Die Samurai sind meines Erachtens nach ein interessantes Beispiel, was das geschlechtliche Spektrum angeht. Einerseits furchtlose Krieger, andererseits das streben nach zum Ausdruck bringen und Perfektion aller anderen Facetten. Ob Kochen, Gärtnern, Tanzen, Kaligrafie. Sie haben diese Dinge getan, ohne sie an ein spezifisches Geschlecht zu binden. Mir wäre dennoch nicht bekannt, dass sie fluid in ihrer geschlechtlichen Identität wären.
Bei der Diskussion über geschlechtliche Identitäten fällt es mir immer noch schwer nachzuvollziehen, inwieweit hier jetzt biologische mit gesellschaftlichen/sozialen Aspekten vermischt werden. Wie sehr ist die eigene geschlechtliche Identität an Rollenbilder geknüpft, wo es halt tatsächlich ein Spektrum gäbe, und ist es dann überhaupt die richtige Terminologie zu sagen, Geschlecht sei ein Spektrum, statt geschlechtliche Identität als Spektrum zu bezeichnen. Denn aus rein biologischer Sicht ist das Spektrum halt wirklich nicht so groß; in den allermeisten Fällen gibt es eine starke Ausprägung eines Geschlechtsmerkmals gegenüber dem anderen. Wie viele intergeschlechtliche Personen gibt es? Ohne die Dunkelziffer zu kennen, wird die Zahl auf um die 0.02% beziffert (eine Studie ging auch von 1-2% aus, aber hier wurde die Frage erhoben, wie kurz oder weit gefasst man intersex fasst). Die Anzahl an Frauen, die ohne Uterus geboren werden, wird z.B. auch auf um die 0.02% beziffert, beim Sweyer-Syndrom sind es 0.002%. Selbst mit Dunkelziffer und einer etwas lockereren Definition ist es nur eine sehr kleine Minderheit.
aber was macht denn eine weibliche oder männliche Person aus?
Ich denke nicht, dass es hier das eine Merkmal gibt, wonach sich ein Geschlecht definieren kann. Aber es ist halt ein ganzes Set an Eigenschaften, die sich je nach Geschlecht herauskristallisiert. Die meisten Frauen werden eine Reihe von geschlechterspezifischen Aspekten haben, die sich von denen eines Mannes unterscheiden, ebenso umgekehrt. Deshalb gibt es halt auch nicht so viele intergeschlechtliche Menschen und deshalb werden auch nicht 50% der Frauen ohne Uterus geboren sondern nur eine verschwindend geringe Anzahl, und selbst bei dieser verschwindend geringen Anzahl an Frauen werden die spezifisch weiblichen geschlechtsmerkmale ausgeprägt sein.
Ich denke, wir sind uns hier alle einig, und das wurde hier ja angesprochen, dass man Kindern kein "binäres System einprügeln soll". Die Identität sollte nicht geschlechtsspezifisch sein. Aber es wird ja einen Unterschied geben zwischen dem Narrativ, die Erziehung eines Kindes nicht an einem binär-geschlechtlichen System festzumachen und dem Narrativ, dass man ja gar nicht sagen kann, was ein Mann und eine Frau ist, und dass die bloße Geschlechtsidentität sämtliche biologische, aber auch gesellschaftliche Aspekte aushebelt. In diesem Kontext denke ich auch, dass geschlechtliche Identitäten zum Teil ein Produkt der Gesellschaft sind, denn eine Gesellschaft, die diese binär-geschlechtlichen Systeme aufrecht erhält in die sie Kinder reinzwingt, wird auch Kinder hervorbringen, die sich eben nicht in diese Schubladen stecken lassen wollen und eine davon unabhängige Identität entwickeln. Aber gäbe es so ein krasses Spektrum an geschlechtlichen Identitäten, wenn das System Kinder/Menschen in der Erziehung gar nicht erst geschlechterspezifisch einteilen, bzw. sagen würde, dass bestimmte Handlungsweisen und Interessen geschlechterspezifisch sind? Vielleicht eher weniger.
In diesem Kontext war Darling s Analogie mit der Kindergartenfreundin, die glaubte ein Affe zu sein, eigentlich gar nicht so schlecht. Es gibt ja die Otherkin-Bewegung, unter denen es Anhänger gibt, die der Überzeugung sind einer anderen Spezies anzugehören. Es gibt sogar die Trans-Racial Bewegung mit Menschen, die sich einer anderen Ethnie zugehörig fühlen, z.B., weil sie unter dem kulturellen Einfluss besagter Ethnie waren, oder aber von Eltern besagter Ethnie adoptiert wurde. Da würde wohl der eine oder andere Linke oder Queere Person gleich zusammenzucken, von kultureller Aneignung sprechen und sagen, dass die obigen Beispiele ja nicht dasselbe seien, aber der Zeitgeist ändert sich nun mal schnell. Vielleicht argumentiert man in 10-20 Jahren auch, dass es da ein legitimes Spektrum gibt, immerhin reicht die DNA der meisten über mehrere Kontinente und Ethnien, was auch DNA Tests belegen, und wenn jemand multikulturell aufgewachsen und sich mit den Kulturen anderer Ethnien identifiziert, warum sollte man das dieser Person absprechen? Dass Trans und Queer "was anderes" ist als Homo- und Bisexualität, das hat man damals auch argumentiert. Heute nennt man diese Frauen TERFs.