Volksabstimmung in der Türkei 2017

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  • Eine Niederlage für Erdogan. Eine Vorbereitung auf das Referendum, die mehrere Jahre und zig Menschenleben gekostet hat, die Osttürkei faktisch militarisiert und unbewohnbar gemacht hat, das Wahlrecht vieler Oppositioneller eingeschränkt und blockiert hat, die Schumelei und Intransparenz in Anspruch genommen hat und bewusst in den Medien Algorithmen während der Wahlauszählung spielen lassen hat, um der Welt zu zeigen, dass man nichts gegen Erdogans Manipulation und Machtergreifung unternehmen könnte. Und trotzdem haben sie gerade mal sehr knapp gewonnen und lediglich die Nation gespalten und aggressive Fronten erzeugt, die einfach nicht nachhaltig für das türkische Zusammenleben sein können.


    Die Menschen, die sich jetzt noch auf Instagram und Facebook feiern, werden es in den nächsten Jahren nicht mehr tun können. Und wie feiert Erdogan das Ergebnis? Er setzt zunächst die Todesstrafe auf die Tagesordnung

  • Niederlage ist sehr frei formuliert, oder? Möglich, dass das Ergebnis zeigt, dass etwa 50% seiner Landsleute noch Hirn haben.
    Aber jetzt dürfte es ihm ziemlich egal sein, ob die Leute ihn lieben, oder nicht, oder? Ein Diktator schert sich auch nicht darum.

  • Zitat von QueFueMejor

    Da ist es wieder: Du siehst Integration immer nur als einseitige Sache. Integration funktioniert aber nur beidseitig, man müsste sich also wenigstens mal fragen, was man denn bei der Integration falsch gemacht haben könnte. Und du beantwortest die Frage sogar ziemlich eindeutig, wenn du sagst:

    Ich habe schon oft mit Ausländer Kontakt gehabt und habe auch gemeinsam viel getan. Es fängt bei der Sprache an. Um Verständnisprobleme zu vermeiden versuchen die Ausländer die deutsche Sprache immer weiter zu lernen. Integration bedeutet einfach gleichstellen. So, dass man zwischen den Deutschen und einen Ausländer keine Unterschiede mehr findet. Aber anscheinend gibt es bei uns sehr viele Türken, die den Erdogan zum Diktatur machen wollen, die eine Diktatur wollen. Das ist mit unsere Demokratie nicht vereint.




    Zitat von QueFueMejor

    Das ist Ablehnung, die Menschen ausgrenzt. Wenn du Integration sagst, meinst du Assimilation, du willst keine türkischen, islamischen oder sonstigen Fremdeinfluss auf "deine" Kultur. Du willst, dass diese Türken das werden, was du als Deutsch ansiehst. Wenn nicht, solln sie verschwinden.
    Sinnvoller als direkt mal die Abschiebung von Türken in Deutschland, die das Präsidialsystem in der Türkei befürworten, zu fordern, wäre zu hinterfragen, warum sie das tun und daraus entsprechende Schlüsse zu ziehen. Aber das erfordert Diskussion und nicht nur Plattitüden und Sprüche, wie man sie auf Facebook zuhauf lesen kann.

    Nein, das ist eine Konsequenz. Ich möchte hier keine Menschen, die für eine Diktatur sind, weil wir leben in einem demokratischen Staat und in keiner Diktatur. Jeder, der eine Diktatur möchte sollte auswandern. Deutschland gibt den Menschen die Freiheit und demokratischen Rechte, aber diese Menschen wollen was ganz Anderes.


    Integration funktioniert bei manchen Ausländer besser als bei anderen Ausländer. Es kann nur nicht wahr sein, dass hier Mehrere von der Gewichtung her für Erdogan sind als in der Türkei.

