Hallo und herzlich willkommen zum Vote unseres RPGxFF-Collabs "Allein gegen die Welt"!
Beim Voting könnt ihr den einzelnen Abgaben zwischen 1 (nicht gut) und 10 (sehr gut) Punkte vergeben. Dabei sind auch halbe Punkte (wie 2.5) möglich. Wichtig ist dabei, dass ihr alle Abgaben bewertet. Da der Wettbewerb anonym ist, vergeben Teilnehmer beim Voten Punkte an alle Abgaben - auch an die eigene. Diese werden bei der Auswertung nicht beachtet. Stattdessen erhaltet Teilnehmer einen Punkteausgleich für ihre Unterstützung (nähere Informationen zum Votesystem findet ihr hier). Begründungen sind nicht verpflichtend. Falls ihr zum Voting noch weitere Fragen habt oder falls beim Übertragen eurer Abgabe irgendetwas schiefgelaufen sein sollte, könnt ihr euch jederzeit per PN an Thrawn wenden.
Für einen begründeten Vote könnt ihr übrigens auch eine Medaille beantragen - ihr habt hierbei die Wahl zwischen einer Medaille im RPG- oder einer im Fanfictionbereich.
Der Vote läuft bis zum Sonntag, den 24.1., um 23:59 Uhr.
Verwendet bitte folgende Schablone für den Vote:
Bei diesem kleinen Collab steht die Zusammenarbeit zwischen RPG und Fanfiction im Mittelpunkt: Es geht darum, dass ihr euch zusammensetzt und gemeinsam eine Geschichte schreibt, die einen Konflikt zwischen Charakter und Welt behandelt. Das bedeutet, dass sich euer Charakter in einer Welt befindet, die er über etwas belehren möchte, während die Welt selbst sozusagen dagegenhält. Dies könnte etwa bedeuten, dass euer Charakter sehr pazifistisch veranlagt ist, die Welt aber, in der er sich befindet, oft den Einsatz von Gewalt erfordert. Den Begriff „Welt“ könnt ihr dabei auch sehr weit fassen – es kann sich dabei um die generelle Situation handeln, in der sich euer Charakter befindet, aber auch um andere Charaktere, Tiere, Monster oder eine bestimmte Gesellschaftsform.
Ihr würdet euch also mit einer anderen Person zusammentun, euch auf einen Charakter, ein Setting und einen in euerer Geschichte zu behandelnden Konflikt einigen und anschließend abwechselnd im RPG-Stil an der Geschichte weiterschreiben – Person A schreibt einen Abschnitt, Person B den nächsten, dann wieder Person A etc. Es ist dabei euch überlassen, wie genau ihr den Konflikt schließlich auflösen möchtet.
Links und rechts rasten die Bäume und Felder vorbei, aber er hatte nur sein Ziel im Auge. Jetzt war es so nahe, dass er es hätte packen können, er setzte zum Sprung an und – erwachte. Der Traum schwebte sogleich aus seinem Gedächtnis, und Emil fand sich im Zwielicht der Dämmerung in seiner neuesten Entdeckung wieder: der Höhle eines artverwandten Fuchses, welcher schon lange nicht mehr zurückgekommen war.
Sein letztes Domizil hatte Emil leider aufgeben müssen, als der Zentralgang eingestürzt war. Alle Versuche, ihn wiederherzustellen, waren gescheitert, so dass er sich wohl oder übel nach einer neuen Bleibe hatte umsehen müssen.
Im Sommer war das gar nicht so einfach gewesen, denn die Sonne war ein ums andere Mal zu verlockend gewesen, so dass ein Sonnenbad leicht die Sorge nach einem Unterschlupf vergessen ließ. Genauso gab es immer wieder flinke Kaninchen, denen er hinterher jagte, und einen geeigneten Platz für eine neue Höhle zu finden, war in der Nacht, die nach den Ablenkungen schnell eintrat, nicht ganz so einfach. Aber morgen wäre schließlich auch noch ein Tag, dachte er sich dann jedes Mal. Doch jetzt kam der Herbst, und wo vorher noch die Sonne gewärmt hatte, würde bald ein eisiger Wind wehen. Dann war jeder auf sich allein gestellt.
Emil streckte den Kopf aus seinem Bau und schnupperte in die einbrechende Nacht hinaus. Auf seinen Streifzügen hatte er in den letzten Tagen eine menschliche Gebäudeansammlung entdeckt. Eines davon war ein Hühnerstall mit freilaufenden Hennen, und es schien verlockend einfach, dort hinein zu kommen. Heute würde er es wagen. Beim Gedanken daran lief ihm das Wasser im Mund zusammen.
Inzwischen hatte er den Waldrand erreicht und sondierte die Lage aus dem Schatten der Büsche. Der Stall selbst war natürlich als Erstes zu erkennen. Der Zaun um den Sandboden würde wohl kein Problem sein. Er maß nur 2 1/2 Fuchsgrößen und sollte leicht zu überspringen sein. Die Öffnung in den Stall konnte Emil nicht recht erkennen, dafür müsste er näher heran gehen. Doch er entdeckte auch eine Gestalt, die sich vor dem Verschlag bewegte. Der Fuchs schnupperte kurz in der Luft, nur um zu bemerken, dass der Wind leider in die Richtung der Hühner wehte, was wohl auch die Gestalt, die sich nun als Hund kristallisierte und ihn wohl gewittert hatte, bemerkte. Schnell zog er sich weiter ins Geäst zurück.
Falls er den Wächter der Hühner nicht auf sich aufmerksam machen wollte, musste er sich gegen den Wind heranpirschen. Sorgsam darauf bedacht, keine Geräusche zu machen, umrundete er das Areal.
Auf der anderen Seite angekommen fand er einen hell erleuchteten Hof. Aus einem Gebäude drangen Stimmen. So konnte das unmöglich funktionieren. Aber ein Fuchs ist geduldig. Auf der Lauer liegen und warten, bis das Licht ausgeht, ist seine leichteste Übung. Vielleicht hatte er Glück und der Hund stand bis dahin an einer anderen Stelle. Emil kletterte leise auf einen Strohballen und machte es sich bequem.
Ohne Vorwarnung gab das Stroh nach und der Fuchs sank nach unten und mit einem hfff breitete sich das Stroh auf dem Boden aus, als sich der Heuballen auf der rechten Seite auflöste. Emil hörte das Geräusch des sich erhebenden Hundes und legte sich mit angeklappten Ohren flach inmitten des Strohs auf den Boden, um ja nicht entdeckt zu werden. Noch eine ganze Weile musste er so bleiben, bis der Hund sich endlich dazu entschied, dass der Wind oder irgendetwas anderes schuld war und selbst dann wagte er kaum sich zu bewegen. Wenigstens war es im Stroh genauso warm, wenn nicht sogar wärmer als in seiner Höhle, so dass er mit der herbstlichen Brise zurecht kam.
Endlich gingen die Lichter aus. War noch der Hund am selben Platz? Vermutlich. Er hätte ja sonst seine Bewegungen gehört. Oder nicht? Hätte er nur die Ohren wieder ausgefahren...
So leise, wie es der Strohballen eben zuließ, versuchte er, sich zu erheben. Aufmerksam horchte er in die Dunkelheit hinaus, doch solange der Wind gegen ihn stand, konnte er nichts hören. Wer nicht wagte, konnte nicht gewinnen und der Gedanke an die Hühner war zu verlockend.
Emil pirschte in den Hof hinaus, umrundete ihn und versuchte, in den Schatten zu bleiben. Vorbei an der Scheune und einigen Maschinen klappte das einwandfrei. An der Ecke des Hauses angekommen zögerte er einen Augenblick, entdeckte eine Leiter an der Wand und entschied sich für den Weg über das Dach.
Endlich am Zaun des Hühnergeheges angekommen, spähte er die nähere Umgebung aus. Die Tür zum Häuschen stand offen und war groß genug, dass er mit etwas Mühe hindurch passte.
Einen beherzten Sprung mit einigermaßen sanfter Landung später fühlte er den Sand. Ein ganz anderes Gefühl als die sonstige Erde und gut für den Sprung, da der Sand das Geräusch des Aufkommens völlig verschluckte, aber sich darauf zu bewegen, war lauter. Immer wieder einen Blick in Richtung des Hundes werfend, arbeitete sich Emil zur Tür hervor und quetschte sich in den Stall.
Auf den Nestern lagen sie friedlich schlafend: die Beute. Einige in Weiß, andere in Braun und alle mit… spitzen Schnäbeln, mit denen der Fuchs lieber keine Bekanntschaft machen wollte. Die Auswahl war deswegen auch nicht sonderlich groß. Die Hühner weiter hinten fielen weg, hatte er einen der Vögel gepackt, würden die anderen aufwachen. Zumindest war das bei dem Kaninchen und den Bären so gewesen, nur dass die Bären sich einfach auf die andere Seite gelegt hatten und die Hühner das wohl nicht tun würden.
Dieses sollte es sein. Schön dick, mit braunem Gefieder und das zweite von links neben der Tür. Emil sprang hoch, schnappte sich das Huhn bevor es fliehen konnte und war fast schon zur Tür hinaus, da ging das Geschrei seines Opfers los und er konnte die Blicke der anderen Vögel in seinem Nacken spüren. Aber das war ja egal, denn nur noch ein, zwei Schritte und schon – hing er in der Tür fest. Durch das Huhn im Maul passte er nicht mehr recht durch die Tür.
Geistesgegenwärtig ließ er seine Beute los und schubste sie mit der Schnauze durch die Öffnung. Hinter sich hörte er die Hennen aufgeregt gackern, und ein Hahn krähte und flatterte mit den Flügeln. Doch der Fuchs achtete gar nicht auf sie, zwängte sich nach draußen und ließ das Chaos hinter sich.
Das dicke braune Huhn war im Sand gelandet und versuchte panisch, sich aufzurichten. Ihm das Genick zu brechen blieb Emil keine Zeit, denn von rechts erklang das Bellen des Wachhundes, während links im Hof ein Licht anging und hinter ihm noch immer die Geflügelschar zeterte. Die Flucht nach vorn war seine einzige Chance. Aber nicht ohne die Henne, sonst war alles umsonst.
