Östliche Galar-Mädels mit etwas Twindrake aus Einall traf es wohl besser, wie Rachel fand. Aufgrund der speziell aufgezogenen Spektakel und insbesondere der Dynamaximierung wusste sie, dass die Galar-Liga weltweit einen besonderen Status genoss. Belaine hatte das Thema zwar schnell gewechselt, als es um Skandale ging, jedoch zeigte ihr Interesse an Kämpfen und Turnieren gewisse persönliche Neigungen. Sie beschloss, sich das bis auf Weiteres zu merken.
Als Kalypso erfuhr, dass Belaine aus Twindrake in Einall kam, musste sie ein wenig schmollen, doch Belaines Reaktion zu ihrer Vermutung war so amüsant, dass sich ihre Laune sofort wieder besserte. Zu Rachel gewandt scherzte sie: „Dann sind wir halt das Galarische-Duo!“ Innerlich machte sie sich eine Notiz Belaine bei der nächsten Gelegenheit etwas aus der Turnier Szene zu schenken und sei es nur eine Yell-Vuvuzela. Belaines guilty pleasure würde sie erstmal für sich behalten. Jeder hatte ja eine Seite, die er anderen nicht gerne zeigt und solange Belaine selber keine Flaschen werfen würde, wäre es auch kein Problem. Zu Belaines Aussage gegenüber Kate musste Kalypso etwas grübeln. Die Aussagen über Kates Team Stimmten schon, doch auch als Arenaleiterin war sie nun mal auf einen Typ spezialisiert. Ihre letzten Gedanken formulierte sie wieder laut: „Dann hatte Mama also recht mit ihrem Gezeter über ihre Chefin. Dass sie Challangern gegenüber als zweite Arena oft nachsichtig ist, war ja bekannt. Dennoch komisch, dass sie sich in der Oberliga halten kann.“
Zu Kate hielt sich Rachel erst einmal zurück. Sie mochte die Fotografien der Arenaleiterin und sie wusste sich mit ihren Pokémon auch immer gut in Schale zu werfen. Andererseits hatte sie zu ihrer Arbeit als Leiterin wenig Bezug und war der Meinung, dass sie einfach Spaß dabei haben sollte.
„Bis zum Leuchtturm in Keelton kann ich von Circhester nicht sehen. Da, äh, liegt etwas zu viel Land dazwischen.“ In diesem Moment überlegte Rachel, ob Kalypsos Aussage über eines der Hauptmerkmale von Keelton überhaupt ernst gemeint war. Wo sie darüber nachdachte, wirkte es lediglich wie ein Aufhänger, um zu Spikeford, einer ihrer Nachbarstädte, wechseln zu können. Durch die eher spärlichen Besuche in der düsteren Stadt konnte die junge Frau mit Gewissheit sagen, dass dort viele Fans ihre lokalen Challenger enorm anfeuerten. Allerdings war bei weitem nicht die gesamte Bevölkerung streitsüchtig, wie es oft in den Medien dargestellt wurde.
„In Spikeford ist Nezz mit den Maximizers ansässig. Also, die Pokémon-Band“, ergänzte Rachel noch schnell, sodass alle Anwesenden den vollständigen Zusammenhang kannten. „Ich war schon einige Male dort und hatte bisher immer das Gefühl, dass die Leute dort besonders nett sind. Die Gerüchte kommen vielleicht hauptsächlich durch Hörensagen zustande.“
Kalypso zuckte mit den Schultern. Sie konnte der Liga nie großes Interesse gegenüberbringen. Dafür ihre Brüder umso mehr. Doch solange ihre Mutter einen festen Job hatte, versuchte sie sich so viel darüber zu merken, wie sie es nur konnte. Sie wandte sich wieder Rachel zu. „Schade, ich hab gehofft, unser Leuchtturm wäre hoch genug, um ihn auch über Spikeford hinweg zu sehen...“ Kalypso war wirklich ein wenig enttäuscht über diese Erkenntnis, doch die Erwähnung der Maximizers ließ Kalypsos wankelmütige Stimmung wieder umschwenken. „Sag mir nicht, du hast die Maximizers live gesehen?!“ Erstaunt, neidisch und begeistert brachte sie diese Sätzte hervor. „Erzähl mir, wie war es? Ich wollte schon länger mal auf ein Konzert, hab aber nie jemanden überredet bekommen, mit mir da hin zu gehen... Ich kann mir gut vorstellen, dass Menschen aus Spikeford bei den Konzerten verstehen Party zu machen und bestimmt auch super nett sind!“
In dem Moment, als Rachel die Maximizers erwähnt hatte, erlangte Kalypso wieder ihre leicht aufgeregte Stimmungslage. Offenbar war sie ebenfalls großer Fan dieser Band, was sie nicht einmal im Ansatz verwunderte. Musikgruppen mit Pokémon waren zwar nicht ungewöhnlich, aber die Maximizers konnten mit großer Bekanntheit und Können weit über die Grenzen Galars hinaus punkten.
