Rassismus

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  • Warum ich es speziell bei Dreadlocks schwierig finde, ist aber, dass die Bildung dieser Art von Dreadlocks wie es bei besagter Musikerin der Fall ist, ein rein natürlicher Prozess ist, der noch nicht mal ein aktives Eingreifen benötigt. Wenn man so will, haben schon die Menschen in der Steinzeit diese Dreadlocks getragen.

    Hmm, das stimmt nicht so ganz. Also ja, man kann sich Locs züchten, indem man nicht kämmt, aber das ist häufig eben doch nicht ohne weiteres Eingreifen möglich - also zumindest das Aufrauen der Haare - weil gerade helles Haar gerne glatt bleibt. (Ich mein, ich habe während ich langes Haar hatte, also 2007-2012, keinen Kamm besessen und meine Haarpflege bestand daraus, einmal am Tag Wasser drüberlaufen zu lassen ... Und nein, ich hatte keinerlei Verfilzungen. Shampoo is a lie und so. Ich erinnere nur daran, wie ich dann mal wieder bei einem Friseur war und der Friseur: "Oh mein Gott! Sie haben so schönes Haar! Was machen sie damit?" Und ich nur so: "Nichts. Also wirklich. Nichts.") Allerdings waren Kämme von allem was wir wissen übrigens auch eine der ersten Sachen, die Menschen erfunden haben. ;) Die meisten Leute, die heute Dreads haben, lassen zumindest ihre Haare anrauen - oder tun das selbst.


    Und die Sache ist halt ... Ja, dieser Tweet, den ich gestern gesehen habe, drückt es sehr gut aus.



    Locs sind bei weißen nicht komplett zufällig auf einmal modern geworden. Es war explizit eine Sache, die sich dann in der Hippie-Kultur in Referenz zu Rastafari entwickelt hat. Und entsprechend ist es eben auch eine wichtige Sache für viele Schwarze Menschen, diesen Hairstyle zu reclaimen und mit ihrer Geschichte in Verhältnis zu setzen.


    Denn wo hört hier kulturelle Aneignung objektiv auf, vor allem hier im Forum, deren user sich teilweise stark mit der Animekultur identifizieren, Animebilder nutzen und Cosplay betreiben?

    Anime ist eben etwas sehr anderes, als wirklich traditionelle Anteile einer Kultur. Anime ist pure Popkultur, selbst wenn sie natürlich von traditioneller Kultur beeinflusst werden. Letzten Endes ist Anime etwas, das Japan aktiv an den Westen verkauft - deswegen ist das weniger problematisch. (Selbst wenn es mir dennoch sehr große Bauchschmerzen macht, wenn weiße Leute dann sehr traditionelle Kleidung/Aufmachungen im Cosplay trägt ... Gilt übrigens nicht nur für Anime-Cosplay, sondern auch für Cosplay zu Spielen und so. Nicht zuletzte weil einige Cosplays eben dann auch rasch ins Blackfacing/Brownfacing/Yellowfacing übergehen ...)


    Das war ein Fehler meinerseits bezüglich der Herkunft der Rübe, wir bauen aber auch Mais an, oder nicht?

    Ja. Wie gesagt: Letzten Endes ist das übernehmen von Früchten als solchen nicht das große Problem. (Übrigens: Das große Beispiel wären Kartoffeln. Kartoffeln kommen aus Amerika und wir Deutschen haben sie uns so einverleibt, dass sie als "traditionell deutsch" gelten.) Problematisch wird vor allem das Aneignen von komplexen Gerichten.


    Was allerdings nicht heißt, dass wir nicht mehr Awareness darüber schaffen sollten, woher diese Pflanzen kommen - und wie sie ursprünglich angebaut wurden. (Stichwort: Drei Schwestern.)


    Dass das frustrierend sein kann verstehe ich, aber mir wir übel davon, dass man mir so ne Perspektive zutraut.


    Ich sprach nicht von Alltagskleidung, auch nicht von irgendwelchen Veranstaltungen sondern ganz klar von Sommerfesten ect. dem Equivalent von Volksfesten mit Dirndl.


    Nicht jeder trägt einen Yutaka aber die Meisten.

    Wenn man auf ein traditionelles Fest gehen würde, könnte man das Argument machen, dass man sich der Kultur anpasst und mitläuft.

    Nein, das stimmt einfach nicht. Du bist nicht richtig informiert. Du solltest du darüber nachdenken, a) was etwaige Google Image Bilder darstellen und b) wer sie mit welchem Ziel aufgenommen hat.


    Erst einmal: Ich war nicht auf einem Festival. Ich war auf einem Markt. Also ein traditioneller Wochenmarkt. Tatsächlich haben da ein paar von den Verkäufer'innen traditionelle Kleidung getragen, aber nur ein geringer Anteil der Besucher*innen.


    Allerdings sind auch bei Matsuris nur ein kleiner Anteil der Besucher*innen traditionell bekleidet. Die meisten davon sind junge Menschen, vor allem junge Frauen, die das halt wegen der Mode machen - und ganz alte Menschen, die eben noch zu einer Zeit aufgewachsen sind, in der traditionelle Kleidung noch eher in den Alltag gehörte.


    So, hier ist das Ding: Besucher*innen. Anders sieht es mit Aussteller*innen aus und jenen Menschen, die an den Paraden teilnehmen oder Vortanzen (das speziell bei den Obon Festivals). Diese tragen natürlich traditionelle Kleidung - weil sie eben speziell Teil der Tradition sind.


    Und hier ist die Sache: Wenn du Fotos von Matsuris findest, dann sind diese meistens von den Paraden oder Tänzen, eventuell noch von Aussteller*innen. Nicht aber von den normalen Besucher*innen der Veranstaltung. Das liegt zum einen daran, dass halt natürlich die Parden und Tänze ein viel größerer Hingucker sind (unter anderem auch wegen der Traditionellen Kleidung), zum anderen daran, dass viele Fotos, die du so auf Google findest, wenn du englische Suchbegriffe eingibst, von Leuten aufgenommen wurden, die als Touristen oder Außenstehende da waren und eben die "Andersartigkeit" darstellen wollten. (Was übrigens noch einmal ein ganz anderes Fass ist.)