Blitzschnell entschloss sich der Fuchs, das Wagnis einzugehen, schnappte sich das torkelnde Huhn, nahm Anlauf und sprang über den Zaun. Er streifte die oberste Spitze und glaubte sich schon entkommen, als ihn unvermittelt ein heftiger Schlag durchfuhr. Emil krümmte sich und stürzte ins Gras. Verschwommen nahm er wahr, dass sich das lauter werdende Bellen mit weiteren Geräuschen vom Hof her mischte.
Wollte sich denn die ganze Welt gegen ihn verschwören? War noch genug Zeit? Egal. Sich auf die Viere stemmend blickte sich der Fuchs nach dem aus seinem Maul geflohenen Tier um und erwischte es wieder, als es zurück Richtung Stall torkelte.
In diesen kostbaren Sekunden war das Trampeln des verflixten Köters stetig lauter geworden. Er konnte nicht mehr weit entfernt sein, aber Emil durfte sich nicht zu ihm umdrehen. Hinaus auf das Feld war ihm zuwider, da wäre er viel zu leicht entdeckt. Er musste also wohl oder übel um den Zaun und hinter den Stall.
Im Augenwinkel konnte er sehen, wie sich die Tür der Menschenbehausung öffnete, aber da hatte er schon den halben Weg zurückgelegt. Der Mensch rief etwas und Emil lief hinter den Stall, um sich vor den Augen seiner beiden neu ernannten Erzfeinde zu verbergen und weiter auf den Wald zu. Wenn das doofe Huhn leiser gewesen wäre, hätte er es auch geschafft, aber leider war dem ja nicht so und nun war es zu spät: Mensch sowie Hund waren auf ihn aufmerksam geworden. Ein Knall ertönte und mit dem einhergehenden Schrecken ließ er fast seine Beute los. Aber endlich wurden die rettenden Büsche erreicht und es wurde viel stiller.
Wenn der Wächter der Hühner ihm in das Wäldchen hinein folgen würde, hätte er ihn gleich gestellt. Schnell warf Emil einen Blick durch die Blätter: Der Hund hatte sich nicht auf ihn konzentriert, sondern auf die Hühner. Auch der Mensch war im Gegenlicht des Hofes stehen geblieben und gab nur Laute von sich. Aufatmen konnte der Fuchs noch nicht, aber er nahm sich vor, das später nachzuholen. Nun war Zeit für etwas anderes: Gezielt biss er der fetten, braunen Henne die Kehle durch. Er hatte es geschafft, sie der Welt abzutrotzen.
Wenige Tage später war in der Zeitung zu lesen:
Der Fuchs geht um – Immer öfter melden Kleintierbesitzer und Landwirte Schäden durch wilde Füchse. Grund könnte eine Überpopulation sein, verstärkt durch das Anlegen von Vorräten für den nahen Winter. Der Vorsitzende des Jagdverbands ließ verlauten, dass man das Problem bereits seit längerer Zeit wahrgenommen habe und nun verstärkt angehen werde. Erste Erfolge seien bereits zu verbuchen.
Langsam färbte sich der Himmel über einem ziemlich normalen Dorf, irgendwo an der Schwertküste, so wie es tausende andere gibt, rot. Die ersten Strahlen der Sonne vertrieben das Dunkel der Nacht. In einem kleinen Haus in eben diesem Ort schlug eine junge Frau namens Emily in eben diesem Augenblick die Augen auf und murmelte leise: „Wa-warum bin ich schon wach?“ Dann traf es sie wie ein Blitz: Heute war ihr sechzehnter Geburtstag und sie konnte ihre Startwaffe bei Prof. Totmach abholen! Emily sprang aus dem Bett, zog sich so schnell an, wie noch nie und stürzte aus dem Haus in Richtung Labor. Dort angekommen stand sie völlig außer Atem von dem überraschten Professor und keuchte: „Hi Professor! Ich bin wegen meiner Startwaffe da! Ich will die Großkeule!“ Prof. Totmach hob skeptisch eine Augenbraue und fragte: „Bist du dir sicher? Die Keule ist die schlechteste aller Zweihandwaffen. Du wirst es mit ihr schwer haben, vor allem als Frau, die mir kaum bis zum Bauchnabel geht!“ Das war nicht schwer, dachte sich Emily. Immerhin war der Professor ein 2,5m großer Ork! Doch Emily war nicht wie die anderen Anfängerabenteurer: Sie hatte wenig Interesse daran, nur die besten Waffen und Rüstungen zu verwenden, sie wollte ihren eigenen Stil finden, die Meinungen der Anderen waren ihr egal. Aus eben diesem Grund hatte sie es von zwei Wochen beim Rüstungsschmied abgelehnt, das für sie perfekte Kettenhemd zu kaufen, da sie sich schon immer in einer Lederrüstung gesehen hatte, auch wenn sie ihr bei weitem nicht den Schutz einer Rüstung aus Metall bot. Bereit für ihr großes Abenteuer, verabschiedete sich Emily von ihren Eltern und machte sich, ihre Keule geschultert, gen Sonnenaufgang auf…
Es war ein regnerischer Tag, doch das das interessierte sie nicht. Ihre Eltern hatten sie gewarnt. "Zieh nicht bei schlechtem Wetter los!", hatten sie gesagt. "Der große Gott stellt dich dann unter einem schlechten Stern!", hatten sie gesagt. Aber Emily war das egal. Sie war einfach viel zu aufgeregt, um noch eine Minute länger zu warten. Was interessierte sie schon so ein schlechter Stern, sie wollte doch nur Spaß haben! Und zwar als Abenteurerin, nicht als Astrologin.
Schon nach einigen Minuten war sie völlig durchnässt, aber das war ihr egal. Sie hatte schon immer ein recht gutes Immunsystem gehabt, immerhin war sie ja nicht aus Zucker. So ein bisschen Wasser konnte ihr nichts anhaben. Und bald schon verlor sich der schlammige Pfad aus ihrem Heimatdorf heraus in die weite Welt in Wurzeln und Gestrüpp, dass zu einem dichten und dunklen Wald heranwuchs. Sie kratzte sich am Kopf. Hätte hier nicht eigentlich ein See sein sollen? Ach was, sie war sicher nur falsch abgebogen oder hatte eine Abzweigung verpasst! Dann halt etwas Wald-Action, sie hatte ja ihre Lederrüstung und Keuli, was sollte ihr da schon im Weg stehen? Sicher nicht so ein paar Bäume!
Als sie den Wald betrat, wirkte es fast wie eine andere Welt. Alle Geräusche und auch nahezu alles Licht schien einfach verschluckt zu werden.
Die eigene Hand vor Augen kaum erkennend, schlug sich Emily durch den Wald. Ein paar blöde Äste würden ihre Reise nicht aufhalten! Nach einigen Stunden, so fühlte es sich zumindest an, meinte Emily, zwischen den Bäumen etwas Licht zu sehen. “Ha, wusste ich doch, dass ich ohne Probleme durch den Wald komme!” Voller Energie rannte sie auf das Licht zu, doch anstatt aus dem Wald herauszukommen, stand Emily nun auf einer Lichtung, ungefähr so groß wie der Marktplatz in ihrem Heimatdorf. Sie kratzte sich am Kopf: “Ok, jetzt bin ich verwirrt.”
Plötzlich hörte Emily ein hämisches Lachen. Sie rief: “Wer da? Zeige dich, du Feigling!” Aus dem Nichts tauchte vor ihr ein hochgewachsener Elf mit einem in Flammen stehenden Schwert auf und sagte spöttisch: “Was haben wir denn da? Ein kleines Menschlein, ganz unerfahren, das wird ein Spaß, dich zu besiegen! Du hast ja nicht einmal eine optimale Startwaffe gewählt, wie erbärmlich.” Emily entgegnete erbost: “Es ist doch egal, welche Waffe ich wähle, sie muss mir Spaß bereiten!” “Unsinn! Spaß ist irrelevant, nur das Beste ist es wert, benutzt zu werden! Deine Reise wird hier ein unschönes Ende nehmen, Menschlein. Euresgleichen ist einfach nicht gut genug für diese Welt.”
Emily starrte den Elfen entgeistert an. “Aber…”, fing sie langsam an und deutete auf das brennende Schwert. “Dein Schwert brennt. Und es ist aus Metall. Metall leitet doch Wärme. Müsstest du dir nicht die Hand verbrennen?” Der Elf hob erbost das Schwert und rief: “Das ist MAGIE du Unwissende! Und jetzt werde ich dich bei der geballten Macht von Moradin wegsmiten!” Geschockt wich Emily einen Schritt zurück. Sie hatte ja mit vielen skurrilen Dingen auf ihrer Reise gerechnet, aber nicht mit dem, was da vor ihr stand.
Sie überlegte kurz. Wollte sie sich wirklich mit diesem Schwachkopf prügeln? Sie könnte auch einfach umdrehen und weggehen, er konnte ja kaum schneller sein als sie. Dann würde sie wertvolle Erfahrung verlieren, aber auch die Gelegenheit, dem Typen zu zeigen, dass sie mit ihrer geliebten Keule sehr wohl Party machen konnte und nicht auf so ein seltsames, physikverachtendes brennendes Schwert zurückgreifen musste, um cool zu sein. Eigentlich hielt Emily sich für eher schlau, immerhin hatte sie früher viele Bücher gelesen, aber das hier war dann doch eine reine Bauchentscheidung.
