Basis der Guardians – Rachel
Nachdem sie den Trainingsraum verlassen hatte, kehrte Rachel mit den Pokémon auf ihr Zimmer zurück. Erneut verspürte sie den ungemeinen Drang, sich einfach schlafen zu legen und den heutigen Tag vergessen zu können. Während sich Pandora nach dem doch intensiven Training auf dem Bett einrollte und wohl etwas dösen wollte, nahm Cammy Notiz von Rachels nervöser Haltung. Im ersten Moment hatte sie das nicht aktiv wahrgenommen, wurde aber wortwörtlich auf frischer Tat ertappt, als sie sich gegenseitig in die Augen blickten. Cammy legte den Kopf etwas zur Seite und die junge Frau sah zum Fenster raus. Sie konnte erkennen, dass es bereits später Nachmittag war. Nach mehreren im Kopf durchgegangenen Szenarien, wie sie ihre Pokémon auf den Neuzugang einstimmen konnte, seufzte Rachel lediglich. Anschließend nahm sie den neuen Pokéball aus ihrer Tasche und zeigte ihn ihrem langjährigen Partner.
„Also, äh, ich möchte euch gern jemanden vorstellen. Beim Teambuilding habe ich einem Pokémon, Forgita, geholfen und …“
Noch während sie sprach, kam die junge Frau ins Stocken. Cammy hatte die Augen verengt und Skepsis war über sein gesamtes Gesicht geschrieben. Mit zusammengepressten Lippen wanderte ihr Blick zu Pandora. Die Aussage, dass ihr jemand Neues vorgestellt würde, hatte sie neugierig werden lassen. Aus großen Augen sah sie nun den Pokéball an und Rachel entließ ohne weitere Worte Forgita.
Auf Poni hatte sie bereits erste Eindrücke von dem Pokémon gesammelt. Was sie ursprünglich als Rassel misinterpretiert hatte, war wohl ein eiserner Hammer, der gewandt eingesetzt wurde. Anders als gegen Meikro benahm sich Forgita beim Anblick von Cammy sehr zurückhaltend. Rachel verstand, dass es vermutlich mit dem deutlichen Größenunterschied zusammenhängte. Sie verfolgte die Reaktion ihres Partners genau und erkannte, dass er Forgita interessiert musterte. Sein Gegenüber verhielt sich keinesfalls still, sondern schien nervös zu sein. Als er schließlich zwei Schritte näher trat und eine Hand ausstreckte, holte Forgita mit dem Hammer aus und lief hinter Rachels Beine. Von dort wurde jede weitere Bewegung mit weinerlich klingenden Lauten akribisch begutachtet.
Cammy nahm die Hand zurück und schnaubte hörbar. Ihm sagte es nicht zu, dass der Neuzugang kein Vertrauen zu haben schien und sein Utensil ihm gegenüber verwendete. Im Moment konnte er wenig machen, um sich Forgita zu nähern und daher beließ er es für den Moment dabei. Sie zu drängen war keine Lösung und das wusste er natürlich. Er tauschte noch einen letzten Blick mit Rachel aus, bevor er zu seinem Schlafplatz schlurfte.
„Äh, tut mir leid. Ich wusste nicht …“, begann Rachel und kniete sich hin, um mehr auf einer Augenhöhe mit Forgita zu sein. Das Pokémon nahm davon Notiz und folgte den etwas panischen Bewegungen mit den Armen. „Forgita, du musst wirklich keine Angst haben. Die beiden sind meine Freunde!“
Beide? Just in diesem Moment kam Pandora fröhlich näher und drehte eine Runde um Forgita. Die Geste war Rachel mehr als bekannt und sorgte beim Erstkontakt nicht selten dafür, dass sich Menschen und Pokémon für die Grolldra-Dame interessierten. Forgita war davon jedoch nicht sonderlich angetan und holte erneut mit dem Hammer aus. Glücklicherweise war Pandora so schnell, dass sie das Werkzeug nicht zu spüren bekam. Allerdings nahm sie ebenfalls etwas Abstand und beobachtete den Neuzugang mit angezogenen Armen. Solch ein Verhalten war sie nicht gewöhnt und noch weniger, dass Forgitas Augen tränten.
