dass das Gesundheitssystem am Zahnfleisch kriecht
Das ist doch ein Punkt, an dem wir uns alle einig sind, oder sehe ich das falsch? Niemand hier hat etwas Gegenteiliges behauptet.
Aber, und das ist glaube ich der Punkt an dem es dann wieder auseinander geht, wer ist denn daran Schuld? Das Gesundheitssystem war auch schon vor Corona nah an den Grenzen. Hätte es Corona nicht oder nicht in dem Ausmaß gegeben, wäre das Gesundheitssystem früher oder später auch kollabiert, weil es voller systematischer Mängel ist. Corona hat die Sache nur beschleunigt. Für diese systematischen Mängel kann aber niemand von uns was. Egal ob geimpft oder nicht geimpft, egal 100% isoliert oder das Beispiel der Leute die einem in den Nacken husten, egal ob noch nie Corona gehabt oder jede Variante mitgenommen. Die Probleme im Gesundheitswesen sind auf politischer Ebene. Fehlende finanzielle Unterstützung, Privatisierung, generell einfach, dass der Staat einen fick darauf gibt, wie gut es uns geht. Sieht man doch am Krankenversicherungsdebakel auch ganz gut. Unter +-6dpt siehst du noch gut genug, da wird dir keine Brille gezahlt. Du hast Diabetes und willst Blutzuckermessgerät und Zubehör gezahlt bekommen? Viel Glück dabei, wirst du brauchen. Regelmäßige Zahnreinigungen helfen maßgeblich, das Risiko von Zahn(fleisch)erkrankungen zu reduzieren, aber du willst das über die Krankenkasse abrechnen? Viel Spaß damit. Präventionskurse in alle möglichen Richtungen halten dich bewiesenermaßen eher gesund, aber du hast nicht die finanziellen Mittel dazu? Tja Pech, die Krankenkasse will dafür auch nicht zahlen. Die Liste geht noch ewig weiter. Wenn du das Glück hast, dich privat versichern zu können, dann kannst du dir einige dieser Dinge zwar erkaufen, aber wenn du unter 5550€ Brutto verdienst darfst du als Arbeitnehmer nicht mal in die PKV wechseln sondern musst doppelt und dreifach über Zusatzversicherungen zahlen, wenn du irgendwas davon haben willst.
Es ist einfach viel zu einseitig und man macht es der Politik, die hier maßgeblich schuld ist, auch zu einfach, wenn man alle Verantwortung, das Gesundheitssystem nicht zu überlasten, auf sich und die "Gesellschaft" abwälzen lässt. Da müssen ganz andere Dinge passieren. Vernünftige Arbeitsbedingungen und attraktive Löhne im Gesundheitswesen zum Beispiel. Finanzielle Unterstützung von Krankenhäusern, damit sie nicht gezwungen sind, wirtschaftlich zu denken. Hell, im Bezug auf Corona und Abstände halten könnte man sogar noch anbringen, dass es eine Leistung für das Gesundheitssystem wäre, wenn man den ÖPNV so fördert, dass zu Stoßzeiten mehr Transportmittel im Einsatz sind, damit man nicht nur die Wahl zwischen "Sich in ne übervolle Bahn/Bus/ect quetschen" und "mindestens eine halbe Stunde länger warten müssen weil erst dann die nächste kommt" hat sondern sich das mehr aufteilen kann und damit die Kontaktmengen reduziert werden.
Prinzipiell stimme ich deinem kompletten Beitrag absolut zu. Aber was ist denn nun die Lösung bis sich auf politischer Ebene was getan hat? Wegsehen weil man nicht Schuld am Dilemma ist?
Was, da gibt es Leute die berechtigt Angst um ihre Gesundheit haben und wünschen dass ich wenigstens für nen Moment die Maske aufsetze? Pff, ich bin doch nicht Schuld dran.
Was, ich könnte mit einer Impfung und dem Tragen einer Maske wenigstens aktuell helfen das Zeug nicht immer und immer wieder rum zu reichen um Risikogruppen zu schützen? Nicht mein Problem, bin ja nicht Schuld dran.
Klar liegt die komplette Verantwortung nicht auf der Bevölkerung aber man kann als Bevölkerung die Aufgabe der Rücksichtnahme nicht komplett wegschieben nur weil die Politik Schuld ist. Bis sich da was tut wird’s dauern ja, aber willst du jetzt bis dahin Risikogruppen weiter sich selbst überlassen um ein Zeichen zu setzen dass da auf politischer Ebene was passieren muss oder wo soll das dann hinführen?