Sie ließ einen markerschütternden Schrei los und rannte mit Keuli weit ausholend auf den Elfen zu. Ein ausladender Schwung mit all ihrer Kraft, doch leider daneben. Der Elf sprang mit einem doppelten Salto rückwärts aus dem Weg. Emily war verwirrt. War normales Ausweichen etwa aus der Mode gekommen? So am Rätseln konnte sie nur ganz knapp unter dem Schwert hinwegducken, dass ein paar ihrer Haarspitzen dabei leicht ansengte. Das ging ja nun gar nicht. Sie war vielleicht nicht die ultimative Schönheit, aber auf ihre Frisur legte sie dann schon wert. Voller Rache holte sie nochmal aus und war voller Zuversicht - und traf! Sie wollte sich schon freuen, doch da hörte sie den Elfen nur wieder hämisch lachen und sah, dass er ihrem Angriff nur um einen Millimeter entkommen war, indem er einen Spagat gemacht hatte. Wollte der denn jetzt kämpfen oder Bodenturnen? Sie konnte sich darauf einfach keinen Reim machen. Eine Pirouette drehend stand ihr Gegner wieder auf und schlug nochmal nach ihr, voll in ihre schöne Lederrüstung rein. Das tat weh. Zum Glück konnte sie ein bisschen was wegstecken, doch das würde nen echt ekelhaften blauen Fleck geben. Sie musste kurz nach Luft ringen, bevor sie wieder beide Hände an ihren Knüppel legte und ihn jetzt zum nächsten Angriff erhob. Sie hatte gesehen, wie er jetzt zwei mal mit irgendwelchen akrobatischen Bewegungen ausgewichen war. Das würde er sicher wieder machen. Also musste sie nur ihren Schlag daran anpassen und dann würde das richtig weh tun.
Mit voller Wucht, donnerte sie ihm ihre Keule mitten auf den Kopf. Seine Bewegungen zu analysieren hatte sich also gelohnt! Er ging direkt bewusstlos zu Boden. Scheinbar konnte er nicht so viel aushalten. Zufrieden lächelte Emily und sah auf den Elfen herab. Sie könnte ihm jetzt seine Sachen klauen, immerhin schien er gutes Zeug zu haben, wenn er schon ein brennendes Schwert hatte, aber sie mochte ihre Sachen. Außerdem hatte sie eben ihren ersten Kampf gewonnen. GEWONNEN! Als sie diese Erkenntnis so komplett erreichte, tanzte sie vor Freude auf der Stelle und küsste ihre Keule. “Danke mein Keulichen, das war wundervoll!”
Dann reckte sie ihre Keule gen Himmel und rief “Auf viele weitere Siege!” In diesem Moment, schlug ein Blitz in ihre Keule ein. Sie erschrak, zuckte dann aber mit den Schultern und murmelte im Weitergehen nur: “Wie gut, dass meine Keule nicht aus Metall ist…”
Nach dieser kurzen, aber doch ziemlich anstrengenden Begegnung machte sich Emily auf, die nächstgrößere Stadt zu erreichen. Sie hatte nämlich gehört, dass es dort eine Schule für aufstrebende Abenteurer gab, die sie sich gerne mal anschauen wollte. Dort angekommen, ging Emily auf direktem Wege zu eben dieser Schule, doch als sie die Einrichtung betreten wollte, wurde sie von zwei Türstehern angesprochen: “Was willst du hier? Ich kann sehen, dass du nicht den Babyabenteurerabschluss hast, den man für diese Schule braucht! Du weißt sicher nicht einmal, was für eine Klasse du bist!” Unter dem hämische Lachen der Wachen ging Emily schmollend von dem Gebäude weg. Ihr müsst wissen, Emily war nämlich extrem neugierig. Und jetzt wollte sie genau wissen, was in dieser Schule abging.
Kurzentschlossen schlich sich Emily zur Rückseite der Schule und suchte eine Möglichkeit, unbemerkt einzudringen. Sie dachte sich: “Hmm, ich glaube, ich versuche es mal über das Dach!” und versuchte auf das Dach zu klettern. Leider war Emily für eine Barbarin nicht sonderlich kräftig, weswegen letztendlich sieben Versuche brauchte um hochzuklettern.
Dort angekommen, sah sie ein angelehntes Fenster. “Perfekt! Ich wusste doch, dass ich so reinkomme! Da hat sich das Kristallkugel-Seminar ‘Schurken für Anfänger mit zwei linken Händen’ doch ausgezahlt!”, dachte sich Emily mit einem leisen Lachen. Doch als sie durch das Fenster klettern wollte, fiel Emily ein, weswegen sie nicht ihre ganze Existenz darauf stützte: Emily war nämlich extrem ungeschickt und polterte folglich durch das Fenstern und landete mit einem lauten Blums auf dem Boden. Aus dem Emilyförmigen Haufen auf dem Boden war leise zu hören: “Ach ja, ich hasse ja klettern…”
Nachdem sie ihre Gliedmaßen wieder entwirrt hatte, schlich Emily auf der Suche nach etwas Interessantem leise durch die Schule. Nach einigen Minuten hörte sie aus einer angelehnten Tür eine leise Stimme: “... und solltet ihr euch dazu entscheiden, ein Ranger zu werden, spezialisiert euch nicht als Biestmeister. Damit macht ihr 2,67 Prozent weniger Schaden, was selbstverständlich inakzeptabel ist. Grogur, leider muss ich dir auf deinen Aufsatz über deine Traumklasse eine Sechs geben, du kannst als Ork einfach kein Zauberer werden, du bist dazu zu dumm.” Kopfschüttelnd wandte Emily sich von der Tür ab und dachte: “Also hier kommen so seltsame Gestalten wie dieser Elf von vorhin her. Traurig, man sollte doch machen, was einem Spaß macht… Hier werde ich wohl nicht sinnvolles lernen können”. Nach dieser Erkenntnis schlich sich Emily wieder nach draußen, inklusive natürlich einem kleinen Missgeschick beim Herunterklettern vom Dach, und machte sich auf den Weg zur nächsten Taverne, denn sie kannte die erste Regel für Barbaren: Ohne Mampf kein Kampf. Und vielleicht würde sie dort ihren ersten Auftrag als die weltbeste Abenteuerin bekommen?
Die Taverne war ein wundersamer Ort. Sobald Emily die Tür geöffnet hatte, kam ihr ein Schwall an bunten Lichtern, Musik und Stimmengewirr entgegen. Leute verschiedener Rassen und Alter saßen an den Tischen, tranken Bier, erzählten sich unter lautem Lachen Geschichten oder tanzten zur Flötenmusik der Katzenmenschen-Bardin. Emilys Augen leuchteten, als sie das alles sah und sie blieb einen Moment wie eingefroren in der Tür stehen.
Einen Moment später wurde sie aber wieder aus ihrem Staunen gerissen, als eine Zwergendame mit einem beeindruckenden Bart und einem sehr großen Schwert auf dem Rücken in sie rannte. “Hey, pass doch auf wo du stehen bleibst!”, sagte die Zwergendame aufgebracht und Emily sah sie kurz verwundert an, bevor sie peinlich berührt “Entschuldigung....” murmelte. Die Zwergin musterte sie kurz. “Ist das eine Keule?”, fragte sie spöttisch und Emily nickte so heftig, dass ihr Kopf kurz schwirrte. “Ja, das ist Keuli! Wir haben zusammen vorhin einen Elfen mit einem brennenden Schwert verprügelt!”, sagte sie voller Stolz und die Zwergin zog anerkennend eine Augenbraue hoch. “Dann musst du aber ziemlich stark sein, wenn du das hinbekommen hast. Mein Name ist Barbara, komm doch mit und ich stelle dir meine Freunde vor!” Emily freute sich so sehr, jemanden kennen gelernt zu haben, dass sie sich gar nicht darum sorgte, eventuelle Fehlinterpretationen von sich selbst zu verbessern. Am Tisch angekommen sah sie noch eine junge Dame mit grünen Haaren und eine Frau mit Haaren rot und wallend wie Feuer sitzen, die gemütlich ein Bier tranken und sie nur mit einem kurzen Blick beachteten. Barbara setzte sich auf einen Stuhl, auf dem ein Buch lag, damit sie etwas höher saß und dann grinste sie Emily zu. “Jetzt setz dich schon und lass uns Armdrücken.. Ich will sehen, was du kannst!”
Emily schluckte kurz. Sie war jetzt nicht unbedingt schwach, aber wirklich stark war sie auch nicht. Auch wenn sie früher immer das Brunnenwasser schleppen musste, so war sie danach immer völlig fertig gewesen und ihre Arme hatten ihre weh getan. Und jetzt wo sie sich die Zwergin etwas genauer ansah, hatte sie schon einen ordentlichen Bizeps…
“Ratten, warum ausgerechnet Ratten?! Das ist doch ein Klischee!”, grummelte Emily mürrisch, als sie die Taverne verließ und in Richtung ihres ersten Auftrages als Abenteurerin stampfte. Nach der peinlich eindeutigen Niederlage im Armdrücken kam eine auffällig gekleidete Dame auf sie zu und gab ihr den Auftrag, ein Haus, das sie von ihrem “Schugardaddi”,so hat es zumindest Emily verstanden, bekommen hatte, von Ungeziefer zu befreien. Natürlich kamen von den anderen Tavernengästen wieder dumme Sprüche über Emilys angebliche Unfähigkeit, doch mittlerweile blendete sie diese Sprüche einfach nur noch aus.
Und so kam es, dass Emily vor einem stattlichen Landsitz mit angeschlossenem Weingut stand. Sie stöhnte: “Ok, dieser Auftrag ist jetzt doch etwas umfangreicher geworden.” Langsam und vorsichtig schlich sich Emily in das Haus. “Ratten werden doch sicherlich in der Vorratskammer sein, so war das zumindest immer bei uns im Dorf”, dachte sie sich. Nun sie hatte Recht, doch ihre früheren Erfahrungen mit Rattenplagen hatten sie nicht auf diesen Anblick vorbereitet: Hunderte, wenn nicht gar tausende Ratten huschten über den Boden der ziemlich gigantischen Speisekammer, vor dem durch die geöffnete Tür einfallenden Licht flüchtend. “Ok, DAS ist doch mal eine Rattenplage… Wartet mal, warum bewegen sich die Ratten so gezielt?” Plötzlich hörte Emily eine piepsige Stimme aus dem Schatten: “Du hast also meinen brillianten Plan durchschaut, den Wert dieses Gebäudes durch meine Schätzchen hier ins Bodenlose fallen zu lassen und es dann billig aufzukaufen. Aber du wirst mich nicht aufhalten, vor allem nicht mit... Einer Keule? Das kann doch nicht dein Ernst sein.” Jetzt sah Emily auf einmal tiefrot. Sie brüllte: “Niemand beleidigt Keuli!!!” und stürzte sich auf die Position der Stimme. Emily meinte so etwas wie “Zephir Str..” zu hören, aber nach einem liebevollen Tätschler mit Keuli verstummte die Stimme. Auf einmal lösten sich die Heerscharen von Ratten in Luft auf. “Hmm, die waren wohl beschworen”, stellte sie fest, ”Jetzt wollen wir uns doch mal unseren Rattenliebhaber anschauen.” Emily stieß die Tür ganz auf und sah am Boden in einer ziemlich großen Blutlache einen Halbling mit ziemlich deformierten Kopf liegen, am Boden neben ihm ein Bogen. “Hui, der Auftrag war doch ziemlich schnell erledigt.”