  • Ich hab die Wahl ja gestern zwischen 13 Uhr und 23 Uhr fast ununterbrochen in zwei Livetickern mitverfolgt (einmal von der Zeit, einmal von The Guardian), und muss schon sagen dass es ein eher mulmiges Gefühl in der Magengegend hervorruft. Unerwartet kommt es nicht - Meinungsumfragen im Voraus haben auch schon vorhergesagt, dass in etwa 51% für Ja sein werden und es damit knapp werden sollte. Das man sich auf die nicht ganz verlassen kann haben Brexit und Trump gezeigt, wenn man allerdings betrachtet hat wie sehr die Opposition eingeschränkt wurde und nicht alle ihre private Meinung unbedingt kundgegeben haben (sondern stattdessen die öffentliche Meinung, wenn man sie denn mal so nennen will), wollte ich mir doch irgendwo Hoffnungen machen. Tja, nichts da.


    Generell lief der Wahlprozess ja dann auch ziemlich suspekt ab. Zu dem ganzen Vorgeplänkel von Erdogan will ich mal nichts sagen - die wurden in den vorherigen Wochen und Monaten zur Genüge durchgekaut, und haben sicherlich eine wesentliche Rolle gespielt, um eben das "Ja" aus der Bevölkerung herauszukriegen. Fast schon schlimmer sieht es aber bei der eigentlichen Wahl gestern aus. Um mal nur ein paar Ereignisse zu nennen, die gestern passiert sind:


    - Im Südosten des Landes, in einem Wahlbezirk wo 9 von 11 Abgeordnete aus der Opposition kamen, wurden gestern vor dem Wahllokal 3 Menschen erschossen. Pro-Erdogan-Medien bezeichneten dies als "Familienstreit".
    - Mehrere Wahlbeobachter wurden bei der Erfüllung ihrer Aufgabe behindert, in einem Wahllokal (in Ankara, wenn ich mich recht erinnere) wurde ein Wahlbeobachter sogar von der Polizei aus dem Lokal gezerrt.
    - Umschläge ohne gültigen Stempel wurde NICHT (!) als ungültig erklärt.
    - In manchen Wahllokalen wurden Leute mitunter dazu gezwungen, offen ihre Stimme abzugeben.
    - Als kurz vor Schluss die Stimmen für "Nein" aufgeholt haben, hat die Opposition auf einmal einen kompletten Informationsblackout zur Auszählung bekommen.


    Gerade den letzten Punkt muss ich verurteilen, da es so etwas schon einmal in Ankara gab. Damals wurden Stimmen ausgezählt, die AKP war 50/50 mit der Opposition und der einzige noch auszuzählende Distrikt war eine Oppositionshochburg. Es gab für zwei Stunden einen Informationsblackout, und auf einmal lag die AKP klar in der Wahl vorne.


    Der "Wahlsieg" von Erdogan wurde verfrüht bekanntgegeben, obwohl nur die Urnen geöffnet, nicht aber die eigentlichen Stimmen aufgezählt wurden. Und wenn ich mich nachträglich noch einmal durch beide Ticker buddeln sollte, bin ich mir ziemlich sicher dass noch weitere Ungereimtheiten aufkommen, außer denen die mir spontan noch eingefallen sind. Dass die Änderung erst 2019 richtig in Kraft treten wird ist ein schwacher Trost - ich bin nach wie vor besorgt um die politischen Gefangenen und Geisel wie Yücel und Co, insbesondere wenn das Referendum zur Todesstrafe denn tatsächlich durchgehen sollte. So langsam kann ich mir vorstellen wie sich die Opposition gefühlt haben müsste, als 1933 das Ermächtigungsgesetz durchgegangen ist. Dass die Türken in Deutschland überwiegend für "Ja" gestimmt haben hat auch einen sehr widerlichen Nachgeschmack, auch wenn es auf Grund der mangelnden Integration beim besten Willen nicht verwunderlich ist. Hätte gehofft, dass ein paar Leute mehr im Geschichtsunterricht aufgepasst hätten.