„Äh, nein, live habe ich sie noch nicht gesehen. Ich höre gerne deren Musik, aber bisher haben mich Konzertbesuche nicht wirklich interessiert. Zumindest bin ich der Meinung, dass es besser ist, mit mehreren hinzugehen.“
Rachel setzte kurz ab und überlegte.
„Also, wenn du Interesse hättest und wir etwas Zeit abseits der Foundation, könnten wir … gern ein Konzert der Maximizers besuchen.“
Belaine öffnete den Mund, dann schloss sie ihn wieder. Angestrengt dachte sie nach, öffnete den Mund, doch noch hatte sie den Gedanken nicht fertigformuliert. Inzwischen dürfte es den anderen aber aufgefallen sein dass ihr etwas auf der Zunge lag. Wenn sie also nicht wie ein Schallquapp auf dem Trockenen wirken wollte musste sie schleunigst etwas geistreiches sagen.
„Ist das nicht gefährlich?“
An den Superlativ der durchdachten Aussagen kam sie damit nicht einmal annähernd heran, für neue Maßstäbe der Weltfremdheit legte sie aber einen akzeptablen Grundstein. Die peinliche Wahrheit war nämlich, dass Belaine noch nie auf einem Konzert gewesen war, zumindest nicht freiwillig; als Kind war sie einige Male von ihren Eltern zu Jazz- oder Opernveranstaltungen mitgeschleppt worden, an mehr an das Schütteln fremder Hände und den stetigen Druck, lieb lächeln zu müssen, erinnerte sie sich aber kaum mehr. Später dann zog ihr Umfeld Yachtparties und Resorturlaube kulturellen Events vor, Liveshows hatte sie immer nur hinter sicheren Smartphonebildschirmen mitbekommen – und davon auch nur die wildesten und empörendsten Ausschnitte, kein Wunder also, war ihre Vorstellung von einem Maximizers-Konzert im besten Fall verzerrt. Obwohl Belaine Musik schätzte, hatte sie bisher nie den Mut aufbringen können, sich in den Moshpit der Gewöhnlichen zu begeben: Sie gehörte der Sorte Mensch an, für die das Tragen eines Nezz-Shirts mit einem gewissen Nervenkitzel verbunden war.
Der etwas sprachlose Ausdruck in Belaines Gesicht sowie die Aussage zur Gefährlichkeit von Konzerten war Rachel nicht entgangen. Im gleichen Moment fragte sie sich innerlich allerdings auch, ob ihr Gegenüber bereits bei einem offiziellen Kampf der Pokémon-Liga zugegen war. Insbesondere nach ihrer Bemerkung, die Kämpfe meist sehr gespannt zu verfolgen, hatte sie beinahe damit gerechnet, dass dem so gewesen wäre.
„Gefährlich vielleicht nicht, aber du solltest gegen große Menschenansammlungen immun sein. Etwas Sorge habe ich persönlich auch deswegen, aber … ehrlich gesagt würde ich gern einmal bei einem Live-Auftritt dabei sein.“
Rachel blickte kurz zu Pandora, die in der Zwischenzeit von Lazy abgelassen hatte und sich unter lautem Platschen wieder ins Wasser stürzte. Sie musste schmunzeln, als sie die illustre Runde der Pokémon sah und beschloss zögerlich, es auf einen Versuch bei Belaine ankommen zu lassen.
„Möchtest du auch … also, wenn du Interesse hättest?“
Belaines Herz machte einen Sprung. Rachel, auf der sie noch heute so rücksichtslos – wenn auch unabsichtlich – herumgetrampelt war, wollte sie auf einem Konzert dabeihaben? Das war vielleicht ein unerwarteter Twist der Ereignisse… oder fühlte sich die Kleine einfach verpflichtet, sie der Höflichkeit halber ebenfalls anzufragen? So oder so, gefragt hatte sie und Belaine erkannte eine Gelegenheit, wenn sie sich bot. Mit etwas mehr Begeisterung, als sie ansonsten bereit war zu zeigen setzte sie sich im Wasser auf und strich sich eine nasse Strähne aus dem Gesicht.