Nachdem Emily der Dame in der Taverne die frohe Kunde überbracht und die Nacht in der Taverne verbracht hatte, machte sie sich auf, in der weiten Welt neue Abenteuer und neue Freunde zu finden. Aber vor allem würde sie allen zeigen, dass sie auch ohne die optimalen Entscheidungen Erfolg und Spaß finden würde, egal was die Welt um sie herum behauptete.
Anila kontrollierte zum dritten Mal, ob sie ihre Wanderstiefel auch zugebunden hatte. Die Doppelschleife saß aber genau so fest wie bei ihrer ersten Kontrolle. Sie machte bedächtig einen Schritt nach vorne, darauf bedacht, auf dem stellenweise gefrorenen und von kleinem Geröll bedeckten Boden nicht auszurutschen. Sie wollte nicht hinfallen, weniger weil sie sich verletzten könnte, als vielmehr, weil sie es nicht leiden konnte, wenn ihr die Kontrolle über eine Situation entglitt, und sei es auch nur für eine Sekunde. Manche Leute hätten sie vielleicht dafür ausgelacht, dass sie so war, insbesondere angesichts dessen, was sie vorhatte. Denn einen großen Berg zu besteigen, der gefährlich und unsicher war, war bestimmt nichts, wobei sie immer die Kontrolle behalten konnte. Zumindest würde man das denken. Doch Anila war sicher, dass es ihr gelingen würde, die Oberhand zu behalten. Der Wind mochte toben, der Hang mochte steil sein und der Boden vereist, doch sie glaubte fest daran, dass sie das nicht aus dem Konzept bringen würde. Was auch immer an Hindernissen kommen würde, sie würde sie überwinden.
Der Wind pfiff kalt um den Gipfel des Berges und trieb Eis und Schnee mit sich; obwohl sich alles jederzeit bewegte, schien er aus der Entfernung reglos und stumm, majestätisch und ehrfurchteinflößend. Die Siedlungen der Menschen am Fuß des Berges waren schon seit Jahrzehnten verlassen, nur wenige tapfere Seelen trauten sich gelegentlich hierher. Und heute schien tatsächlich einer der Tage zu sein, an denen dies der Fall war - ein einsamer Mensch trieb sich dort herum. Er hatte den Berg kaum betreten, und es war nur eine Frage der Zeit, bis er diesen wieder verlassen würde - ob nun freiwillig oder unfreiwillig. Denn während der Mensch noch seine Kleidung kontrollierte, begannen in seiner Nähe wie von Geisterhand die Steine den Hang hinunter zu rollen.
Anila bemerkte zunächst gar nicht, was genau passierte, weil sie zunächst dachte, das Geröll würde einfach nur wegrollen, weil sie den Hang hinauf ging und es dabei natürlich auflockerte. Doch dann hielt sie inne und sah sich um. Es waren nicht nur die Steine, auf die sie trat, die den Hang hinunter kullerten. Überall um sie herum lösten sich kleine Steine und Schotter und schwollen an wie zu einem Strom, der bald so stark wurde, dass sie sich kaum auf den Füßen halten konnte. Sie verlor die Kontrolle! Sie versuchte gegen die Flut anzurennen, doch sie rutschte weg und jetzt rauschte sie mit den Steinen hinunter, ohne Halt. Ihre Hände krallten sich in den Boden in dem Versuch, sich festzuhalten, doch alles, was sie davon bekam, waren blutige Finger.
Während sie den Hang hinuntergezogen wurde, sah sie vor sich, ein Stück weiter nach links, einen großen Felsen, der wie eine Insel in der Steinflut wirkte. Sie versuchte, ihren Sturz in diese Richtung zu lenken, doch es klappte nicht wirklich. Sie rauschte an dem Felsen vorbei und streckte verzweifelt dabei die Hand nach ihm aus, auf der Suche nach Halt, nach Kontrolle über ihre Situation, der sie so hilflos ausgeliefert war. Im nächsten Moment schoss etwas aus ihrer Hand hervor und wickelte sich um den Felsen wie ein Lasso. Mit einem Ruck kam sie in der Flut zum Halten, während das Geröll um sie weiter den Berg hinunterrutschte. Anila brauchte einen Moment, um zu verstehen, was geschehen war. Aus ihrer Hand war eine Art Seil hervorgekommen, das sich von selbst um den Felsen geschlungen hatte und sie festhielt. Das andere Ende hatte sich automatisch um ihr Handgelenk gewickelt. Das Seil schimmerte silbern und es wirkte, als sei es nicht wirklich fest - vielmehr war es leicht durchsichtig. Doch als Anila danach mit beiden Händen griff, konnte sie es anfassen wie jedes gewöhnliche Seil. Sie zog sich mit aller Kraft an dem Seil hoch, auf den Bereich unmittelbar hinter dem Felsen zu, wo sie sicher vor der sie umgebenden Geröllawine sein würde. Währenddessen fiel ihr auf, dass das Seil langsam immer durchsichtiger wurde. Sie wollte nicht herausfinden, was passierte, wenn es vollkommen verschwand. Ihre Muskeln schmerzten schon, doch sie schaffte es, die sichere Stelle zu erreichen. Sobald sie dies geschafft hatte, zog sich das Seil in ihre Hand zurück.
Anila atmete ein paar Mal tief durch und kletterte dann auf den Felsen, um sich einen besseren Überblick zu verschaffen.
Der Lärm der Gerölllawine hallte noch durch die Luft, als die Steine und Felsen sich langsam beruhigten, bis sie wieder regungslos am Berg liegen blieben. Der Mensch am Fuße des Berges hatte Halt gefunden - für den Moment. Der Ausblick, der sich ihm bot, war einer, der die meisten Menschen mit Ehrfurcht erfüllte. Nur wenige Meter hinter dem Feld aus Geröll breitete sich ein Wald aus, die Bäume in einem fast surreal leuchtenden, satten Grün. Dazwischen wuchsen violette Kristalle in die Höhe und Strukturen von längst vergessenen Menschen, die dies einst ihre Heimat nannten, führten einen Pfad hindurch, den Berg hinauf. Alles an diesem Wald atmete im Gleichtakt; die Bäume, die sich sanft im Wind bogen, die Kräuter, die den Boden säumten, wie auch die Ranken, die sich langsam die einst von den Menschen beanspruchten Orte zurückerkämpften.
Doch bevor der Mensch diesen wundervollen Ort erreichen konnte, galt es noch, ein anderes Hindernis zu überwinden: Zu allen Seiten des Felsens, auf dem er stand, tat sich ein Abgrund auf. Es gab keinen Weg zurück - und nach vorn führte nur ein Weg über weitere, schmale Felsen, die mehrere Meter weit entfernt lagen.
Anila stellte fest, dass es keinen Ausweg gab. Der Boden um sie herum war verschwunden. Einen Moment lang führte sie sich erleichtert vor Augen, dass sie es zumindest noch rechtzeitig zu einem sicheren Platz geschafft hatte, bevor der Boden komplett weg war. Doch nun stand sie vor der Frage, wie sie weiterkommen konnte. Die Felsen vor ihr waren klein und zu weit auseinander, als dass sie zuversichtlich gewesen wäre, einfach von Felsen zu Felsen springen zu können, zumal sie keinen Platz hatte, um jeweils Anlauf zu nehmen. Es sei denn natürlich ...
Sie sah auf ihre linke Hand, aus der das Seil hervorgekommen war. Würde das wieder funktionieren? Sie streckte die Hand nach dem nächsten Felsen aus. Das Seil kam hervor, doch als es versuchte, sich von selbst um einen Teil des Felsens zu schlingen, stellte Anila fest, dass es ein wenig zu kurz dafür war. Es reichte überhaupt kaum bis zum nächsten Felsen hin. Als Anila die Enttäuschung in sich aufkommen spürte, zog das Seil sich wieder zurück.
Anila setzte sich auf den Boden. Sie konnte weder vor noch wirklich zurück. Sie war nicht mehr in einer Situation, über die sie die vollkommene Kontrolle hatte. Sie hatte nicht damit gerechnet, sie so schnell zu verlieren. Sie ballte die Fäuste. Es musste doch irgendetwas geben, irgendetwas ...
Sie sog scharf die Luft ein, als ihr klar wurde, was sie zu tun hatte. Es war nicht wirklich etwas, was sie tun wollte. Momentan war sie hier zumindest sicher und konnte die Situation insofern selbst bestimmen, als dass sie einfach sitzen und somit am Leben blieb. Das, was sie stattdessen tun konnte, würde bedeuten, ihren sicheren Ort zu verlassen und sich in eine absolut riskante und unkalkulierbare Lage zu bringen, zumindest für den Moment. Andererseits kam sie anders hier nicht weg.
Anila stand auf und holte tief Luft. Sie überprüfte noch einmal ihre Schnürsenkel. Jetzt zu stolpern wäre wohl die dümmste Art zu sterben. Sie nahm das bisschen Anlauf, das ihr zur Verfügung stand, rannte los und sprang. Sie kam nicht sehr weit, doch im Fallen streckte sie die Hand aus. Das Seil schoss hervor und nun, da sie ein bisschen von der Entfernung zum nächsten Felsen überwunden hatte, schlang sich das Seil um eine Spitze des Felsens und zurrte sich fest. Anila baumelte kurz an dem Seil hin und her, doch kam schnell zum Stehen. Rasch kletterte sie an dem Seil hoch und schaffte es so gerade noch auf den großen Stein, bevor es sich komplett auflöste. Ihr Atem ging schnell vor Erleichterung und Anstrengung und sie nahm sich einen Moment, wieder zu Kräften zu kommen.