    Und an dem Punkt kann man als normaler Bürger natürlich auch nur abwarten und zuschauen. Ich hoffe dass Europa als Kollektiv richtig auf die ganze Geschichte reagiert - nicht aggressiv oder provokativ, aber eine klare Linie möchte ich in dem Falle gerne sehen. Jetzt schon Panik machen wäre auch nicht richtig, sich anfangen Sorgen zu machen ist allerdings beim besten Willen auch nicht falsch. Meine Gedanken werden in erster Linie bei denen sein, die "Nein" gewählt haben, in der Hoffnung dass Sultan Erdogan es jetzt nicht überspitzt.

  • Ich denke die Gewichtung liegt daran, dass es vielen Türken egal ist, was in der Türkei abgeht, weil sie ja hier leben, und deshalb gar nicht erst wählen gehen. Die absoluten Erdogan Fans zieht es dann an die Wahlurne, zumindest ist der sog stärker als für Erdogan Gegner.


    @Edex
    Du bist für demokratische Werte möchtest aber Leute abschieben, die ein deiner Meinung nach schlecht abgestimmt haben. Undzwar in einer Wahl die keinen direkten Einfluss auf Deutschland hat.

  • Integration bedeutet einfach gleichstellen. So, dass man zwischen den Deutschen und einen Ausländer keine Unterschiede mehr findet.

    Nein, das ist per definition Assimilation. Gleichmachung.


    Integration heißt, Leute, die anders sind, zu einem Teil der Gesellschaft zu machen und diese und ihre Kultur zu respektieren, solange sie auch die andere Kultur akzeptieren und respektieren. Alles natürlich in einem vernünftigen Rahmen (aka: Menschenrechte müssen eingehalten werden, Gesetze des Landes anerkannt etc.), aber es ist expliziet nicht das Ziel von Integration, dass es keinen Unterschied zwischen einem Deutschen und beispielsweise einen nach Deutschland eingewanderten Türken mehr gibt.

  • Zumal es sowieso immer recht fraglich ist von "den Deutschen" zu sprechen. Was macht denn "die Deutschen" aus? Hautfarbe? Geburtsrecht? Geschmack in Musik, Essen, Unterhaltung? Deutsch ist, wer einen deutschen Pass hat. Die Forderung "Ausländer sollen genauso sein wie Deutsche" schlägt alleine schon deswegen fehl, weil es keine ordentliche Definition gibt die erklärt, was genau ein Deutscher überhaupt ist (mal abgesehen von der Passgeschichte). Heck, selbst die so oft angepriesene deutsche Kultur unterscheidet sich je nachdem, in welchem Teil von Deutschland du bist. Genauso wie es allen deutschen Staatsbürgern erlaubt ist, ihrer Kultur gemäß den Richtlinien der Gesetzgebung nachzugehen, müssen auch solche mit Immigrationhintergrund die gleichen Rechte haben. Alles andere wäre kein Schutz des "deutschen Kulturguts" sondern reine Willkür und Diskriminierung. Sonst, wenn alle sich so verhalten müssten wie "die Deutschen", müsste jeder Kölner von Karneval begeistert sein und jeder Bayer beim Oktoberfest fröhlich Bier kippen. Und das verlangt ja auch keiner.

  • Traurig finde ich eher, dass 63% der hier lebenden Türken für Ja gestimmt haben.

    Ich finds faszinierend, dass man ein Land als Wohnort wählt bzw. bevorzugt, in dem man frei leben und seine Meinung äussern kann und gleichzeitig für sein Heimatland (oder wie auch immer mans nennen will) die quasi Diktatur wählt. Das nennt man wohl Wein trinken und Wasser predigen. :sekt:

    Er wandte sich an Gucky: "Der Kommandant hat mich gewarnt für den Fall, dass du bei den Ankömmlingen sein würdest. Deine Kommentare würden schwer zu verstehen sein, weil du in einer Art zwanghaften Humors gefangen bist." Perry Rhodan #3133, Seite 55

    Per aspera ad astra!

    Momentan kein Partneravatar mit Missy!

