Ich finde es okay, wenn jemand aus religiösen oder weltanschaulichen Gründen nicht spenden will. Aber die Begründung, dass man nicht spenden will, weil Menschen es nicht wert sind, finde ich heftig. Diejenigen, die das meinen, sollten mal überlegen, was sie da schreiben. Und wie leichtfertig sie den Tod anderer in Kauf nehmen.
Wenn also jemand das menschliche Leben nichts erhaltenswert empfindet, weil er diverse schlechte ERfahrungen gemacht hat, die ein Weltbild prägen - was dann auch nicht von ungefähr kommt, weil keiner mit der Einstellung "alles und jeder ist scheiße" auf die Welt kommt - und deshalb seine Organe nicht spenden will, findest du das also offensichtlich verwerflicher, als wenn jemand seine Organe nicht spenden will weil er an einen Gott glaubt, der nur die vollständige Leiche ins Paradies entlässt und damit genauso wenig Leben rettet?
Auch wenn ich die Meinungen der ersteren genauso wenig teile, kann ich aber nicht hergehen und sagen, dass ich es aus religiösen Gründen okay finde - an einen Gott oder sonst was zu glauben, dass Organspende nicht erlaubt bzw. generell etwas womöglich fiktives als Grund zu nennen, find ich da genauso "seltsam", wie sich auf die eigene, schlechte Lebenserfahrung zu stützen - denn ein "indirektes Todesurteil" fällen beide, in einem Fall halt aktiv der Mensch, im anderen Fall schiebt man seinen Glauben vor und fällt es halt dann passiv-aktiv, das Endergebnis ist das absolut gleiche und das Motiv absolut identisch irrational.
Auch wenn ich für mich persönlich beides nicht nachvollziehen kann, muss man in meinen Augen bei denjenigen, die sagen sie möchten nicht an "wertlose" Menschen spenden, fairerweise sagen, dass sich wenigstens, ihrem Meinungsbild entsprechend, Gedanken gemacht haben wieso sie nicht spenden wollen.
Wenn in solchen und solchen Umfragen Ergebnisse wie "Weiß ich nicht", "möchte mich nicht mit dem Tod befassen", "will mich jetzt noch nicht entscheiden" dabei sind, finde ich das ehrlich gesagt bedenklicher.
Sich keine Gedanken machen find ich da fragwürdiger. Dass wir so viele Befürworter, aber so wenige Spender haben, liegt mit Sicherheit nicht an dem geringen Anteil derjenigen, die sich aktiv dagegen aussprechen - denn unsere generelle Bereitschaft ist nicht sehr viel geringer als in Ländern mit der Widerspruchslösung.