„Of course! Also-“, schnell fasste sie sich wieder, „sehr gerne, meine ich. Wenn ihr schon Ideen habt, natürlich… Was ist eigentlich euer Lieblingsalbum?“
Eine Frage, die man eigentlich nur stellte, um danach über sich zu reden. Besonders Belaine war da keine Ausnahme.
„Meines ist ja Darkest Day, obwohl ich Wyndon Woman auch mag, Darkest Day beeindruckt mich aber als Gesamtwerk ein tiny bit besser.“
Zusammen auf ein Konzert gehen? Die Freude in Kalypso erreichte unermessliche Höhen. Ihr Verstand setzte kurz aus, sodass Belaine vor ihr reagieren konnte. Ja gefährlich konnte ein Konzert schon werden, aber sie hatte gehört, dass Fans der Maximizers die freundlichsten Fans überhaupt sein sollen. Davon musste sie sich selbst überzeugen! Als Belaine zustimmte, konnte Kalypso ihre Emotionen nicht mehr halten. Sie sprang im Wasser auf und ab, streckte ihre Arme in die Höhe und jubelte. Dass sie noch genauere Pläne zu schmieden hatten, war in diesem Moment egal.
„Aua!“ Ihr Jubeltanz mag bestimmt erstaunlich ausgesehen haben, doch der menschliche Körper ist nicht für schnelle, ruckartige Bewegungen im Wasser gedacht, sodass sich Kalypso die Schulter gezehrt hat. „Ach Mist, dabei bin ich doch zum entspannen hier. Sollen wir langsam mal die Massage anvisieren? Und übrigens Wyndon Woman ist bei weitem das beste Album.“
Inzwischen war bereits ordentlich Zeit vergangen, in der auch Belaine ihren eigentlich straffen Zeitplan vergessen hatte. Überhaupt priorisierte sie unterdessen die weitaus näher liegende Massage dem Aufwand einer Trainingseinheit.
Lieblingsalben der Maximizers? Beim Gedanken an Darkest Day und Wyndon Woman wurde Rachel tatsächlich hellhörig, da sie diese Alben ebenfalls gern hörte. Tatsächlich musste sie scharf überlegen, da es nur wenige Lieder der Gruppe gab, die sie nicht bevorzugte.
„Also, wahrscheinlich bin ich die Einzige, die ihr Debüt Yell Out Loud sehr mag. Man merkt bereits dort, dass sie den Grundstein ihrer späteren Musik gelegt und ab da immer weiter experimentiert haben. Von Darkest Day gefällt mir besonders das titelgebende Lied aufgrund der abwechslungsreichen Melodie.“
Von Kalypsos offensichtlicher Freude sowie dem Wunsch, den Massagebereich zu besuchen, wurde wohl auch Belaine angesteckt. Als Rachel überlegte, was sie gern noch angehen wollte, entschied sie sich für den Moment dagegen.
„Ich mache mich wahrscheinlich gleich auf den Weg. Eigentlich wollte ich noch ein paar Dinge erledigen und ich weiß noch nicht, wie lange das dauern wird. Aber … danke für die Einladung und das Gespräch! Ich hoffe, dass euch die Massage gut tun wird!“
Mit diesen Worten strebte sie den Zugang zum Solebecken an und ergriff dort das Geländer, um nicht auf dem nassen Boden auszurutschen. Im gleichen Zug drehte sie sich noch einmal um und rief ihre Pokémon.
„Cammy, Pandora, kommt ihr auch?“
Ihr Partner Phlegleon realisierte den Ruf sofort und verabschiedete sich von Lazy und Chabi. Auf unbestimmte Art war er tatsächlich froh darüber, wieder etwas Abstand gewinnen zu können, wenngleich es gut war, die anderen außerhalb der Missionen kennenzulernen. Während er verhalten seufzte, tauchte Pandora aus dem Wasser auf und ließ einen erfreuten, hohen Ruf ertönen. Cammy machte sie auf sich aufmerksam und bedeutete ihr, dass sie das Becken nun verlassen würden. Pandora wirkte etwas enttäuscht, dass sie schon aufbrechen musste, folgte aber der Anweisung ohne weitere Widerworte. Der Weg zum Beckenrand war für sie in kürzester Zeit zurückgelegt und Cammy folgte mit gekonnten Schwimmbewegungen, bis auch er aus dem Wasser steigen konnte.
OT: Part 4 (glaube ich) des Partnerposts mit Kuraudo und Rusalka, wir verabscheiden uns vorerst von Rusalka und bedanken uns für die vorbildliche Mitarbeit 🤝