  • Ich finds faszinierend, dass man ein Land als Wohnort wählt bzw. bevorzugt, in dem man frei leben und seine Meinung äussern kann und gleichzeitig für sein Heimatland (oder wie auch immer mans nennen will) die quasi Diktatur wählt. Das nennt man wohl Wein trinken und Wasser predigen. :sekt:

    Ich halte es für durchaus möglich, dass die Wahlzettel der Wähler manipuliert sein könnten.
    Man schickt einfach ein paar andere präperierte Kisten los, während die Orginale vernichtet werden.
    So einen Schachzug trau ich Erdogan zu.

  • Kein Wort zur Erdogan Wahl?

    Es war keine Wahl, sondern eine Volksabstimmung zu einer Verfassungsänderung.

    Erdogan hat mit 51% gewonnen. Traurig finde ich eher, dass 63% der hier lebenden Türken für Ja gestimmt haben. Das kann doch nicht wahr sein. Anscheinend haben sich zu viele noch nicht integriert. Kann man die Türken, die hier Erdogan gewählt haben nicht bitte in die Türkei schicken?

    Nein, es hat ungefähr ein Sechstel der hier lebenden Türkischstammigen für Ja gestimmt.
    "In Deutschlandleben laut Statistischem Bundesamt 2,9 Millionen Menschen, die aus der Türkei stammen. Von ihnen sind 1,43Millionen wahlberechtigte türkische Staatsangehörige. Rund46 Prozent – also etwa 661.000 Personen – haben von diesem Recht Gebrauchgemacht. Mit Ja gestimmt haben etwa 416.000 der in Deutschland lebenden Wahlberechtigten."


    http://www.zeit.de/politik/aus…mung-recep-tayyip-erdogan


    Bei den 416.0009 Türken, die Ja gestimmt haben (also Ja zur Präsidialdiktatur u. zur Todesstrafe) kann man die Integration natürlich als gescheitert betrachtet

  • Nein, es hat ungefähr ein Sechstel der hier lebenden Türkischstammigen für Ja gestimmt.
    "In Deutschlandleben laut Statistischem Bundesamt 2,9 Millionen Menschen, die aus der Türkei stammen. Von ihnen sind 1,43Millionen wahlberechtigte türkische Staatsangehörige. Rund46 Prozent – also etwa 661.000 Personen – haben von diesem Recht Gebrauchgemacht. Mit Ja gestimmt haben etwa 416.000 der in Deutschland lebenden Wahlberechtigten."

    Das führt allerdings leider zu dem Trugschluss, dass du gleich annimmst alle nicht wahlberechtigten Türkischstämmingen würden für "Nein" stimmen. Wenn ich denn an der Stelle mal so dreist sein darf - kannst du das denn beweisen?

  • Die Türken in Deutschland stimmten fast mit Zweidrittelmehrheit für das Präsidialsystem. Nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu kam das „Ja“ nach Auszählung fast aller Stimmen im Ausland auf 63,1%. Die Wahlbeteiligung in Deutschland lag bei knapp 50%.
    Die türkische Opposition befürchtet eine Ein-Mann-Herrschaft Erdogans und erhebte Einspruch aufgrund Unregelmäßigkeiten bei der Abstimmung.

    Einerseits könnte man sich wundern, warum das Ergebnis in Deutschland so stark dafür ausgefallen ist, da man eigentlich davon ausgehen könnte, dass die Türken hier etwas weniger konservativ eingestellt sind.
    Andererseits auch nicht, da die Türken im Westen sich mit den Konsequenzen nicht auseinandersetzen müssen, vielleicht auch gar nicht so viel weniger konservativ sind wie angenommen, oder einfach Angst um ihre Familien in der Türkei haben, da die Wahlen definitiv nicht besonders geheim abliefen und sie Angst vor Folgen im Falle einer "Nein"-Stimme haben.


    Nein, das ist eine Konsequenz. Ich möchte hier keine Menschen, die für eine Diktatur sind, weil wir leben in einem demokratischen Staat und in keiner Diktatur.

