Danke dir, das nehme ich mir dann natürlich auch für die Zukunft mit, dann ist es ja letztendlich gut, dass wir das beide Mal aussprechen konnten und Missverständnisse damit evtl. zukünftig vermeiden und das war natürlich nicht nur auf dich bezogen und es tut mir leid, dass meine Anmerkung dann augenscheinlich nur dir gewidmet wurde.
Nur um das klarzustellen: Mein Problem war nicht unbedingt, dass das ausschließlich mir galt oder spezifisch auf mich bezogen war. Ich zweifle allgemein an, ob der fragliche Eindruck sich hier so auf alle Themen verallgemeinern lässt.
Das ist halt on point und die Reaktionen darauf von euch zeigen leider nur wie erfolgreich diese Propaganda und Opferkarte immer wieder zieht.
Hier muss ich widersprechen. Die Sache ist: Ich habe, denke ich, Medeia zugestanden, nicht die Absicht gehabt zu haben, Religionen allgemein zu verteufeln. Nun denke ich, das gleiche Wohlwollen sollte auch Alaiya entgegengebracht haben, der hier
Es ist eher das Gegenteil. Es ist die Erkenntnis dass vermeintliche westliche Aufgeklärtheit am Ende auf eine eigene Art des Kolonialismus mit einer uniformen weltweiten Kultur anstrebt - was nun einmal auch letzten Endes genau so verwerflich ist, wie Kolonialismus auf der Basis von Religion.
ziemlich eindeutig nicht irgendwelche Diktaturen schöngeredet oder gerechtfertigt hat. Ich selbst habe meine eigenen Probleme mit der "westlichen Aufgeklärtheit". Einerseits, weil sie oft mit einem reichlich arroganten Gefühl von Überlegenheit einhergeht, in der Form von "Wir sind die super aufgeklärten Leute, alle sollten auf uns hören, wir sind die Zukunft etc." Aber andererseits auch, weil wir nicht die Problematiken vergessen sollten, die mit dem aufklärerischen Denkmodus einhergehen. Die Kritische Theorie hat hier viel wichtige Arbeit geleistet, die leider im Schulunterricht nicht gewürdigt wird. In der Schule und auch allgemein kriegen wir immer wieder eingetrichtert, wie toll die Epoche der Aufklärung war. Es wird unterschlagen, was dabei eben alles unter die Räder geraten ist. Stichwort Glaube: Wenn ich jemand bin, der die Schöpfung Gottes respektieren will und all der Kram, dann kann ich mir denken "Hm, vielleicht sollten wir diesen schönen Wald mal nicht für ein Fabrikgelände abholzen und üerhaupt, was ist mit den Tieren, die ihn als Lebensraum nutzen, wir haben hier eine Verantwortung gegenüber der Natur/der Schöpfung und blablabla". Dagegen der aufgeklärte Mensch, der sich denkt, dass das alles unnötige Sentimentalität ist und der Mensch nun einmal die Welt an sich anpasst und die Natur beherrscht. Der Wald ist in der Sichtweise dieses Menschen ein Haufen austauschbarer Bäume, wie auch die Tiere grundsätzlich austauschbar sind. Pflanzen wir irgendwo halt neue Bäume, wenn es sein muss, und die Tiere werden schon irgendwie sehen, wo sie bleiben. Und ehe wir uns versehen, steuern wir auf eine beschissene Klimakatastrophe und ein Artensterben zu.
Das alles kann nun als ein Beispiel gesehen werden, wie Glaube mitunter durchaus eine gute Wirkung haben kann. Ein Hayao Miyazaki zum Beispiel, der in seinen Filmen die Belebtheit der Natur in einem spirituellen Sinne thematisiert, ist nicht einfach unnötig sentimental oder religiös verblendet. Er erfasst vielmehr etwas sehr Wichtiges in Hinblick auf die Verantwortung des Menschen gegenüber der Natur. Alaiya hat es eigentlich schon ausgedrückt:
Oder du kannst sie nehmen und daraus lesen: "Kapitalismus schlecht! Umweltschutz gut! Toleranz super!"
Nun kann ein Bewusstsein über die Verantwortung gegenüber der Natur natürlich auch grundsätzlich abseits religiöser und spiritueller Motivationen entstehen. Klar. Aber der Punkt ist hier erst einmal, dass so etwas im Zuge der Aufklärung sehr leicht unter die Räder geraten kann und de facto auch ist. Es sei dazu gesagt: Die Naturbeherrschung bzw. die behauptete Austauschbarkeit der Natur schlägt natürlich auch auf den Menschen zurück. Im Kapitalismus sind wir alle austauschbar, in unserem Wert definiert durch unsere Nützlichkeit allein.
Ich würde, wenn es um die Kritik an der "vermeintlichen westlichen Aufgeklärtheit" geht, eher davon ausgehen, dass etwas in der Richtung gemeint ist. Wenn es dahingehend um Kolonialismus geht: Indigene Zivilisationen waren natürlich für die herrlich aufgeklärten Europäer*innen rückständig. Die hatten halt das alles noch nicht so schön begriffen, dass wir die Dinge nur nach ihrem Nutzen betrachten sollten, dass wir schauen sollten, wie wir die Natur optimal beherrschen. Warum können die sich nicht alle einfach unter unserer Rationalität, oder vielmehr Rationalisierung, einordnen? Nervig. Die stehen uns im Weg. Also verdrängen wir sie, beuten ihre Länder aus und bringen ihnen die richtige Zivilisation, nämlich unsere. Sie sollten uns auf den Knien dafür danken!
Es ist diese Einstellung, die historisch zu sehr viel Leid geführt hat. Zu Tod. Zu Genoziden. Und es war eben nicht alles einfach religiös motiviert - Religion spielte durchaus ihre Rolle, klar -, sondern basierte zu einem wesentlichen Teil auch auf der "aufgeklärten" Mentalität bzw. eben den Schattenseiten dieser.
Wie gesagt: Diese Problematiken kriegen wir im Unterricht alle nicht beigebracht. Wir kriegen nicht wirklich Angebote, die Aufklärung kritisch zu hinterfragen und die Bezüge zum Kolonialismus herzustellen. Aber nichtsdestoweniger: Wenn Alaiya diese Problematiken anspricht - und ich denke, darum in etwa ging es - dann sollte das nicht als "Spielen der Opferkarte" oder Übernahme der Propaganda von irgendwelchen Diktaturen betrachtet werden. Nur weil ein Bewusstsein darüber besteht, was der westliche aufgeklärte Geist nun einmal de facto alles in der Welt angerichtet hat (und teilweise immer noch anrichtet), heißt das ja nicht, dass wir Diktaturen geil finden.