Rachel kratzte sich mit einer Hand am Hinterkopf. Zumindest der Einsatz von Kulleraugen war ihr bekannt, während der Rest Ratlosigkeit in ihr erzeugten. Auf Poni hatte Forgita ihr gegenüber noch wesentlich offener gewirkt und daher war Rachel überrascht über die Reaktion. Andererseits befand sich das Pokémon in einer völlig neuen Umgebung mit Pokémon, die ihm nicht bekannt waren. Sie konnte nicht erwarten, dass Cammy und Pandora sofort als Teamkollegen akzeptiert wurden.
Schließlich stand die junge Frau auf und setzte sich auf die Bettkante. Forgita folgte ihr und hielt beide Arme vor ihr hoch, um zu signalisieren, auf das Bett gehoben werden zu wollen. Rachel kam dem sofort nach und sah, wie sich Forgita an sie schmiegte. Während es sich Cammy bereits gemütlich gemacht hatte, flog Pandora nach einigen weiteren Sekunden der nur von erstickten Lauten unterbrochenen Stille mit gemäßigtem Tempo zu ihm. Auch sie hatte verstanden, dass der Neuzugang von selbst auf sie zukommen musste und döste neben Cammy ein. Dass die beiden auf Abstand gegangen waren, ließ Forgita für den Moment entspannen.
Rachel schüttelte den Kopf. Es half nichts, sich darüber Gedanken zu machen. Sie erinnerte sich aber daran, dass sie etwas nachschlagen wollte. Bereits auf Poni hatte sie das Gefühl, Forgita schon einmal gesehen zu haben und so rief sie mit ihrem Smartphone eine bekannte Online-Enzyklopädie für Pokémon auf. Die richtige Seite war schnell gefunden und beim Durchlesen der ersten Sätze schlug Rachel eine Hand vor den Mund. Sie konnte gerade noch einen lauten Ruf unterbinden, als sie die Namen der Entwicklungen las.
Natürlich. Granforgita. Wie hatte sie das nur vergessen können?! Im Rahmen ihrer Ausbildung hatte sie davon gehört, dass diese Pokémon mit ihren riesigen Hämmern Jagd auf Eisen und Stahl und insbesondere Kramor machten. Bereits damals fand Rachel das Verhalten interessant, aber sie hatte nie gewusst, ob sie selbst damit glücklich werden würde. Plötzlich ergab auch die Rivalität mit Meikro im Wald Sinn. Obwohl sie eigentlich offen an das Pokémon herangehen wollte, sah die junge Frau verhalten zu Forgita, das an ihrer Seite döste. Wie nur könnte sie mit ihm wieder in ihre Heimat reisen, ohne eine Katastrophe bei den Krarmor oder den Flugtaxis anzurichten?
Noch während ihre Gedanken um diesen und viele andere Umstände kreisten, legte Rachel das Smartphone zur Seite und vergrub ihr Gesicht in beiden Händen.
Urlaub
Die darauffolgende Woche verging beinahe wie im Flug. Von der Foundation wurde für die Guardians, die dem Teambuilding beigewohnt hatten, ein Urlaub verhängt, der Rachel aber sehr gelegen kam. Die stressigen Tage der Ausbildung und auch das bisschen, was sie von offiziellen Missionen und Übungen miterlebt hatte, hatten sehr an ihren Nerven gezehrt. Am Anfang nutzte sie die Zeit, um sich zu entspannen und um das Attackentraining mit Pandora zu vertiefen. Zaveid war oft zugegen und so nutzten sie die Gelegenheiten, im Trainingsraum und seltener auch auf den offiziellen Kampffeldern miteinander zu üben und ihren Pokémon gut zuzureden. Zwar besaß Rachel nicht dieselbe Ausdauer wie er, aber am Ende jedes Tages war ein kleiner Fortschritt zu erkennen. Mittlerweile hatte sich auch deutlich herauskristallisiert, dass es sich bei Pandoras Attacke um Feuerodem handelte. Es waren wohl nur wenige Fälle bekannt, bei denen bereits Grolldra zu diesem Angriff imstande waren, da die Veranlagung häufig erst mit der Entwicklung einsetzte. Umso wohler fühlte sich Rachel dabei, dass das Training erfolgsversprechend war und die kleine purpurfarbene Flamme vom Beginn mittlerweile zu einem beständigen, äußerst heißen Feueratem herangewachsen war. Pandora hatte schnell verstanden, wie sie sich zu verhalten hatte und konnte das Feuer innerhalb weniger Tage ohne Mühe beschwören. Dennoch verhielt sich Feuerodem anders als gewöhnliche Feuer-Attacken und sorgte nicht für Verbrennungen, sondern für vorübergehende Paralyse. Rachel empfand es besonders faszinierend zu beobachten, wie ungewöhnlich einige Drachen-Attacken funktionierten. Dass sie von Zaveid einiges über die Anwendung lernte, war über die freien Tage sehr willkommen.
Wenn sie ihre Zeit nicht gerade mit dem Training verbrachte, nutzte die junge Frau viele Gelegenheiten, mit Lapras ziellos auf dem offenen Meer zu schwimmen. Mit jenem Exemplar, das sie am Tag des Teambuildings zur Silvally Foundation begleitet hatte, konnte sie alsbald resonieren und die gemeinsame Zeit wurde auf diese Weise umso angenehmer. Auch Pandora genoss die Zeit mit Flügen über das Wasser, während an Rachels Seite Cammy saß und daran arbeitete, Wasserbälle zu formen. Obwohl er bereits Übung darin hatte, war es wichtig, sich immer wieder mit der Praxis auseinanderzusetzen, um im Ernstfall schnell reagieren zu können. Lediglich Forgita blieb während dieser Ausflüge im Ball und wurde nur in der Foundation unter Beaufsichtigung freigelassen. Es wäre nicht auszumalen, wenn die Kleine jederzeit ihren Hammer verlieren würde. Dennoch musste Rachel immer wieder betrübt daran denken, was einmal aus ihm werden würde. Sie hoffte nur, dass Krarmor nie zum Lieblingsziel werden würden. Ansonsten würde das Leben in ihrer Heimat schwierig werden, sollte sie wieder einmal nach Circhester reisen. Dennoch konnte sie in diesen Tagen Annäherungen zwischen ihren Partner-Pokémon erkennen.
Ihre Gedanken behielt sie aber für sich. Am vorletzten Tag führte Rachel mit ihrer Mutter ein langes Gespräch, bei der sie von den Fortschritten mit Pandora und dem Leben in Alola berichtet hatte. Während dieser Zeit fühlte sie sich völlig sorgenfrei und sie genoss die Unterhaltung sehr.
Das 1x1 der Pokémon-Pflege – Rachel und Eunice
Nachdem der Urlaub zu Ende war, erwachte Rachel wie gewohnt früh. Die freien Tage hatten wenig an ihrem Schlafrhythmus geändert und dementsprechend fiel es ihr wie immer einfach, aus den Federn zu kommen. Am Vorabend hatte sie durch Zaveid erfahren, dass das Training mit Vulpix ein voller Erfolg gewesen ist, worüber sie sich auch ungemein freute. Somit hatte die investierte Zeit auf jeden Fall Früchte getragen!
Ihre Rückkehr aufs Zimmer unterbrach Rachel nur, um sich über eine neue App der Foundation zu informieren. Allem Anschein nach wurde in der Zwischenzeit etwas entwickelt, um über alle möglichen Dinge auf dem aktuellen Stand zu sein. Darum würde sie sich bei Gelegenheit kümmern. Ihr Hauptaugenmerk lag jedoch auf einer neu zugewiesenen Mission. Noch während sie sich dafür passend anzog, konnte die junge Frau ein Grinsen kaum unterdrücken. Schließlich ging es um Pokémon-Pflege! Im gleichen Zug fragte sie sich, wie viel Erfahrung ihre Kollegin Eunice hatte. In jedem Fall bekam sie so hoffentlich Gelegenheit, ihr Wissen zu zeigen und noch mehr über Pokémon zu lernen.
Auf dem Weg wurde sie quasi von Eunice überfallen, die sich sehr über die Zuteilung freute. Auch in dieser Situation konnte Rachel ein Lächeln nicht unterbinden.
„Das wird toll! Du kannst dir auf dem Weg ja schon mal überlegen, in welches Gehege du gern möchtest.“
Gemeinsam traten sie den Weg an, bis sie auf ihre Auftraggeberin Maho trafen. Für gewöhnlich war sie nicht häufig anzutreffen und daher war Rachel sehr gespannt, wie die Arbeit mit ihr ausfallen würde. Ihr Partner-Pokémon war Fruyal, das auf die beiden Neuankömmlinge aufmerksam machte.
„H-hallo Maho! Ich heiße Rachel“, stellte sich die junge Frau vor und verbeugte sich leicht.
OT: Der Beitrag hat etwas gedauert. Danke an dieser Stelle noch einmal an Marc27 für das Beibringen von Feuerodem! Ich bin gespannt, wie die Basismissionen werden.