    Und eigentlich ist das Oktoberfest ein gutes Beispiel. Denn wenn du "Oktoberfest" in die Suchmaske bei Google eingibst, kannst du rasch den Eindruck bekommen, dass die meisten Leute auf dem Oktoberfest Dirndl und Lederhosen tragen. In der Realität sind das allerdings nur sehr, sehr wenige der Besucher*innen. Die meisten sind in Alltagskleidung da.


    Oder anderes Beispiel: Gib "Mittelaltermarkt" in die Suchmaske ein. Während die deutsche Mittelalterszene international gesehen schon wirklich sehr "into it" ist, also tatsächlich viele Leute Gewandung tragen ... Sind diese "viele Leute" auch nicht mehr als 20-40% der Besucher*innen - größtenteils abhängig davon, welcher Markt es ist und wie "touristig" der ist.


    Kaligraphie ist wie gesagt eine Kunstform.

    Ja, aber die meisten Leute, die sich so ein Tattoo stechen lassen, tun es eben nicht aus dem Grund, dass sie die Kunstform praktizieren oder auch nur als solche Wertschätzen, sondern weil diese Schriftzeichen halt exotisch und "cool" sind. Was man eben an den von Bastet genannten Beispielen merkt, dass sich viele nicht einmal genug damit auseinandergesetzt haben, dass sie bewusste Entscheidungen über die Zeichen getroffen haben. Meistens stammen die aus irgendeinem Katalog ohne jedwedes Wissen über das Schriftsystem oder die Kultur, aus der es kommt.


    So wenn ich Ramen koche ists ok, obwohl ich von etwas provitiere was nicht meiner Kultur entspricht.

    Wieso profitierst du davon? Wenn du für dich Ramen kochst, dann profitierst du nicht, außer du siehst "ein gutes Essen haben" als Profit. Allerallerhöchstens "profitierst du" von der Anerkennung deiner Freund*innen, wenn du für sie kochst, oder von ein paar Likes auf Instagram, wenn du ein Foodstagrammer bist.


    Anders ist es eben, wenn du einen Ramenladen eröffnest und Geld damit verdienst, also richtigen Profit machst. Oder ein Rezeptbuch herausgibst über die "25 besten asiatischen Rezepte" (und dann am besten noch auf Social Media Leuten aus der Kultur whitesplainst, dass sie ihre traditionellen gerichte falsch kochen würden .........)


    Aber wenn ich nen Yutaka trage, dann mach ich doch das Selbe? Da er wahrscheinlich gekauft ist, vermutlich sogar mit Profit seitens Japan.

    Sehr wahrscheinlich nicht. Die wenigsten Leute, die hier so in Deutschland dann mit einem Yukata durch Düsseldorf schwadronieren tragen diesen richtig oder haben, for that matter, einen richtigen Yukata, sondern eher billige Imitate, die direkt aus Deutschland oder aus China kommen. Weil Fakt ist: So ein richtiger Yukata mit allem drum und dran (Untergewandt, Yukata, Obi, Socken, Haarschmuck) ist teuer. Da bist du schnell 200-300€ los, wenn nicht mehr. Also in den japanischen Yukata-Fachläden, die ich in Kyoto gesehen habe, habe ich Yukatas selbst zwischen 14 000 und 40 000 Yen gesehen. Die meisten Deutschen tragen dann ein billiges Imitat für 20-30€, keinen richtigen Obi und auch kein Untergewand darunter.

    Und das ist halt nicht nur Aneignung, es ist eben auch Respektlos der Kultur gegenüber.


    Wie gesagt: Wenn du dir in Japan einen richtigen Yukata leihst, dann bist du dafür - also für das Leihen - 35-70€ für vier bis fünf Stunden los. Um das ins Verhältnis zu setzen, wie viel so ein Ding wert ist. (Ist aber tbh auch die einzige Möglichkeit so als Weißwurst in das Ding reinzukommen - weil es ist sehr, sehr viel Aufwand so einen Yukata korrekt anzuziehen.)


    Und grundlegend hängt kulturelle Aneignung mit den folgenden Punkten zusammen:

    • War die Kultur, aus der genommen wird, negativ vom Kolonialismus beeinflusst?
    • War die Kultur, in die übernommen wird, selbst kolonialisierend?
    • Werden die Leute, zu deren Kultur es gehört, heute rassistisch diskriminiert? (Bonus: Werden sie spezifisch für die Dinge diskriminiert, die hier übernommen werden?)
    • Hat das Element, das übernommen wird, eine bestimmte kulturelle Bedeutung? (Diese kann Religiös oder traditionell sein, kann aber eben auch historisch gewachsen sein, bspw. als Symbol für anti-koloniale Revolutionen.)
    • Macht derjenige, der es übernimmt, auf irgendeine Art Profit davon oder profiliert sich darüber?
    • Wird bei der Übernahme Sichtbar gemacht, aus welcher Kultur es stammt?
  • Wieso profitierst du davon? Wenn du für dich Ramen kochst, dann profitierst du nicht, außer du siehst "ein gutes Essen haben" als Profit

    Ja, das zähl ich dazu. Da wie gesagt Hairstyles und Kleidung auch keinen direkten profit ergeben und demnach vergleichbar sein könnten. Deshalb sah ich das Beispiel als Vergleichbar an.

    Sehr wahrscheinlich nicht. Die wenigsten Leute, die hier so in Deutschland dann mit einem Yukata durch Düsseldorf schwadronieren tragen diesen richtig oder haben, for that matter, einen richtigen Yukata, sondern eher billige Imitate, die direkt aus Deutschland oder aus China kommen

    Ja ok. Kann mir vorstellen dass es dann viele minderwertige Kopien gibt.