Nach vielleicht zwei Minuten war sie jedoch bereit, den nächsten Sprung zu wagen, der genauso gut wie der erste klappte. So sprang sie weiter von Felsen zu Felsen. Bei einem Felsen jedoch stutzte sie kurz - es schien, als würde er in einem seltsamem blauen Ton leuchten. War an ihm etwas Besonderes? Der Felsen hinter ihm wiederum schien vollkommen normal, doch er war so weit vom nächsten Felsen entfernt, dass Anila sich nicht einmal mit ihrem Seil sicher war, dass sie ihn würde erreichen können. Doch darüber konnte sie sich später Gedanken machen. Erneut sprang sie, und erneut kam ihr Seil hervor, doch als es sich um den leuchtenden Felsen wickelte, bewegte er sich so ruckartig nach vorne, dass der Schwung Anila mitriss. Sie schrie vor Panik laut auf, als sie unter dem Felsen entlang geschleudert wurde, in die Luft und mit solcher Wucht, dass sie auf den übernächsten Felsen geschleudert wurde. Der Aufprall presste alle Luft aus ihren Lungen und sie zitterte am ganzen Leib. Es war wieder etwas passiert, was sie nicht hatte kontrollieren können, und beinahe wäre sie dabei draufgegangen. Für einige Minuten weinte sie. Schließlich stand sie auf, wischte sich das Gesicht ab und machte sich daran, wieder über die restlichen Felsen zu springen. Zum Glück schien keiner von denen mehr zu leuchten.
Der Mensch lebte immer noch - überraschenderweise - und er schien davon überzeugt zu sein, die Kontrolle über seine Situation zurückerlangen zu können, wie schon so viele vor ihm. Merkte er denn nicht, dass eigentlich der Berg die Kontrolle über ihn hatte? Dürre, grüne Ranken bahnten sich ihren Weg hinauf auf den Felsen, auf dem der Mensch stand; still und kaum merkbar schlangen sie sich um seine so sorgfältig verschnürten Stiefel. Und in einem Augenblick setzte sich der komplette Wald in Bewegung. Überall kamen aus dem Boden Ranken gekrochen und neigten sich in die Richtung des Menschen, als wollten sie alle nach ihm greifen.
Anila bemerkte die Ranken erst, als es zu spät war. Sie hatten sich bereits voll und ganz um ihre Stiefel gewickelt. Sie versuchte, sich loszureißen, doch die Ranken waren viel zu dick, um so durchtrennt werden zu können, und bereits viel zu fest um ihre Füße geschlungen, als dass sie sich lösen würden. Anila konnte nichts anderes tun als zu schreien, als nun der ganze Wald auf sie zukam und noch mehr Ranken sich um sie schlangen, sie festhielten und vollkommen bewegungsunfähig machten. Es war nur eine Frage der Zeit, bis sich eine dieser Ranken um ihren Hals schlingen und ihr die Luft abpressen würde. Bald war sie wie in einer Art Kokon gefangen, unfähig, auch nur einen Finger zu rühren, ganz so, als sei sie eine Fliege in einem Spinnennetz.
"Warum musst du immer alles kontrollieren?", hörte sie eine Stimme wie aus weiter Ferne. Anila kannte diese Stimme.
Muss ich nicht!, dachte sie. Ich mag nur kein Chaos!
"Ich fühle mich, als wäre ich nur irgendeine Variable, die du fixieren willst", sagte die Stimme.
Das wollte ich nicht!, schrie Anila in Gedanken. Es tut mir leid! Sie hatte all das schon einmal gehört. Deswegen war sie überhaupt hier. Deswegen wollte sie diesen Berg besteigen.
"Warst du jemals in einer Situation, die du nicht komplett überblickt und beherrscht hast?"
Ich bin es jetzt!, schrie sie in ihrem Kopf. Ich habe ... keine Kontrolle ...
"Aber du willst sie immer noch haben. Du kämpfst darum. Es ist dir so unerträglich, dass du irgendetwas nicht beherrschen kannst. Aber weißt du, wie sehr mich das einengt?"
Ich wusste es nicht!, rief Anila stumm.
"Komm wieder, wenn du gelernt hast, auch einmal loszulassen."
Tränen stiegen Anila in die Augen. Sie konnte doch nicht einfach loslassen. Es würde sie umbringen. Sie würde fallen, sie würde sterben. Sie war nicht so weit gekommen, war nicht über die Felsen gesprungen, um jetzt einfach aufzugeben.
Die Felsen ...
Aber sie hatte kurz losgelassen, oder? Als sie die Felsen überquert hatte, war sie gesprungen und für einen Moment hatte sie keinen Halt gehabt. Es war ein Risiko gewesen, etwas, das sie nicht voll kalkulieren konnte, und sie war es eingegangen. Musste sie einfach nur lernen, auch einmal loszulassen?
Anila schloss die Augen und atmete tief durch.
Loslassen, sagte sie sich, einfach kurz loslassen ...
Der Wind pfiff kalt durch den Wald, zwischen den Bäumen, den Felsen und dem menschlichen Kokon, fast so, als hätte der Berg gerade tief ausgeatmet. Und im selben Moment hörten die Ranken auf, zu wachsen. Sie begannen stattdessen zu leuchten, hell und intensiv grün, und legten sich noch enger um den Menschen - doch sie erstickten ihn nicht länger. Der Kokon schrumpfte um den Menschen herum, bis nichts mehr von den Pflanzen übrig war; der Mensch jedoch stand noch da, stärker als zuvor, und das Leuchten der Ranken war nun ein Teil von ihm. Der Wald lag wieder so friedlich und ruhig vor ihm wie zuvor, denn der Berg veränderte sich nie. Er veränderte lediglich diejenigen, die ihn betraten.
Anila konnte endlich wieder ruhig atmen. Sie hob ihre Hände vor ihre Augen und glaubte, hier und da ein grünliches Leuchten unter ihrer Haut zu sehen. Sie hatte eines realisiert: Je stärker sie die Situation hatte beherrschen wollen, umso fester hatten sich die Ranken um sie geschlungen. Erst als sie sich entschieden hatte, loszulassen, war sie befreit worden.
Sie sah den Wald vor sich und den dahinter immer noch hoch aufragenden Berg. Sie atmete tief durch und streckte ihre Hand nach dem Wald aus. Diesmal schoss kein Seil hervor, sondern eine der grünen Ranken, die sich vorher noch um sie gewickelt hatten. Sie flog auf den Wald zu und hakte sich irgendwo zwischen den Zweigen eines Baumes fest. Im nächsten Moment riss es Anila nach vorne durch die Luft, nicht vollkommen beherrscht, aber auch nicht komplett unkontrolliert. Es schleuderte sie in den Wald hinein, hindurch durch Zweige und Äste. Anila erschuf neue Ranken und schwang sich durch den Wald und die alten Ruinen, die sich in ihm befanden, den Berg hinauf. Ein paar Mal stieß sie fast vor einen Ast und konnte nur im letzten Moment ausweichen. Sie fühlte sich dabei frei auf eine Art, die sie bisher nie gekannt hatte.
Als sie den Wald hinter sich gelassen hatte, hielt sie kurz inne und sah zur Bergspitze hoch, die teilweise von Wolken verdeckt war. Sie würde den Berg besteigen, und dann mit dem, was sie gelernt hatte, nach Hause zurückkehren.
"So Kleiner, wie lange möchtest du noch von deinen Erinnerungen verstecken?" Der 23-jährige Rotschopf, Jäger und ehemalige Waffenschmied nahm einen kräftigen Schluck von der Suppe. Zwei Jahre ist es her, seitdem Jacco diesen blondhaarigen Jungen aus den Händen einer Banditengruppe befreit hat. Leider nahmen nicht nur die Banditen Schaden, als Jacco seinen schweren Schmiedhammer schwang, auch der Junge wurde von einem Hammerhieb getroffen, wodurch er sein Langzeitgedächtnis verlor.
Anhand der Kleidung vermutete Jacco beim blonden Jungen eine adlige Herkunft, womöglich sogar aus dem gleichen Königreich, aus dem Jacco vor 10 Jahren türmte. Sein Großvater verstarb durch die Hand eines Banditen und danach hielt Jacco nichts mehr an seine Heimat, lediglich erlegtes Wild tauschte er gelegentlich für Kleider und Medizin um. Nachdem Banditen den Königssohn entführten, schlossen die Pforten für fremde Leute für immer. "Ich weiß, du bist mir dankbar, dass ich dich aus den Händen der Banditen befreit habe und möchtest mich nicht alleine lassen, aber da draußen in den Wäldern wirst du dich nie erinnern." Jacco vermutete, dass Ben, so hieß der 19-jährige Blondschopf, der verlorengeglaubte Sohn des Königs ist. Auch glaubte er, dass Ben wohl wegen der Aussicht auf Lösegeld gefangen genommen wurde. Da Jacco wegen der Ermordung seines Großvaters ohnehin einen Groll gegen Banditen hegte, ermordete er die Geiselnehmer und befreite den Adligen, nachdem er ihn aus versehen bewusstlos schlug.
Ben schenkte den Worten von Jacco keine Beachtung, stattdessen aß er gemütlich seine Suppe. Als er Jaccos entgeistertes Gesicht sah, lächelte Ben verunsichert, wandte sich dann aber freudig an Jacco: " Wenn du nichts dagegen hättest, würde ich diesmal gerne die große Handelsstraße bis zur nördlichen Hafenstadt ablaufen, da ich deinen Worten nach damals vor 2 Jahren in diese Richtung gehen wollte. Eventuell erinnere ich mich so an das eine oder andere Detail wieder."
Ben wusste, dass er sich nur so vielleicht an etwas erinnern könnte. Er hatte irgendwo ein anderes Leben, was er verloren hatte. Jacco zuliebe wollte er es jetzt doch angehen und etwas auf Findungstour gehen, aber er hatte den skurrilen Wandersmann wirklich sehr ins Herz geschlossen und fürchtete sich, das sein altes Leben sein jetziges beeinflussen könnte.
Jacco schmunzelte. Na geht doch. Sie durchquerten nach dem Essen die grossen Handelsstraße, Liberta Patens, mit dem Ziel die Erinnerungen in Ben wachzurütteln.