    So sehr ich dich verstehen kann, Menschen mit einer sehr autoritären Einstellung nicht abzukönnen. Es ist definitiv auch undemokratisch, Menschen eine autoritäre Meinung zu verbieten. So sehr sich das auch widersprüchlich anhört, aber so etwas muss nun einmal gestattet sein, wenn man in einem Land mit absoluter Meinungsfreiheit leben will, auch wenn diese Meinung gegen jene Meinungsfreiheit einsteht.
    Ich kann deinen Frust nachvollziehen, nur denke ich nicht, dass wir Leute aufgrund besagter Meinungen abschieben sollten, solange sie nicht danach handeln.



    Zum Thema Wahlzettel fälschen, auf Twitter gibt es einige Videos in denen zB der Leiter des Wahllokals mit den Wählern in die Wahlkabine geht, oder wie hunderte von Wahlzetteln von den dortigen Wahlhelfer pro Erdogan gestempelt werden

    Könntest du mir einen Gefallen tun und mal auf eines verweisen? Ich habe wirklich keine Lust, nun danach zu suchen.

  • @Highlife Sorry, aber das ging gestern durch nen Retweet durch meinen Feed. Die Chancen das wiederzufinden sind gleich 0, zumal die Posts auch noch auf türkisch waren. Also kann ich auch nicht danach suchen, aber falls ich nochmal eins sehe verlink ich es dir.


    Abgesehen davon find ich es ehrlich gesagt auch kritisch wenn man in einer Demokratie (aka Deutschland) lebt und 65% der Türken hier dann für ne Diktatur in der weit entfernten Türkei sind.

  • Zitat von Relinked

    Abgesehen davon find ich es ehrlich gesagt auch kritisch wenn man in einer Demokratie (aka Deutschland) lebt und 65% der Türken hier dann für ne Diktatur in der weit entfernten Türkei sind.

    65% der Wähler und nicht aller Türken. Bei einer Wahlbeteiligung von 50% sind das grob 33% aller (wahlberechtigten) Türken.

  • Mir tun die aufgeschlossenen, liberal-westlichen Türken leid. Auf den Nein-Veranstaltungen habe ich fast keine Kopftücher gesehen, alles sah ein wenig so aus wie in Deutschland, Italien oder Spanien. Dieser ganze Bullshit, der gerade in der Türkei abläuft, wurde unter anderem daraus gespeist, dass Erdogan, immerhin Anführer eines NATO-Landes, seinen gläubigen Untertanen versprochen hat, der Westen würde toben. Bei dieser Propaganda hilft ihm natürlich der gesamtmuslimische Schwachsinn von sich unterdrückt fühlenden Gläubigen, die ihre Religion für verfolgt halten und den internationalen Opfermythos des leidenden Muslims weiterspinnen.
    Die Türkei ist am Ende, sie war es schon vor der Wahl. Man kann mit Sicherheit davon ausgehen, dass es schlimmer werden wird.

  • Zitat von Highlife

    So sehr ich dich verstehen kann, Menschen mit einer sehr autoritären Einstellung nicht abzukönnen. Es ist definitiv auch undemokratisch, Menschen eine autoritäre Meinung zu verbieten. So sehr sich das auch widersprüchlich anhört, aber so etwas muss nun einmal gestattet sein, wenn man in einem Land mit absoluter Meinungsfreiheit leben will, auch wenn diese Meinung gegen jene Meinungsfreiheit einsteht.
    Ich kann deinen Frust nachvollziehen, nur denke ich nicht, dass wir Leute aufgrund besagter Meinungen abschieben sollten, solange sie nicht danach handeln.

    Können aber unberechenbar sein. Wir können froh sein, dass Ausländer nicht bei Bundestagswahlen, Landtagswahlen mitwählen sonst würden noch mehr Leute für Parteien wählen, die für einen autoritäten Staat sind. Die deutsche Geschichte hat in den letzten 60 Jahren sehr viel gelernt und es ist geil, wie der Staat von Nationalsozialismus in einer Demokratie wurde und das soll auch so bleiben.