    Und grundlegend hängt kulturelle Aneignung mit den folgenden Punkten zusammen:

    War die Kultur, aus der genommen wird, negativ vom Kolonialismus beeinflusst?
    War die Kultur, in die übernommen wird, selbst kolonialisierend?
    Werden die Leute, zu deren Kultur es gehört, heute rassistisch diskriminiert? (Bonus: Werden sie spezifisch für die Dinge diskriminiert, die hier übernommen werden?)
    Hat das Element, das übernommen wird, eine bestimmte kulturelle Bedeutung? (Diese kann Religiös oder traditionell sein, kann aber eben auch historisch gewachsen sein, bspw. als Symbol für anti-koloniale Revolutionen.)
    Macht derjenige, der es übernimmt, auf irgendeine Art Profit davon oder profiliert sich darüber?
    Wird bei der Übernahme Sichtbar gemacht, aus welcher Kultur es stammt?

    Danke.

    Aus Neugierde wie sähest du es wenn sagen wir Deutschland von Polen nimmt, oder Japan von Südkorea?


    Mal vom derzeitigem Thema etwas abgewandt gefällt mir nicht so gerne der Opfer anstelle Überlebender Narrative der sehr oft bei PoC oder LGBT vermittelt wird. Manchmal durch diese Gruppen selbst, aber auch durch das generelle Framing.

    Das deren ganze Geschichte auf den Missbrauch den sie erleiden mussten reduziert.

    Im Falle von sagen wir A-Sexuellen also Leute die vermutlich weniger Diskriminierung ausgesetzt sind, hat es dann noch den Nebeneffekt dass diese sich nicht zugehörig fühlen weil sie es sich nicht verdient haben, was natürlich dumm ist.

  • Mal vom derzeitigem Thema etwas abgewandt gefällt mir nicht so gerne der Opfer anstelle Überlebender Narrative der sehr oft bei PoC oder LGBT vermittelt wird. Manchmal durch diese Gruppen selbst, aber auch durch das generelle Framing.

    Das deren ganze Geschichte auf den Missbrauch den sie erleiden mussten reduziert.

    Im Falle von sagen wir A-Sexuellen also Leute die vermutlich weniger Diskriminierung ausgesetzt sind, hat es dann noch den Nebeneffekt dass diese sich nicht zugehörig fühlen weil sie es sich nicht verdient haben, was natürlich dumm ist.

    Wie kommst du bitte jetzt darauf? Bzw. was soll das jetzt?

  • Es ist der Rasissmus Thread, passt doch?

    Das war jetzt nur ne Nebennotiz, soll nicht vom Hauptthema ablenken.

    Ich denke nur, dass das alles stolze Kulturen sind mit einer langen und reichen Geschichte.

    Nur weil sie auch Opfer sind, sollte man sie nur nur als Opfer sehen sondern auch feiern.

    Man könnte sogar sagen kulturelle Aneignung existiert nur weil es etwas gab was wert ist angeeignet zu werden.

    Soll keine Rechtfertigung oder ein Statement in irgendeine Richtung sein, ich hielt es nur wert zu erwähnen.

  • Wann war das jemals thema hier?

    Ich meine, durch die Aneignung bestimmter kultureller Elemente geht ja auch die Bedeutung und der historische Kontext dieser Elemente verloren. Es trägt denke ich mal keine weiße Person Dreadlocks, weil sie die dahinterstehende Kultur feiert und sich mit dem historischen Kontext auseinandergesetzt hat, ebenso wie niemand Dreadlocks bei weißen mit eben diesem historischen Hintergrund und der Kultur assoziiert. Die eigentliche Bedeutung geht hier verloren. Also kann man es nicht wirklich so sehen, dass kulturelle Aneignung eigentlich kultureller appreciation entspringt. Kulturelle appreciation leistet man eher, indem man aufklärt und die dahinterstehenden Menschen sichtbar macht.

  • Aus Neugierde wie sähest du es wenn sagen wir Deutschland von Polen nimmt, oder Japan von Südkorea?

    Also um es einmal klar zu machen: Letzten Endes richte ich mich in meiner Bewertung von diesen Sachen in erster Linie nach betroffenen. Allerdings eher nach Betroffenen, die hier im Westen leben. Weil speziell in Bezug auf Asien ist es so, dass asiatischstämmige Menschen, die in Europa oder Amerika leben, sehr andere Meinungen dazu haben, als asiatische Menschen, die in Asien reden. Liegt eben daran, dass asiatischstämmige Menschen hier von Rassismus betroffen sind - asiatische Menschen in Asien aber nicht. (Deswegen fanden es Japaner*innen in Japan bspw. größtenteils sehr cool, als Scarlet Johanson als Major gecastet wurde, weil sie eine so hübsche Frau ist, während die BI_PoC im Westen zurecht entrüstet über das Whitewashing waren. Aber da haben wir eben den Unterschied: Japaner*innen in Japan sehen jeden Tag japanische Repräsentation im Fernsehen und Kino. Japanischstämmige Menschen in Amerika dagegen eher nicht.)


    Ich kann nun (mit meinen 5/8 slawischen Wurzeln) zum Thema Deutschland und Polen sagen: It's kinda complicated. Also wir haben es sehr lange ignoriert, wenn westeuropäische und amerikanische Leute slawische Aspekte adaptiert haben, aber aktuell wird es langsam aktiver diskutiert. Das hängt eben auch mit dem Thema an, das ich gestern schon angesprochen habe: Der Frage, ob slawische Menschen eigentlich überhaupt als "weiß" gelten. Meine persönliche Einschätzung ist: Wir sollten halt die etwaigen kulturellen Sachen lieber erst einmal den Leuten aus den slawischen Ländern überlassen, von denen vielen hier sind, dass sie uns beibringen können, die Sachen zu zelebrieren. Bonus halt: Vor allem in Bezug auf slawnische Mythologie in Medien und diese Sache ...


    Über Südkorea und Japan erlaube ich mir aber kein Urteil, weil ich halt nicht koreanisch bin und absolut nicht in den Diskursen drin ist. Ich könnte aber mal eine koreanische Freundin fragen, ob sie darüber etwas weiß.

  • Ich wusste sehr gut, worauf es hinauslaufen sollte. Deswegen hab ich ja nachgehakt.