Während ihrer jetzigen Reise trafen sie ein weiteres Mal auf Banditen, welche Jacco in die Flucht schlug, jedoch wurde Ben beinahe von einem Messer getroffen. Während Ben versuchte auszuweichen verlor er den Halt und knallte gegen einen größeren Felsbrocken. "Du wirst doch nicht gegen einen Felsen verlieren, Kleiner", lachte Jacco, bevor er den letzten Banditen mit dem Hammer zur Strecke brachte.
Ehe Ben wieder richtig bei Sinnen war, hatte Jacco sich vor ihm mit einem Lachen postiert.
"Sehr witzig Jacco, du weißt, ich bin ein elend schlechter Kämpfer", er hielt sich die Hand an den Kopf und stöhnte, "uff aber in Sachen Härte steht der Stein deinem Hammer in Nichts nach. Vielleicht sollten wir irgendwo rasten und ich ruh mich etwas aus..."
Sie gingen die Handelsstraße weiter und waren gerade an einem Schild angekommen. Auf diesem stand, dass Lactura als nächstes Reich nicht weit entfernt sei. Ben musterte das Schild und sagte: "Vielleicht sollten wir dort rasten, ich brauche echt eine Pause und vielleicht können wir auch Heilkräuter gegen meine pochende Beule finden." Ein Händler, der mit vollgepackten Rucksack ihren Weg kreuzte, blieb stehen und meinte, dass das Königreich keinen reinließe, da es gegenüber von Fremden skeptisch seien. "Ich habe meinen Kollegen in der nördlichen Hafenstadt nicht glauben wollen, als sie von diesem merkwürdigen Reich erzählten, aber es ist wahr! Man könnte meinen, der König wäre dumm, keinen Handel zu betreiben. Nicht mal das Volk wehrt sich dagegen! Ich muss jetzt aber weiter, sonst wird meine Ware schlecht." Der Händler machte sich rasch davon.
Da Ben jedoch seine Wunde untersuchen lassen wollte, machten sie sich trotz der Aussage des Händlers auf zum Königreich, wurden aber wie erwartet von den Wachen vor dem Eingangstor abgewiesen.
"Die Tore sind bewacht, so wie alles hier... weißt du, wie wir reinkommen? Wir müssen doch rasten", wandte sich Ben zu seinem Freund.
"Na was glaubst du, wie wir da reinkommen?" Jacco grinste und schaute hinauf zu einem Hügel, dessen Klippe etwas in die Stadt hineinragte. "Wie du ja weißt, kenne ich mich mit Pflanzen und Kräutern etwas aus, wusstest du, das gewisse Ranken so stabil wie Seile sind? Gib mir zwei Stunden und ich habe ein genug langes Pflanzenseil für uns beide und wenn wir drinnen sind, nun ja, wer weiß, wer weiß ..." Jacco erkannte am skeptischen Blick von Ben, dass dieser nicht wirklich überzeugt war, doch Jacco interessierte dies herzhaft wenig. "Außer natürlich, du hast eine bessere Idee."
Mit weiterhin skeptischer Miene antwortete Ben: " Nein habe ich nicht. Ich habe dich nach einer Idee gefragt und die setzen wir nun auch so um." Aus der Skepsis wurde dabei ein verschitztes Lachen, da es wirklich außergewöhnlich war, was sie vorhatten.
"Außerdem ist es doch egal, wie ich antworte, du hast dich schon festgelegt. Hauptsache wir kommen da rein."
Die Zeit verging, das Seil schien robust genug und wurde geschickt an einem Baumstamm befestigt. Jacco ging als erster hinunter und schaute zu Ben hoch. Ben machte sich sogleich an den Abstieg.
Jacco weiß schon, wieso ich als zweites hinunter sollte. So kann er mich im Blick behalten, ich kanns ihm bei meinem Glück nicht verübeln, dachte sich der blondhaarige Junge. Unten angekommen fand sich Ben im hintersten Ecken der Stadt wieder. Die Schlosstürme ragten über den Häusern hervor.
"Es ist schon ruhig hier", bemerkte Ben, "wie auch immer, lass uns einen Ort zum Lagern suchen, hast du eine Idee, wo wir was finden können?"
"Schwer zu sagen. Als ich noch jünger war, gab es hier Herbergen , die bis spät in die Nacht geöffnet hatten, aber nun sind diese Läden scheinbar geschlossen. Allgemein wirkt es etwas trist hier, wenn du mich fragst."
Plötzlich kamen Soldaten um die Ecke gelaufen.
"Hey ihr, ihr seid doch Fremde?! Was habt ihr hier zu suchen?! Der König hat es Fremden verboten, die Stadt zu besuchen! Mitkommen!"
Die Wache samt Konsorten führte die beiden Einbrecher in Richtung Schloss. Auf dem Vorplatz konzentrierte sich Jacco mehr auf Ben, dieser musterte den Vorplatz mehr als auf den König vor ihnen zu achten.
Dieses Schloss ist schon prachtvoll, dachte sich Ben, während er den Wachen auf den Vorplatz folgte. Der König saß auf einer Sänfte und blickte grimmig zu ihnen hinüber. Bedienstete liefen überall um sie herum oder standen einfach nur da und musterten sie kritisch. Auch das Volk hat sich eingefunden, was wohl kaum schwierig war, nachdem die Wachen sie vorhin so lauthals anschrien.
Da hat es wohl der eine gehört und seinem Schwager erzählt, dieser hat es wiederum seinem Freund erzählt....man kennts doch..., dachte Ben sich.
Während sie auf dem Vorplatz warteten sah sich Ben die Umgebung an: Er sah einen kleinen Park, der mit Blumen und Wegen geschmückt war. Am hinteren Ende erblickte er einen Hain, der ihm sehr gefiel. Freudig betrachtete er den Hain, dann pochte sein Kopf stärker als zuvor.
Eine Flut von Eindrücken überschüttete Ben. Er erinnerte sich wie er als Kind in dem Hain gespielt hat. Erkunden und Reisen, das mochte er. Verwechslung ausgeschlossen, Ben war schon einmal hier gewesen.
"Jacco...ich erinnere mich... das ist mein zu Hause. Glaubst du, dieses Abriegeln hängt mit dem Überfall und meinem Verschwinden zusammen?", fragte Ben verunsichert den Waffenschmied.
Der kleine Ben blickte in Richtung eines Hains. Er schien sich wieder zu erinnern und vermutet nun, dass sein Verschwinden mit der Isolation des Königreiches zu tun hat. "Gut möglich, Kleiner. Der König gibt sich wohl selbst die Schuld dafür und zeigt Reue, indem er versucht, das Königreich vor weiteren Verlusten durch die große, weite Welt abzuschirmen. Der König und dadurch sein Volk leben nun in einer Blase." Jacco betrachtet seufzend seinen Hammer. "Was willst du, Ben? Dich weiter vor der Realität abschirmen wie dein Vater oder dich der Gegenwart stellen?"
Als Ben gerade antworten wollte, stand der König von seiner Sänfte auf und tat einige Schritte in Richtung Vorplatzmitte. Er begann zu sprechen: "Ihr, Fremde, wurdet gefangen genommen, da ihr unbefugt in mein Reich eingedrungen seid. Wir hier wollen keine Auswärtigen haben, die Welt da draußen ist kaltherzig und böse. Nur hier in unserem Reich sind wir sicher. Ihr aber habt euch unberechtigt Zutritt verschafft. Was habt ihr zu eurer Verteidigung zu sagen?"
"Ja warum seid ihr hier, elendes Pack!", hörte man aus der Menschenmasse rufen.
Ben schaute den König an und entgegnete: "König von Lactura Damnum, schottet euer Volk nicht ab. Findet Ihr nicht, dass es zu hart ist, sich von allem zu verstecken? Wir waren auf Reise, doch ich muss mich erholen, da ich mich verletzt habe." Ben machte eine Bewegung und zeigte auf seine Wunde.
Der König kniff die Augen zusammen: " Du nennst es Verstecken? Vor einiger Zeit wurde ich auf einer Reise überfallen, die Banditen raubten mir das wichtigste, was ich besaß. Sie hatten kein Herz und haben mir meinen Sohn genommen. Die Welt da draußen ist kaltherzig." Der König unterdrückte die Tränen, da er sich wohl an den denkwürdigen Tag des Verlustes erinnerte.
Während der König seine letzten Worte gesprochen hatte, hörte man von diversen Stimmen aus dem Volk das Folgende: "Ja der Köngissohn ist fort, weil die Welt keine Barmherzigkeiten kennt. Hier hinter unseren Mauern sind wir in Sicherheit. Draußen gibt es nichts Gutes."
Ben war schockiert. Das alles nur, weil ein Überfall stattgefunden hat und er verschwunden ist?
Er nahm allen Mut zusammen und sagte: "Herr König, findet Ihr, dass dies die richtige Entscheidung ist? Habt ihr nicht nach Eurem Sohn gesucht, nachdem die Banditen weg waren?"
Der König sah halb traurig, aber noch ernst genug zu Ben hinüber: "Ich habe ihn gesucht, über ein Jahr lang, ohne Erfolg. Mein Sohn war ein Sonnenschein doch jetzt leben wir im Schatten, noch so einen Verlust steckt mein Volk nicht weg."
Ben war entsetzt, er schaute Jacco sorgenvoll an und sagte nur noch: " Aber Herr König, man kann sich nicht wegen einer schlechten Sache von allem zurückziehen, denn nicht alles ist schlecht. Es gibt auch gute Menschen da draußen und auch die Welt hat ihre guten Seiten."
Jacco meldete sich zu Worte: "Ich weiß, Ihr erinnert Euch nicht an mich aber bestimmt an meinen Großvater, der Eure Waffen geschmiedet hat. Nach seiner Ermordung wolltet Ihr mich vor der Welt in Eurem Palast abschirmen und beschützen, doch ich weigerte mich, zu sehr schlug mein Herz nach Abenteuer. Auch nach über 10 Jahren lebe ich noch. Ich konnte mit 13 Jahren draußen überleben, trotz Banditen, dann könnt Ihr und Euer Volk das auch. Die Natur hat mir viele schöne und wichtige Dinge beigebracht, dadurch konnte ich diesen Blondschopf vor zwei Jahren retten und verpflegen. Seht ihn Euch an, werter König, seht Euch diesen Jungen an, oh Hoheit."