  • Mir tun die aufgeschlossenen, liberal-westlichen Türken leid. Auf den Nein-Veranstaltungen habe ich fast keine Kopftücher gesehen, alles sah ein wenig so aus wie in Deutschland, Italien oder Spanien

    Unter den Demonstranten, speziell im so wichtigen Istanbuler-Bezirk Besiktas, war eine unglaubliche Diversität an politischen Richtungen vertreten, von liberal-sozialdemokratischen über kommunistischen sowie gemäßigt- bzw. konservativ-kemalistischen Strömungen dürfte alles dabei gewesen sein, inklusive einzelne Autonome.
    Der Kampf hierbei, so eindimensional dieser auf den ersten Blick erscheinen mag, ist von komplexerer Natur. Es geht um den zunehmend stärker-werdenden Einfluss der Religion auf den Alltag des Normalbürgers und das in einem Land, welches genau das seit der Unabhängigkeit mit dem Gründungsprinzip des Laizismus' stets verhindern wollte. Verständlicherweise sind diese Leute, mich eingeschlossen, total perplex, dass der Islam einen mittlerweile derart hohen Stellenwert hat und das ist dem Parteiprogramm der regierenden AKP zu verdanken.


    In meinem ganzen Leben, ich bin 28 wohlgemerkt, wurde ich nie zuvor mit den Worten beleidigt, ich sei ein Ungläubiger weil ich Kemalist sei (da fuck?). Erst als die Erdogansche Politik in den vergangenen Jahren restriktiver wurde, da musste ich mir sowas anhören. Die Zerrissenheit des Volkes ist sehr gut an den Wahlergebnissen zu erkennen; In Izmir geht Erdogan baden und das Nein-Lager kommt auf 68,78%, nicht das erste Mal wohlgemerkt, dass Izmir sich gegen Erdogan stellt. Im Verfassungsreferendum von 2007 sah es genauso aus. Entsprechend war und ist die Beziehung von Erdogan und Izmir belastet. Seit Jahren nutzt er daher bezüglich Izmir eine ganz bestimmte bewusst passiv-aggressive, religiös-angehauchte Polemik um die Stadt zu diffamieren [siehe Gâvur Izmir-Vorfall in dem Erdogan auf Izmirs vermeintlichen Ruf eingeht, es sei ''gâvur'' (ungläubig)}.



    Das Land, im momentanen Zustand ist unfassbar geteilt, die Fronten verhärtet. Ich kann mir beileibe nicht vorstellen wohin das führen wird.

  • Die meisten Ausländer haben wahrscheinlich eine doppelte Staatsbürgerschaft und können deswegen sowohl hier als auch bei sich zuhause wählen.
    Das Präsidialsystem wird aber erst komplett nach der nächsten Wahl kommen. Turnusmäßig wäre die 2019, viele rechnen aber damit, dass Recep der Prächtige diese schon ins nächste Jahr verlegen wird, Warten ist ja nicht seine Stärke. Zudem je schneller er wählen lässt, desto höher seine Chance zu gewinnen, denn die Zukunft kann in der Türkei nicht besser werden. Der Sieg in diesem Referendum war hart erkämpft, er hat ja praktisch alles mobilisiert und dann grade mal mit 2% gewonnen, das ist nicht viel. Die großen Städte haben das Referendum alle mehrheitlich abgelehnt, insbesondere auch der asiatische Teil Istanbuls, wo ja doch viele Erdoganfans leben.
    Die Situation erinnert mich ein bisschen an Thailand, wo Dörfler und Städter auch tief gespalten sind und ohne Intervention des damiligen Königs immer wieder ein Bürgerkrieg drohte. Die Gefahr sehe ich in der Türkei momentan auch, weil die ganzen von Erdogan entlassenen Beamten werden das doch sicher nicht auf sich ruhen lassen.
    Mit dem Ergebnis hat keiner gewonnen.