    Wie viele Seiten willst du dich noch um Kopf und Kragen reden und dir Ausflüchte suchen, nur damit es am Ende endlich so dasteht / dastehen sollte, wie es dir passt?


    Wenn dir Leute sagen, sie wollen nicht, dass du gewisse Dinge anrührst, dann tu es einfach nicht.

    Wenn dir jemand sagt, du sollst bestimmte Ideen nicht von ihm übernehmen, könntest du es theoretisch natürlich trotzdem tun, musst aber trotzdem damit leben dafür kritisiert und angegangen zu werden.

  • Über Südkorea und Japan erlaube ich mir aber kein Urteil, weil ich halt nicht koreanisch bin und absolut nicht in den Diskursen drin ist. Ich könnte aber mal eine koreanische Freundin fragen, ob sie darüber etwas weiß

    Ja, das ist denke ich vernünftig so.

    Aus einem Pokemonreview weiß ich, dass dort lange jede Spur von japanischer Kultur zensiert wurde wegen Japanischer Verbrechen im zweiten Weltkrieg. Demnach denke ich dass es sich gut mit der Kollonialgeschichte, oder eventuell Polen vergleichen lassen könnte. Ohne gewähr versteht sich, da mir genauere Details dazu fehlen.

    Die westliche Welt hat andere Kulturen vermutlich am meisten abgef...t, man darf aber nicht übersehen dass Asien riesig ist, deren Kulturen sich sehr deutlich voneinander unterscheiden und es demnach intern ebenfalls ähnliche kolonialistische Probleme gegeben haben wird.

    In dem Sinn, ein Deutscher kann eine Pizzeria aufmachen, aber ein Japaner vermutlich keinen Koreaner.

    Ich habe dazu auch das riesen Review über South Easth Asia gesehn, welches zwar nicht über die Beziehung zwischen den Ländern, oder kultuellen Diebstahl spricht, aber deutlich macht dass diese oft keine Repressentation haben wegen bekannteren asiatischen Ländern. Hast du vermutlich auch gesehen.


    Ich wusste sehr gut, worauf es hinauslaufen sollte. Deswegen hab ich ja nachgehakt.

    Wie viele Seiten willst du dich noch um Kopf und Kragen reden und dir Ausflüchte suchen, nur damit es am Ende endlich so dasteht / dastehen sollte, wie es dir passt?

    Du wirfst mir Manipulation vor?


    Wenn ich ernsthaft versucht hätte mit der Stelle zu arguemtieren hätte ich auch sagen können "Kollonialismus und Angriffskriege sind eigentlich A-OK, weil sie euren Shit wollen und damit logischerweise wertschätzen" Mir ist da schon klar, dass das nicht als Rechtfertigung funktioniert also hab ichs nicht als solche geschrieben.

  • So, also vorweg tue ich mich trotz dieser langen Diskussion und einiger Erklärungen immer noch etwas schwer, die Locks selbst als Objekt kultureller Aneignung so vollends zu begreifen, habe aber anhand der letzten Beiträge glaube ich gemerkt, warum genau das so ist.

    Hmm, das stimmt nicht so ganz. Also ja, man kann sich Locs züchten, indem man nicht kämmt, aber das ist häufig eben doch nicht ohne weiteres Eingreifen möglich - also zumindest das Aufrauen der Haare - weil gerade helles Haar gerne glatt bleibt. (Ich mein, ich habe während ich langes Haar hatte, also 2007-2012, keinen Kamm besessen und meine Haarpflege bestand daraus, einmal am Tag Wasser drüberlaufen zu lassen ... Und nein, ich hatte keinerlei Verfilzungen. Shampoo is a lie und so. Ich erinnere nur daran, wie ich dann mal wieder bei einem Friseur war und der Friseur: "Oh mein Gott! Sie haben so schönes Haar! Was machen sie damit?" Und ich nur so: "Nichts. Also wirklich. Nichts.") Allerdings waren Kämme von allem was wir wissen übrigens auch eine der ersten Sachen, die Menschen erfunden haben. ;) Die meisten Leute, die heute Dreads haben, lassen zumindest ihre Haare anrauen - oder tun das selbst.

    Das dürfte einer der Gründe sein: mein Haar ist nämlich so ziemlich das Gegenteil von dem, was du da beschreibst. Mir kamen Dreadlocks immer sehr als... natürlicherweise gegebenes Konzept die Haare zu tragen vor, weil sich Verfilzungen bei mir tatsächlich innerhalb kürzester Zeit bilden, obwohl ich weiß bin. Ich habe beispielsweise heute morgen erst eine knappe Stunde damit verbringen müssen, die ersten Filz-Ansätze aus meinen Haaren auszukämmen, nachdem ich unterwegs war und sie weniger als 24 Stunden nicht gebürstet habe. Also ich bin mir relativ sicher, dass 1-2 Wochen ohne Kämmen bei mir zwangsweise in diese Frisur münden würde. Generell scheinen viele (europäische) Friseure bei meinen Haaren meist zwischen Horror und Faszination zu schwanken, weil diese so furchtbar dick und entsprechend schwer/ungewohnt zu händeln sind. Ich habe da vorher nie drüber nachgedacht, aber vermutlich habe ich dann doch den Haartypen, der genau dafür prädestiniert ist.


    Entsprechend ist das dann eher ein aktives Gegeneingreifen, um nicht zu einer Frisur zu gelangen, die einige bei mir als cultural appropriation empfinden würden. Und das fühlt sich dann halt schon irgendwie weird an.


    Wieso profitierst du davon? Wenn du für dich Ramen kochst, dann profitierst du nicht, außer du siehst "ein gutes Essen haben" als Profit. Allerallerhöchstens "profitierst du" von der Anerkennung deiner Freund*innen, wenn du für sie kochst, oder von ein paar Likes auf Instagram, wenn du ein Foodstagrammer bist.

    Und das ist der zweite Punkt. Ich hätte das für mich ehrlich gesagt auch sehr ähnlich empfunden, weil ich das Tragen solcher Locks nicht wirklich als profitabel bewertet hätte bzw. in ähnlichem Maße wie die Anerkennung von Freunden für ein gutes Essen.

