach oben, wo ihr Ziel lag. Kira und Malcolm betraten die Kabine und Malcolm drückte auf den Knopf für das Dach des Gebäudes. Es verging einige Zeit, in der sie beide nur nebeneinanderstanden, in einer peinlichen Stille der Erwartung, bis Kira das Schweigen brach.
„Meinst du … Dass alles nach Plan verlaufen wird?“
„So weit, so gut“, erwiderte Malcolm achselzuckend. „Wir erledigen unseren Teil, die anderen ihren.“
Kira nickte, fuhr sich aber nervös mit der Hand durch das kurze schwarze Haar. Malcolm sah sie dabei verstohlen an. Sie wirkte oft entschlossen und ernst, aber manchmal drang eine Seite von ihr durch, die sich beinahe schon zu viele Gedanken darum machte, was alles schiefgehen konnte. Er selbst spürte natürlich auch die Nervosität – monatelang war dieses Vorhaben geplant worden, nachdem sie den Ort gefunden hatten, an dem sich der Störsender befand. Man hatte sich Pokébälle beschaffen können, aber nun mussten sie auch eingesetzt werden. Das war die Aufgabe anderer Teams. Ihre Aufgabe war es hingegen, sicherzustellen, dass die Pokébälle auch eingesetzt werden konnten.
Die Fahrstuhltüren öffneten sich und ein kalter Nachtwind fuhr ihnen durch die Haare. Sie waren auf dem Dach des Hochhauses. Unmittelbar vor ihnen stand eine Art großer Kasten mit einem überdachten Schaltpult. Oben aus dem Kasten ragte eine Antenne.
Kira öffnete ihren Rucksack, zog mehrere Sprengsätze hervor und legte sie um den Kasten. Dann trat sie zurück, mit einer kleinen Fernbedienung in der Hand, die nur einen einzigen roten Knopf hatte.
„Gut“, murmelte sie. „Wir sollten besser auf eines der unteren Stockwerke. Wenn …“
Etwas schoss auf sie herunter und traf ihren Arm, woraufhin sie schmerzerfüllt aufschrie. Die Fernbedienung wurde ihr aus der Hand gerissen und schlitterte ein Stück weit über das Dach, bis sie nicht mehr zu sehen war. Malcolm sah sich hektisch um und erkannte eine dunkle Silhouette gegen den schwarzen Nachthimmel. Offenbar ein Vogel-Pokémon, das Malcolm jedoch nicht genau hatte erkennen können. Er warf einen Blick auf Kira: Ihr Arm blutete heftig.
Mit zitternden Fingern zog er das Blasrohr und lud es mit einem Pfeil, doch gerade als das Pokémon sich wieder auf sie zubewegte, erkannte er, dass es keinen Sinn hatte. Der Körper des Vogel-Pokémon glänzte nun metallisch in der Dunkelheit. Es war ein Panzaeron, und ein Pfeil mit Schlafgift würde gegen seinen stählernen Körper nichts ausrichten können. Warum war es überhaupt hier? Hatte man das Chaos in der Stadt aus der Luft überwachen wollen und sie dabei zufällig entdeckt?
Malcolm hatte keine Zeit, darüber nachzudenken. Als das Pokémon mit einem wilden Schrei auf ihn hinabstieß, sprang er gerade noch rechtzeitig zur Seite. Er rollte sich auf dem Boden ab, kam wieder auf die Füße und hechtete in die Richtung, in die die Fernbedienung geflogen war. Er sah sie dort auf dem Boden liegen und bückte sich nach ihr. Im nächsten Moment hörte er ein klirrendes Flattern hinter sich und brüllte sogleich vor Schmerz auf, als metallene Krallen über seinen Rücken fuhren. Er spürte etwas Warmes an sich herunterlaufen und hörte erneut die metallenen Schwingen.
Aber er hörte auch Kira: „Malcolm! Augen zu!“ Reflexartig schloss Malcolm die Augen und presste zudem seine freie Hand auf sein rechtes Ohr, auch wenn beides nicht viel half. Der laute Knall der Blendgranate war ohrenbetäubend und seine Augenlider schienen kaum vor der grellen Helligkeit des Lichtblitzes zu schützen. Dumpf hallte der Schrei des Vogel-Pokémon in seinen betäubten Ohren, dann fasste ihn jemand am Arm und zog ihn fort. Irgendjemand sagte etwas, doch er verstand es nicht.
Und dann stand er im Aufzug, die Fernbedienung in der Hand und Kiras besorgtes Gesicht vor seinen Augen. Sein rücken pochte wild von den Verletzungen, die das Panzaeron ihm zugefügt hatte.
„Tut mir leid“, sagte sie. „Aber ich musste die werfen.“
„Sch… Schon gut“, murmelte Malcolm. Die Türen des Fahrstuhls öffneten sich, und sie traten auf einen Gang eines der niedrigeren Stockwerke. Malcolm sah auf die Fernbedienung in seiner Hand und reichte sie dann Kira. „Hier, die Ehre gebührt dir.“
Kira nahm die Fernbedienung entgegen. „Also dann“, sagte sie und drückte den roten Knopf.
Eine heftige Erschütterung ging durch das Gebäude und Kira und Malcolm spürten den Boden unter sich vibrieren.
Malcolm nahm sein Kommunikationsgerät und sprach hinein: „Störsender zerstört. Pokébälle müssten jetzt in Stratos und Umgebung zum Fangen eingesetzt werden können.“
Er sah Kira an und lächelte. Dies war der Anfang vom Ende der Plasma-Herrschaft.
Highlights
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