Jacco hat für Ben das Reden übernommen und schloss seinen Vortrag mit einer Frage an den König ab.
"Was sollte mir oder meinem Volke auffallen? Aber warte...du sagtest, du hättest ihn vor Banditen gerettet? Aber kann es sein? Bist du es, Sohn?" Die Antwort des Königs war mehr eine Frage. Im Volk wuchs das Raunen stetig an und war nun an seinem Höhepunkt. "Der Prinz? Er lebt?" "Das ist der Königssohn?"
Der König erkannte langsam, dass es wirklich sein Sohn war und fing an in Tränen auszubrechen: "Ben du bist es. Ich habe gedacht, ich hätte verloren. Aber du bist da und lebst."
"Ja Vater. Die Welt, sie ist nicht so schlecht. Hier, ", er zeigte auf Jacco, "Jacco hat mich gerettet. Die Welt hat auch gute Menschen, wie ihn. Man muss nicht immer alles meiden, nur weil man schlechte Erfahrungen gemacht hat. Es kann daraus auch etwas Gutes geschehen." Ben ging auf seinen Vater zu und sie nahmen sich in den Arm, beide überglücklich.
Das Königreich öffnete sich nach und nach und die Menschen sahen mit neuem Mut nach draußen in die großen Weiten des Unbekannten. Der Handel wurde wieder aufgenommen und die Menschen waren wieder voller Freude unterwegs. Auch wenn mal etwas Schlimmes passiert, so wollten sie nun auch an die guten Dinge in der Welt denken, denn nicht alles war schlecht. Das hatten sie nun gelernt.
Es war für mich ein ganz gewöhnlicher Tag. Ich stand morgens auf, aß mein Frühstück und fuhr mit der Straßenbahn in die Universität. Schon seit einigen Jahren war das meine tägliche Routine, bis auf freie Tage und die Wochenenden natürlich. Der Tag verlief zunächst wie jeder andere zuvor, doch auf dem Weg nach Hause war etwas anders als sonst. Ich war auf dem Weg in einen nahe gelegenen Supermarkt, doch auf halber Strecke überkam mich ein seltsames, unbeschreibliches Gefühl, das mich bewog, einen anderen Weg zu wählen als üblich. Normalerweise blieb ich auf der gut beleuchteten, geschäftigen Hauptstraße, doch irgendetwas trieb mich eine düstere, verwinkelte Gasse hinein.
Die Nacht war bereits hereingebrochen und die Gasse wurde nicht von Straßenlaternen erhellt. Eigentlich mied ich solche düsteren Wege, aus einer dunklen Furcht heraus, die ich mir nicht recht eingestehen wollte, doch heute fühlte es sich anders an. Fast schon geborgen und irgendwie richtig. Ich folgte dem dunklen Weg und ich ließ mich von dem Lauf der Gassen treiben. Inzwischen war ich so tief in das Labyrinth der Häuser eingedrungen, dass kaum noch Licht von den beleuchteten Straßen hierher gelangte, doch ich fühlte mich nicht unwohl. Ein Gefühl, das sich abrupt änderte, als ein unerwarteter Schein mich regelrecht blendete. Für einen Moment dachte ich, ein Auto wäre um eine Ecke gebogen, doch ich hörte keines, nur ein leises, seltsames Summen. Als sich meine Augen an das Licht gewöhnt hatten, sah ich um mich herum auf dem Boden einen blauen Kreis aus hell leuchtenden Zeichen und Symbolen, die mir nicht bekannt vorkamen. Ich versuchte, meinen Arm aus dem Kreis herauszustrecken, doch stieß auf einen unsichtbaren Widerstand. Dann trat aus dem leuchtenden Kreis eine blaue Wand nach oben und hüllte mich ein. Das Leuchten wurde noch heller und ich war erneut geblendet. Bunte Lichtpunkte und surreal wirkende Schlieren hüllten tanzten vor meinem Auge umher, ich fühlte mich schwerelos, dann war brach das helle Leuchten abrupt ab. Vor meinen Augen erstreckte sich nicht mehr die vertraute Stadt, sondern ein dichter, lebendiger Wald und ich bemerkte, dass ich auf meinem Hintern im Unterholz saß. Während des seltsamen Prozederes musste meine Beine die Kraft verlassen haben. "Was zur Hölle ... ?", entrang sich krächzend meiner trockenen Kehle, nachdem ich meine Stimme wiedergefunden hatte.
Es war richtig gewesen, ihn herzubringen. So viel war klar. Ihm die Richtung zu weisen, dürfte auch nicht schwieriger sein. Man musste ihm nur weiterhin dieses ziehende Gefühl schicken – auch wenn es hier weniger stark sein würde. Vielleicht erst einmal die Bäume aus dem Weg nehmen ...
Wie von Geisterhand bogen sich die Äste vor dem Jungen auseinander und machten einen Gang frei. Es wirkte fast, als hätte jemand einen Weg ins Dickicht geschlagen; allerdings waren alle Zweige vollständig unverletzt. Ein sanfter Windhauch wehte in dieselbe Richtung, wie eine Bestätigung, dass dies der richtige Weg für ihn war. Da blieb ihm ja nichts anderes, als ihn zu gehen. Oder?
Eine Weile blieb ich einfach an Ort und Stelle sitzen, zu überrumpelt und verwirrt war ich von dem Geschehen. Wo war ich hier? Was war passiert? Während dieser Zeit schaute ich mich um, erkundete die mir nicht vertraute Umgebung, doch viel zu sehen gab es eigentlich nicht. Ich war umgeben von dicht stehenden Bäumen, der Boden gesäumt von Gestrüpp, Büschen und Moos. Plötzlich bemerkte ich in meinem Augenwinkel eine Bewegung und ich richtete meinen Blick wieder nach vorne. Zwischen den Bäumen hatte sich eine Schneise aufgetan, ein sanfter Wind umspielte mich und schien mich in diese Richtung zu treiben. "Ich kann hier nicht ewig sitzen bleiben ...", murmelte ich, stand auf und folgte zunächst zögerlich dem Pfad, den der Wald mir wies.
Es funktionierte. Sehr gut. Nur dass irgendwann der Wald an einem breiten See endete. Auf der gegenüberliegenden Seite konnte man einige Lichter in der Ferne erkennen. Allerdings musste er diese erst einmal erreichen. Nur wie?
Der Wind wurde stärker. Kräftige Böen trieben den Jungen in Richtung des Wassers. Hoffentlich konnte er schwimmen – der Weg um den See herum würde deutlich länger dauern.
Vor dem See stehend, überlegte ich, wie ich über den See gelangen sollte. Die unnatürlich aussehenden Lichter sprachen deutlich für Zivilisation, dort könnte ich nachfragen, wo zur Hölle ich hier war und vielleicht fände sich auch ein Hotel oder Hostel. Ohne Campingausrüstung im Wald zu übernachten wollte ich ungern ausprobieren. Nach kurzem Zögern kniete ich mich ans Ufer und blickte in das Wasser, dann streckte ich eine Hand hinein. Es war klar und nicht so kalt wie erwartet, mit einem hübschen, smaragdenen Schimmer, aber trotzdem noch unangenehm. Um den See herum zu laufen würde aber wohl deutlich länger dauern, also blieb eigentlich nur Schwimmen. Ich war kein besonders sportlicher Typ, aber über den ruhigen See zu schwimmen, traute ich mir gerade noch zu. Schließlich hatte ich meinen Entschluss gefasst, zog meine Schuhe und Socken aus, verknotete diese auf meinem Kopf und trat in den See hinaus. Mein Blick war fest auf die Lichter am anderen Ufer gerichtet.
Das Rauschen der Blätter des Waldes klang, als würden sie erleichtert ausatmen, als der Junge in das ruhige Wasser stieg. Wie als Bedankung dafür, dass der Junge schwamm, ergriff ihn eine Strömung in der Mitte des Sees. Sie sollte ihn unterstützen, aber auch vor den nervig schnappenden, aber ungefährlichen Fischen schützen, die in hier lebten. Es konnte natürlich passieren, dass sie trotzdem zu ihm gelangten, aber damit würde er schon fertig werden. Denn wenn nicht, war er eh der falsche.
Von der unerwarteten Strömung unterstützt, kam ich deutlich schneller voran als erwartet. Ich konnte teilweise Bewegungen an meinen Zehen spüren, doch darüber wollte ich nicht genauer nachdenken und redete mir ein, dass es sich ganz bestimmt nur um irgendwelche Wasserpflanzen handelte. Nach einer Weile erreichte ich triefnass und frierend, aber nicht besonders erschöpft am anderen Ufer an und stieg tropfend aus dem Wasser. Da lag sie vor mir, die Quelle des Lichtes.
Im Norden sank die Sonne immer weiter nach unten, machte sich bereit, hinter dem Horizont zu verschwinden. Auf der Seite des Sees, die der Junge erreicht hatte, lagen etwas abseits einige Booten im Wasser; kaum zu erkennen im einsetzenden Zwielicht. Von ihnen ausgehend führte eine einsame Schotterpiste vom See fort zur Quelle der Lichter, die trostlos vor sich hin flackerten. Das einmal erblühende Fischerdorf hatte sich in eine Geisterstadt verwandelt, nur vereinzelt patrollierten noch Söldner, denen der Junge besser nicht begegnen sollte. Am besten machte er einen großen Bogen um das Dorf, den letzten Außenposten.
Der Wind drehte und trieb den Jungen nach links, weg von den Booten und abseits des verlassenen Weges. Das Gelände würde uneben und steinig werden, sodass man zum Teil etwas klettern musste, aber alles war besser, als von den Söldnern geschnappt und befragt zu werden. Deshalb schien auch die Sonne noch einmal mit ihrer ganzen Kraft, schickte ihre Strahlen zu dem Jungen, rief ihn zu sich und hoffte, dass er sie hörte, bevor sie ihn in Dunkelheit zurücklassen musste.