  • Sind jetzt zwar nicht die wichtigsten Punkte, aber ...

    Und eigentlich ist das Oktoberfest ein gutes Beispiel. Denn wenn du "Oktoberfest" in die Suchmaske bei Google eingibst, kannst du rasch den Eindruck bekommen, dass die meisten Leute auf dem Oktoberfest Dirndl und Lederhosen tragen. In der Realität sind das allerdings nur sehr, sehr wenige der Besucher*innen. Die meisten sind in Alltagskleidung da.

    Die meisten sind dort nicht in Alltagskleidung, das kann ich dir versichern. Du wirst nicht schief angeschaut, wenn du "normal" rumläufst, aber es ist trotzdem merkwürdig.


    Ja, aber die meisten Leute, die sich so ein Tattoo stechen lassen, tun es eben nicht aus dem Grund, dass sie die Kunstform praktizieren oder auch nur als solche Wertschätzen, sondern weil diese Schriftzeichen halt exotisch und "cool" sind. Was man eben an den von Bastet genannten Beispielen merkt, dass sich viele nicht einmal genug damit auseinandergesetzt haben, dass sie bewusste Entscheidungen über die Zeichen getroffen haben. Meistens stammen die aus irgendeinem Katalog ohne jedwedes Wissen über das Schriftsystem oder die Kultur, aus der es kommt.

    Ich denke, die meisten haben sich davor sehr wohl darüber informiert. Allgemein ist es sehr polemisch oder kindisch zu sagen, dass man sich einfach irgendwas aus dem Katalog aussucht, ohne zu wissen was es bedeutet. Und ja, diese "Da steht Nudelsuppe"-Witze sind ganz nett und total 90er, aber die meisten werden wohl richtige Bedeutungen tätowiert bekommen. Und wenn ich hier was von Schadenfreude oder dergleichen lese, wird mir echt übel.

    Wir folgen nur dem Kompass, den das uns zeigt.
    Denn das ist die Karte, die den Weg beschreibt.

    Einmal editiert, zuletzt von Holmes ()

  • Ich finds einfach schade wie hier pauschal meist einfach davon ausgegangen wird Person xy setzt sich mit dem Thema nicht auseinander. Ob es jetzt heißt „ich denke mal nicht dass die Dreads getragen werden weil die Person die Kultur dahinter wertschätzt und sich sehr wohl damit befasst hat“ oder „die meisten haben sich mit ihren Tattoos und deren Bedeutungen nicht befasst“ ….könnt ihr in Köpfe gucken? Was man selbst annimmt oder eben nicht ist die eigene Sache, wenn man die Person nicht kennt dann sollte man nicht vorverurteilen denn genau das erwartet man von seinem Gegenüber genauso und zwar in sehr vielen Bereichen des Lebens.


    Zum Glück kommt man da mit Schadenfreude und falschen Tattoo Beschreibungen eh nicht weit weil besagte Personen wohl doch wissen was ihr Tattoo bedeutet. Unverschämt ist es dennoch oder freut es euch ebenso wenn man euch mit Schadenfreude begegnet?

    « I might not be able to decide whether the road is easy or not,

    but whether I walk it is entirely up to me. »


  • Ich wusste sehr gut, worauf es hinauslaufen sollte. Deswegen hab ich ja nachgehakt.

    Wie viele Seiten willst du dich noch um Kopf und Kragen reden und dir Ausflüchte suchen, nur damit es am Ende endlich so dasteht / dastehen sollte, wie es dir passt?

    Du wirfst mir Manipulation vor?


    Wenn ich ernsthaft versucht hätte mit der Stelle zu arguemtieren hätte ich auch sagen können "Kollonialismus und Angriffskriege sind eigentlich A-OK, weil sie euren Shit wollen und damit logischerweise wertschätzen" Mir ist da schon klar, dass das nicht als Rechtfertigung funktioniert also hab ichs nicht als solche geschrieben.

    Sei nicht so dramatisch. ^^'

    Das bedeutet nicht gleich Manipulation, aber man bekommt stark den Eindruck, dass du unbedingt Ausflüchte finden willst, egal wie, um für Aneigung nicht kritisiert werden zu können.


    Mir wurde auch schon öfter von, vor allem, asiatischen und türkischen Bekannten und ehemaligen Kolleg*innen gesagt wie beschissen sie es finden wie sich Österreicher*innen ihrer Kultur bedienen und sich benehmen, und sich deswegen zb. über solche Tattoos lustigmachen.


    Wenn dir jemand sagt "lass das, das ist nicht deine Kultur / Idee / whatever" ... und du so: "Also ne, eure Argumente überzeugen mich nicht. I'm fucking doing it anyway."

    Ich meine, dann tu es, aber leb damit, dass demjenigen, dem das Kultur- oder Gedankengut gehört, not amused it.


    Denn ja, eigentlich dürftest du es schon. Ich wüsste nicht, was, wer und wie man dich davon abhalten sollte, aber an sich willst du sagen: Ich will nicht, dass jemand das, was ich tu, scheiße findet, weil ich gerade ein Eigentum, das der Person, oder einer Gruppe an Personen, sehr wichtig ist, stehle.



    EDIT:

    Anime ist eben etwas sehr anderes, als wirklich traditionelle Anteile einer Kultur. Anime ist pure Popkultur, selbst wenn sie natürlich von traditioneller Kultur beeinflusst werden. Letzten Endes ist Anime etwas, das Japan aktiv an den Westen verkauft - deswegen ist das weniger problematisch. (Selbst wenn es mir dennoch sehr große Bauchschmerzen macht, wenn weiße Leute dann sehr traditionelle Kleidung/Aufmachungen im Cosplay trägt ... Gilt übrigens nicht nur für Anime-Cosplay, sondern auch für Cosplay zu Spielen und so. Nicht zuletzte weil einige Cosplays eben dann auch rasch ins Blackfacing/Brownfacing/Yellowfacing übergehen ...)

