Faustauhafen war ein schöner Ort und eine lebendige Stadt. Sicher, gegen seine Heimat war dies hier geradezu ein Provinznest und auch wenn die Leute sich rühmten, immer "hipp" und "angesagt" zu sein, hinkten sie hinter den neuesten Trends aus Stratos City doch gewaltig hinterher. Cedric fragte sich manchmal, ob das wichtigste in Faustauhaven war, cool zu sein. Der Trendsetter zu sein, nicht der, der dem Trend folgt. Die Frage stellte er sich nicht seit seiner Ankunft. Nein, er stellte sie sich erst seit ein paar Tagen, seit er mehr und mehr Nachahmungen seines Outfits auf der Straße sah. Blaue, ärmellose Tops, fingerlose Handschuhe, alles sportlich - einige dieser Stilverrückten hatten sogar seine Frisur und Haarfarbe kopiert. Er hatte erwartet, dass man ihn auf der Straße erkennen würde. Die Teenie-Serie in der er mitgespielt hatte, war schließlich ziemlich bekannt. Seinen ersten Tag hatte er beinahe nichts anderes getan, als Autogramme zu geben. Doch er hatte irgendwie gehofft, dass es außerhalb Einalls nicht so schlimm sei. Zu dumm, dass es ihn als allererstes in das etwas aus der Reihe tanzende Faustauhaven verschlagen hatte.
Während seine Mutter sich also in Malvenfroh im Inland der Hoenn-Region ihren Filmgeschäften widmete, hatte er zu aller erst die Fähre hierher genommen. Er hatte die tropische Region kennenlernen wollen, mit Sonne, Strand und Meer, ein paar coole Tage verbringen und in der Arena antreten. Er war noch nie in einer Arena angetreten, und das obwohl auch Stratos City über eine verfügte. Er war also ein wenig aufgeregt, wie es sein mochte. In der Stadt kannte jeder Kamillo, der wohl Kampf-Pokémon trainierte und mit dem nicht zu spaßen war. Ein cooler Typ, wie man so hörte, der allerdings ausgeflogen war.
Machte nichts. Er konnte durchaus ein paar Tage warten, chillen und die Sonne genießen. Und das tat er auch.
Cedric kam gerade vom Strand hinauf in Richtung PKMN-Center. Salzwasser tropfte noch aus seinem Haar und über seinen nackten Rücken hinunter. Er trug eine dunkelblaue Badehose mit zwei weißen Längsstreifen und hatte ein Surfbrett unter seinen linken Arm geklemmt. Sein Rucksack in dem zwei seiner Begleiter ein Nickerchen in ihren Bällen machten, hing über seiner Schulter und ein ganz und gar ungewöhnliches Pokémon saß auf seiner Schulter.
Kopernikus, das kleine Bauz, drehte seinen Kopf unaufhörlich in alle Richtungen, um auch ja alles sehen zu können. Man hätte meinen können, seine Krallen würden die nackte Haut seines Trainers verletzen, doch waren seine Füßchen angenehm sanft und hielten sich trotzdem fest. "Shuhu!", machte es leise und mit einer niedlichen Stimme.
"Ooooooh!", machten zwei Mädchen, die Cedric auf dem Weg zum Strand entgegen kamen. Der junge Mann nickte ihnen lässig zu und ging weiter.
Man konnte sich eigentlich an die Idylle gewöhnen. Klar, manchmal wurde es etwas hektisch. Vor kurzem schien ein Wailord an der Küste verunglückt worden zu sein, wovon er allerdings nichts mitbekommen hatte. Er bezweifelte auch, dass er hätte helfen können. Seine Pokémon waren noch neu auf Reisen und sicher nicht in der Lage, ein solches Schwergewicht wieder ins Meer zu befördern.
Während er noch darüber nachdachte, betrat er das große Gebäude mit dem roten Dach, international anerkannt als die Farben des PKMN-Centers.
"Hey, ich bin wieder da!", grüßte er die Schwester, die gerade Dienst hatte und einem Chaneira dabei half, Tränke und Medizin-Items in die Schränke hinter dem Tresen zu räumen.Ist irgendeine Nachricht von meiner Mutter gekommen?" " Hallo nochmal!", grüßte auch sie zurück und lächelte in professioneller Manier. "Von Ihrer Mutter nicht. Aber das Grand Hotel "Trés Chique" hat angerufen und irgendetwas von einer geplatzten Reservierung gesagt. Wollen Sie uns verlassen?""Neee, im Gegenteil!" Cedrics Worte wurden hin und wieder von einem leisen "Shuhu" unterbrochen. "Meine Mom hat nur endlich kapiert, dass ich mich nicht in irgendeinem Hotel einquartiere. Sonst fressen die anderen Trainer mich noch auf."
"Eine Pokémon-Reise ist etwas ganz besonders. So etwas sollte man auf die herkömmliche Weise erledigen", pflichtete sie ihm bei, ohne dabei von ihrer Tätigkeit aufzusehen. "Wie geht es dem Zorua und dem Sandan?"
"Curie kommt gut klar. Sie hat ein paar Zigzachs' am Strand den Kopf verdrehen wollen. Bis ich endlich herausgefunden hatte, welche Blondine in Wahrheit mein Zorua ist, gabs schon eine Menge Ärger, aber die kleine Madame hat sich so doll amüsiert, dass ihr ab und zu der Schwanz in die Ursprungsform zurückgeflutscht ist. Und für Darwin ist's tagsüber etwas zu warm. Er hat sich im Sand verbuddelt. Aber sie hatten Spaß."
Nach einem kleinen Plausch und einem Klamottenwechsel zog er sich in die Lobby des Gebäudes zurück. Kopernikus shuhute fröhlich vor sich hin, während Cedric mit seinem Holo-Log ein wenig surfte und den Bekannten daheim von seinem Tag erzählte. Nur ein weiterer Tag im Paradies.