Der Form halber müsste eigentlich jeder Beitrag in diesem Topic mit "Ich lese ..." beginnen, nicht wahr? ;)
Ich lese mit ziemlicher Begeisterung gerade Nachtzug nach Lissabon von Pascal Mercier, das ich eigentlich nur im Antiquariat mitgenommen habe, weil mir der Name bekannt vorkam. (Eine kurze Recherche hat ergeben, dass es vor ein paar Jahren verfilmt wurde, vermutlich also daher.) Wenn ich erzähle, worum es geht, wird sich jeder erst mal denken "Wie bitte?", denn die Hauptfigur ist ein mittelalter Berner Gymnasiumslehrer, der in einem Anflug von Midlife-Krise seinen Arbeitsplatz verlässt und nach Lissabon fährt, um sein Leben nach Jahren der Gleichförmigkeit noch einmal selbst in die Hand zu nehmen. Klingt an sich nicht unbedingt originell, und trotzdem kann ich das Buch gerade kaum aus der Hand legen. Besonders gefällt mir die Ruhe, die es ausstrahlt. Man könnte meinen, eine solche Lebensentscheidung würde alles auf den Kopf stellen und mit großen, sich widerstreitenden Gefühlswallungen einhergehen. Aber dem ist nicht so, alles geschieht Schritt für Schritt. Außerdem gelingt es ihm, zum Nachdenken anzuregen über das, was unter der Oberfläche eines jeden Menschen liegt, ohne wahlweise kryptisch oder kitschig zu werden. Vielleicht kann ich als zumindest kleines Licht in der lateinischen Philologie manche Sichtweisen der altsprachlich gebildeten Hauptperson auch gut nachvollziehen, das mag sein.
Apropos Latein, ebenfalls auf meinem Nachttisch liegt Caligula. Eine Biographie von Aloys Winterling. Natürlich ist das Thema nicht unbedingt ein für alle zugängliches, aber meinem Urteil nach handelt es sich um ein wirklich gut und spannend geschriebenes Fachbuch, das zugleich quellennah arbeitet und den aktuellen Forschungsstand beinhaltet. Ein solcher Fund gelingt nicht oft, deswegen möchte ich das Buch an dieser Stelle trotzdem erwähnen.
Beide Bücher sind übrigens im gleichen Jahr erschienen, wie mir gerade auffällt, 2004. Netter Zufall ^^