    Ich hatte zuerst vor Wei Wuxian zu cosplayen, weil's mir eben vor allem um den Charakter an sich ging, aber dann hab ich selbst irgendwie ein schlechtes Gefühl dabei bekommen. Also vor allem, weil ich zu unfähig bin einen Hanfu zu nähen und ich will kein Low Quality-Cosplay machen oder so. Das fühlt sich nicht nur respektlos an, ich will auch nicht so rumlaufen. ^^'


    An meinem Gesicht würde ich selbstverständlich nichts tun, außer eben normales Cosplay-Makeup, aber das, was ich bereits hatte, sieht ohnehin nicht gut an mir aus und ja... recht cringe und so. ^^'


    Naja, ich vermisse es eh nicht männliche Charaktere zu cosplayen. Sich die Brüste abzubinden find ich jetzt auch nicht unbedingt so angenehm und das einzige, männliche Cosplay, das ich mit behalten habe, ist das von Yato. xD

  • Yuki also das Ausgangsargument war ja, dass man kulturelle Aneignung ja auch in sofern positiv bewerten kann, dass das besagte kulturelle Element der Aneignung als würdig empfunden wurde. Ich habe lediglich hinterfragt, ob besagte der spezifischen Kultur fremde Personen, die sich jetzt Dreads flechten, überhaupt dessen bewusst sind, was sie sich "aneignen", weil es vor allem bei Haarstilen jetzt viel weniger evident ist als bei z.b. chinesischen Schriftzeiten, von denen man ja gleich weiß, es sind Zeichen aus dem chinesischen Schriftsystem, und im besten Fall habe ich mich auch mit der Bedeutung jener Schriftzeichen auseinandergesetzt. War jetzt kein Vorwurf der Ignoranz, sondern einfach dessen, dass man bei nem gewissen Haarstil halt intuitiv nicht auf die Idee kommt, dass da ne problematische Historie stecken könnte - deshalb wird das Thema hier ja überhaupt erst diskutiert.


    That being said, ist das mit den Dreadlocks aber ein Thema, das wie ich finde kontrovers diskutiert werden darf, da beide Seiten wie ich finde gute Punkte bringen. Und wie effizient nochmal anhand ihres persönlichen Umstands erläutert hat, ist es durchaus so, dass es für manche ein aktives Eingreifen benötigt, dass sich die Haare nicht verfilzen.


    Auch stelle ich mir die Frage, wie groß der Anteil der Schwarzen ist, die Dreadlocks an Weißen tatsächlich als kulturelle Aneignung ansehen und sich wünschen, dass dies zu unterlassen ist. Ich habe mich durch Youtube gescrolled und so einige Statements von Schwarzen gesehen, die das eben auch eher differenziert betrachten und gar nicht den Anspruch haben, Dreadlocks als ihr eigenes Kulturgut zu claimen, selbst argumentieren, dass es in unterschiedlichen Kulturen verbreitet ist.


    Aba's und Preach's Ausführung hat mir hier auch ganz gut gefallen, die im Zuge dessen auch den Teil ihrer eigenen Community kritisieren, die keine Meinungsvielfalt in solchen Diskursen zulassen, ebenso, wie sie den Teil der weißen Bevölkerung kritisieren, die meinen, ihren White Savior Complex raushängen lassen und stellvertretend für die Minderheit innerhalb der Minderheit der schwarzen Community sprechen zu müssen, die teils extrem einseitige Narrative vertreten. Zumal es unabhängig davon, wie hoch der Anteil derjenigen Schwarzen ist, die es eindeutig als kulturelle Aneignung ansehen und ablehnen, doch in erster Linie auf die Argumentation ankommt, da appeal to majority halt auch ein logischer Fehlschluss ist.


    Deshalb sollte man sich als Gegenseite, die Dreadlocks als eindeutige kulturelle Aneignung ansieht, natürlich fragen, in wessen Namen man hier eigentlich spricht.

  • Raito das Problem ist halt dass es völlig egal zu sein scheint, wie viele Schwarze tatsächlich ein Problem damit haben. Denn die die keines damit haben (von denen ich auch welche kenne) spielen in dieser Hinsicht offensichtlich keine Rolle. Ich hatte auch eine in meinem Bekanntenkreis die selbst angeboten hat, anderen die Haare so zu flechten bzw. zu zeigen wie das am Besten geht. Selbst wenn dann auf einmal gesagt wird: ja wenn es dir so angeboten wird dann ist es kein Problem. <~ Der nächste der dieser Person dann über den Weg läuft mit ihren neuen geflochtenen bzw. verfilzten Dreads weiß ja dann ohnehin sofort, dass es hier nur um den persönlichen Profit und um kulturelle Aneignung ging. Weil da ja nicht genauer hinterfragt wird.


    Und was wäre mit Weißen Menschen, welche mit Schwarzen aufgewachsen sind oder welche in der Familie haben und die kulturellen Gegebenheiten sehr wohl verinnerlicht haben und deshalb Dreads tragen würden? Völlig egal an der Stelle, denn das Gegenüber weiß es schon vor dem Kennenlernen besser.

    « I might not be able to decide whether the road is easy or not,

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  • da appeal to majority halt auch ein logischer Fehlschluss ist

    Das wollte ich ursprünglich auch ansprechen, nur denke ich nicht dass das so einfach zu beantworten ist.

    Der logische Fehlschluss scheint nur dann einer zu sein, wenn man sagt etwas wäre korrekt weil die Mehrheit so denkt.

    Während es hier eher um die Gefühle der Mehrheit geht. Es geht weniger um die Frage ob, als wie groß.

    Deshalb denk ich nicht dass das Argument hier zieht.

    Und was wäre mit Weißen Menschen, welche mit Schwarzen aufgewachsen sind oder welche in der Familie haben und die kulturellen Gegebenheiten sehr wohl verinnerlicht haben und deshalb Dreads tragen würden? Völlig egal an der Stelle, denn das Gegenüber weiß es schon vor dem Kennenlernen besser

    Nun in dem Beispiel hast du sicher recht, aber zu verallgemeinern ist im Prinzip das selbe was du ihnen vorwirfst.

