Belaine stieß die Türen zur Mensa mit derselben Energie auf, mit der es auch ein Outlaw im wilden Westen beim Betreten des nächsten Saloons getan hätte. Weitere Parallelen blieben enttäuschenderweise aus; weder brachte ihre Anwesenheit überhaupt irgendwen zum Verstummen, noch drehte sich eine nennenswerte Anzahl Köpfe zum Eingang um. Die Menschen hier hatten sich nicht eingefunden um ihren Ertrag aus den Goldfeldern am Tresen durchzubringen, stattdessen schlangen sie in stiller Anspannung ihr Frühstück herunter – und das wirkte sich auf die allgemeine Stimmung aus. Belaine hingegen hatte nicht vor, sich von der Eile anstecken zu lassen, sie hatte ja noch so viel Zeit! Genügend Zeit, um sich ihr Tablett bis an den Rahmen der sozialen Akzeptanz zu beladen und in eigentlich kaum angebrachter Gemütlichkeit die Lebensgeister mit Kaffee und Brötchen zu wecken. Nur um ein Zeichen zu setzen füllte sie den Becher anschließend noch ein weiteres Mal.
Erst, als sich der Raum soweit geleert hatte, dass es auch der beschäftigten Frühstücksconnaisseurin auffiel, mühte sie sich um einen Blick auf die Uhr. Anderen Leuten wären schlagartig erblasst, da die Farbe in Belaines Gesicht jedoch entweder garantierte 24 Stunden hielt oder ohnehin nicht vorhanden war, war das kurzzeitige Ausbleiben ihrer Atmung das einzige Indiz für ihren Schockmoment.
Sie würde sowas von zu spät kommen.
Noch bevor das heutige Programm überhaupt begonnen hatte, hatte sich die Wahl des Schuhwerks als günstig herausgestellt; zwar gehörte das Manövrieren auf hohen Absätzen zu den zahlreichen Talenten Belaines, doch da jene Absätze heute fast gänzlich fehlten, schoss sie mit geradezu schwindelerregender Geschwindigkeit durch die Gänge zum nächsten Aufzug. Hysterisch hämmerte sie auf den Liftknopf – leider übertrug sich ihre Eile dadurch nicht auf die Maschine – und sprang, kaum war die Tür im Begriff sich zu öffnen, hinein. Auf der Fahrt nach unten hatte sie Zeit, sich zu sammeln. Auf keinen Fall wollte sie am Steg den Eindruck erwecken, dass sie sich ihrer Verspätung bewusst war, ein nicht zugegebener Fehler wurde nicht selten als bloßes Missgeschick interpretiert… Ruhig atmen also, ruhig. Am Steg angekommen war von Belaines Zeitdruck nichts mehr zu erkennen, die Seelenruhe, mit der sie zur Anlegestelle schlenderte, ließ sich bestenfalls als dreist bezeichnen. Das Basisküken, Eunice, hatte sich weniger Mühe bei ihrem Auftritt gegeben, Belaine ging im Vorbeigehen auf ihre Aussage eigentlich nur ein, um noch einmal zu unterstreichen, dass sie ganz und gar entspannt war.
„Ach, für Aufregung wird es bestimmt noch genügend Gelegenheiten geben, aber jetzt? Zu früh für Stress. Alola.“
Sie grüßte die Anwesenden mit einer beiläufigen Handbewegung und verschaffte sich, während sie sich zum Boot schlängelte, einen Überblick. Der Team-Teil von Teambuilding-Übung wurde anscheinend sehr ernst genommen, Belaines gesamter Jahrgang war anwesend sowie Karl und Matteo. Da Teamarbeit auch immer Teilung selbiger Arbeit bedeutete, hatte Belaine noch keinen Grund, sich mit üblen Vorahnungen zu quälen; sie beabsichtigte nicht, ihren Beitrag allzu anstrengend ausfallen zu lassen. Sofern nicht wie gestern alles an ihr hängenblieb, würde sie sich an ihre (selbst ermittelten) Stärken halten und nur bei grobem Versagen ihrer Helfer einen Finger krümmen.
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Schlimmer konnte es wirklich nicht werden. Nicht nur stieß sie bei jedem Handgriff des Sonnencreme-Schmierens an ihre Sitznachbarn, auch peitschte Matteo sein Gefährt wie von allen guten Geistern verlassen durch die Gewässer und versetzte (so Belaines Annahme) seine Passagiere in Zustände der Todesangst. Zumindest ging es ihr so. Als der Höllenritt dann endlich ein Ende gefunden hatte, ließ sich Belaine wie selbstverständlich von Zaveid von Bord helfen und spähte durch ihre Sonnenbrille skeptisch den Strand entlang.
OT: let me cook
Marc27 es sieht so aus als hätte ich genausowenig nach Zaveids Zustimmung gefragt wie Belaine, ich glaube, die Experten nennen das "immersiv" 😮💨