Während ich den Punkt nachvollziehen kann, dass die Abschaltung der Atomkraft zeitlich der Abschaltung der Kohlekraft hätte folgen (und nicht ihr vorausgehen) müssen und entsprechend auch die Kritik daran als durchaus gerechtfertigt ansehen kann, glaube ich, dass es nicht so einseitig gegen die Grünen gehen sollte. Der Atomausstieg ist schon lange vorher beschlossen worden, und zwar durch eine schwarz-gelbe Regierung. Und dann sind halt auch die meisten Kraftwerke bereits abgeschaltet worden, bevor die Grünen auch nur daran denken konnten, irgendwann in der Regierung zu sitzen, was wiederum auch an die Energiehersteller ein ziemlich klares Signal setzte, dass Atomkraft keine wirkliche Zukunft mehr in Deutschland hat und daher auch langfristig nicht mehr unbedingt "lohnend" sein würde, was auch jetzt nun auch erst einmal etwas ist, woran die derzeit in der Regierung sitzenden Grünen nicht rückwirkend etwas ändern können und sich damit irgendwie arrangieren müssen. Ich weiß daher auch insgesamt nicht, ob Panik und Dogma als vorrangige Motivatoren identifiziert werden sollten, weil es zu einem wesentlichen Teil das Arrangieren mit bereits gemachten Beschlüssen und den aus ihnen in den letzten mehr als zehn Jahren gefolgten Verhältnissen ist, die so leicht nicht mehr rückgängig zu machen sind. Was, nebenbei bemerkt, auch kritisiert werden kann als (pejorativ gemeinte) "Realpolitik", aber das ginge dann ja eigentlich in die exakt entgegengesetzte Richtung.
Wie gesagt: Soll nicht heißen, dass die Kritik nicht irgendwo ihre Berechtigung hat. Aber was ich in den letzten Tagen sehe, ist, dass bei dem Thema allgemein der schwarze Peter sehr den Grünen zugeschoben wird - ironischerweise nicht selten durch Leute der Union und der FDP, die für die Abschaltungen gestimmt, sie veranlasst und lange Zeit auch mitgetragen haben (und ganz nebenbei in puncto Kohlekraft auch keine Unschuldslämmer sind), die aber jetzt natürlich die Chance wittern, politisches Kapital aus der Sache zu schlagen.
Ja das war natürlich klar, dass gerade die Union daraus politisch Kapital schlagen will, obwohl diese aus reinem politischen Kalkül (Panik in der Bevölkerung nach Fukushima und die Grünen im starken Aufwind) seitens Angela Merkel wie von dir schon erwähnt 2011 den ursprünglichen Atomausstieg verkündeten ohne auch nur das Geringste zu tun, um den Energieverlust auszugleichen außer noch mehr Braunkohle zu schürfen und sich abhängiger vom Erdgas von Wladimir Putins Russland zu machen (die hiesige Solarindustrie wurde gar zerschlagen). Dennoch ist diese Anti-Atomkraft Haltung sehr wohl schon seit der Gründungszeit der deutschen Grünen dogmatisch und geht über jeden Bestreben hinaus aus dem tatsächlich unmittelbar klima- und umweltschädlichen Braunkohle sowie Erdgas herauszukommen und ist eine der wenigen alten Parteiprinzipien, die überhaupt noch nicht über Bord geworfen wurden mit der Entwicklung zur etablierten "bürgerlichen" Partei. Also nein, selbst wenn die Grünen den Atomausstieg rückgängig hätten machen können ist zu zweifeln, dass diese dafür wären und sie hätten in dem Thema die Blockadehaltung eingenommen die in vielen anderen Bereichen die FDP einnimmt in dieser dysfunktionalen Koalition.