    Alaiya meinte ja selbst dey war dazu aufgefordert worden mal einen Yutaka zu tragen, was es demnach entschuldigt, genau wie in deinem Beispielen.

    In dem Fall hängts dann halt davon ab wie die beiden Parteien miteinander umgehen. Das der weiße bereit ist seine Berechtigung zu erklären und die andere betroffene Person den bennefit of the Doubt zulässt und nachfragt.

  • Das wollte ich ursprünglich auch ansprechen, nur denke ich nicht dass das so einfach zu beantworten ist.

    Der logische Fehlschluss scheint nur dann einer zu sein, wenn man sagt etwas wäre korrekt weil die Mehrheit so denkt.

    Während es hier eher um die Gefühle der Mehrheit geht. Es geht weniger um die Frage ob, als wie groß.

    Deshalb denk ich nicht dass das Argument hier zieht.

    Das ist ja das Ausgangsargument. ->

    Wenn dir jemand sagt "lass das, das ist nicht deine Kultur / Idee / whatever" ... und du so: "Also ne, eure Argumente überzeugen mich nicht. I'm fucking doing it anyway."

    Ich meine, dann tu es, aber leb damit, dass demjenigen, dem das Kultur- oder Gedankengut gehört, not amused it.

    Wer ist jemand? Die Schwarze community? Teile davon? Der Großteil? Da gibt's selbst in der betroffenen Community keinen Konsens. Die zwei im von mir verlinkten Video sagen selbst, den meisten Schwarzen ist's egal, es ist eher eine Minderheit unter ihnen, die sich darüber echauffiert, dass ein Weißer Dreads trägt, und ich glaube, die können das besser beurteilen als wir. Und wenn's die Mehrheit ist, ist es nicht automatisch aussagekräftig, wenn die Minderheit ihren Standpunkt gut begründet. Hat ja nicht der recht, der am emotionalsten ist und am lautesten schreit.

  • Vielleicht einmal ein Beispiel, dass das ganze vielleicht nachvollziehbarer machen könnte. Vor einer Weile ist auf Twitter folgendes passiert: Eine depressive Frau, die gerade so aus einer missbrauchenden Beziehung entkommen war, die vor allem während ihrer Schwangerschaft extremer eskaliert war, erzählte in einem längeren Thread von dieser Erfahrung. Also wie es in der Beziehung war, wie es in der Schwangerschaft schlimmer wurde und wie sie am Ende durch das Kind einsah, dass ihre Schwester Recht hatte, und sie vor dem Mann geflohen ist. (Dazu gehörten noch ein paar Details, unter anderem, dass sie eine Hörbehinderung hatte und noch ein paar Sachen.)


    Nun kam jemand auf Twitter an und sagte: "Wow, beeindruckende Geschichte. Ich schreibe dazu ein Buch."


    Die Frau schrieb darauf hin sinngemäß: "WTF? Nein. das möchte ich nicht."


    Und die Person: "Ja, aber ich finde dich so beeindruckend, deswegen sollte dazu jemand ein Buch schreiben."


    Und die Frau: "Nein, dass will ich wirklich nicht."


    Und das ging dann noch ein paar Mal so hin und her - bis die Person die Frau blockierte und dann aber das Buch schrieb. Das letzte, was ich davon hörte, war, dass die Frau klagen wollte. Geld hat sie übrigens nicht von der Person bekommen.


    Sprich: Die Person hat sich das Trauma der Frau genommen und daran bereichert. Und genau fühlt sich das für diverse BI_PoC an, wenn weiße Menschen Sachen aus ihrer Kultur übernehmen. Umso mehr, wenn diese Übernahme eben mit Kolonialismus zusammenhängt. Nur dass es in diesem Fall eben kein individuelles Trauma, sondern ein kollektives Trauma ist.


    Und das ist der zweite Punkt. Ich hätte das für mich ehrlich gesagt auch sehr ähnlich empfunden, weil ich das Tragen solcher Locks nicht wirklich als profitabel bewertet hätte bzw. in ähnlichem Maße wie die Anerkennung von Freunden für ein gutes Essen.

    Hmm, lass mich mal überlegen, wie ich das am besten erkläre. Hmm.


    Machen wir's mal so: Die meisten Leute, die ungewöhnliche Frisuren tragen, tun dies halt aus sozialen Gründen. Also um Zugehörigkeit zu einer Gruppe auszudrücken in der Regel und in dieser Gruppe gegebenenfalls ein wenig Anerkennung zu erlangen.


    Also ich trage einen Undercut. Warum? Nun, in erster Linie, weil der Undercut ein wunderbar genderfluider Hairstyle ist (trägt man die Haare zu, wirkt er männlich, trägt man sie offen weiblich). Der ist allerdings auch noch violett eingefärbt. Warum das? Nun, weil vor allem violette oder blaue Haare zugehörigkeit zur links lehnenden trans Bubble ausdrücken. Und ich bekomme dafür Anerkennung innerhalb dieser Bubble, also Leute sagen wie toll meine Haare sind so weiter. Und das sind dann auch nicht nur meine Freund*innen, sondern eine weitere Gruppe - gerade auf Twitter, wo ich halt recht große Reichweite habe. Und da kann eben auch das Posten von Selfies dazu führen, dass ich mehr Follower bekomme - die wiederum mir Einkommen einbringen können, bspw. über Ko-Fi und Spenden.


    So ist das speziell bei weißen Menschen eben auch mit den Dreadlocks. Diese sind bei weißen üblicherweise ein Ausdruck dafür, dass sie einer generell grünaktivistischen Blase angehören, die diese Frisur eben aus der Hippiekultur übernommen haben, die wiederum sie von den Rastafari hatte. Das heißt, sie bekommen eben auch in dieser Blase dann entsprechend Anerkennung. Das ist noch recht harmlos, wenn sie wenig Reichweite haben, aber in dem Fall wo jemand Reichweite bekommen, wird eben die Frisur auch ein Werbeschild - was dann eben auch Einkommen einbringen kann. Umso mehr halt eben bei Künstler*innen, die einen nicht unerheblichen Teil ihres Einkommens auch über Personality generieren - wozu halt Frisuren auch gehören können.