Als ich die Quelle des Lichtes erblickte, wirkte diese plötzlich gar nicht mehr so einladend und ich fluchte innerlich. Das Dorf wirkte überwiegend verlassen, die Häuser waren heruntergekommen und wurden wohl schon länger nicht mehr bewohnt. Ich konnte einzelne Gerüstete entdecken, die durch die Ruinen schritten und nach irgendetwas Ausschau zu halten schienen, doch beim Anblick dieser Gestalten lief mir ein eiskalter Schauer über den Rücken. Etwas sagte mir, dass mir diese Gestalten nicht freundlich gesinnt wären, weshalb ich beschloss, einen anderen Weg zu suchen. Ein unbestimmtes Gefühl trieb mich linker Hand und ich entdeckte einen Pfad, der sich durch hügeliges Gelände wand, von der untergehenden Sonne in sanftes rotes Licht getaucht. Ich folgte dem Schein des Lichtes, hoffend, dass ich noch vor Einbruch der Nacht einen Ort fände, wo ich bequem schlafen könnte.
Der Wind vertrieb die vereinzelten Wolken, die den Mond verdecken und das Licht nehmen wollten. Der Junge musste weiter, es blieb keine Zeit. Und auf dem Untergrund würde ihm jedes Licht willkommen sein.
Ich lief weiter und weiter, doch ohne irgendein Ziel zu erreichen. Der Mond hatte die Sonne vertrieben und der Pfad wirkte im fahlen Mondlicht mit jeder verstrichenen Minute weniger einladend. Etwas wehmütig wurde ich langsamer und blickte zurück auf die Lichter des heruntergekommenen Dorfes, die in der einbrechenden Dunkelheit viel einladender wirkten als zuvor. Doch die gerüsteten Gestalten, die dort unterwegs waren, hatten auch nicht besonders einladend gewirkt. Welchen Weg sollte ich einschlagen? Geradeaus schien keinerlei Zivilisation in Sicht, wo ich fragen könnte, wo ich hier eigentlich bin, also doch umkehren? Unsicher ob meiner nächsten Schritte blieb ich stehen und blickte zwischen den blassen Lichtern des Dorfes und dem Mond beschienen Pfad hin und her. "Verdammt ..."
Er blieb stehen. Warum blieb er stehen? Er musste weitergehen. Er musste ankommen. Es war keine Zeit, stehenzubleiben!
Eine kräftige Windböe blies in seinen Rücken, zerrte an seinen Kleidern. Weg von dem Dorf, weit weg. Es würde noch ungemütlich genug werden. Die Wolken veränderten mitten im Lauf ihre Richtung und schirmten das Mondlicht von dem verlassenen Fischerdorf ab. Dunkelheit wirkte doch auf die wenigsten Menschen einladend. Außerdem war der Weg zu gefährlich, ihn ohne Sicht zu gehen. Vielleicht würden die Söldner aufmerksam werden, aber was sollte sie an einer Wolkenschicht schon zu sehr beunruhigen. Wichtig war jetzt nur, dass der Junge weiterging. Immer im Mondlicht bleiben. Wir haben noch ein ganzes Stück vor uns.
"Wah!" Ich stieß einen spitzen Schrei aus, als mich ohne Vorwarnung eine heftige Windböe erfasste. Wäre ich hier nicht alleine gewesen, hätte ich mich für den mädchenhaften Laut sicherlich geschämt. Der starke Wind, die Bewegungen der Wolken, der Schein des Mondes, alles wirkte plötzlich so, als würde es mich von dem Dorf fernhalten wollen, kaum dass mir der Gedanke gekommen war, ob ich vielleicht doch dorthin zurück sollte. Warum? Es schien mir geradezu, als sei eine unheimliche Macht am Werk, die mir einen Weg aufdiktieren wollte, der für mich kein Ziel bot. Ich zögerte noch kurz, doch schließlich stemmte ich mich gegen den Wind und marschierte den hügeligen Pfad wieder hinunter Richtung Dorf. Wie schlimm konnten die paar Menschen dort schon sein?
Argh, dieser Mensch! Die machten auch nie das, was gut für sie ist! Immer verbünden sie sich mit den falschen und lassen die Welt untergehen durch ihre Unvernunft!
Der Wind, der den Jungen in die richtige Richtung treiben sollte, wurde stärker. Ein Orkan würde sicherlich zu viel Aufmerksamkeit erregen und der Junge sollte ja auch nicht böse auf dem harten Untergrund aufkommen, aber er musste doch einsehen, dass dieses Dorf kein geeigneter Ort für ihn war. Er wurde anderswo gebraucht!
Der Wind blies mir jetzt noch stärker entgegen, doch das bekräftige den Trotz, der sich in mir gebildet hatte, nur noch mehr und ich lief unbeirrt weiter gen Dorf. Was auch immer mich hier lenken wollte, ohne klares Ziel vor Augen würde ich mich nicht einfach so fügen, sondern meinen eigenen Weg wählen.
Dieser Junge! Dabei war er doch zu Beginn wie eine perfekte Wahl erschienen! Jetzt aber stemmte er sich gegen den Wind und tat alles daran, in sein eigenes Verderben zu laufen, egal wie sehr Wind, Wolken und Mond ihn davon abhalten wollten.
Es dauerte nicht lange, bis ein dumpfer Gong zu hören war. Die Wolken hatten die Söldner aufmerksamer werden lassen, sodass sie schneller auf den Jungen aufmerksam geworden waren. Sie versammelten sich am nördlichsten Punkt des Dorfes und begannen damit, Symbole auf den Boden zu malen. Sie waren fertig, noch ehe der Junge, dem der Wind weiterhin entgegen schlug, sie hätte erreichen können. Dann begann einer unverständliche Worte zu flüstern, während die meisten anderen wieder auf ihre Posten zurückkehrten. Nur drei weitere blieben zurück und ließen den Jungen nicht aus den Augen.
Ein dumpfer Gong ertönte, die Menschen waren wohl auf mich aufmerksam geworden. Ich konnte sehen, dass einige von ihnen sich am Rand des Dorfes versammelten und dort irgendetwas taten, doch Genaueres war auf diese Entfernung nicht auszumachen. Bis auf vier verteilten die übrigen sich nach einer Weile wieder, diese jedoch behielten mich fest im Blick. Ich begann, mit einem Arm zu winken und durch laute Rufe zu signalisieren, dass ich keine bösen Absichten hatte. Hoffentlich verstanden die Menschen mich, ich wusste ja nicht einmal, ob wir dieselbe Sprache sprechen.
Als hätte der Junge nicht schon die komplette Aufmerksamkeit der Söldner begann er nun auch noch, wie wild zu winken und zu rufen. Der Wind nahm noch einmal an Intensität zu und trug seine Stimme davon, doch die Söldner interessierten sich sowieso nicht für das, was er rief. Sie verengten nur ihre Augen zu schlitzen. Sie konnten nicht erwarten, ihn wieder loszuwerden.
Als der Söldner, der die Worte gemurmelt hatte, fertig war, erhob er sich und warf einen Stein auf die Zeichnung vor ihm, die sogleich in einem matten Blau zu leuchten begann.
Die Menschen verstanden meine Worte nicht, da war ich mir relativ sicher, aber ob es am immer stärker werdenden Wind oder sprachlichen Differenzen lag, da war ich mir unsicher. Vielleicht auch beides. Als ich näher kam, konnte ich sehen, wie vor einer der Gestalten ein großes, blaues Symbol zu leuchten begann und ich hielt kurz inne. War das ein Portal, wie dieser seltsame Kreis, der mich hierher gebracht hatte? Konnten diese Leute mich etwa zurück nach Hause bringen? Mit neuem Elan lief ich weiter, auf das blau leuchtende Etwas zu.
Da jetzt eh alles vorbei zu sein schien, frischte der Wind noch einmal merklich auf. Bisher hatte er den Jungen ja nicht aufhalten können.
Die Söldner hingegen schwärmten aus, um dem Jungen den Weg zurück zu versperren. Auch sie schien der Wind nicht weiter aufzuhalten. Verdammt! War jetzt alles verloren?
Als ich fast am Rand des Dorfes angelangt war, versperrten die Gerüsteten den Weg Richtung See und zurück auf den hügeligen Pfad. Wollten sie, dass ich durch dieses ... Portal ging? Das kam mir ja eigentlich gerade recht! "Hallo werte Herren!", rief ich laut, um eine höfliche Sprache bemüht. "Ich weiß nicht so genau, wie ich hierher gekommen bin, doch ich würde einfach nur gerne wieder zurück. Durch dieses blaue ... Ding dort?" Ich deutete auf das leuchtende Symbol und versuchte, meine Worte mit Gesten zu verdeutlichen.
Sie antworteten mir nicht, aber hielten mich auch nicht auf, was mir als Bestätigung reichte. Mit schnellen Schritten trat ich in das blaue Licht und spürte, wie die Welt um mich herum verschwamm.
Er war verschwunden. Einfach weg. Aber noch war das Portal aktiv. Vielleicht ließe es sich noch einmal benutzen, um ihn zurückzuholen.
Die Männer schienen verwirrt über das erneute Aufleuchten des Kreises, doch wie aus dem Nichts kam ein Tornado und hielt sie in der Luft gefangen. Dann fegte er über die Stadt, um auch die anderen zu erreichen. Das würde uns zwar nur weiter unter Zeitdruck setzen, aber der Junge würde zurückkehren. Und er würde seine Aufgabe erfüllen – komme was da wolle!
Vor meinen Augen tanzten wieder die Lichter und ich freute mich schon darauf, wieder die vertrauten Häuserfassaden zu sehen. Doch als das Leuchten langsam verebbte, stand ich wieder vor den verfallenen Häusern.
"Wollt ihr mich eigentlich verarschen???"
ELIM_inator Asteria Bastet Bonnie Caroit Cassandra Cattléya @Creon Cosi Dreykopff Dusk Evoli-Girl Faolin Frechdachs Gray Ninja Jefi Jiang Vany SpeciesSaladMallory Liu HoppouChan Isamu_17 hufe_di Saiko Musicmelon Nexy Willi00 PokéExpertin Sawyer #shiprekt Silence Thrawn Yasuna Raichu-chan @Amaterasu Tragosso Webu Johnson Evo Lee Mandelev Tidy @milchschnitte Project Mew Webu Johnson Feuerdrache Mr. Ultracool Kuraudo