Nachdem nun auch Temari an der Reihe gewesen war, hatte jeder mindestens einmal in den sauren Apfel beißen müssen. Doch der lange und unterhaltsame Abend kam erst jetzt so richtig in Fahrt. Es folgten noch diverse Kartenspiele, bei denen man Geschick beweisen musste. An anderer Stelle wurden einige mehr oder weniger grußelige Schauergeschichten erzählt. Shai war an der Reihe, welcher gerade die Geschichte vom Reiter ohne Kopf erzählte. Dabei hielt er sich die mitgebrachte Taschenlampe unter das Gesicht, um so eine noch unheimlichere Atmosphäre zu schaffen. "Und dann holte er mit seiner Axt weit aus ... und trennte die Köpfe der Kinder ... von ihren Körpern!" Einige erschauderten! "Doch natürlich passte keiner der Köpfe dem Reiter ... Legenden erzählen, dass er auch heute noch bei nebeligen Nächten umherstreift, um seinen alten Kopf wieder zu suchen. Er wird niemals Ruhe finden, bevor er ihn nicht gefunden hat - niemals! Sein Durst nach Blut und seine Rachegelüste treiben ihn immer und immer wieder voran!" In dem Moment peitschte der unbezähmbare Wind gegen die Fensterscheiben des Zimmers und alle zuckten zusammen.
Es wurde spät und Mitternacht war schon lange vorbei. Die Ersten begannen zu gähnen und bei einigen wurden die Augen immer kleiner. Eine ungewöhnliche Müdigkeit breitete sich im dunklen Raum aus und da schon Decken und Kissen auf dem Boden lagen, machten es sich alle auf den aufgewärmten Holzdielen gemütlich, legten sich hin und schliefen schon bald ein. Man konnte den Schlafenden nur wünschen, dass sie nicht vom mysteriösen Reiter ohne Kopf träumen würden.
Shai wurde von lauten Wingulrufen geweckt. Sein Kopf fühlte sich schwer an und er konnte ihn erst nach mehreren Versuchen hochheben. Er rollte die Decke zur Seite und rieb sich die Augen. Der Rest der Mannschaft schien noch zu schlafen, zumindest rührte sich in den provisorisch angelegten Schlafsäcken nichts. Sachte stand Shai auf und streckte dann Arme und Beine in alle möglichen Richtungen, was ein wohltuendes Gefühl verursachte. Plötzlich war ein Grunzen zu vernehmen und Shai entschied sich das Zimmer zu verlassen. Auf Zehenspitzen schlich er sich heraus, stieg vorsichtig die Treppen zum Deck nach oben und genoss dann erst einmal die Sonne, die ihn offenbar anlächelte. Es war ein herrlicher Morgen, zumindest empfand Shai es als solchen. Den Himmel zierten keine Wolken, vereinzelt flogen nur einige Wingulschwärme über die Old Lady hinweg. Wenn hier Winguls sind, bedeutet das doch, dass wir in der Nähe von Land sind, grübelte Shai.
Und der Koordinator sollte Recht behalten, denn als sich dieser zum Bug begab, konnte er eine Stadt erkennen, die sich auf einer riesigen Landfläche entlangstreckte. Wenige Hochhäußer befanden sich im Hintergrund und symbolisierten offenbar den technischen Fortschritt der Hafenstadt. Weiter vorne standen traditionelle, schön gestaltete Gebäude, die perfekt in ein altertümliches Theaterstück gepasst hätten. "Fuchsania City", pfiff Shai kaum hörbar. Noch war der Hafen weit entfernt, doch schon jetzt wusste Shai, dass neue Abenteuer auf sie warteten. Er konnte es kaum erwarten, diese Stadt zu betreten!