    Ob es jetzt heißt „ich denke mal nicht dass die Dreads getragen werden weil die Person die Kultur dahinter wertschätzt und sich sehr wohl damit befasst hat“ oder „die meisten haben sich mit ihren Tattoos und deren Bedeutungen nicht befasst“ ….könnt ihr in Köpfe gucken?

    Weil das "die Kultur wertschätzen" halt ein wenig unglaubwürdig ist, wenn die angehörigen der Kultur sagen: "Wir wollen nicht, dass du das so machst."


    Es ist nun einmal allgemein Tatsache, dass die meisten Leute absolut kein Verständnis für die Problematiken, die aus dem Kolonialismus hervorgegangen sind, haben. Ist technisch auch nicht ihre Schuld: Wir lernen es ja nicht in der Schule oder so. Aber das zeigt halt letzten Endes: Entweder, du hast keine Ahnung und findest die Kultur nur cool. Oder du hast Ahnung und respektierst die Kultur nicht.


    Gilt übrigens auch für Schriftzeichen. Es ist wirklich nicht so schwer, Leute zu respektieren.


    Ich war irgendwann auch mal Besessen von dem Gedanken mir meinen alten, japanischen Nick (Kaén) tattoowieren zu lassen. Dann hat mir Makoto gesagt: "Ja, das fände ich unangemessen, wenn du das als weiße Person tust." Und ich habs halt gelassen.


    Zumal es unabhängig davon, wie hoch der Anteil derjenigen Schwarzen ist, die es eindeutig als kulturelle Aneignung ansehen und ablehnen, doch in erster Linie auf die Argumentation ankommt, da appeal to majority halt auch ein logischer Fehlschluss ist.

    Das stimmt jetzt wirklich nicht. Appeal to Majority ist bei solchen Themen absolut korrekt. Denn es geht hierbei letzten Endes nicht um ein sachliches Thema, es geht um ein emotionales Thema. Und emotional finden es viele Schwarze Menschen (speziell, die in majoriy weißen Ländern leben und dort Rassismus ausgesetzt sind) sehr belastend, wenn weiße Personen sich diese Frisur aneignen. Und letzten Endes geht es darum und um nichts anderes.


    Ich kann letzten Endes hier lang versuchen ein wenig den Grund hinter den emotionalen Aspekten zu erklären - und den historischen Hintergrund. Aber letzten Endes ist es so einfach: Viele Menschen einer betroffenen Gruppe finden das belastend, deswegen tut man es nicht.


    Es muss nicht jedes Thema logisch begründet werden, um Gültigkeit zu haben. Ich meine, wir können uns denke ich auch darauf einigen, dass es scheiße ist Leute zu beleidigen. Und warum ist das scheiße? Weil es Leute emotional belastet. Wir können jetzt groß anfangen irgendwelche langen Argumente aufzubringen, aber letzten Endes kommt es eben auf die einfache Tatsache hinaus: Es verletzt Leute auf emotionaler Ebene. Deswegen ist es schlecht.


    Und das ist es letzten Endes in vielen Fällen von kultureller Aneignung auch. Es ist verletzend. Das muss reichen.


    Und ja, natürlich gibt es dann noch schwerere Fälle von kultureller Aneignung, eben dann, wenn sich mit anderer Kultur bereichert wird oder diese Kultur missrepräsentiert wird.


    Aber in den meisten Fällen muss es einfach reichen, dass eine Mehrheit der betroffenen Kultur sagt: "Ja, finden wir scheiße."


    Deshalb sollte man sich als Gegenseite, die Dreadlocks als eindeutige kulturelle Aneignung ansieht, natürlich fragen, in wessen Namen man hier eigentlich spricht.

    Wie schon gesagt: Im Namen meiner Schwarzen Freund*innen, die mich explizit darum gebeten haben, bei solchen Themen für sie zu sprechen, weil es für sie zu emotional belastend ist (und sie natürlich hier auch nicht teilnehmen können, weil sie nicht Mitglieder des Bisaboards sind). Und meine vier Schwarzen Freunde sagen allesamt, dass sie nicht wollen, dass weiße Menschen Dreadlocks tragen - und das reicht mir.

  • Mir wurde auch schon öfter von, vor allem, asiatischen und türkischen Bekannten und ehemaligen Kolleg*innen gesagt wie beschissen sie es finden wie sich Österreicher*innen ihrer Kultur bedienen und sich benehmen, und sich deswegen zb. über solche Tattoos lustigmachen.


    Wenn dir jemand sagt "lass das, das ist nicht deine Kultur / Idee / whatever" ... und du so: "Also ne, eure Argumente überzeugen mich nicht. I'm fucking doing it anyway."

    Ich meine, dann tu es, aber leb damit, dass demjenigen, dem das Kultur- oder Gedankengut gehört, not amused it.

    Wer ist jemand? Die Schwarze community? Teile davon? Der Großteil? Da gibt's selbst in der betroffenen Community keinen Konsens. Die zwei im von mir verlinkten Video sagen selbst, den meisten Schwarzen ist's egal, es ist eher eine Minderheit unter ihnen, die sich darüber echauffiert, dass ein Weißer Dreads trägt, und ich glaube, die können das besser beurteilen als wir. Und wenn's die Mehrheit ist, ist es nicht automatisch aussagekräftig, wenn die Minderheit ihren Standpunkt gut begründet. Hat ja nicht der recht, der am emotionalsten ist und am lautesten schreit.

    Du hast den vorigen Absatz beim Zitieren auslassen. Da steht's ziemlich klar wer "jemand" ist, würde ich meinen.


    Sicher, du wirst immer Leute mit einer anderen Meinung finden. Wenn ich danach suche, finde ich auch Queers, die Conversion Therapy toll finden (ist ein extremeres Beispiel natürlich), aber am Ende suchst du eben aktiv nach einigen Leuten, die dir Recht geben.



    Wtf. People. :hmmmm: